Eine gewichtige Rolle spielte die Abteilung Boxen des TSV 1860 München im finalen Wahlkampf vor der Mitgliederversammlung. Infolge eines Berichts bei sechzger.de kam es zu einem Angebot zum persönlichen Austausch in der Turnhalle an der Auenstraße, in der die Sportler seit vielen Jahrzehnten trainieren. Vergangene Woche fand das Treffen nun statt – mit einigen spannenden Erkenntnissen.

sechzger.de trifft die Abteilung Boxen in der Turnhalle an der Auenstraße

Der Schlussspurt im Wahlkampf vor der Mitgliederversammlung war nervenaufreibend – da spreche ich vermutlich für alle Löwenfans. Mitten in dieser Phase erschien eine Meldung zu einem Treffen der Boxer mit dem Bündnis Zukunft 1860 sowie Hasan Ismaik inklusive großzügigem Sposoring-Angebot. Wenige Tage später erhielt unsere Redaktion brisante Informationen aus der Abteilung Boxen selber. Schwerwiegende Vorwürfe waren dabei: Geld aus dem Merchandising soll in eigene Taschen fließen, der Ring während der Zeit in der Bundesliga wäre “schwarz” aufgebaut worden. Die Informationen warfen ein schlechtes Licht auf den Boxsport bei den Löwen. Die Betroffenen (Abteilungsleiter Ali Cukur und Trainer Raschad Pekpassi) reagierten und widersprachen einigen Schilderungen vehement.

Seitdem sind gut vier Wochen vergangen. Am letzten Donnerstag bekam ich die Gelegenheit Ali Cukur, Raschad Pekpassi und Alfonso Fusco in der Turnhalle an der Auenstraße zu treffen und mich persönlich mit ihnen auszutauschen. Hauptpunkt unseres Gesprächs waren natürlich die öffentlich bekannt gewordenen Vorwürfe, die Ali und Raschad betrafen. Aber auch einen Eindruck von den Räumlichkeiten konnte ich gewinnen. Sie nahmen sich viel Zeit, während im Hintergrund eine Trainingsgruppe aktiv war, und erklärten mir ihre Sichtweisen und Beweggründe.

Bezüglich dem Vorwurf der Boxring zu Bundesliga-Zeiten sei “schwarz” aufgebaut wurden, beteuerte Ali noch einmal, dass es für die Vorgänge jeweils Quittungen und Belege gebe. Die Information, die sechzger.de erhalten hatte, sei daher nicht korrekt. Wie bereits in seiner Stellungnahme betonte er zudem, dass das Vereinsmanagement und der Kassenprüfer des TSV 1860 stets informiert gewesen wären. Ich merkte dem Abteilungsleiter im Gespräch auch immer wieder an, dass er die Abteilung und die Trainingseinheiten mit viel Herzblut leitet.

Unhaltbare Zustände und enormer Platzmangel

Raschad kam natürlich ebenfalls zu Wort. Der Trainer hatte vor einigen Jahren mit einem eigenen Onlineshop ein Merchandising für die Boxer aufgebaut, um die Abteilung unterstützen zu können – und nicht, um davon Geld in die eigene Tasche zu erwirtschaften wie er äußert. Demnach werde mit den Einnahmen Box-Ausrüstung von Sportlern finanziert, die sich die Anschaffung selber nicht leisten können. Auch Alfonso spielt dabei eine Rolle – er finanziert Handschuhe, Schützer und Co. ergänzend mit eigenen Mitteln.

Bei der Erstellung des Shops hatte sich Raschad eigenen Angaben zufolge vorab mit einem Unternehmer für Sechzig ausgetauscht und infolgedessen aus steuerrechtlichen sowie weiteren Gründen dazu entschieden, eine UG als Basis für das Merchandising der Boxer zu gründen. Das Vereinsmanagement sei über seine Schritte von Beginn an informiert gewesen. Mittlerweile wurden und werden zudem im offiziellen e.V.-Shop Artikel angeboten, die Raschad in seinem Shop platziert.

Das sind aber nicht alle Erkenntnisse des Treffens. In der Turnhalle an der Auenstraße war ich schon ein paar Mal, nicht allerdings in der kleinen Halle, wo die Boxer des TSV 1860 München trainieren. Als ich den Raum betrat, waren ca 25 Sportler vor Ort. Es war extrem eng. Später schilderte mir Alfonso, der extra für unser Treffen angereist war, dass er vor kurzem mit 52 Personen auf dieser Fläche trainiert hatte. Das war tatsächlich unvorstellbar, da es schon für 25 Boxerinnen und Boxer viel zu klein ist. Ein bisschen erahnen kann man die Platzsituation in einem Video von Anfang Juni, das Alfonso bei Instagram gepostet hat.

Die Boxer brauchen eine Turnhalle – eine eigene!

Ich kann nach dem Treffen vollkommen verstehen, wieso die Boxer händeringend auf der Suche nach einer neuen Bleibe sind und ihnen dabei jede Hilfe willkommen ist. Seit Jahrzehnten ist die Abteilung in der Auenstraße angesiedelt – zunächst gehörte die Halle den Löwen ja noch selber, später ging sie in die Hände der Stadt München über. Seit vielen Jahren werden umfassende Modernisierungen oder sogar ein Abriss diskutiert. Die Boxer hätten dann auf einen Schlag keine Bleibe mehr.

Duschen Turnhalle Auenstraße Abteilung Boxen TSV 1860 München

Aber auch die jetzige Situation ist und kann nur eine Notlösung sein. Der Platzmangel und vor allem die hygienischen Bedingungen sind wirklich untragbar. Immer wieder dringt Schimmel durch die Wände, aufgrund der Feuchtigkeit rutschen die Sportler in den Trainingseinheiten aus und die Duschen können als solche eigentlich nicht mehr bezeichnet werden. Diese Situation mag (traurigerweise) auf viele Amateurvereine zutreffen, aber für den TSV 1860 München hätte ich mir tatsächlich ganz andere Bedingungen vorgestellt.

Sponsoring des Bündnis soll kommen

Es gab viele Gespräche – mit der Stadt oder auch mit dem TSV 1860 München selber (die Thematik wurde laut Ali mehrfach in Sitzungen des Vereinsrats angesprochen). Die Situation ist seit Jahren bekannt, passiert ist dennoch immer wieder nichts wie mir die drei beim vor Ort-Termin berichteten. Das lässt erahnen, wieso im Wahlkampf der Schulterschluss zum Bündnis Zukunft gesucht wurde. Gut fand und finde ich es persönlich nicht, wie intern die Wahlempfehlungen kommuniziert wurden sowie damit dazu aufgerufen wurde, den eingeschlagenen Kurs zu beenden. Aber: erstens kann ich das Vorgehen wie bereits geschrieben durch meinen Besuch in der Turnhalle an der Auenstraße deutlich besser nachvollziehen und zweitens versicherte mir Ali, dass die Wogen mit dem Verwaltungsrat und dem Präsidium wieder geglättet wurden.

Fast die größte Erkenntnis erlangte ich aus dem Gespräch heraus eher zufällig. Ich fragte nach der Anzahl der Aktiven sowie den Trainingsterminen. Im professionellen Bereich – eigentlich logisch – müssten die Sportler tagtäglich in den Boxring steigen. Dafür ist natürlich aufgrund der vielen Abteilungen und Sportarten beim TSV 1860 München auch in der geplanten Turnhalle am Trainingsgelände zu wenig Platz. Das heißt im Umkehrschluss: die fehlende Zustimmung von Hasan Ismaik ist zwar weiterhin ärgerlich, würde aber die Situation der Boxer immer noch nicht (vollständig) lösen. Die Boxer brauchen eine komplett eigene Halle!

Die gute Nachricht zum Schluss: auch wenn vom Bündnis Zukunft kein Kandidat in den Verwaltungsrat gewählt wurde – das 80.000€-Sponsoring soll dennoch fließen. Die Unterstützung ist dabei nicht zweckgebunden, eine weitere Bundesliga-Saison ist aufgrund der hohen Kosten erst einmal hinten angestellt. Zunächst gilt es für die Abteilung Boxen des TSV 1860 eine eigene und langfristige Bleibe zu finden.

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Eurasburger1860

Im Beitrag merkt man das starke Bemühen die Wellen zu besänftigen, was auch kein Fehler ist.
Die Antworten der Boxer sind zum Teil natürlich eher dünn, vor allem was den Shop angeht. “Das hat einer von den UF60 so gesagt”….. ist kein Argument dafür, das Geld am Verein vorbei in eine private Unternehmung zu leiten.

Seis drum, ich kauf da erstmal bis auf weiteres nichts mehr!

Posicelli

Alle müssen den Gürtel enger schnallen, auch Randsport Abteilungen.

Last edited 6 Monate zuvor by Posicelli
kolumbus

Boxen ist olympisch und das ist eine der erfolgreichsten Abteilung des Vereins. Dass alle den Gürtel enger schnallen müssen ist schlicht kein Argument.
Da muss aus Abu Dhabi zwecks Turnhalle mal was kommen und wenn München ernsthaft Sportstadt sein will, muss die Stadt Amateursport auf Topniveau besser unterstützen. Das bekommen andere Städte mit weniger Geld besser hin

Posicelli

Wir wollen uns von Abu Dhabi abnabeln.
Und von mir aus brauchen wir aus dieser Richtung keinen Cent mehr.
Und Boxen, auch wenn olympisch, ist eine Randsport Art und steht nicht im Mittelpunkt der Sorgen um 1860. Nicht aus meiner Sicht.

Flazhie

Sers, Nicht aufgeben Ali. Über das Bündnis und seine Intention muss sich jeder selber eine Meinung bilden. Die 80.000 sind da gut aufgehoben. Mfg Flazhie

black_belt_blues

Ich bin ein großer Fan unserer Boxer und des Boxsports generell.
Ich habe größtes Verständnis für die rundum katastrophale Situation der Abteilung.
Aber hängen bleibt bei mir trotzdem das illoyale Verhalten vor der MV. Dem eigenen Mutterverein derart in den Rücken zu fallen, hat schon ein verräterisches Geschmäckle. Aber bitte, jedem seine freie Meinung.
Doch das spezielle Vorgehen ist der Gipfel. Ich finde unfassbar, dass man seine Schützlinge zur Wahl des BZ verpflichten wollte und angeblich sogar drohte, dass sie sonst am Montag gar nicht mehr zu kommen bräuchten.
Das ist für mich der wirklich harte Tobak, den ich mir hier auch näher beleuchtet gewünscht hätte.

Holger1860

Also sorry, aber eine eigene Halle finde ich tatsächlich auch vermessen in einer Stadt wie München mit all der Platznot.
Eine eigene Halle hätte bestimmt jede Abteilung in jedem Verein gerne. Dann können wir gleich die Isar zubetonieren und lauter Hallen (plus Wohnungen und was sonst noch alles fehlt) drauf bauen.
Bessere Trainingsbedingungen und mehr Trainingszeiten, alles legitim, keine Frage. Und dann zusammen mit den anderen Abteilungen / Vereinen schauen, dass man das Beste draus macht. Und das gilt auch für den Neubau am Trainingsgelände, der hoffentlich irgendwann kommt.

kolumbus

Man muss aber halt auch sehen, dass du in allen Kampfsportarten inzwischen mind. 4 Trainingseinheiten pro Woche und Gruppe anbieten musst, damit Du in der Oberliga und oberhalb mithalten kannst. Die Forderung ist mMn nicht unberechtigt, und eine eigene Halle würde die Position der Boxer als Nr. 1 in der Region sicher zementieren. Und dafür reicht wahrscheinlich schon vergleichsweise wenig Platz, das muss ja nicht gleich mit der Judohalle in Großhadern vergleichbar sein.
Wäre meines Erachtens ein sinnvolles Ziel, eine Boxhalle in die Pläne für die Halle zu integrieren

black_belt_blues

Die Bedingungen müssen zweifellos schnellstmöglich verbessert werden.
Eine eigene kleine Halle wäre freilich super, wird aber vermutlich nicht klappen. Realistischer wäre eher ein eigener Bereich in einer größeren Halle für alle.

Hängt leider alles von der Laune eines Menschen in Abu Dhabi ab, der den Verein als Feindbild betrachtet.

HHeinz

Platznot haben in München hauptsächlich diejenigen die nicht soviel Geld haben.

Die Boxer belegen eine Halle zumindest in den Abendstunden wochentags oft durchgehend. Da ist es halt schwierig etwas zu teilen, zumal in der Halle vermutlich auch ein Boxring stehen sollte den man nicht stundenweise auf- und abbauen kann.

Die Kombination mit einer Schule ist daher prinzipiell so schlecht nicht, sofern diese auch über Nebenräume verfügt.

Leonie60

Sie haben also den Vorwürfen widersprochen. Was heisst das, wohin fließt bzw. wohinist das Geld denn nun geflossen, waren eure Vorwürfe nur Hörensagen und jetzt der Widerspruch auch?
Nichtsdestotrotz haben sie den EV diffamiert, was hatten sie erwartet, dass der ev ihnen eine Halle finanziert? Das ist gar nicht möglich, jede Abteilung ist für Ihre Finanzen selbst verantwortlich. Dass Ihre Situation bescheiden ist mag sein, aber das rechtfertigt doch das alles nicht

Eine Kapitalgesellschaft ist also steuerlich am günstigsten für den Fanshop eines eingetragenen Vereins 🤣🫣. Sorry, das ist komplett lächerlich.

Dass ihnen der ev vor wenigen Jahren erst die Bundesliga ermöglicht hat, haben sie inzwischen wohl vergessen.

Dass die Zustände untragbar sind ist richtig. Dass sie gerne eine eigene Halle hätten ist verständlich, aber jeder der die Situation in der Stadt kennt weiß dass das unrealistisch ist.

Die haben zur Abwahl des Präsidiums gerufen, Reisinger als Pharisäer auf Facebook bezeichnet und wollten den Steigbügelhalter für Hasan machen. Schiefgegangen und jetzt von geglätteten Wogen sprechen. 🤣🤣

Soll das Bündnis mal machen. Ich Kauf von denen nichts mehr

moosham_michA

find ich gut, das da nachgefragt wurde und die marode infrastruktur in augenschein genommen wurde. ein armutszeugnis für die stadt münchen, das seit jahrzehnten kaum geld für sportanlagen da ist.

Flazhie

Einer der das aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet. Seh ich genauso.