Herzlich willkommen zur Taktiktafelanalyse nach dem wichtigen Sieg der Sechzger auf der Bielefelder Alm. Es war kein Augenschmaus was der TSV 1860 bei Arminia Bielefeld ablieferte, aber in dem Fall heiligt der Zweck die Mittel.
Mit 0:1 endete die Partie Arminia Bielefeld – TSV 1860 München. Ein Sieg, den man nicht unbedingt verdient nennen kann, aber mit gutem Kampf und etwas Glück erzwangen die Löwen den Dreier am Ende und verschaffen sich etwas Luft im Tabellenkeller.
Gegen den Ball im eigenen letzten Drittel im 4-4-2, bzw. 4-4-1-1 verteidigend, wurde bei tiefer Pressing und Defensivlinie variabel angelaufen. Bei eigenem Ballbesitz mit Guttau in der offensiven Freirolle, der im Pressing zusammen mit Hobsch anlief, und bei eigenen Attacken Zentral hinter dem Mittelstürmer, als hängende Spitze, wenn über den Flügel gespielt wurde, auf Chancen lauerte konnte man ein 4-2-2-2 oder aber ein 4-2-3-1 in die Aufstellung hineininterpretieren. Was es am Ende war ist nicht wichtig. Wichtig war vor allem das, was gegen den Ball passierte. Wurde durch das Zentrum gespielt war er für die Spielgestaltung zuständig. Um das gleich vorweg zu nehmen, über einen Angriff durch die Zentrale das gegnerische letzte Drittel zu erreichen, gelang in 96 Minuten Spielzeit genau drei Mal. Man könnte auch sagen das ist vernachlässigbar.
Die Bielefelder kamen systematisch und auch von der taktischen Marschroute wie erwartet in die Partie. 4-3-3 offensiv mit hohem Pressing und extremem Gegenpressing. Die Dominanz auf dem Feld betreffend ging der Plan der Arminen absolut auf, das Ergebnis betreffend nicht. Bielefeld wird sich von diesem Betriebsunfall erholen. Die Frage, die sich stellt, ist, können sich die Löwen für die kommenden Aufgaben diesmal durch einen erkämpfen Erfolg nachhaltig stabilisieren?
Vor der genaueren Analyse wie immer die statistischen Werte des Spiels DSC Arminia Bielefeld – TSV 1860 München.
Statistische Werte des Spiels Arminia Bielefeld – TSV 1860
- Ballbesitz DSC 74% – TSV 26%
- Passgenauigkeit DSC 85% – TSV 70%
- defensive Zweikampfquote DSC 56% – TSV 52%
- Schüsse/aufs Tor DSC 17/7 – TSV 9/2
- PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) DSC 6,71 TSV – 19,2
Analyse der statistischen Werte
Ballbesitz (74% – 26%)
26% Ballbesitz für den TSV 1860 München im Spiel gegen Arminia Bielefeld. Also genauer gesagt etwas über 24 Minuten während 96 Minuten Spielzeit. In der ersten und während der letzten halben Stunde des Spiels befand sich das Leder jeweils lediglich ca. zweieinhalb Minuten pro Viertelstunde in Besitz der Löwen. Bielefeld kombinierte sicher und dominant in jeder Phase des Spiels, aber speziell in diesen beiden Spielabschnitten mussten die Sechzger viel laufen um konkrete Gefahr zu verhindern, was nicht immer gelang. Dennoch schaffte es Bielefeld nicht die deutliche spielerische Überlegenheit in einen Erfolg umzumünzen.
Die im oberen Abschnitt nicht erwähnten Phasen, also die zweite Halbe Stunde der ersten und die Anfangsviertelstunde der zweiten Spielhälfte waren, was die Ballbesitzverteilung anbelangt, für die Löwen etwas positiver. Jeweils rund 33% Ballbesitz, also fünf anstatt zweieinhalb Zeigerumdrehungen pro fünfzehn Minuten, konnten die Löwen in diesen Phasen für sich beanspruchen. Und die Quote hier, im Vergleich zu den andren beiden Phasen, verdoppeln.
Passgenauigkeit (85% – 70%)
Die Phasen in denen das Passspiel für die Löwen besser funktionierte und die Phasen in denen das Passspiel der Sechzger nicht das Gelbe vom Ei war, waren dieselben wie beim Ballbesitz. Indiskutabel muss man die Versuche der Löwen hier nennen. Die misslungenen Aufbauversuche des TSV waren aber auch gutem Einsatz und gutem Stellungsspiel der Bielefelder geschuldet, das muss man definitiv anerkennen. Nichtsdestotrotz erspielten sich die Sechzger die ein oder andere Gelegenheit. Dazu später mehr.
In den Phasen, in denen die Sechzger sich besser am Ball behaupten konnten, schnellt die Passgenauigkeit auf für ein Auswärtsspiel bei einer Spitzenmannschaft gute Werte von jeweils um die 70% bei den Vorwärtspässen, was durchaus keine schlechte Ausbeute ist.
Bielefeld war natürlich nicht nur im letzten Drittel der Löwen zu Gange und beackerte den gegnerischen Strafraum auch nicht permanent, aber doch sehr häufig. Was das Bielefelder Spiel so dominant machte, war die Variabilität der Angriffsmuster. Einerseits endeten die meisten Angriffe der Bielefelder im letzten Drittel der Löwen, andererseits schafften es die Bielefelder nur bei jedem vierten Angriff, der im letzten Drittel landete, einen oder mehrere Schüsse abzugeben. Das ist etwas, das sich die Defensive des TSV durchaus als Erfolg auf die Fahne schreiben kann.
Bevor wir die Abwehrleistung unter die Lupe nehmen, noch ein Wort zum variablen Spiel der Bielefelder: Die Vielseitigkeit der Angriffsmuster, mit denen Bielefeld am Samstag die Löwen fast permanent unter Druck setzen konnte, zeigt wie ein längerer Prozess, der Misserfolge alarmierender Natur beinhaltete, am Ende positive Gestalt annehmen kann. Zumindest wenn man die Verantwortlichen in Ruhe und mit Vertrauen in deren Fähigkeiten arbeiten lässt. Der letztjährige Abstiegskandidat Arminia Bielefeld, hat von allen Gegnern bisher die komplettesten und reifsten Ansätze gezeigt.
defensive Zweikampfquote DSC (56% – 52%)
Für beide Mannschaften ist die Quote nicht gut, Nur die Quote betrachtet, gäbe es in Schulnoten gedacht einmal eine Vier minus bei den Arminen und einmal eine Fünf plus bei unseren Sechzgern. Aber es steckt ja mehr als eine Prozentzahl hinter einer Abwehrleistung.
Die Sechzger haben nur knapp über die Hälfte ihrer direkten Duelle mit dem Gegenspieler gewonnen. Was könnte diese geringe Zahl rechtfertigen? Als allererstes natürlich einmal das Ergebnis. Eine Abwehr die zu Null spielt kann nicht alles falsch gemacht haben.
Und hier kommen wir zum Stichwort Stellungsspiel, das war in den meisten Fällen gut organisiert, sodass die Bielefelder, die zwar den Ball hatten und oft behaupteten, trotzdem im Verhältnis zum Ballbesitz nur selten einen Weg fanden, wirklich gefährlich zu werden.
Spieltempo
Spielte Bielefeld träge? Nein, Arminia Bielefeld trug seine Angriffe gegen den TSV 1860 zügig vor, die Löwen standen jedoch im Zentrum meist gut und zwangen die Bielefelder so häufig von deren gern bespielten Halbpositionen auf die Flügel, wo die Angriffe häufig mit kurzfristigem Ballverlust oder Neuaufbau der Bielefelder endeten. Auch wenn die Bielfelder nach Ballverlusten oft schnell wieder in Ballbesitz waren, war es nicht immer der Fall, dass Bielefeld den Druck in der jeweiligen Situation im letzten Drittel aufrecht erhalten konnte, und auch häufiger zum Neuaufbau aus tiefer postierten Mannschaftsteilen heraus ansetzen mussten.
In diesen Momenten dann sofort die Lücken im tieferen Raum wieder zuzulaufen, um gegen den öffnenden progressiven Tempopass, der den Druck sofort wieder entstehen ließe, verlangt viel Disziplin und sorgt für hohen Kraftverlust durch Laufarbeit. Dennoch haben die Sechzger hier einen Top-Job gemacht und nahezu eine Balleroberung pro Minute generischen Ballbesitzes allein über abgefangenen Pässe und erzwungene Einwürfe erreicht. Da fällt die geringe Zweikampfquote nicht mehr so ins Gewicht. Sie ist im Umkehrschluss vielleicht sogar Grund für einige der abgefangenen Bälle, die nach einem verlorenen Zweikampf von Mitspieler erlaufen werden können weil der Gegenspieler erfolgreich gestört wurde.
Von den Sechzgern ins Seitenaus gespielte Bälle waren für Bielefeld insgesamt die häufigste Art und Weise selbst in Ballbesitz zu kommen. Das prägt dann natürlich auch das obige schlechte Bild von der Passgenauigkeit der Löwen mit und erklärt die Diskrepanz zwischen der schlechten Passgenauigkeit der Sechzger einerseits und der niedrigen Abfangquote der Bielefelder andererseits.
Fehlpassorgie Sechzig?
Dieser Absatz könnte nun auch eine Rubrik weiter oben stehen, da er auch die Pässe und deren Genauigkeit mit einbezieht. Aber ich finde hier passt er abgesehen von der Schlussfolgerung besser. Warum hier und nicht bei der Passgenauigkeit? Nun ja, es geht um ins Aus gespielte Bälle und die haben oft mit Stellungsspiel oder anderen defensiven Aktionen oder Qualitäten zu tun. Wichtig ist aber eigentlich nicht wo das Folgende steht, sondern welche Schlüsse man daraus zieht.
Je nachdem wie man Fehlpass interpretiert, war das, was die Löwen gespielt haben dann interpretationsbedingt möglicherweise gar keine Fehlpassorgie. Wie gesagt, je nachdem wie man das ganze interpretiert. Das darf jeder für sich selbst festlegen. Also: Wenn ins aus gespielte Bälle als Fehlpass gelten, dann kann man das durchaus so nennen. Wenn ein Fehlpass jedoch strikt als zum Gegner gespielter Pass, oder Pass den der Gegner erläuft egal ob im Laufduell, oder indem er in den Passweg einläuft, dann war es keine solche.
Schüsse/aufs Tor (17/7 – 9/2)
Auch hier ist die Überlegenheit der Arminen deutlich. Gibt es etwas Positives zum Torschussverhältnis der Löwen zu sagenm fragt sich vielleicht der ein oder andere von euch? Ja. Ein Schuss war drin. Okay, und sonst? Die Anzahl der Schüsse pro Minute Ballbesitz ist bei den Sechzgern doppelt so hoch wie bei Bielefeld. Das ist allerdings nichts, was die Offensivleistung der Sechzger nun besonders hervorhebt, es ist eher etwas, das aufzeigt, wie lange Bielefeld brauchte, um gegen die Sechzger in Abschlussposition zu kommen. Die Schussfrequenz pro Minute Ballbesitz ist angesichts des wie lange die Sechzger tatsächlich die Kugel hatten trotzdem überdurchschnittlich gut.
Das ist allerdings auch der guten Abschlussquote nach Ecken zu verdanken. Alle drei Eckstöße der Sechzger endeten mit einem Abschluss. Überhaupt ist auch das Eckenverhältnis ein Indikator für gutes Stellungsspiel gegen den Ball. Denn trotz viel Ballbesitzes der Bielefelder im letzten Drittel der Sechzger, gelang es den Arminen lediglich dreimal eine Ecke herauszuholen. Generell war das Vermeiden von strafraumnahen Standardsituationen seitens der Löwen, angesichts der Ballbesitzüberlegenheit Bielefelds, ein gelungenes Unterfangen. Bielefeld hatte 72 Minuten lang den Ball und erspielte sich drei Ecken und vier Freistöße in Strafraumnähe.
Überlegenheit verpufft auf den Flügeln
In dieser Zone, bei soviel Dominanz des Gegners, so diszipliniert zu spielen, ist nicht immer einfach und natürlich auch fehleranfällig. Wenn man so will, ist ein Foul allerdings auch ein Fehler. Oft ein größerer, als wenn man einen Zweikampf verliert oder einen Schritt zu spät dran ist. Ohne Fehler gäbe es ja auch für keine Mannschaft Torchancen. Also sprechen wir über die erspielten Chancen und deren Qualität. Die Chancenqualität, also xG pro Schuss liegt, man mag es kaum glauben, für die Sechzger um 33% über der der Bielefelder. Dass trotz guter Chancenqualität nur zwei Schüsse aufs Tor gehen, und der Schuss mit der geringsten Chancenqualität, dann zum Tor wird, ist eine Geschichte, die typisch für Fußball ist und vermutlich mit ein Resultat aus der drückenden Bielefelder Überlegenheit.
Auch das Verhältnis von bis ins letzte durchgebrachten Angriffen zu Abschlüssen, ist aus Löwensicht erwähnenswert. Unter der Prämisse natürlich, dass es insgesamt zu wenige Angriffe des TSV 1860 München waren, die das letzte Drittel erreicht haben, konnte man jeden dritten mit einem oder mehreren Schüssen abschließen. Der Weg Richtung Tor funktioniert also mehr oder weniger. Wenn die Mannschaft es in Zukunft schafft nachhaltig das letzte Drittel des Gegners zu erreichen und sich dort auch mal länger festsetzt (Stichwort konsequentes Gegenpressing bei Ballverlust) kann sich aus diesen kleinen, fast unsichtbaren Lichtblicken etwas Entwickeln.
Gefahr für das Tor?
Von den 17 Schüssen, die Bielefeld abgefeuert hat, gingen sieben auf den Kasten von Vollath. Das ist eine ordentliche Zahl. Wirklich gefährlich und sowohl von der Schussposition als auch von der Qualität des Schusses als hochwertige Chance kann man aber lediglich vier Schüsse der Hausherren nennen. Zwei dieser als gefährliche zu bezeichnenden Versuche kamen aus zentraler Position im Strafraum vor dem Tor. Dort ließ ließ die Löwenabwehr nur vier Schüsse zu.
Weitere drei Schüsse in der Box, die nicht geblockt werden konnten, kamen aus Positionen weiter außen im Strafraum. Die größte Chance der Bielefelder hatte dabei Mizuta in der 75. Minute. Diese Chance allein macht 25% des kombinierten xG Wertes bei Bielefeld aus. Zusammenfassend muss man also sagen, dass geringe Anzahl der gefährlichen Situationen angesichts der drückenden Überlegenheit beim Ballbesitz seitens der Gastgeber Anerkennung verdient. Allerdings wäre es wahrscheinlich nicht nur mir lieber, wenn es in einem Spiel nicht ganz so häufig nötig wäre diese Tugenden zu zeigen.
PPDA DSC 6,71 TSV – 19,2
Die Zahlen sagen alles, Bielefeld war dauerhaft und erfolgreich im Pressing gegen das Positionsspiel und im Gegenpressing nach Ballverlusten. Während sich die Balleroberungen gegen das Positionsspiel der Löwen meist im Mittelfeld oder tief, nach langen Bällen oder progressiven Pässen, die nicht ihr Ziel, sondern Gegenspieler fanden, oder, viel häufiger als das, die Auslinie überschritten und so wieder in Besitz der Hausherren kam.
Und die Löwen? Sporadische Versuche höher anzulaufen und Bielefeld etwas stärkerem Pressingdruck auszusetzen, liefen ins Leere. Der Ansatz vom Anfang des Spiels, tief zu stehen und zu warten, was auf einen zukommt, war in der Staffelung, die die Löwen gewählt hatten, der richtige Ansatz.
Bis ins letzte Drittel kam die Arminia darum auch logischerweise häufig. Im Verhältnis zu den Ballbesitzphasen der Bielefelder im letzten Drittel der Löwen, sieht deren Ballkontakteffizienz im gegnerischen Strafraum nicht so gut aus. Die schiere Anzahl ist zwar extrem hoch, verglichen mit dem, was andere Mannschaften bezüglich Ballkontakte in der Box gegen den TSV 1860 München erzielen. Aber sieht man genauer hin, ist ein großer Teil davon am aus Löwensicht linken Strafraumrand. Legt man die Grafik der Ballverluste der Bielefelder darüber, ist diese vor allem in dieser Zonen fast Deckungsgleich mit der, der Ballkontakte.
Pressingfallen
Tiefe Pressingfallen im Abwehrpressing bergen je nachdem wo man sie setzt gewisse Risiken. Abwehrpressing? Noch nie gehört. Das macht nichts, ich erkläre es kurz. Abwehrpressing ist an sich ein Oxymoron. Unter Pressing versteht man ja im allgemeinen das Anlaufen der gegnerischen Mannschaft in deren eigener Hälfte. Steht eine Mannschaft tief, kann eine Formation, die einem Cattenaccio ähnlich verteidigt und darum im Zentrum wenig Raum lässt, auf den tiefen Außenpositionen Pressingfallen setzen, in denen dann geplant Dopplungen zum Einsatz kommen, falls der Gegner den Ball dorthin spielen sollte.
Zurück zum Strafraum: Die Pässe und Flanken in die Box, die Bielefeld von diesen tiefen Positionen spielen musste, sofern sie nicht schon am Flügel den Ball loswurden, endeten in den meisten Fällen bei den Löwen oder wurden im Anschluss an einen Zweikampf zur Beute eines weiter innenpostierten Spielers der Sechzger. Von der linken Seite brachte Bielefeld keine einzige erfolgreich zustande. Das Ergebnis dieser defensiv ausgelegten Taktik gegen den Ball ist, abgesehen davon, dass es extrem schwer fällt selbst in der offensive aktiv zu werden (vorallem wenn eine Mannschaft so konsequent und hoch presst wie Bielefeld) nichtsdestotrotz ein Sieg.
Das Tor
Thore Jacobsen schießt im Spiel Arminia Bielefeld gegen den TSV 1860 München ein mögliches Tor des Jahres für Sechzig, aus 60 Metern, in der 85. Minute. Als Analyse des Treffers ist das, was der Trainer des Gegners im Interview nach dem Spiel gesagt hat, denke ich, genug: „Der trifft den nie wieder so, so ein Tor bekommen wir einmal in fünf Jahren, der Torwart ist nicht Schuld. Wir wollen, dass der soweit vorne steht, der Treffer geht auf meine Kappe.“
Hier könnt ihr den Treffer und weitere Highlights des Spiels noch einmal ansehen.
Das fiel auf
Positiv
Ein hohes läuferisches Pensum gegen den Ball, in den vorderen Mannschaftsteilen. Die sogenannte Elastizität der Abwehr war dadurch extrem hoch. Die offensiv ausgerichteten Spieler liefen im Zentrum des Spielfelds gegen den Ball immer wieder gut auf die Passwege der Bielefelder zu. Bielefeld versuchte zur Lösung dieser ihnen gestellten Aufgabe dann auch nicht mit der Brechstange diese Zone zu bespielen, sondern wich auf die Flügel aus. Nur zehn von 51 Angriffen der Bielefelder, die insgesamt im letzten Drittel der Sechzger endeten, kamen über die Zentrale der Arminen. Das ist aus Sicht der Löwen eine Entwicklung, deren Fortschritte wir schon seit längerem in kleinen Schritten, allerdings auch mit groben Rückschlägen, verfolgen können. Auf diesem Niveau in defensiven Mittelfeldzentrale, durch situative Unterstützung dort, nun generelle Stabilität gegen den Ball herbeizuführen, wäre wünschenswert.
Negativ
Der Ausgangssituation nach verständlich, aber trotzdem einfach etwas, was man nicht sehen möchte und etwas, das auf Dauer, also mit zunehmender Anzahl der Spiele, in denen das in Folge passiert, beginnt auf die Nerven zu gehen, ist die gewisse Zaghaftigkeit, vor allem zu Beginn von Spielen.
Im Fall vom Samstag, als man, als zu diesem Zeitpunkt Tabellenletzter gegen den ungeschlagenen Tabllenvierten in einem vollbesetzten Stadion auflief, kann ich allerdings die von Beginn an gezeigte Zurückhaltung, was das Forechecking, also Pressing, gegen das Positionsspiel, sowie Gegenpressing nach Ballverlusten betrifft, verstehen. Aber alles, was ich verstehe, muss mir nicht gefallen. Am Ende war die Taktik die richtige. Und nur das Zählt.
Fazit
Heut wirds länger.
Man sieht kleine Fortschritte, aber auch immer wieder Rückschritte. Konstanz und Stabilität beim Erreichten nachhaltig zu etablieren, gelingt den Löwen bisher noch nicht. Die englische Woche bietet nun die Chance, daran zu arbeiten und das, was gegen Bielefeld funktioniert hat, zu konservieren. Die Fortschritte unterliegen Schwankungen, sind aber statistisch nachweisbar, denn die Leistungskurve bei den Maxima und bei den Minima der relativen Werte im Verhältnis zum gegnerischen Ballbesitz, steigt zwar langsam, aber stetig linear. Genauso verhält es sich bei der Chancenqualität pro Schuss für die Löwen. Auch hier ist eine Verbesserung zu sehen, genauso wie bei der Schussgenauigkeit. Auch hier steigt die Kurve der statistischen Werte, mit leider extremen Ausreißern nach unten an.
Diese statistisch nachweisbare Entwicklung muss man genau beobachten. Aber bevor nicht eine der Kurven dauerhaft ein negatives Vorzeichen beim Steigungsverhalten besitzt und gleichzeitig die Ergebnisse der Spiele und die Peformance, kontinuierlich über längeren Zeitraum fruchtlos bleiben, ist keine Panik angesagt. Langsam aber stetig, aber irgendwann bitte dann auch deutlich merkbar, müssen diese Fortschritte nicht nur statistisch messbar, sondern auch optisch und in den Ergebnissen offensichtlich werden.
3 Punkte egal wie
Drei Punkte für den TSV 1860 bei Arminia Bielefeld egal wie. Und das haben die Löwen geschafft. Nicht allein der Kampf, damit sind nicht exklusiv Zweikämpfe gegen den Ball gemeint, es gehört auch auch Laufbereitschaft und Einsatzwille anderer Art, wie einen Ball zu Blocken oder im richtigen Moment mit einem taktischen Foul dem Gegner das Momentum aus dem Angriff zu nehmen zum Oberbegriff Kampf, vor allem gute Raumaufteilung im Zentrum der gesamten Defensivabteilung haben, trotz optischer Dominanz der Arminen, über 90 Minuten dazu geführt, dass die Hausherren aus ihrem überlegenen Ballbesitz im Verhältnis wenig qualitativ hochwertiges an Chancen in der Box der Löwen produzieren konnten.
Glück muss man haben
Das alles ändert nichts daran, dass am Ende die drei Punkte extrem glücklich erkämpft wurden.
Zusammenfassend ist es so: Man sieht immer wieder kleine Fortschritte hier und da, an anderen Stellen gibt es dafür wieder Rückschläge. Es ist momentan weder Fisch noch Fleisch, was uns auf dem Platz geboten wird.
Das ist eine Geduldsfrage für alle beteiligten. Und kann man hier noch geduldig sein? Zum jetzigen Zeitpunkt ja. Darf der TSV 1860 München schwankende Leistungen zeigen? Ich denke schon, oder hat jemand den Aufstieg als Ziel ausgerufen und ich erinnere mich nicht daran? Das soll übrigens kein Plädoyer für das dauerhafte Akzeptieren schlechter Leistungen sein. Es ist nur ein Aufruf zur Geduld mit Mannschaft und Trainer, denn sowohl Moral als auch Wille scheinen beim Team zu stimmen. Den Wurm, der sich im Spiel der Löwen in unterschiedlichsten Situationen auf unterschiedlichste Weise zeigt, zu finden und nachhaltig auszumerzen, dazu brauchen der Trainer und die Mannschaft Ruhe. Wer die Löwen erfolgreich sehen will, wählt die Worte der Kritik nach diesem Spiel mit Bedacht.
Es war ganz wenig Gold, was da glänzte, und viel war eher matter Schein unedler Metalle beim TSV, aber dennoch gehören den Sechzgern am Ende drei Punkte.
Wenn das Ziel ist, die Mannschaft zu entwickeln und das ist das einzige ,was das Ziel sein kann, hilft weder Ungeduld noch übereiltes handeln. In der Halbzeitpause hat Daniel Halfar zum Sachverhalt gute Worte gefunden. Diesem Tenor möchte ich mich anschließen.
Geduld!
Ich weiß Geduld ist zu haben, ist selten leicht, vor allem dann, wenn es schon so lange dauert, wie bei unseren Löwen. Und jeder wartet ja auf was anderes in seinem bisher eher langen, oder aber auch bisher kurzen, Löwenleben. Aufstieg in die zweite Liga, Aufstieg in die Bundesliga, Meisterschaft, was auch immer, jeder Traum ist legitim. Je größer der Traum, bzw. je weiter entfernt vom Status Quo der Traum ist, desto größer die nötige Geduld. Das ist auch logisch.
Kommen wir zur momentanen Situation und blicken da mal isoliert drauf.
Keiner der Verantwortlichen ist länger als neun Monate beim Verein. Neun Monate sind nach der Übernahme einer komplett demontierten Mannschaft kein langer Zeitraum, da wird mir jeder beipflichten müssen.
Viele argumentieren im Hinblick auf den miesen Saisonstart nun mit der zur Vorbereitung ja schon nahezu kompletten Mannschaft und dass daher mehr erwartet werden könnte, was Spielfluss, Dynamik und andere offensive Dinge betrifft. Ich will da nicht widersprechen, diese Meinung ist durchaus legitim.
Was will ich sagen?
Was will ich eigentlich sagen. Es geht mir darum, dass wir alle, ich eingeschlossen, zunächst mal für uns selbst festlegen, was wir von den Löwen diese Saison erwarten.
Dass wir als Fans wollen, dass die Mannschaft jedes Spiel gewinnt, ist klar. Wer will das nicht? Dass das unrealistisch ist, ist genauso klar. Es geht aber dieses Jahr nicht um einzelne Spiele, sondern um das Gesamtprojekt. Was erwarten wir im einzelnen nun von der Mannschaft?
Nach nun sechs Spielen und dem, was sie gezeigt hat und in manchen Phasen aufblitzen hat lassen, erwarte ich von der Mannschaft, dass sie mit dem Abstieg am Ende nichts zu tun haben wird. Und je nachdem, wie schnell die Abstimmungsprobleme, die vor allem in der Offensive noch vorhanden sind, abgestellt werden und der Kader weiter zusammenwächst, erleben wir vielleicht noch die ein oder andere positive Überraschung.
Wer möchte, kann die kleinen Fortschritte gerne negieren, sie sind da und statistisch nachweisbar. Die Formschwankungen zu stabilisieren und nach und nach Selbstvertrauen im Team aufzubauen wird nicht funktionieren, wenn nach jedem Spiel ergebnisunabhängig wütende Fans aufgrund der eigenen Ungeduld den Kopf des Trainers fordern.
Momentan sehe ich diese Forderung, nach dem Sieg unseres TSV 1860 München bei einem klaren Favoriten wie Arminia Bielefeld, fehl am Platz. Die Art und Weise ist bei so einem Brocken von Gegner nicht entscheidend. Allerdings wird das nur so bleiben können, wenn die Punktausbeute ebenfalls stetig progressiv nach oben, mit nur geringer zeitweiliger Stagnation, verläuft.
Datenquelle: Wyscout
Auch von mir vielen Dank für den Aufwand, den sich der Bernd Winninger mit seinen fundierten Analysen vor und nach jedem Spiel macht. Ich mag auch seine humorvollen Kommentare im sechzger.de Talk!
Zur aktuellen Taktiktafel fällt mir auf, dass es sich, wie immer lohnt, zur Emotion auch die Rationalität zu beachten. Sechzig ohne Emotion macht mir keinen Spaß und will ich nicht! Fansein ohne Leidenschaft is auch a Schmarrn. Falls die Mannschaft scheiße spielt, bin ich auch sauer! Wenn aber die sachliche Analyse und die Fakten nicht ebenso beachtet werden, sind wir alle bald da, wo Wutbürger, Populismus und Negativität die Oberhand haben. Und ich will da nicht hin. Solange die Mannschaft zum Trainer hält und sie ihm folgen, sollten die Fans positiv bleiben. Da scheint es einen Unterschied zur Jacobacci Zeit zu geben.
ELIL!!!
Großartige Analyse, vielen Dank für den ausführlichen Kommentar.
Ständige Umbrüche führen ja logischerweise zu einer Situation, in der man Geduld aufbringen muss, um aus diesem Teufelskreis zu entkommen.
Ich würde mir wünschen, dass nun der Kern des Teams sich findet und nicht wieder im nächsten Sommer zerpflückt wird.
Heißt: Talente binden, langfristige Strategie beibehalten und den Spielern ihre Rolle darin erläutern.
Und sollte es doch zu einem Trainerwechsel kommen müssen, dann brauchen wir einen Trainer, der mit diesem Team zusammenarbeiten kann, und nicht wieder von vorne anfangen will.
In zwei Sätzen das Spiel zusammengefasst:
Wir haben versucht, über den Kampf ins Spiel zu finden.
Hinten standen wir dicht, und vorne half der liebe Gott.
Dann hoffen wir mal, dass sich die Abwehrleistung verstetigt und darüber das Offensivspiel etwas Luft bekommt.
Kommt Zeit kommt Rat! Ob das gegeben ist, bleibt abzuwarten. Und ich wiederhole mich gerne. Das dies alles nicht nur am Trainer selbst festzumachen ist. Sondern die Herren auf dem Platz den Job erledigen müssen! Das kann kein Trainer der Welt für die Mannschaft erledigen! Hoffen wir mal das Beste!
bei deiner Analyse sind schon (noch) etliche bittere Pillen dabei; ich würde mir auch wünschen, wir hätten einen impulsiven, jungen, supererfolgreichen Trainer, der die Fans genauso wie die Mannschaft mitreisst und uns eine wahnsinns-Erfolgsserie garantiert;
aber erstens gibts sowas nicht und zweitens gibts für sowas auch keine Garantie….und dann bin ich bei dir und resultiere ich für mich: meine Erwartungshaltung war unrealistisch und inzwischen freue ich mich über jedes Pünktchen, weil nur das der Mannschaft die (noch) fehlende Konstanz + Selbstsicherheit gibt…..auf das was danach folgt freue ich mich aber schon
Wahnsinn, super, Respekt u. danke für Deine lange, sehr gute Auswertung u. Deine ermahnenden, nachdenklichen Worte im Statement zu Trainer, Spieler, Mannschaft u. deren Entwicklung miteinander, lieber Bernd. Ich hoffe, dass AG es packt u. wir mit ihm schrittweise nachhaltige, kontinuierliche Entwicklungsfortschritte machen, die wir dann in Verbesserungen in den Spielen sehen u. sich letztendlich auch in folgerichtigen Leistungssteigerungen mit wachsendem Erfolg, mehr Siegen u. Remis als Niederlagen, wiederspiegeln. AG hat weiterhin mit unserem Löwenteam die Chance, das zu erreichen. Vertrauen darauf habe ich allerdings bei AG noch nicht, das sage ich ganz ehrlich. Aber dass kann er sich sehr gern noch mit besagter positiver Leistungsentwicklung hin zu mehr Erfolg bei mir u. vielen Sechzgern aufbauen u. erobern. Ich wünsche ihm dazu viiiel u. besten Erfolg u. gutes Gelingen.
Kompliment, eine für mich beeindruckende Analyse und bewundernswerte Kommentierung.
Ist es möglich als Resümee zu nennen:
-Das Trainerteam erreicht noch die Mannschaft („Er ist ein super Typ“),-Entgegen vieler unbewiesener Behauptungen stimmt bei der Mannschaft die Physis,
-die Mannschaft hat zu ihrer Defensivstärke zurück gefunden,
-kleine Verbesserungen widerlegen die Kassandrarufe.