Als wäre die 0:4-Niederlage des TSV 1860 in Saarbrücken nicht schon ärgerlich genug, muss man sich auch diesmal mit dem Thema Polizeigewalt auseinandersetzen. Am Saarbrücker Bahnhof wurde ein Löwenfan von einem Polizist die Treppe runtergetreten und kam zum Glück mit nur leichten Verletzungen davon.

Polizeigewalt gegen einen Fan des TSV 1860

Gott sei Dank wurde das unverhältnismäßige Vorgehen des Polizisten in einem Video festgehalten. Ein Augenzeuge, der sich in unmittelbarer Nähe des Opfers befand, berichtet:

Die Anfahrt bis Saarbrücken verlief völlig normal, bemerkenswert war aber, dass trotz der Zusammenkunft von drei Fangruppen – Sechzig, Ulm und die ersten Lauterer – und gemeinsamer Anreise ab Mannheim – alles völlig friedlich blieb. In Mannheim null Polizei am Bahnhof, trotzdem alles okay! Die Ulmer und Lauterer sind dann in Kaiserslautern ausgestiegen und so verblieben geschätzt etwa 200 Löwenfans im Zug, die dann pünktlich um 11.15 Uhr in Saarbrücken am Hauptbahnhof ankamen. Dieses Stück der Fahrt verlief auch ohne jegliche negativen Zwischenfälle.

Direkt nach dem Aussteigen war am Bahnsteig schon eine äußerst unangenehme, aggressive Stimmung seitens der eingesetzten Polizeikräfte zu spüren. Besonders drei Hundeführer, die am abgewendeten Geländer des einen Treppenabgangs postiert waren, fielen mir extrem negativ auf. Das war ein einziges Gebelle und die drei hatten offensichtlich große Probleme, ihre Hunde unter Kontrolle zu bringen. Ob es da sofort nach dem Aussteigen an der zweiten Türe des Zuges zu Provokation seitens Löwenfans kam, kann ich nicht sagen, aufgefallen ist mir aber nichts. Es gab aber z.B. keine Schubsereien oder lautes Gebrüll.

Aggressives Auftreten der Hundeführer

Die einzige Provokation seitens eines einzelnen, offensichtlich angetrunken Löwenfans waren drei bis vier laute “ACAB“-Rufe in Richtung der eingesetzten Polizeibeamten, auch gegenüber den Hundeführern. Absolut unnötig und dumm!

Zwei der drei eingesetzten Hundeführer zeigten sich danach extrem aggressiv und waren gefühlt auf Eskalation aus. Bei einem der beiden muss man wirklich sagen, dass ihm da der Gaul durchging und er die Kontrolle über sich selbst zeitweise verloren hat.

Sein Hund (mit Maulkorb) sprang Löwenfans bis auf Brusthöhe an und er musste die Leine mit beiden Händen halten, um den Hund nicht zu verlieren. Zudem schrie er Löwenfans aus wenigen Zentimetern laut und aggressiv ins Gesicht. Die Polizei wollte jetzt den Bahnsteig komplett räumen und drängte alle Fans recht ruppig zur Treppe. Unsere kleine Gruppe (4 Personen) befand sich jetzt ganz am Ende vor den ersten Polizeibeamten. Der Grund dafür: Ich hab noch ein Bahnhofsschild “Saarbrücken” fotografiert. Man konnte sich bis dahin als Löwenfan noch frei bewegen. Auf der Treppe dann die völlige Eskalation seitens des eingesetzten Hundeführers.

Tritt in den Rücken des Fans

Aus meiner Warte gab es keine weitere Provokationen der Löwenfans, einzig wurde immer wieder – auch von mir – aufgefordert, weniger aggresiv vorzugehen. Auf der Treppe wurde dann einem Löwenfan völlig unvermittelt von hinten durch den Hundeführer der Polizei brutal in den Rücken getreten. Der Löwenfan, der mit dem Rücken zu den Polizeibeamten stand, hatte aufgrund des überraschenden Tritts keine Möglichkeit, sich irgendwie zu schützen und flog völlig ungebremst und unvermittelt die restlichen 5-6 Stufen der Treppe mit voller Wucht zu Boden und blieb dort regungslos liegen.

Der Hund des Polizisten setzten dem am Boden liegenden Fan sogar noch nach, der Hundeführer hatte große Mühe, seinen Hund zurückzuhalten. Nach einem kurzen Schockmoment kamen ich und ein weiterer Fan dem am Boden Liegenden zu Hilfe. Wir versuchten ihm aufzuhelfen und zugleich, uns zwischen ihm und dem Polizeibeamten zu positionieren, um ihn zu schützen.

Ein Detail zeigt besonders die Einstellung des Hundeführers: Bei seiner Attacke verlor er seine Taschenlampe, die dann direkt neben dem am Boden liegenden Fan auf der Treppe lag. Der Hundeführer schrie uns sehr aggresiv an, dass dies seine Lampe sei und wir die liegen lassen sollen. Wir wollten uns aber nur um den Verletzten kümmern. Seine Taschenlampe war ihm wichtiger als der verletzte Fan.

Einbeziehung des Fanbeauftragten

Am Bahnhofsvorplatz machten wir mit Hilfe des Fanbeauftragten den Einsatzleiter auf das aggressive Verhalten des einen Hundeführers aufmerksam. Nach einigen Diskussionen kam der Vorwurf auf, es sei nach dem Hund getreten worden. Das geht aber weder aus meinen Wahrnehmungen noch aus dem Video hervor und klingt nach einer reinen Schutzbehauptung.

Da der Löwenfan natürlich aufgebracht war und den Hundeführer zur Rede stellen wollte, gab es sogar noch eine Personalienfeststellung gratis dazu.

Von Deeskalation keine Spur

Zum Allgemeinen: Ich fahre jetzt seit über 45 Jahren (zu Beginn als kleiner Bub an Vaters Hand) auch zu Auswärtsspielen und habe ganz, ganz selten so einen aggressiven Empfang durch die eingesetzten Polizeibeamten erlebt. Besonders kurios, da es eben auf der Anreise mit drei Fangruppierungen keine Probleme gegeben hatte. Bei den betroffenen Fans handelte es ausschließlich um “Normalos”, niemanden aus der aktiven Fanszene – um hier gleich einigen Gscheidhaferln den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Ich bin gestern 55 Jahre alt geworden und bin daher aus einer Generation, der Respekt vor der Polizei gelehrt wurde. Ich war nie ein Freund der ACAB-Schreier, ein Teil der eingesetzten Beamten gestern und auch z.B. in Essen tut aber alles, um meine Einstellung grundlegend zu überdenken.

Alle ankommenden Fans mit blauem Schal oder Mütze werden in Sippenhaft genommen und behandelt wie eine rauflustige Horde Gewaltverbrecher, von Deeskaltion seitens der eingesetzten Beamten keine Spur.

So macht das alles keinen Spaß mehr.

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Kraiburger

Mittlerweile berichten BR, Tagesschau, Sportschau und viele weitere regionale und überregionale Zeitungen über den Fall.

Nur ein einziger, unbeugsamer Blog aus dem Universum der Unfehlbaren hütet eisern den Mantel des Schweigens über den Vorfall, der so gar nicht in dessen Agenda passt.

Und von der KgaA, um dessen treuen Fan es sich schließlich handelt, hört man ebenso nichts.

Armutszeugnis!

Herbert

Der Vorfall ist aktuell die Headline auf db24. Aber als db24 Leser werden Sie das sicherlich bald sehen.

Kraiburger

Die regionalen Zeitungen im Saarland berichten, dass mittlerweile die Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Der Polizist wurde ermittelt.

Kraiburger

Abscheulich. Von hinten die Treppe runter treten.

Mir fällt dazu überhaupt nichts ein. Feige. Ich hoffe, der Vorfall wird geahndet und dem Löwenfan geht es gut!

Gute Besserung!

Stefan Kranzberg

Der Fan hatte Glück, ja. Das hätte ganz böse enden können.

FCS

Dieses aggressive Verhalten gibt es hier seit Jahren auch gegen Heimfans. Ich würde euch bitten, das hier zu melden :
https://www.saarland.de/polizei/DE/onlinewache
Selbst eine Beschwerde wird dort ernst genommen. Ich habe das selbst schon genutzt und mehrere Rückrufe und Briefe erhalten.

Joerg

Tja, solche Eindrücke kann ich leider nur bestätigen (nicht die von Saarbrücken), am schlimmsten empfand ich immer noch die Polizei in München, die selbst vor Kindern kein Halt machen