Herzlich Willkommen zur Taktiktafelanalyse der Auswärtsniederlage unseres TSV 1860 München beim SC Freiburg II. Verdient aber unnötig, so muss man am Ende des Tages die Niederlage der Löwen einordnen.

Die Partie SC Freiburg II – TSV 1860 München endete mit dem 3. Heimsieg der Gastgeber in Folge. Die Breisgauer und die Löwen traten beide mit den erwarteten Systemen an. Dem 3-5-2/5-3-2 des SCF stellte der TSV 1860 das 4-2-3-1 mit Starke in der Rolle des Box-to-Box Spielers und Lakenmacher als Zielspieler entgegen.

Während Freiburg von Anfang an die Pressinglinie hoch wählte, übten die Sechzger kaum Druck auf das Positionsspiel der Freiburger aus. Generell war von defensiver Bissigkeit seitens der Gäste wenig zu sehen.

Freiburg änderte das Anlaufverhalten nach der Pause und reagierte damit auf die Umstellung auf 4-4-2 bei den Löwen. Die Sechzger übten erst nach dem Gegentor Druck auf das Positionsspiel der Freiburger aus.

Am Ende jubelten die Freiburger über einen verdienten Sieg, der aus meiner Sicht vor allem zwei Gründe hat. Einerseits fehlende Präsenz und Aggressivität gegen den Ball, andererseits fehlende Präzision beim Spiel nach vorne. Am Ende muss man froh sein, dass es nur einen Gegentreffer gab.

Kommen wir aber bevor wir tiefer in die Analyse eintauchen wie immer zunächst zu den statistischen Werten der Partie.

Statistische Werte der Partie SC Freiburg II – TSV 1860 München

  • Ballbesitz SCF 65% – TSV 35%
  • Passgenauigkeit SCF 88% – TSV 80%
  • defensive Zweikampfquote SCF 57% – TSV 58%
  • Schüsse/aufs Tor SCF 8/3 – TSV 13/2
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) SCF 11,86 – TSV 13,54

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz (65%:35%)

Über das gesamte Spiel hinweg hatte Freiburg die Hoheit was den Ballbesitz anbelangt. Lediglich nach der Halbzeitpause konnten die Sechzger sich kurzzeitig über die 40% Marke hinaufschrauben. Die extrem ballsicher und unaufgeregt agierenden Freiburger sahen sich zu selten direkten Konfrontationen ausgesetzt. Freiburgs Überlegenheit hier hat wenig mit Ballbesitz in der eigenen Defensivzone zu tun. Natürlich ist diese auch vorhanden, aber sie wurde nicht in dem Maße zelebriert wie das andere Mannschaften gegen die Löwen schon machen mussten, weil sie selbst keine Anspielstationen im Mittelfeld gefunden hatten, wenn man sich die generelle Herangehensweise im Spiel gegen den Ball seitens der Löwen ansieht. Dort lag wie ich später noch aufzeigen werde der Hase im Pfeffer.

Wenig Präzision auf Seiten der Sechzger im Spiel nach vorne gegen eine Mannschaft, die mit hoher Intensität in die Zweikämpfe ging und auch ein gutes Stellungsspiel zeigte, ist mit ein Grund, dass Freiburg gegen mit hohem Spieltempo agierende Löwen oft schnell wieder in Ballbesitz gelangte.

Womit wir auch schon beim nächsten Thema wären, der Passgenauigkeit.

Passgenauigkeit (88%:80%)

Grundsätzlich sieht eine Passgenauigkeit von 80% für den TSV 1860 München im Spiel gegen den SC Freiburg II gar nicht so übel aus. Das wäre sie auch nicht, wenn die Passempfänger nicht so häufig nach Ballannahme das Leder gleich wieder aus unterschiedlichen Gründen verloren hätten. Im Schnitt verloren die Sechzger nach eigener Balleroberung die Kugel nach dem dritten Pass auf einen Mitspieler wieder. Freiburg spielte dagegen im Schnitt fünf Pässe, bis sich das Leder wieder in Reihen der Löwen befand. Die Sechzger spielten insgesamt 136 Vorwärtspässe, von denen 96 ankamen. Freiburg wiederum spielte 160 Pässe nach vorne, von denen 130 den Mitspieler fanden.

Diese Zahlen sind nicht nur ein Beleg für die insgesamt höhere Präzision im Spiel der Freiburger. Sie zeigen obendrein auch, dass Freiburg die gute Ballbesitzquote eben nicht im Spiel hintenrum erlangte, sondern die Gastgeber ihrerseits immer den Weg nach vorne suchten.

In jeder einzelnen Passkategori – abgesehen von der Flankengenauigkeit – haben die Freiburger zum Teil deutlich bessere Werte aufzuweisen als die Sechzger. Die geringste Diskrepanz im relativen Wert findet sich bei den Querpässen, wo Freiburg aber immer noch mit 6% vorne liegt. Die größte Diskrepanz liegt mit einem relativen Unterschied von 28% bei Pässen ins letzte Drittel des Gegners. Mit 46% Passgenauigkeit kam hier nicht einmal jeder zweite Pass der Sechzger an.

Man muss allerdings auch sagen, dass insgesamt mehr Flanken der Freiburger ankamen. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht komisch, liegt aber daran, dass Freiburg deutlich mehr Flankenversuche zu verzeichnen hatte als unsere Löwen. Somit stehen am Ende acht gelungene Flanken bei den Hausherren und fünf erfolgreiche Versuche Flanken an den Mann zu bringen bei unseren Sechzgern auf dem Papier.

Defensive Zweikampfquote (57%:58%)

Der einzig positive Wert, den die Sechzger im relativen Vergleich mit Freiburg erzielen konnten. Allerdings ist es auch hier so, dass die absoluten Zahlen im Vergleich mit den relativen eine andere Sprache sprechen. Zu brav und zu zaghaft war die Mannschaft des TSV 1860 München hier im Vergleich mit den Gastgebern vom SC Freiburg II.

Mit einem geführten Defensivzweikampf pro Minute gegnerischem Ballbesitz seitens der Sechzger gegenüber 1,5 geführten defensiven Zweikämpfen pro Minute gegnerischem Ballbesitzes seitens der Freiburger liegt das Aggressivitätsplus hier deutlich auf Seiten der Gastgeber. Es ist übrigens nicht so, dass 1,5 geführte Zweikämpfe pro Minute gegnerischem Ballbesitzes nun extrem viel wäre. Das ist in etwa dem Ligadurchschnitt entsprechend. Ein Zweikampf pro Minute gegnerischem Ballbesitz ist schlichtweg zu wenig.

Und diesen Schuh muss sich die Mannschaft des TSV 1860 anziehen. Die Fähigkeit in Zweikämpfe zu kommen war leider nicht gegeben. Wenn ich nicht hoch presse, was absolut legitim ist, dann muss ich im Mittelfeld präsent und aggressiv zu Werke gehen. Dass das nicht so war, belegt die Statistik wo die Zweikämpfe gegen den Ball seitens unserer Löwen gesucht wurden. Der Großteil fand seitens der Löwen mit 63% jenseits der pressingrelvanten Zonen und mit 51% im eigenen letzten Drittel statt. Von den Defensivzweikämpfen im Mittelfeld wurden lediglich zwölf gewonnen.

Letztes Drittel

Das Verhalten gegen den Ball im eigenen letzten Drittel hingegen war stark. Im Strafraum verloren die Sechzger kein einziges Defensivduell am Boden. Und dass bei der ungewöhnlich hohen Anzahl von Flanken, die Freiburg schlagen konnte dann auch mal das ein oder andere Kopfballduell nicht für sich entschieden kann, ist auch klar und nicht kritikwürdig.

Stellungsspiel

Und weil die Defensive nicht nur mit defensiven Zweikämpfen, sondern auch mit abgefangenen Bällen zu tun hat, könnte man nun hoffen, dass wenigstens hier ein Plus für die Sechzger zu verzeichnen wäre. Pustekuchen. Auch hier waren die Freiburger den Löwen überlegen. Pro Minute gegnerischem Ballbesitzes fing Freiburg im Schnitt 1,2 Pässe ab. Die Sechzger lediglich 0,6. Das bedeutet am Ende, dass die Freiburger nicht nur aggressiver zu Werke gingen, sondern obendrein auch noch das deutlich bessere Stellungsspiel aufs Feld bringen konnten.

Schüsse/aufs Tor (8/3:13/2)

All diese oben genannten Schwächen im Spiel des TSV 1860 München am Samstag beim SC Freiburg II wären nicht relevant, wenn die Schussgenauigkeit bei den Chancen, die unsere Löwen hatten, höher gewesen wäre. Denn wie so oft war die Chancenqualität wieder einmal höher als die des Gegners.

Man darf also nicht so weit gehen zu sagen, dass die Mannschaft chancenlos gewesen wäre, denn genau das war sie nämlich nicht. Beide Mannschaften hatten zwei Großchancen. Der Schuss aus dem das Tor für die Gastgeber schließlich resultierte war übrigens keine davon. Ein Volleyschuss von der Strafraumgrenze ist keine Großchance. Dennoch ging dieser Schuss, der einen xG Wert von 0,03 hatte leider hinein.

Bezeichnend hier ist, dass die Abwehr der Sechzger überhaupt keinen der Freiburger Schussversuche abblocken konnte. Dem stehen sechs durch Freiburgs Abwehr geblockte Schüsse der Sechzger gegenüber. Verlaat, Rieder, Schröter, Güler und Kwadwo hatten allesamt aus guter Position geschossen, sind aber leider jeweils an einem Gegenspieler, der sich in die Schussbahn stellte oder schon dort stand, gescheitert. Acht Schüsse von dreizehn erfolgten in der Box der Freiburger. Keiner ging hinein. Nach dem Gegentreffer hatte nur noch Greilinger per Kopf nach einer Ecke in der 75. Minute einen Abschluss.

PPDA (11,86:13,54)

Die Pressingintensität der Freiburger muss man nach Phasen im Spiel aufteilen. Während die Freiburger zu Beginn sehr aggressiv zu Werke gingen, ließen sie in der zweiten Halbzeit diesbezüglich etwas nach und verlegten ihre Bemühungen dabei weiter nach hinten. Sie setzten je länger das Spiel dauerte mehr auf ihre tiefen Pressingfallen als auf direkten Ballgewinn in der gegnerischen Spielfeldhälfte.

Der TSV 1860 München intensivierte erst nach dem Gegentreffer seine Anlaufbemühungen. Bis zum Gegentor in der 71. Minute hatten die Löwen diesbezüglich kaum große Ambitionen tief in der gegnerischen Hälfte selbst in Ballbesitz zu kommen.

Zusammen mit der (beim Punkt defensive Zweikampfquote schon erwähnten) generell niedrigen Intensität im Spiel gegen den Ball seitens der Löwen ist das leider zu wenig.

Auch wenn man mit dieser Herangehensweise nur vier Schüsse in der eigenen Box zugelassen hat, war der permanente Druck, den Freiburg aufbauen konnte, am Ende das, was Sechzig den Zahn zog. Die Löwen waren bei eigenem Ballbesitz immer unter Stress und konnten selten längere Ballbesitzphasen aufrechterhalten. Erst als es zu spät war, legte man da den Schalter um und begann den Gegner selbst zu stressen.

Das Tor

Hier könnt Ihr Euch den Treffer und weitere Highlights des Spiels noch einmal ansehen.

Nach einem langen Befreiungsschlag der Löwen von kurz vor der eigenen Sechzehnergrenze in zentraler Position kommt Freiburg wieder in Ballbesitz. Keinerlei Zweikampfversuche seitens der Sechzger begleiten diesen Angriff über fünf Stationen. Rieder stellt sich Marino, der den Ball im Mittelkreis von Baur per Kopf zugespielt bekommt, zwar entgegen aber attackiert ihn nicht. So geht dieser am Sechser der Löwen locker vorbei und spielt Fahrner in halbrechter Postion an, der sich schnell auf den Weg in Richtung Box der Sechzger macht. Den vom Flügel auf dieser Seite in die Box einlaufenden Johansson hat gar niemand auf dem Schirm.

So kommt Johansson bis zur Grundlinie, bevor Greilinger ihn stellen kann und bringt den Ball von dort, wo die rechte Begrenzung des Sechzehnmeterraums und die Torauslinie aufeinandertreffen, in die Mitte. Verlaat, der unbedrängt per Kopf verteidigen kann, trifft den Ball seiner eigenen Aussage nach nicht vernünftig und legt so unbeabsichtigt für Marino auf, der von der halbrechten Strafraumgrenze Volley abzieht. Dessen Schuss schlägt neben dem vom Schützen aus gesehen rechten Pfosten ohne Abwehrchance für Keeper Hiller ein.

Diese über die Halbpositionen eingeleiteten Angriffe sind Brot und Butter der Freiburger Offensive und Sechzig ist nicht die erste Mannschaft, die aus einer ähnlichen Situation einen Gegentreffer hinnehmen musste. Nichtsdestotrotz darf schon Johansson eigentlich hier gar nicht mehr zum Zug kommen und den hohen Ball ins Zentrum spielen.

Verlaat alleine den Fehler anzukreiden ist meiner Meinung nach zu kurz gedacht. Greilinger muss zunächst gegen Fahrner verteidigen und ist dann mit dem Pass auf Johannson überfordert, weil Guttau einfach stehen bliebt nachdem Johansson auf dem rechten Flügel Tempo aufnimmt anstatt seinen Gegenspieler weiter zu verfolgen.

Das fiel auf

Querpässe am eigenen Sechzehner

Seltsame Entscheidungen bei Pässen vor allem im eigenen letzten Drittel. Ich habe mich in einigen Situationen, als Freiburg die Löwen vor dem eigenen Sechzehner mit Pressing unter Druck setzte gefragt, was das soll. Wenn der ballführende Spieler am eigenen Sechzehner riskante Querpässe spielt, die den pressenden Spielern des Gegners erlauben auf den Passempfänger noch mehr Druck auszuüben und in ein paar Fällen sogar zu Ballverlusten geführt haben, dann fehlt es meiner Meinung nach an der Konzentration beim Passgeber.

Kein Biss

In der Analyse der statistischen Werte ist dazu eigentlich schon alles gesagt worden. Dennoch muss man das hier auch noch einmal deutlich machen. Es fehlt an der Aggressivität und an der Präsenz im Spiel gegen den Ball.

Schussgenauigkeit

Nur zwei von dreizehn Schüssen der Löwen gingen aufs Tor. Das ist zu wenig. Dass Freiburg es schafft sechs Schüsse zu blocken ist ein Indikator dafür, dass die Entscheidungen einen Schussversuch zu wagen auch falsch sind. Gülers Volleyschuss zu halten war natürlich eine Glanzleistung des Keepers der Freiburger. Dem Schützen kann man hier keinen Vorwurf machen. Da muss man dem Torhüter einfach gratulieren und seine Leistung anerkennen.

Ballverluste die zu gegnerischen Schüssen führten

Acht Ballverluste im bzw. aus dem eigenen letzten Drittel heraus führten zu gegnerischen Schüssen. Das bedeutet jeder Schuss, den Freiburg absetzte, nahm seinen Anfang nicht im Positionsspiel der Freiburger, sondern durch eine Balleroberung nach einer gelungenen Pressing bzw. Gegenpressingaktion der Freiburger oder nach einem Fehlpass seitens der Löwen im bzw. aus dem eigenen letzten Drittel heraus. Auch das Gegentor nach dem durch Freiburg abgefangenen Befreiungsschlag zählt hier dazu – wobei der abgefangene Befreiungsschlag hier sicherlich nicht der entscheidende Fehler war.

Fazit zur Niederlage des TSV 1860 beim SC Freiburg II

Offensiv mag das, was ja die Schussanzahl in der Box auch belegt, nicht unbedingt komplett schlecht gewesen sein. Defensiv muss sich vor allem bei der Aggressivität gegen den Ball im Mittelfeld und auch im Stellungsspiel dort etwas ändern.

In der Offensive vermisse ich immer mehr die Bewegung der zentral agierenden Spieler hinter der Spitze. Auch von konsequentem Gegenpressing nach Ballverlusten war im Spiel des TSV 1860 München gegen den SC Freiburg II wenig bis nichts zu sehen. Rückzugsgefechte ohne Aggressivität werden das nun wieder kreisende Abstiegsgespenst nicht vertreiben.

Man kann nur hoffen, dass die Rückkehr des ungerechtfertigt gesperrten Frey und hoffentlich auch bald wieder zur Verfügung stehenden Reinthaler den Löwen wieder mehr Stabilität verleihen.

Datenquelle: Wyscout

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