Ein Kommentar von Stephan Tempel

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) ist vorerst mit ihrem Konzept für Bundesligaspiele mit Fans gescheitert. “Tausende Zuschauer in den Stadien – das passt nicht zum aktuellen Infektionsgeschehen”, schrieb Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf Twitter. Das Konzept der DFL sei zwar in der Theorie gut, während einer Pandemie sei aber die Praxis entscheidend. Es gehe darum, keine vermeidbare Risiken einzugehen, erkläre Spahn weiter und sprach von „einem falschen Signal“. Ähnlich äußerste sich Bayerns Ministerpräsident Söder. Also weiterhin Geisterspiele wegen Corona.

Die DFL hat die Entscheidung akzeptiert – es ist nicht davon auszugehen, dass das beim DFB – dieser ist für die 3. Liga zuständig – großartig anders aussehen wird.

Na klar, der Fußball: In den Augen vieler Politiker sind Fußballfans zumeist betrunkene Proleten, denen man von der DFL schon im vorrauseilenden Gehorsam das Bier im Stadion und die Stehplätze weggenommen hat – und trotzdem traut man den Fans nicht zu den Abstand einzuhalten. Ebensowenig traut man scheinbar den Vereinen zu, mögliche Infektionsketten zu überwachen.

Warum eigentlich?

Problemlos kann ich mir heute ein Flugticket nach Malle buchen und bin dichtgedrängt mit unzähligen Menschen im Flieger eingepfercht oder sogar schon in der S-Bahn zum Flughafen. Klar, Malle muss ja sein in Corona-Zeiten und die Flieger muss man vollstopfen. Da ist es kein Problem, am Flughafen oder an der Autobahn mal eben ein paar Corona-Zelte aufzustellen, damit der Deutsche sein Geld ins Ausland tragen kann und bei der Rückkehr dann getestet wird. Auf Steuerzahlerkosten natürlich.

Als „Gustav Gans“ mich direkt neben ein paar Fremde im Kino online einbuchen? Problemlos möglich, so lange im Kino nicht mehr als 200 Leute insgesamt sind. Freiluft wären übrigens 400 Leute erlaubt. 400 Leute sind im Außenbereich öfter erlaubt – wenn die Abstände untereinander eingehalten werden.

Hunderte, die nachts betrunken am Gärtnerplatz oder an der Isar feiern sind kein Problem.  Biergärten mit hunderten Personen sind kein Problem – wenn denn an jedem Tisch maximal zehn Personen sitzen. Welche Namen dort angegeben werden – überprüft das jemand ernsthaft?

Die Fußballspiele haben eine pauschale Absage bekommen – dabei würde man doch auf jeden Tribüne locker ein paar hundert Zuschauer bekommen. Zehnergruppen wie sie ansonsten überall zugelassen sind? Bei den meisten Cliquen problemlos machbar.

Mögliche Infektionsketten? Locker nachvollziehbar, weil wohl kaum jemand eine Jahreskarte auf einen falschen Namen gekauft hat.

Was spricht dagegen, mindestens 4 Tribünen mit 400 Leuten zu besetzen? Gar nichts – das wäre das mindeste, was nach den geltenden Vorschriften machbar wäre. Bei vielen Stadien mit ihren riesigen Kapazitäten sind durchaus größere Zuschauerzahlen vorstellbar.

Eine „Nullnummer“ bis mindestens Oktober – das ist in meinen Augen „das falsche Signal“. Fußballfans müssen nicht besser gestellt werden als der Rest der Gesellschaft – aber auch nicht schlechter!

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