Nach Ankündigungen von weitreichenden “Sicherheitsmaßnahmen” – die aus Beratungen zwischen Verbänden und Politik durchgestochen wurden – im Vorfeld der seit gestern stattfindenden Innenministerkonferenz (IMK) gab es in ganz Deutschland koordinierte Fanproteste gegen ebendiese neuen Regelungen. In Reaktion auf die Ankündigung von u.A. flächendeckend personalisierten Tickets und KI-gestützer Gesichtserkennung am Einlass wurde eine große Demonstration in Leipzig durchgeführt und die meisten Anhänger schwiegen an den letzten beiden Spieltagen für die ersten 12 Minuten der Partien.

Begründet wurden diese Maßnahmen mit einer vermeintlich schlechter werdenden Sicherheitslage in den Stadien der Republik, die von den Daten zu Gewalt im Fußball aber nicht gedeckt sind. Nun scheinen die Fanproteste Wirkung zu zeigen.

Personalisierte Tickets und Gesichtserkennung abgelehnt

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer äußerte gegen über der Sportschau zudem, dass man mit den Fans in Austausch bleiben wolle: “Wir müssen bei allen Maßnahmen Maß und Mitte bewahren. Sicherheit im Stadion ist wichtig. Aber wir dürfen nicht alle Fans unter Generalverdacht stellen, nur weil einige Wenige Ärger machen.” Bereits zuvor hatten DFL und DFB sich gegen Kollektivstrafen ausgesprochen und klargestellt, dass Stadionverbote “auf konkreten und nachweislichen Tatsachen beruhen” müssen.

Mehr Transparenz und Einheitlichkeit beim Thema Stadionverbote soll zukünftig statt neuer Überwachungsmaßnahmen erreicht werden. So müsse der konkrete Tatvorwurf “substanziell dargelegt werden”, gab Mäurer zu Protokoll. Er betonte, dass es nicht das Ziel sei, eine höhere Zahl an Stadionverboten auszusprechen, sondern den Vereinen und Fans mehr Rechtssicherheit zu verleihen. Zu diesem Zweck soll eine neue, übergeordnete Stadionverbotskommission beim DFB für einheitliche Standards sorgen.

Außerdem sei ein Einsatz von Gesichtserkennungssoftware kein Thema mehr: “[…] Gesichtserkennung im Stadion – das verfolgen wir nicht weiter. Darauf haben wir uns verständigt.”

Stadionverbotskommission “light” soll kommen

In Bezug auf die übergeordnete Stadionsverbotskomission unter Leitung des DFB wurden Änderung im Detail kommuniziert. Die lokalen Instanzen werden nicht abgeschafft und bleiben vorrangig zuständig. Die höhere Stelle soll als Kontrollinstanz fungieren und bei Problemen eingreifen können. Sowohl Polizei als auch Vereine sollen sich in Konfliktfällen an die neue Stelle wenden können.

Auch soll nicht wie geplant ein eröffnetes Ermittlungsverfahren zu einem fast automatischen Stadionverbot führen, sondern der Tatvorwurf muss substanziell dargelegt werden. Was das im Detail heißen soll ist bis jetzt nicht klar. Ein Automatismus soll laut Mäurer aber in jeden Fall vermieden werden.

Keine flächendeckenden Ausweiskontrollen

Des Weiteren führte Mäurer aus, dass personalisierte Tickets nicht mehr zur Debatte stünden. “Personalisierte Tickets und flächendeckende Ausweiskontrollen – das steht nicht auf der Tagesordnung. Das Thema Ticketing ist vom Tisch. Denn niemand wird die Stehplätze aufgeben. Und mit Stehplätzen, auf denen sich jeder frei bewegen kann, macht das Thema keinen Sinn.” 

Eine durchaus originelle und interessante Begründung. Hatte man seitens der IMK wirklich gedacht, Vereine seien bereit, die Stehplatzbereiche aufzugeben?

Offener Dialog und Anerkennen der Faktenlage

Der weitere Weg soll nun nicht mehr im Geheimen gegangen werden, sondern auch offenen Diskussionen mit den Fanvertretungen geführt werden. Dies wird von eben diesen Vertretungen begrüßt, müsse aber auch mit einer fundierten Einschätzung des Ist-Zustands einhergehen.

Zumindest die Äußerungen des IMK-Vorsitzenden lassen darauf hoffen, dass nicht mehr nur inhaltsleerer unfundierter Populismus sein Unwesen treibt. Dieser bezog sich auf die viel zitierten Daten der “Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze” (ZIS) und konnte auch nur eine positive Entwicklung erkennen. Insbesondere die bekannten Scharfmacher aus CDU/CSU wie Herbert Reul (NRW) und Joachim Herrmann (Bayern) lassen sich aber noch nicht von Fakten von ihrem Irrweg abbringen. Es bleibt zu hoffen, dass die Vernunft siegt und Sippenhaft auch weiter kein Grundsatz in der Sicherheitsdebatte um Fußballspiele sein wird.

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Dieser Artikel wurde um 12:15 Uhr umfassend angepasst

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Aymen1860

Protest wirkt. Sehr gut.

daOstl

Babamm 💪