Seit Anfang August gibt es beim TSV 1860 endlich wieder eine Frauenfußball-Sparte und die ersten Reaktionen darauf waren fast durchwegs positiv. Auch sechzger.de hatte damals berichtet und wird Euch zukünftig über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Kürzlich trafen wir uns mit Spartenleiterin Silke Dehling, Vroni Seemann und Hannah Conrad, um uns über die ersten Schritte der Neu-Löwinnen zu informieren.

Sechzger.de: Hallo! Erstmal danke, dass Ihr drei Euch für uns die Zeit nehmt.

Vroni Seemann: Hallo und ebenfalls danke.

Silke Dehling: Hallo.

Hannah Conrad: Servus.

Sechzger.de: Wie und wann entstand denn die Idee, eine Damenmannschaft bei 1860 zu gründen und damit den Frauenfußball beim TSV 1860 wieder zu etablieren?

Vroni Seemann: Das war irgendwann einmal nach einem Spiel der Löwen, da sind wir zusammengesessen, und haben uns gefragt, warum spielen wir eigentlich nicht selbst Fußball? Zuerst war die Idee eigentlich, eine Freizeitmannschaft, ähnlich wie Weiß-Blau Sechzgerstadion zu gründen. Aber leider – oder Gott sei Dank – ist Damenfreizeitfußball in der Stadt München nicht möglich. Die Idee blieb aber in unseren Köpfen und vor etwa einem Jahr habe ich dann bei einem Spiel der vierten Mannschaft des TSV, in der auch mein Freund spielt, Fußballabteilungsleiter Roman Beer angesprochen und ihn gefragt, was er denn davon hielte.

Sechzger.de: War viel Überredungskunst nötig, um ihn von eurem Anliegen zu überzeugen?

Vroni Seemann: Ich habe sofort gemerkt, dass ich mit meinem Anliegen offene Türen einrenne. Denn die Idee, das zu machen, sagte mir Roman Beer, wäre schon einmal dagewesen, allerdings eher leistungsorientiert und nicht im Rahmen von Breitensport. Er sagte uns, wenn das breitensportmäßig aufgezogen werden soll, müsse sich die Mannschaft – wie jede neue Sparte der Fußballabteilung – selbst organisieren, selbst finanzieren und selbst einen Trainingsplatz finden.

Sechzger.de: War dann die Zusammenstellung der Mannschaft ein langer Prozess oder ging das schnell?

Vroni Seemann: Wir haben dann begonnen, alle, die sich dafür interessiert hatten, zu kontaktieren und in Nullkommanichts waren wir 25 Mädels. Ab da war für uns klar, dass wirklich Interesse da ist und so gingen wir auf die Suche nach einem Trainingsplatz.

Sechzger.de: Ich kann mir vorstellen, dass diese Suche ein schweres Unterfangen gewesen sein dürfte.

Vroni Seemann: Anfangs ja, allerdings kam dann die DFB-Richtlinie, dass die Amateurmannschaften des e.V. nicht mehr am Trainingsgelände trainieren durften, weil sonst das NLZ den DFB Status mit drei Sternen verlieren würde. Da bot uns die Fußballabteilung an, dass sie uns in die Suche nach geeigneten Trainingsplätzen für die Amateurmannschaften gleich einbeziehen. Natürlich hat bei diesen Anfragen der Name TSV 1860 auch eine große Rolle gespielt und wir bekamen für den Sportpark Freiham sofort eine Zusage. So wurde aus dieser anfangs losen Idee ein sehr konkretes und ernstes Projekt.

Sechzger.de: Wie genau sieht dann die Organisation innerhalb der Vereinsstruktur aus?

Vroni Seemann: Wir sind eine Untersparte innerhalb der Fußballabteilung des e.V. und brauchen somit nur eine Spartenleitung. Die hat dann Silke Dehling übernommen. Wir regeln aber eigentlich alles zu dritt. Für eine allein wäre das zu viel Arbeit. Nun hatten wir eine Mannschaft, einen Trainingsplatz, das Organisatorische innerhalb des e.V. war auch geregelt. Wir konnten loslegen!

Sechzger.de: Wie schon in verschieden Medien zu lesen war, werdet Ihr Euch erst ab der Saison 2021/22 für den Spielbetrieb anmelden. In welcher Liga werdet Ihr spielen?

Vroni Seemann: Wir werden wie alle neuen Mannschaften in der untersten Liga beginnen. Bei den Damen ist das die A-Klasse.

Sechzger.de: Wie sieht Euer Zeitplan bis dahin aus? Sind schon Freundschaftsspiele geplant?

Vroni Seemann: Freundschaftsspiele haben wir noch keine ausgemacht. Wir denken, wir sind noch nicht soweit.

Sechzger.de: Wann denkt ihr, wird es soweit sein?

Vroni Seemann: Das kann ich nicht genau sagen. Wir haben momentan eine Torwarttrainerin und einen Interimstrainer, der auch übergangsweise durch einen Co-Trainer unterstützt wird. Wir sind auf der Suche nach einem festen Trainer und führen in dieser Richtung auch schon Gespräche. Sobald wir dann ein richtiges Trainerteam haben und der Trainer uns für bereit hält, wollen wir mit Freundschafts- und Testspielen beginnen.

Silke Dehling: Anfragen für Freundschaftsspiele haben wir schon genug. Gott und die Welt will gegen uns kicken. Wir haben sogar schon Einladungen nach Österreich!

Hannah Conrad: Wir wurden für nächstes Jahr nach Frankfurt zu einem Turnier eingeladen. Allerdings für den Juniorinnenbereich, das können wir leider noch nicht anbieten. Bereits eine Stunde, nachdem die Pressemitteilung von Sechzig über die Gründung der Frauenmannschaft veröffentlicht war, lagen schon Anfragen zu Testspielen bei uns im E-Mail-Postfach. Wir hätten eine Woche nach dem ersten Training schon das erste Testspiel machen können, da das Team sich aber erstmal finden muss und wir auch ein sehr breitgefächertes Leistungsniveau haben, absolvieren wir momentan noch keine Testspiele. So gern wir das auch würden…

Vroni Seemann: Silke z.B. hat zwölf Jahre Vereinsfußball vorzuweisen, Hannah und ich haben mehr oder weniger nur freizeitmäßig gekickt. Wir haben auch Mädels dabei, die noch nie Fußball gespielt hatten.

Sechzger.de: Habt ihr, was den Ligabetrieb angeht, schon eine Ahnung, wer eure Gegner sein werden und wie weit ihr da möglicherweise fahren müsst?

Vroni Seemann: Das ist dann im Kreis München.

Hannah Conrad: Ottobrunn, Haar z.B. ist da dabei.

Sechzger.de: Also keine weiten Reisen.

Silke Dehling: Nein, eher so mit der S-Bahn aufs Land. (lacht)

Hannah Conrad: Es sind nur neun Mannschaften in der Liga, soweit ich weiß. Also hält sich das alles in überschaubaren Grenzen.

Silke Dehling: Ich war auch total überrascht, dass es in der Stadt nur so wenige Damenmannschaften gibt. Bei uns auf dem Land, wo ich herkomme, ist das alles etablierter. Da waren in der Regel deutlich mehr Teams in einer Liga.

Vroni Seemann: Es ist auch so, dass wir sofort in den laufenden Ligabetrieb einsteigen hätten können, weil einige Mannschaften aufgrund der momentanen Situation wohl zurückgezogen haben. Soweit sind wir aber absolut noch nicht. Diese Pause spielt unserem Vorhaben in die Karten. Wir möchten das alles jetzt bis zur Saison 21/22 aufbauen und dann starten.

Sechzger.de: Das ist Eure langfristige Planung. Was sind Eure kurzfristigen Ziele?

Silke Dehling: Unser kurzfristigstes Ziel ist, das Trainerteam zu komplettieren. Wenn das geschafft ist, wollen wir die Anfragen von Spielerinnen, die wir nicht persönlich kennen, abarbeiten und diese einladen. Daraus ergibt sich dann vielleicht die Möglichkeit, bald zwei Mannschaften an den Start zu bringen, in denen die Spielerinnen dann vom Leistungsniveau jeweils näher beieinander liegen. Um dann nächstes Jahr sowohl eine Breitensportmannschaft als auch eine leistungsorientierte Mannschaft zu melden. Das ist uns wichtig, weil wir nicht wollen, dass sich einerseits die besseren Spielerinnen unterfordert fühlen und andererseits sollen die Mädels, die jetzt am Anfang alles aufbauen, auch weiterhin spielen können. Sie nur zur Gründung der Sparte gebraucht zu haben, wäre total gegen das, wofür die Löwenfamilie steht.

Vroni Seemann: Die Unterstützung und den Zusammenhalt der riesengroßen Löwenfamilie haben wir bei den Reaktionen auf die Pressemitteilung schon ganz stark gespürt. Wir haben ja nicht nur Anfragen von Testspielgegnern und Spielerinnen bekommen, sondern auch so unglaublich viele Hilfsangebote verschiedenster Art. Von Fahrangeboten zu Auswärtsspielen bis zur Unterstützung bei der Kommunikation mit dem Verband war da alles dabei. Es ist so unglaublich cool, was dieser Verein, der TSV 1860 München, für einen Zusammenhalt hat! Zu wissen, dass die Löwenfamilie hinter uns steht, gibt uns ganz viel Auftrieb. Uns ist auch echt wichtig, dass wir ein Team sind. Auch falls wir irgendwann mal zwei Mannschaften sind, wollen wir immer ein Team sein. Löwinnen.

Hannah Conrad: Es geht ja eben nicht nur darum, Fußballfans, die kicken wollen, das zu ermöglichen. Wir wollen nicht zwei Jahre irgendwo rumdümpeln und uns nur abschießen lassen. Wir haben ja schließlich – und das wissen wir alle – einen Namen zu vertreten! Dass die Gegner da wahrscheinlich immer 200% geben werden, wissen wir auch. Wir wollen aber auch, dass für jede, die mitmachen möchte, etwas dabei ist und niemand auf der Strecke bleibt.

Sechzger.de: Ihr wollt also das Credo aus der Vereinshymne „die Kameradschaft macht bei Sechzig alles aus“ richtig leben.

Vroni Seemann: Ja, absolut.

Hier klicken für Teil 2 des Interviews; dort geht es u.a. um den Aufbau von Mädchenmannschaften, Sponsoring, die Teamstruktur und Vorurteile! 

Das Interview führten Bernd Winninger und Mane Forster.

0 0 votes
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
3 Comments
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments