Elf Jahre lang waren die Fußballer der Löwen ohne wirkliche Heimat gewesen und hatten auf diversen Plätzen in München (u.a. in Holzapfelkreuth und am Alpenplatz) gespielt. Im Jahr 1911 sollte sich das nachhaltig ändern. Während einer Vereinssitzung wurde dem TV 1860 (so die Bezeichnung damals) eine 7,5 Tagwerk große Wiese direkt an der Isarhangkante angeboten. Die Löwen waren an der Grünwalder Straße angekommen und absolvierten dort heute vor 114 Jahren ihr erstes Spiel.

1860 an der Grünwalder Straße

Wilhelm Hilber, ein Uhrmachermeister aus der Au, der auch als Vizepräsident bei 1860 engagiert war, pachtete und finanzierte das Areal. Das neue Gelände der Löwen wurde damals als sehr modern erachtet. So schrieb beispielsweise die Münchner Zeitung, der Sportplatz sei “mit allen Raffinements der Neuzeit” ausgestattet. Innerhalb von zwei Monaten entstand ein komplett eingeplanktes Areal inklusive einer 400 Meter-Laufbahn – der ersten in München. Weitere Leichtathletikanlagen wurden direkt vor der neuen Tribüne errichtet.

Das Zündholzschachterl in Giesing

Diese Sitztribüne in Holzbauweise, im Volksmund “Zündholzschachterl” genannt, war das Prunkstück der Anlage (links oben auf der abgebildeten Eintrittskarte). Ursprünglich war eine 30 Meter lange Tribüne angedacht, tatsächlich maß sie dann jedoch nur 12 Meter und bot 160 Zuschauern Platz. Im Inneren der Tribüne brachte der TV 1860 Waschräume und Garderoben unter. Bis dahin war es Usus gewesen, dass sich die Sportler in umliegenden Gaststätten umzogen.

Heimat der Löwen

Das Stadion erhielt zunächst den Namen “TV 1860-Stadion”. Das Sechzgerstadion an der Grünwalder Straße ist damit das älteste Münchner Stadion, eine der traditionsreichsten noch erhaltenen Sportarenen in Deutschland und darf getrost als Heimat von 1860 betrachtet werden. Mit der Einweihungsveranstaltung im Mai 1911 zogen die Fußballer und Leichtathleten endgültig vom Schyrenplatz an die Grünwalder Straße. Doch bereits vorher hatten die Löwen ihr erstes Spiel an neuer Heimstätte absolviert.

Erstes Heimspiel an der Grünwalder Straße

Als ersten Gegner in der neuen Heimat empfing der TV 1860 den MTV München 1879 an der Grünwalder Straße. Im Rahmen der Meisterschaft des Münchener Rasensportverbandes feierte der neue Sportplatz der Löwen heute vor 114 Jahren seine Premiere. Der MTV hatte keine Chance und wurde mit 4:0 abgefertigt. Auch die Zeitung “Münchner Neueste Nachrichten” zeigte sich in ihrer Ausgabe vom 25.04. begeistert:

“Mit einem besseren Resultat hätte die Mannschaft vom Turnverein 1860 ihre Spiele auf dem neuen, schön gelegenen Platz kaum beginnen können, als mit einer solch hohen Niederlage des Männer-Turnvereins.”

Tore:
1:0 Pospiech (25.), 2:0 Pospiech (27.), 3:0 Rechenmacher (72.), 4:0 Seefried (??.)

Münchner Vizemeister

Eine Woche später schlugen die Löwen die Turnerschaft München mit 4:0. Und nochmal sieben Tage darauf ließ der TSV 1860 auch Wacker Monachia beim 4:0 keine Chance an der Grünwalder Straße. Der FA Bayern des Münchner SC musste man sich dann jedoch mit 0:3 beugen, womit man in der Abschlusstabelle punktgleich mit den Bayern an der Tabellenspitze stand. Auch im Entscheidungsspiel war gegen die Bayern kein Kraut gewachsen und die FA Bayern des MSC behielt erneut mit 3:0 die Oberhand.

Die Geschichte des Stadions

Wer mehr über die Stadiongeschichte der Löwen erfahren möchte, dem sei das Buch “Kultstätte an der Grünwalder Straße – Die Geschichte eines Stadions” ans Herz gelegt. Autor Roman Beer dokumentiert darin ausführlich die Entwicklung des Stadions und legt auch einen Fokus auf den engagierten Kampf der Löwenfans um den Erhalt der Traditionsstätte.

Die Daten zur Partie gegen den MTV am 23.04.1911 sind dem Löwen Kompendium von Thorsten Ruinys entnommen.

Titelbild: Ausschnitt Roman Beer – “Kultstätte an der Grünwalder Straße – Die Geschichte eines Stadions”

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Mira Dor

Sehr interessanter Artikel!
Bei mir funktioniert der Link auf das Kultstätte-Buch leider nicht, vielleicht könnt ihr auf den EV-Shop verlinken, da gibt es das Buch auch zu bestellen.
https://tsv1860shop.org/products/fabuch-kultstaette-an-der-gruenwalder-strasse?srsltid=AfmBOooiY192nOvLpLp2od0X_FQkAy5F8CHevHNX9wU_64McCa_Na19K

Kraiburger

Was mit bei dem Text zu allererst einfällt: Beim MTV München 1879 darf man nicht vergessen zu erwähnen, das dieser Verein durch 4 Leute gegründet wurde, die 1879 aus dem TSV München ausgetreten waren. Wiederum aus dem MTV sind dann 1900 nochmal die Fußballer ausgetreten, die wiederum den FC Bayern gegründet haben. Der FC Bayern ist also, wenn man es genau nimmt, ein Sprößling unseres Sprößlings. Und so würde es nicht nur die Arena ohne uns nicht geben, sondern es würde ohne uns den ganzen FC Bayern überhaupt nicht geben. Wobei weder bei der Arena noch beim FC Bayern tatsächlich irgendjemand ein Problem damit hätte, wenn es sie nicht geben würde. Der MTV spielt heute übrigens immer noch Fußball, und zwar in der Kreisliga zusammen mit unserer Dritten.

Der zweite Punkt, der mir dabei einfällt: Die Wohnbebauung rund ums Sechzgerstadion war 1911 ja nicht ganz so eng wie sie heute ist. Die Zahl der damaligen Anwohner hielt sich ja durchaus in Grenzen. Betrachtet man zusätzlich die Tatsache, dass der aktuell “älteste Münchner” 1914 geboren wurde, gibt es heute niemanden mehr, der nicht vorsätzlich und mit voller Absicht direkt neben das bereits bestehende Sechzgerstadion gezogen ist. Sich dann darüber zu beschweren, dass in einem Fußballstadion Fußball gespielt wird, ist schon ordenlich Alleman.

Als dritten Punkt muss man ja auch immer und immer wieder festhalten: Es heißt SECHZGERSTADION. Weil es das Stadion ohne Sechzig nicht geben würde. Und Sechzig würde es ohne das Stadion auch nicht mehr geben!

Auf die Löwen. Und

Für Immer Danke Wilhelm Hilber!