Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Spiel unseres TSV 1860 München gegen den 1. FC Saarbrücken. Die Bezwinger des Vereins aus Seitenstraße im Pokal sind mit zwei Spielen und zwei Punkten weniger auf dem Konto einen Platz hinter den Löwen. Was erwartet uns am Samstag im Saarland?

TSV 1860 München – 1.FC Saarbrücken, ein weiteres Duell aus der Kategorie Bundesliga-Gründungsmitglieder in der 3. Liga treffen aufeinander. Rüdiger Ziehl schickt sein Team bisher immer mit einer Dreierkette in der Abwehr ins Rennen. Diese Dreierkette wird, wie meistens bei dieser Defensivformation, durch abkippende Außenspieler gegen den Ball zu einer Fünferkette. Systematisch sehen wir bei Saarbrücken bisher hauptsächlich ein 3-5-2, das gegen den Ball im eigenen letzten Drittel zu einem 5-3-1-1 bzw. einem 5-4-1 verschoben wird.

Die Pressinglinie der Saarbrücker steht gegen das Positionsspiel des Gegners im Normalfall auf mittlerem bis leicht tiefem Niveau und agiert eher im Raum als gegen den Ball. Bei kurzem Spiel auf einen der Außenspieler rückt auch gerne einer der dahinter postierten Mittelfeldspieler auf, um in der Angriffssteuerung den Pass in die hohe Pressingfalle zu forcieren.

Die Positionierung der Defensivlinie wird der Höhe der Pressinglinie meist angepasst. Sie steht mit leicht vorgeschobenen Außenspielern ballfern asymmetrisch, bevor der Gegner ins letzte Drittel eindringt. Die Dreierkette im Abwehrzentrum verschiebt dabei horizontal in Richtung der ballnahen Seite.

Bevor wir zur genauen Spielweise der Saarbrücker kommen, wie immer die bisherigen statistischen Werte des 1. FCS.

Die statistischen Werte der Saarbrücker

  • Ballbesitz: 51%
  • Passgenauigkeit: 82%
  • Defensive Zweikampfquote: 59%
  • Flankengenauigkeit: 34%
  • PPDA (Zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 9,65

Wie spielt Saarbrücken?

Offensiv

Im eigenen Positionsspiel spielen die Saarbrücker im Aufbau oft mit einer breiten 2-3 Formation. Die beiden Schienenspieler auf den Außenbahnen sowie der zentrale Verteidiger der Dreierkette schieben dabei in die Zone zwischen Abwehr und Mittelfeld nach vorne. Die äußeren Verteidiger der Dreierkette kümmern sich um die Spieleröffnung. Es ergeben sich in dieser Staffelung gute Passdreiecke, um jede Form des Pressing gut zu bespielen. Saarbrücken ist hinter Verl die Mannschaft, die statistisch gesehen die wenigsten Aktionen gegen den Ball im Pressing hinnehmen muss. So schaffen es die Saarbrücker sehr häufig, sich konstruktiv ins Mittelfeld durchzukombinieren.

Man sieht auffallend oft, dass Saarbrücken versucht, lieber früh als spät in der gegnerischen Hälfte ins Zentrum des Spielfelds zu kommen, um dort mit Überzahl dafür zu sorgen, dass Spieler aus dem defensiven Mittelfeld und/oder der Abwehrkette herausgezogen werden. Das soll für die beiden Stürmer im Zentrum Lücken reißen, in die diese dann hineinstoßen.

Das Flügelspiel der Saarbrücker findet, wenn der Plan aufgeht, also hauptsächlich vor dem Eindringen ins letzte Drittel des Gegners statt. Häufig sehen wir bei Saarbrücken hohe oder flache Flanken, die in der Zone zwischen Mittellinie und der Grenze zum letzten Drittel des Gegners abgefeuert werden. Diese kommen auch mit hoher Wahrscheinlichkeit an. Flanken aus tiefen Positionen werden hauptsächlich dann eingesetzt, wenn der Gegner es schafft, Saarbrücken im letzten Drittel wieder nach außen zu zwingen oder sie durch gutes Stellungsspiel dort zu halten.

Defensiv

Saarbrücken versucht gegen den Ball mit einer zentral gestellten Pressingfalle früh während der gegnerischen Ballbesitzphasen im Positionsspiel wieder selbst in Ballbesitz zu kommen, um dann über Umschaltspiel agieren zu können.

Schafft es der Gegner, die Pressinglinie zu überspielen und die Pressingfallen auszuhebeln, verteidigen die Saarländer im letzten Drittel in einer 5-4-1 bzw. einer 5-3-1-1 Formation. Dabei fällt auf, dass die Abwehrkette, wenn der Gegner über den Flügel kommt, horizontal so nach außen verschiebt, sodass auf der ballnahen Seite leicht gedoppelt werden kann. Kommt der Gegner durchs Zentrum, schiebt oft einer der Innenverteidiger leicht vor die Kette und fungiert dort wie ein Libero vor der Abwehr, oder auch ein Abräumer im defensiven Mittelfeld. Dadurch werden die Räume für den Gegner im Zentrum vor dem Eindringen in die Box äußerst eng. Das wiederum hat dann oft zur Folge, dass das Spiel des Gegners, sofern er nicht vom Ball getrennt wird, auf die Außenpositionen verlagert wird, wo dann die Dopplung durch die horizontale Verschiebung wartet.

Wie kann man Saarbrücken knacken?

Die stabile Abwehr der Saarbrücker gut zu bespielen, gelingt nur wenigen Mannschaften. Will der TSV 1860 München das am Samstag gegen den 1.FC Saarbrücken schaffen, gilt es Folgendes zu beachten: Das Überraschungsmoment und Überzahl in den entscheidenden Zonen sind dabei wichtig. Wenn man es schafft, über gutes Anlaufverhalten selbst Umschaltsituationen in der gegnerischen Hälfte zu erzwingen oder präzise schnelle Konter nach gescheiterten Angriffen der Saarbrücker durchbringt, hat man gute Karten, den Saarländern gefährlich zu werden. Viele hochkarätige Chancen lassen die Saarbrücker selten zu, zudem zwingen sie den Gegner mit ihrer guten Staffelung vor bzw. in der eigenen Box überdurchschnittlich häufig zu Abschlüssen von außerhalb des Strafraums. Situationen im Fünfer Saarbrückens haben absoluten Seltenheitswert.

Im Positionsspiel gegen den Ball steht Saarbrücken mit der oben beschriebenen Taktik gegen den Ball äußerst stabil. Bisher gelang es nur drei Mannschaften aus dem vorderen Tabellendrittel und den immer sehr offensiv spielenden Ingolstädtern, sich bessere Torgelegenheiten als Saarbrücken in den jeweiligen Spielen gegeneinander zu erspielen.

Stärken und Schwächen des Systems 3-5-2

Stärken

Das System ermöglicht bei Ballbesitz eine gute Staffelung in der Breite und Tiefe. Dadurch kann eine für Passkombinationen gute Raumaufteilung entstehen.

Zwei Stürmer in der Spitze bringen starke Präsenz im Zentrum des gegnerischen Abwehrdrittels. Durch ein kompaktes Mittelfeldzentrum lässt man dem Gegner gegen den Ball wenig Raum.

Schwächen

Es ergeben sich bei Ballverlust teilweise weite Abstände, die der Gegner bei schnellem Spiel gut ausnutzen kann.

Die für die Flügelspieler langen Laufwege können in einem dynamischen Spiel mit viel Ballbesitzwechsel zu verfrühtem Kraftverlust der Außenspieler und damit zum Erlahmen des Drucks, der über die Flügel aufgebaut werden soll, führen.

Die Flügel sind nur einfach besetzt, deshalb können entweder Defensive oder Offensive dort schwächeln.

Gegen Systeme, in denen mit zwei oder mehr Stürmern agiert wird, kann es bei Kontern des Gegners oder zügigen Positionsangriffen leicht zu einer Unterzahl in der Hintermannschaft kommen.

Schlüsselspieler

Tor

Tim Schreiber (#1) oder Tim Paterok (#20) – das ist die Frage, die sich für manchen vielleicht stellt. Während Paterok in allen Ligaspielen bisher, abgesehen vom abgebrochenen Punktspiel gegen Dresden und gegen Sandhausen vergangene Woche – im Kasten der Saarbrücker stand, scheint Schreiber, der in beiden DFB Pokalspielen gute Leistungen zeigte, nun, wie es auch seine Rückennummer aussagt, die Nummer 1 des 1. FCS zu sein.

Der 21-Jährige, der schon vor zwei Jahren 23 Spiele für Halle und vergangene Spielzeit zehn Partien in der 2. Liga für Holstein Kiel bestritt hat großartige Reflexe, eine gute Strafraumbeherrschung und ist einer der wenigen jungen Keeper, die auch im Eins gegen Eins oft eine gute Figur machen.

Abwehr

Manuel Zeitz (#8), Kapitän und Abwehrchef, ist seit Jahren einer der besten Defensivspieler der 3. Liga. Auch in der Spieleröffnung hat der ehemalige defensive Mittelfeldstratege bei Saarbrücken meistens den Hut auf. Er gewinnt fast drei Viertel seiner Defensivzweikämpfe und hat ein grandioses Stellungsspiel. Obendrein schaltet er sich auch bisweilen sehr effektiv ins Offensivspiel mit ein.

Mittelfeld

Die tragenden Rollen im Mittelfeld der Saarbrücker haben Patrick Sontheimer (#6) und Kasim Rabihic (#10) inne. Sontheimer ist die Schaltzentrale im defensiven Mittelfeld und zeigt sein Können vor allem im Aufbau der Frühphasen einer Attacke und gegen den Ball, während Ballzauberer Rabihic mit allen Freiheiten ausgestattet hinter den Spitzen als Vorbereiter zur Penetration der Box und im Abschluss glänzt. Beide sind individuell auf ihren jeweiligen Positionen mit das Beste, was die Liga zu bieten hat.

Sturm

Mit sechs erzielten Toren ist der aus aus Magdeburg an die Saar gewechselte Kai Brünker (#9) der bisher beste Torschütze des 1.FC Saarbrücken. Seine Schussgenauigkeit ist phänomenal. Er trifft statistisch gesehen in jedem zweiten Spiel. Auch gegen Karlsruhe im Pokal war er erfolgreich. Er weiß genau, wann er sich vom Gegenspieler lösen muss und fackelt nicht lange, sobald er die Kugel am Fuß hat. Im direkten Zweikampf setzt er sich hingegen eher schlecht durch.

Fazit

Wenn man sich ansieht, wie erfolgreich es dem 1.FC Saarbrücken gelingt, den Gegner vom eigenen Kasten fern zu halten und wie unglücklich manche der Niederlagen oder Punkteteilungen des 1. FCS zustande kamen, wird es für den TSV 1860 München am Samstag ein hartes Stück Arbeit werden, wenn man dort etwas Zählbares mitnehmen will. Volle Konzentration über die gesamten 90 Minuten wird gegen Saarbrücken nicht das Einzige sein, was nötig ist, um dort nicht unter die Räder zu kommen.

In dieser Liga muss man, wenn man einen Sieg erringen will, statistisch gesehen mindestens zwei Tore schießen, um ein Unentschieden zu ergattern zumindest eins.

Der 1.FC Saarbrücken, der vermutlich immer noch ein wenig auf der Euphoriewelle des Siegs im Pokal gegen die Mannschaft aus der Seitenstraße reitet, wird es dem TSV 1860 nicht leicht machen. Ich hoffe darauf, dass sich die Sechzger offensiv endlich einmal wirklich etwas zutrauen und auch was das Schaffen von Überzahlsituationen in der Zentrale vor dem Tor betrifft die richtigen Lösungen parat haben. Außerdem muss man durch gutes Anlaufverhalten frühe Umschaltmomente vor der Mittellinie kreieren, durch die man die Saarbrücker in Bedrängnis bringen kann. Es muss endlich über die gesamte Spielzeit bis zu einer möglichen positiven Vorentscheidung mehr Mut zum Offensivspiel gezeigt werden und mehr Druck aufs gegnerische letzte Drittel ausgeübt werden.

So könnte Saarbrücken beginnen

Datenquelle: Wyscout

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Bluemuckel

Jacobacci und Mut zur Offensive… Finde den Fehler. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

juergen

egal wie, Hauptsache wir gewinnen gegen den Verein, der vor 2 Wochen das rote Pack besiegt hat 🙂