Ein herzliches Grüß Gott zur heutigen Ausgabe der Taktiktafel vor dem Spiel. Der TSV 1860 trifft im Sechzgerstadion auf den VFL Osnabrück. Was erwartet die Löwen?

TSV 1860 – VFL Osnabrück heißt die Partie am heutigen Abend unter Flutlicht, vermutlich wieder bei Schmuddelwetter im Sechzgerstadion auf Giesings Höhen.

Die Niedersachsen werden von Trainer Pit Reimers bisher meistens systematisch im 4-3-3 aufs Feld geschickt. Vom momentanen Tabellenplatz des VFL Osnabrück sollte sich niemand täuschen lassen. Osnabrück erspielt sich die zweithöchste Chancenqualität pro Schuss im Ligavergleich.

Auf fremdem Platz hat Osnabrück bisher mit einer eher zurückhaltende Herangehensweise agiert. Beim Pressing gegen das Positionsspiel des Gegners sah man eine mittig bis tief gezogene Pressinglinie und unterschiedliche, von der erwarteten Spielweise des jeweiligen Gegners abhängige, Muster bei der Höhe der Defensivlinie. So stehen die Osnabrücker auswärts kompakt und engmaschig im Mittelfeld um die gegnerischen Angriffe zu erwarten.

Das Spiel der Gäste nach vorne ist, obwohl es extrem linkslastig wirkt, durchaus variabel. Dennoch kommt die größte Gefahr bei den Niedersachsen über die Flügel.
Dazu weiter unten mehr.

Zunächst wie immer die statistischen Werte des kommenden Gegners bisher.

Statistische Werte VFL Osnabrück

  • Ballbesitz 51%
  • Passgenauigkeit 81%
  • defensive Zweikampfquote 63%
  • Flankengenauigkeit 37%
  • PPDA (zugelassene Pässe Pro Defensivaktion) 10,31

Wie Spielt Osnabrück?

Offensiv

Mit starker Überzahl auf den Flügeln und in den Halbräumen versuchen die Osnabrücker, bei Angriffen, die häufig über die linke Seite eingeleitet werden, aber trotzdem variabel verlaufen können und meistens über einen der beiden Flügel oder eben die Halbräume laufen – und nur sehr selten im Zentrum – den Weg ins letzte Drittel zu finden. Dort wird dann dann ebenfalls verstärkt auf den Flügeln zur Strafraumpenetration gearbeitet.

Während auf der linken Seite im letzten Drittel vor allem erfolgreiche Dribblings oder Tempoläufe, vor der Aktion die zum Eindringen in den Strafraum führt, das Mittel der Wahl sind, kombinieren die Osnabrücker rechts häufiger in der Tiefe auf engem Raum, bevor die Flanke oder der Lauf in die Box erfolgt.

Generell sind Zuspiele aller Art von der Seite, ob von außerhalb der Box oder erst nach dem Eindringen in den Strafraum, das größtenteils gewählte Mittel, um zum Torabschluss zu kommen.

In Umschaltmomenten, oder bei zügig vorgetragenen und bis ins letzte Drittel durchgespielten Kontern, wird auch ein flügellastiges Team wie Osnabrück im Zentrum gefährlich. Die Statistik der letzten fünf Spiele offenbart hier für solche Momente einen Topwert. Also: Obacht bei der Restverteidigung. Diese zu vernachlässigen, könnte Probleme bereiten.

Gegen den Ball

Auswärts im Pressing meistens abwartend und nicht aggressiv gegen den ballführenden Spieler, sondern um möglicherweise erst nach Ballgewinn viel Dynamik entwickeln zu können, setzt Osnabrück gegen den Ball darauf mit einem sehr kompakten Zentrum. Ballfern legen die Niedersachsen auch riskantes Rückzugsverhalten an den Tag, bei dem ein Flügel unterbesetzt bleibt und viel von der horizontalen Verschiebung auf der Sechser-Position abhängt, um dort dann stabil zu sein. Wenn die Kugel den Weg dorthin findet.

Mit starkem Zentrum in der Defensive versucht Osnabrück diverse Fallen zu stellen um dann selbst im Umschaltspiel oder per Konter dem Gegner Nadelstiche beizubringen.

Wie kann man Osnabrück knacken?

Der Spielanlage des VFL nach zu Urteilen denke ich, dass eine ähnliche Herangehensweise wie beim Auswärtsspiel in Ingolstadt ein gutes Mittel sein sollte, die technisch und spielerisch gute Mannschaft aus dem Konzept zu bringen.

Das oberste Motto muss die Gier nach dem Ball sein, wenn der Gegner ihn hat.

Für die eigene Offensive wird es wichtig, in den Momenten in denen wirklich Tempo und Dynamik erzeugt werden können, diese auch mutig mitzunehmen. Lieber mal einen Fehlpass ins offensive Risiko gespielt, als die Chance auf einen erfolgreichen Angriff verstreichen zu lassen.

Lassen wir uns nicht vom Tabellenplatz der Osnabrücker täuschen. Der VFL Osnabrück hat sich nach dem Abstieg extrem gut verstärkt. David Richter und Joel Zwarts sind da nur zwei uns wohl bekannte Namen. Auch die meisten anderen Neuzugänge, die einen Stamm von Elf übriggebliebenen Spielern aus der Zweitliga-Saison verstärken, haben in Teilen in höheren Ligen gespielt oder sind zumindest auf gleichem Niveau erfahren.

Stärken und Schwächen des Systems 4-3-3

Stärken

  • Variabel in der Offensive
  • Gute Anpassung an das System des Gegners möglich
  • Durch die 3 Stürmer ist hohe Kontergefahr nach Balleroberung gegeben. Schnelles Umschaltspiel wird durch die immer mit mindestens einem Spieler besetzte erste Linie begünstigt
  • Die drei Stürmer können die Abwehrkette des Gegners unter Dauerdruck setzen. Durch Überlagerung der Schnittstellen können die Stürmer Gegenspieler binden und so Räume für Durchbrüche aus dem Mittelfeld schaffen.
  • Das 4-3-3 bietet bei Ballbesiz sehr viel Tiefe, somit entstehen gute Passdreiecke überall auf dem Feld
  • Ein hohes, aggressives Pressing gegen den gegnerischen Spielaufbau ist möglich

Schwächen

  • Im Spiel gegen den Ball ist das 4-3-3 oft auf den Flügeln anfällig
  • Gegen den Ball können auch die Halbräume ein Schwachpunkt des Systems sein, da diese, wenn die Außenstürmer nicht konsequent mit nach hinten arbeiten, nie zur Gänze zugestellt werden können
  • Bei Seitenwechseln ist das System aus dem gleichen Grund ebenso anfällig. Defensivarbeit der Außenstürmer ist also Überlebenswichtig für Mannschaften im 4-3-3

Schlüsselspieler

Tor

David Richter (#1) ist im Sommer von unserem TSV 1860 – zum Leidwesen vieler Kommentierender in den Sozialen Medien – zum VFL Osnabrück abgewandert. Dort hat Richter bisher mit knapp unter zwei Gegentreffern im Schnitt pro Spiel deutlich mehr Arbeit, als vergangene Saison in Giesing möchte man Vermuten. Die Gegentorquote bisher liegt mit noch einem Spiel weniger, das er absolviert hat, um 68% über der der vergangenen Spielzeit. Die Anzahl der Schüsse die er zu halten bekam, lag aber um lediglich 4% höher. Über sein Können und das was er nicht kann, ist – denke ich – jeder Löwenfan bestens informiert.

Abwehr

Timo Beermann (#33), Kapitän und Abwehrchef bringt Zweitligaqualitäten in die Dritte Liga. Beermann ist in allen Defensivkategorien ein Spieler der oberhalb vom Drittliganiveau performt. Mit seiner Erfahrung aus 142 Spielen in der zweiten Liga für Heidenheim und Osnabrück, führt er routiniert seine Abwehr, der man aber in manchen Momenten durchaus anmerkt, dass an der Abstimmung in der Formation noch gearbeitet werden muss.

Mittelfeld/Sturm

Alle Spieler die bei Osnabrück für die Offensive zuständig sind, gehören meiner Meinung nach in diese Kategorie. Jeden der Spieler, die ich mit Offensivaufgaben betraut, in der Startelf der Gäste erwarte, halte ich für einen Schlüsselspieler. Lars Kehl (#18) OM, Robert Tesche (#8) ZM, Ba-Muaka Simakala(#7) LA, Joel Zwarts (#11) RA und Erik Engelhart (#9) MS. Jeder dieser Spieler ist auf seiner Position gefährlich und generell variabel agierend. Dahinter als Ballverteiler auf der Sechs: Dave Gnaase (#26). Er ist ebenfalls ein Spieler der das Prädikat Schlüsselspieler verdient hat. Wer Osnabrück bis hierhin aufgrund des Tabellenplatzes unterschätzt hat, ist nun eingeladen seine Meinung diesbezüglich zu revidieren.

Fazit

Beim VFL Osnabrück fällt in letzter Zeit, wie beim TSV 1860 München, häufig der Satz, die Feinabstimmung haue noch nicht ganz hin. Hoffen wir mal, dass das am heutigen Abend zumindest bei Osnabrück so bleibt.

Mit einer kämpferisch engagierten Leitung werden die Sechzger heute gegen die aus meiner Warte – trotz des Tabellenbildes, schon allein wegen der individuellen Qualität, die der der Löwen mindestens ebenbürtig ist – favorisierten Osnabrücker durchaus in der Lage sein, zu Punkten.

Ob einfach oder dreifach hängt ein wenig vom Mut im Spiel gegen den Ball und beim Übergang ins letzte Drittel ab. Spielt unsere Mannschaft mutig und engagiert, ist alles möglich. Heute ist weniger Elastizität gegen den Ball gefragt, als Stabilität und giftiges Pressingverhalten.

Das gleiche gilt für Osnabrück. Wer schneller über den Kampf ins Spiel findet wird, bekommt die Oberhand. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

So könnte Osnabrück beginnen

Datenquelle: Wyscout

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