Wir schreiben das Jahr 2020. Unsere Löwen gehen in die – sage und schreibe – achte Englische Woche dieses seltsamen (Fußball-)Jahres. Das letzte Auswärtsspiel vor der kurzen Weihnachts- und Neujahrespause führt uns am heutigen Dienstag auf den Kaiserslauterer Betzenberg. Zum 31. Mal in seiner Geschichte tritt eine Mannschaft des TSV 1860 dort an. Die vier Bundesligasiege (in 19 Partien) gelangen in den goldenen 1960er-Jahren und kurz nach der Jahrtausendwende. In neun gemeinsamen Zweitligaspielzeiten entführten die Löwen immerhin zwei Dreier vom „höchsten Fußballberg Deutschlands“. In der 3. Liga bestritten wir zwar am 28. Juli 2018 das allererste Spiel überhaupt in Kaiserslautern, erlitten allerdings eine unglückliche 0:1-Niederlage und warten nach dem jüngsten 1:1 im Corona-Frühsommer noch auf einen Erfolg am Betze – wenn aller Guten Dinge auch in der 3. Liga drei sind, dann wäre heute also die perfekte Gelegenheit für ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk an die Löwenfans.

Insgesamt duellieren sich Teufel und Löwen heute Abend bereits zum 64. Mal. Das allererste Spiel liegt schon über 72 Jahre zurück: Im Juni 1948 unterlag Sechzig in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft im Viertelfinale in Worms dem FCK mit 1:5. Neben den oben schon thematisierten Ligapartien gab es noch zwei weitere Pflichtspielduelle: Auf dem Weg zum Pokaltriumph 1964 besiegten Radi & Co. die Lauterer im Viertelfinale auf Giesings Höhen mit 4:2 und im DFL-Ligapokal, einem Wettbewerb, der zwischen 1997 und 2007 in der Saisonvorbereitung unter den erfolgreichsten Bundesligateams der Vorsaison ausgetragen wurde, verlor Sechzig im Juli 2000 im Südweststadion in Ludwigshafen (das ja schon im letzten Vorbericht auf die Partie gegen Waldhof Mannheim Erwähnung fand) mit 0:2.

Sechzig und der FCK blicken auf eine sportlich glanzvolle und hochklassige gemeinsame Geschichte zurück. Die Realität heißt bei beiden Vereinen derzeit Drittklassigkeit, wobei bei den Roten Teufeln der Weg bergab seit der letzten Deutschen Meisterschaft 1998 ein wenig gleichmäßiger verlaufen ist, als das Auf und Nieder bei den Münchner Löwen in den letzten fünfzig Jahren. Finanzielle Schwierigkeiten kennt man an beiden Standorten zur Genüge. In Kaiserslautern hat man erst vor acht Tagen das am 15. Juni eingeleitete Insolvenzverfahren abgeschlossen. Nicht ganz unumstritten nutzten die Verantwortlichen am Betzenberg, dass der DFB die Strafmaßnahme von Punktabzügen für Clubs im Insolvenzverfahren aufgrund der Corona-Pandemie aktuell ausgesetzt hat. Für die Kritiker ungerecht, für die Befürworter ein cleverer Schachzug, hat die finanzielle Schieflage des Bundesliga-Gründungsmitglieds doch nichts mit der aktuellen Covid-19-Situation zu tun, sondern ist u.a. auf den Ausbau des Fritz-Walter-Stadions zur WM 2006 zurückzuführen. Eine ausführliche Darstellung dieses Themas würde leider weit mehr Text beanspruchen, als dieser Vorbericht auf das heutige Spiel gestattet.

Wo die sportliche Reise des FCK in der laufenden Saison hingeht, ist noch völlig unklar. Trotz des Insovenzverfahrens wurde im Sommer personell durchaus aufgerüstet, was – siehe oben – die besagten Kritiker auf den Plan rief. Unter anderem wurde der den Löwenfans wohl bekannte Tim Rieder aus Augsburg verpflichtet – zu ihm am Ende dieses Beitrages noch ein paar Sätze. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Lautern im Sommer allein durch die Verkäufe von vier Leistungsträgern (u.a. Torwart Grill nach Leverkusen, die Stürmer Pick und Kühlwetter nach Heidenheim und Timmy Thiele zum Ligakonkurrenten Viktoria Köln) insgesamt vier Millionen Transfererlöse erzielen konnte.

Das erste Saisondrittel dieser Spielzeit verlief für Lautern überraschend schwierig: Schon am 2. Spieltag nach einer 0:3 Pleite bei Türk Gücü musste Boris Schommers seinen Trainerstuhl räumen und wurde vom Luxemburger Jeff Saibene beerbt. Die Wirkung des Trainerwechsels ließ allerdings auf sich warten: Weitere sechs Spiele wartete man auf den ersten Saisonsieg, der dann endlich Anfang November in Zwickau gelang. Diesem konnte in der Folge aber nur ein weiterer Erfolg (gegen Lübeck) hinzugefügt werden. Am letzten Freitag setzte es eine 0:2-Pleite in Unterhaching. Wären die Roten Teufel nicht die Unentschieden-Könige der Liga (neun Remis), stünden sie in der Tabelle noch weiter unten, als auf dem aktuellen 17. Platz. Entsprechend wies Löwencoach Michael Köllner bei seiner obligatorischen Warnung vor dem nächsten Gegner in der PK vor dem Spiel darauf hin, dass “Kaiserslautern bisher kaum verloren hat”. Und richtig: Von den Teams der Liga, die bereits 15 mal angetreten sind, zog keines seltener den Kürzeren, das Lautern (viermal).

Im Kader des FCK befindet sich – wie oben erwähnt – auch Tim Rieder, der in der vergangenen Saison noch für die Löwen die Fußballstiefel schnürte und dessen Abgang (er war vom FCA ausgeliehen und wurde von den Schwaben für 50.000 EURO in die Pfalz transferiert) nicht wenige Löwenfans sehr bedauerten. Sportlich absolut nachvollziehbar, war Rieder in der vergangenen Saison – zusammen mit Sascha Mölders – doch der Löwe mit den besten Durchschnittsnoten. Ob die menschlichen Sympathiewerte auch nach Lektüre der nachfolgenden Information so hoch bleiben? Wir fragen uns nämlich schon: Was hat diesen Tim Rieder bei der Antwort auf die Frage nach den drei schönsten Stadien, in denen er je gespielt habe, die ihm im September dieses Jahres gestellt wurde, geritten? Platz drei (Fritz-Walter Stadion) und Platz zwei (Anfield Road) lassen wir uns noch eingehen. Dass der gebürtige Dachauer aber jene Arena neben dem Großlappener Müllberg vor den Toren der Stadt München als sein absolutes Lieblingsstadion angibt, ist – vorsichtig ausgedrückt – irritierend. Hat der Kerl denn in seinem Jahr bei den Löwen gar nichts gelernt?

Sechzger.de tickert natürlich auch heute, beim letzten Auswärtsspiel dieses Jahres aus dem – für Tim Rieder also – drittschönsten Stadion der Welt. Ergänzend bietet sich das Einschalten von MAGENTA Sport an, wo die Partie heute frei empfangbar ist.

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