Die Achterbahn der Gefühle, sie fährt weiter bei den Löwen. Nach zwei überzeugenden Siegen musste ja folgerichtig wieder ein “Griff ins Klo” folgen. Und den gab es im Pokal gegen Haching. Ein seltsamer Tag, nicht nur hart für die Fans, sondern auch für die Vereinskasse. Lassen wir uns davon und von den vereinsinternen Querelen nicht entmutigen, es erwartet uns ein Highlight der aktuellen Saison. Es geht in den Westen, es geht zum Aufsteiger, es geht in die Kaiserstadt. Uns erwartet der Aachener Turn- und Sportverein Alemannia 1900 e.V..

Aktuelles – Die Ausgangssituation

Besonders bei Aufsteigern ist nie wirklich abzusehen wie die Saison verlaufen wird. Nach einem Durchmarsch sieht es beim ATSV nicht aus, beschweren werden sich die Gelb-Schwarzen aber auch nicht. Aktuell seht Platz 12 mit 18 Punkten und einer Bilanz von 4-6-4 zu Buche. In der Liga lief es in den letzten Wochen gut, seit dem 7. Spieltag hatte man kein Pflichtspiel mehr verloren. Vor zwei Wochen war es dann aber soweit und die Mannen von Trainer Heiner Backhaus bekamen in Sandhausen mit 4:0 auf den Deckel. Hoffentlich werden wir nicht zum Aufbaugegner… Am Tivoli hapert es vor allem in der Offensive, mit 13 Buden hat man den schwächsten Angriff der ganzen Liga. Die Abwehr steht mit bisher 17 Gegentreffern recht stabil, hoffentlich kommen morgen einige Tore auf dieser Seite hinzu!

Kader & Transfers

Der Umbruch im ersten Kader nach der Rückkehr in den Profifußball hielt sich im Vergleich zu vielen Konkurrenten in Grenzen. So stehen in Aachen 16 Zugänge 10 Abgängen gegenüber. Daraus ergibt sich mit 35 Spielern ein sehr großer Kader, der im Winter wieder reduziert werden soll.

Auf der Abgangsseite springt niemand besonders ins Auge, fast alle Spieler gingen in die Regionalliga oder in die Vereinslosigkeit. So wechselte Verteidiger Franko Uzelac zum MSV Duisburg und Stürmer Mark Brasnic nach Bonn in die Mittelrheinliga.

Bekanntere Gesichter finden sich bei den Zugängen. Für Erfahrung und Torgefahr sollen Charlison Benschop (34, aus Wuppertal) und Bentley Baxter Bahn (31, vom Waldhof) sorgen. Aus Osnabrück kam Linksaußen Leandro Putaro, vom SV Stripfing (Ö, 2.Liga) Gianluca Gaudino. Der Mittelfeldmann ist aber aktuell gesperrt. Außerdem wurden drei Spieler aus der eigenen A-Jugend hochgezogen.

Vom Bestandskader sollte man in der Verteidigung besonders auf Kapitän Mika Hanraths und den aktuellen Toptorschützen Saša Strujć (4 Tore) schauen. Im Mittelfeld ist Lukas Scepanik eine Konstante, der 30-jährige hat auch schon zwei Treffer erzielt. Nicht zu vergessen noch Stürmer Anton Heinz, der jedem Fußballfan durch seine wunderbaren Freistöße in der letzten Saison in Erinnerung geblieben ist.

Löwenpower: Kevin Goden (2021-23)

Vereinsgeschichte

Im Dezember 1900 gründeten 18 Schüler den “Fußballclub Alemannia”, im Gegensatz zu vielen anderen Städten war der Fußball in Aachen zu dieser Zeit in den oberen Schulen schon etabliert. Wie hoch der erste Mitgliedsbeitrag war erfahrt ihr übrigens im letzten Talk. Da es schon einen 1. FC Aachen gab, suchte man sich den Beinamen “Alemannia” aus. Grund für die Gründung war, auch Nicht-Mitschülern ein Mitspielen zu ermöglichen.

Der erste richtige Sportplatz war 1901 der Innenraum der Radrennbahn am Zoologischen Garten. Um an Meisterschaftsspielen teilnehmen zu dürfen trat man 1903 dem Verband bei und zog ein Jahr später auf den Waldspielplatz im Stadtwald um. In der Saison 1904/05 nahm der Klub dann das erste Mal an Pflichtspielen teil, eine Jugendabteilung und Vereinszeitung wurden gegründet.

1907/08 wurde man Meister des 1. Bezirks und zog auf den Sportplatz hinter dem Forsthaus Siegel um. Dieser Platz wurde zwar von der Stadt errichtet, erwies sich aber nicht als tauglich und so spielten die Gelb-Schwarzen fortan auf dem Sportplatz am Tivoli. Das Gelände ist bis heute die Heimat des ATSV. 1909 qualifizierte man sich für die 1. Ligaklasse in der man bis 1913 spielte. Im ersten Weltkrieg kam der Spielbetrieb fast zum Erliegen, der Verein konnte sich aber in der Bezirksklasse halten und zum Ende hin wieder Erfolge feiern.

Im Jahre 1919 erfolgte dann eine Fusion mit den Aachener Turnverein von 1847. Der Verein hieß von da an wie heute, nur mit 1847 im Namen.  In der Saison 1920/21 wurde man Meister im Westkreis und qualifizierte sich für die Rheingauliga. 1924 wurde die Fusion mit dem ATV aufgrund von Unstimmigkeiten wieder aufgehoben und der heutige Vereinsname angenommen.

1925 begann der Bau des alten Tivoli und des weiteren Vereinsgeländes, was in der Eröffnung des Stadions im Jahre 1928 mündete. So ging es auch sportlich bergauf und man konnte gute Leistungen in der Rheinbezirksliga zeigen, 1931 wurde man Bezirksmeister. Dieser Erfolg konnte in Folge zweimal wiederholt werden. Zu Beginn der NS-Zeit stieg der ATSV aus der Gauliga ab und spielte zum ersten Mal bis 1937 im Unterhaus. Nach dem Aufstieg qualifizierte man sich für und wurde dritter der deutschen Meisterschaft.

Während des zweiten Weltkriegs musste man wie fast alle Vereine in Kriegsspielgemeinschaften den Notbetrieb aufrechterhalten. Das Stadion wurde beschädigt und musste 45 wiederaufgebaut werden. Der Verein startete ab 1947 in der Oberliga West, in der man sich zuerst schwertat. Ab 1952 wurden die sportlichen Leistungen besser und im Stadion stand ab 1957 Europas modernste Flutlichtanlage.

Im Jahre 1960 war die Alemannia dann Westdeutschlands größter Verein mit über 3 000 Mitgliedern, beflügelt vom tollen Stadion und anhaltenden Erfolgen in der Liga. Trotz alle- dem wurde der ATSV nicht in die Bundesliga aufgenommen und musste, nach einer verständlichen aber erfolglosen Klage, ab 1963 in der Regionalliga West antreten. Man wurde hier direkt überlegen Meister, blamierte sich aber in der Aufstiegsrunde. 1965 stieß man bis ins Finale des DFB-Pokal vor und wurde Zweiter in der Liga, der Aufstieg gelang abermals nicht. Dieser wurde dann 1967 realisiert, der Klassenerhalt geschafft und es ging als erster deutscher Klub auf Südamerika Tournee.

Mit teuren Neuverpflichtungen konnte in der zweiten Saison im Oberhaus dann sogar die Vizemeisterschaft errungen werden. Man hatte sich aber insgesamt, besonders finanziell, überhoben, musste 1970 absteigen und stand in der nächsten Zeit kurz vor der Insolvenz. Man konnte sich aber für die neu gegründete 2. Bundesliga qualifizieren. 1990 musste der Verein sogar den Gang in die Oberliga antreten, ab 1994 in der neuen Regionalliga, bis 1999 der Wiederaufstieg ins Unterhaus gelang.

Bis 2006 spielte man in der 2. Bundesliga gut mit und erreichte 2004 wieder das Pokalfinale. Als Pokalzweiter qualifizierte der ATSV sich damit für den UEFA-Cup. Durch die Einnahmen konnte sich der Verein wirtschaftlich erholen und man steig in der Saison 05/06 in die Bundesliga auf. Es folgte der direkte Wiederabstieg und man geriet im Zuge des Stadion-Neubaus wieder in finanzielle Schwierigkeiten. Trotz Hilfe der Stadt Aachen ging es turbulent weiter und die Alemannia fand sich 2012 in der 3. Liga wieder. Man wurde durchgereicht und stand 2013 in der Regionalliga am Abgrund.

Seitdem hat sich die Alemannia in der Regionalliga eher schwergetan und musste über 10 Jahre im Amateurbereich bleiben. Als negativer Höhepunkt bleibt ein weiteres Insolvenzverfahren, als positives Highlight stehen einige Zuschauerrekorde auf dieser Ebene. Im Herbst 2023 wurde dann Heiner Backhaus Trainer in Aachen. Dieser schaffte den “Turnaround” und brachte den ATSV, nach Platz 12 in der Vorsaison, wieder auf die Siegerstraße. 2024 gelang als Meister der Aufstieg in Liga 3 und damit die lang ersehnte Rückkehr in den Profifußball.

Die Alemannia vereint ca. 10 800 Mitglieder auf die Abteilungen Fußball, Frauenfußball, Handball (kein Spielbetrieb mehr), Leichtathletik, Tischtennis, Volleyball, Futsal, eSports und Tischfußball. Der Profifußball ist in die “TSV Alemannia Aachen GmbH” ausgegliedert, welche zu 100% dem Verein gehört.

Fanszene

Die Fanszene der Alemannia ist auf der Werner-Fuchs-Tribüne beheimatet und sorgte vor gut zehn Jahren und nun in diesem Jahr wieder für viel Aufsehen in Fanlandschaft und Medien.

Seit 1999 gab es am Tivoli die “Aachen Ultras”, welche den Support organisierten. Nach Konflikten innerhalb der Gruppe, welche sich auf die gesamte Fanszene ausweiteten, spaltete sich 2010 die “Karlsbande” von den “Ultras” ab. Laut “KBU” sollen Meinungsverschiedenheiten zur Supportgestaltung und verschiedene Auffassungen von “Ultra” der Hauptgrund gewesen sein. Laut Medien und “ACU” ging es aber um die antifaschistische Ausrichtung, welche nicht mehr mitgetragen werden wollte.

So teilte sich die Szene, wobei die “KBU” mehr Unterstützung von Fanclubs und Hooligans erhielt. Von da an gab es immer wieder tätliche Angriffe auf die übrigen “Ultras” unter reger Beteiligung von Hooligans aus dem rechtsextremen Milieu. Nach dem hier das Fass zum Überlaufen gebracht worden war, entschlossen sich die “Aachen Ultras 1999” zur Auflösung im Jahre 2013. Eigentlich hatte die “Karlsbande” zu diesem Zeitpunkt ein “Auftrittsverbot” im Tivoli, welches aber nach einiger Zeit und bis zum heutigen Tage ignoriert und nicht vom Verein durchgesetzt wird.

Die “Karlsbande” ist noch immer die Hauptgruppe im Stadion. Seit 2014 hatte sich daneben die “Yellow Connection” etabliert, welche sich nun vor einigen Wochen nach Streitereien um die Benutzung der neuen Mikrofonanlage und weiteren Machtkämpfen auflöste. Auch der Verein spielte, u.a. mit kurzfristigen Stadionverboten, wieder eine eher unrühmliche bzw. unpassende Rolle.

Weiters steht die Szene des ATSV wegen fortwährender Verbindungen in die rechtsextreme Szene im Fokus. Nach dem Aufstieg gab es mehrere Artikel und Dokumentationen des ÖRR zu dem Thema, in dem besonders die Rolle der Hooligans von der “Boxstaffel 520” beleuchtet wird, welche auch helfen sollen, die Führungsrolle der “KBU” zu festigen.

Zu diesem Thema lohnt sich auch ein Blick in die letzte Sonderausgabe des Stadionhefts der Aachen Ultras: “Mullejan”.

Der ATSV pflegt eine Freundschaft zum niederländischen Klub Roda Kerkrade. Wirklich große Feindschaften sind mir nicht bekannt, Abneigung gibt es aber zu fast allen Klubs aus dem näheren NRW. Besonders groß soll diese nach Gladbach, Essen und Wuppertal sein. Abseits von “Ultra” hat die Alemannia noch 79 offizielle Fanclubs.

Stadion

Der (neue) Tivoli in Aachen ist das größte Stadion der dritten Liga und bietet 32 960 Plätze sowie alle Schikanen, wie z.B. ein eigenes TV-Studio. Fertiggestellt wurde die Arena im Sommer 2009.  Für Fotos und genaueste Zahlen konsultiert am besten die Website des ATSV. In den Veranstaltungsräumen des Stadions befindet sich seit 2015 u.a. die “Spielbank Aachen”. Der Bau der Arena stürzte den Verein in eine schwere finanzielle Krise, welche in zwei Insolvenzverfahren mündeten.

Der Name der Aachener Stadien kommt vom Standort, welcher auf dem Grund des ehemaligen Gut Tivoli liegt. Das Stadion ist Teil des “Sportpark Soers” in dem auch das Reitstadion liegt in dem der “CHIO” ausgetragen wird. Weitere Infrastruktur sind ein Parkhaus und Trainingsplätze. Von den Kunstrasenplätzen, welche nach ausländischen Städten benannt sind, befindet sich u.a. der Platz “Alkmaar” oben auf dem Parkhaus. Die Namen sind die der Gegner aus der UEFA-Cup Saison 2005/06.

Wer sich noch für den alten Tivoli interessiert, dem sei dieser Artikel ans Herz gelegt: Tivoli Historie.

Trivia – Unnützes Wissen

  • Mittelfeldspieler Ulrich Bapoh ist der Neffe von Samuel Eto‘o.
  • Die Tischfußballer der Alemannia spiel(t)en im November Champions League.
  • Der Aachener Dom samt Domschatz ist UNESCO-Welterbe.
  • Sportlich ist Aachen besonders für den Reitsport bekannt, der CHIO Aachen ist das weltgrößte Turnier für u.a. Springreiten.
  • Jährlich wird ein Seifenkistenrennen zwischen RWTH und FH Aachen ausgetragen.
  • Die “Aachener Printen- und Schokoladenfabrik Henry Lambertz GmbH & Co. KG” gilt als Weltmarktführer bei Herbst- und Weihnachtsgebäck.

Der 15. Spieltag im Überblick

Freitag 19:00 Uhr FC Viktoria Köln 1904FC Energie Cottbus
Samstag 14:00 Uhr FC Hansa Rostock – DSC Arminia Bielefeld
14:00 Uhr SG Dynamo Dresden1. FC Saarbrücken
14:00 Uhr Rot-Weiss Essen – SV Sandhausen
14:00 Uhr Aachener TSV Alemannia 1900 – TSV 1860 München
14:00 Uhr SC Verl – VfB Stuttgart II
16:30 Uhr SpVgg Unterhaching – SV Wehen Wiesbaden 
Sonntag 13:30 Uhr SV Waldhof Mannheim – Hannover 96 II
16:30 Uhr FC Ingolstadt 04 – VfL Osnabrück 
19:30 Uhr BV Borussia Dortmund II – FC Erzgebirge Aue

 

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