Am Sonntag treffen die Mannschaft des TSV 1860 München und der SpVgg Unterhaching im Sportpark des Vorortes der Landeshauptstadt aufeinander. Was erwartet die Löwen in bei den Hachingern?

SpVgg Unterhaching – TSV 1860 München, seit den 80er Jahren mangels Alternativen oft zum „Derby“ hochgejazzt, aber nie wirklich einen solchen Status erreichend, geht am Sonntag Abend in eine neue Runde.

Marc Unterberger, Coach der Hachinger, setzt diese Saison was das Spiel seiner Mannschaft betrifft, kurz gefasst, auf die Maxime: “hinten dicht halten und vorne hilft der liebe Gott.” Das Ganze ist im sehr konservativen 4-4-2 mit Doppelsechs gehalten.

Tief gestaffelt abwartend und die Räume eng gestaltend, erwartet Haching die Angriffe der Gegner. Sowohl Pressingline als auch Defensivlinie werden in Erwartung der Positionsangriffe der Gegner auf sehr tiefem Niveau aufgestellt. Von echtem Pressing kann eigentlich keine Rede sein.

Beim Gegenpressing sieht das etwas aggressiver aus, aber dazu später mehr.

Die Offensive der Hachinger ist geprägt von breitem, vertikalem Spiel und dem Auffüllen der vordersten Linie über die Außenpositionen. Unkomplizierte Verschiebungen in einem einfachen, rustikalen, taktisch simplen System, das man gut und gerne als „Kick and Rush“ bezeichnen kann.

Erst nach Rückständen ändern die Hachinger diese Herangehensweise und versuchen häufiger auch spielerisch gestaltend das Mittelfeld im Positionsspiel zu überbrücken.

Bevor wir genauer auf Haching und die Spielweise der Spielvereinigung eingehen, wie immer die bisherigen statistischen Werte des Gegners.

Statistische Werte SpVgg Unterhaching

  • Ballbesitz: 40% (Platz 19)
  • Passgenauigkeit: 78% (Platz 18)
  • Defensive Zweikampfquote: 64%
  • Flankengenauigkeit: 33%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 14,28 (Platz 20)

Wie spielt Unterhaching?

Generell kann man bei Unterhaching nicht wirklich von Fußballspielen sprechen, nicht mal wenn man Drittliga-Maßstäbe ansetzt. Das heißt nicht, dass Unterhaching nicht stark genug wäre, um sich zu behaupten, lediglich was das Spielerische angeht, bietet Haching auch für Drittligaverhältnisse extrem biedere Kost an, die eher an Arbeit als an ein Spiel erinnert.

Bei Ballbesitz

Im Positionsspiel wartet man bei Haching meist vergebens auf die spielerische Variante des Aufbaus und Kombinationen ins Mittelfeld hinein.

Die Mannschaft von Marc Unterberger gestaltet ihre Offensivbemühungen in extrem vielen Fällen nach einem zunächst statischen Muster, das bei Gelingen der ersten Aktion viel Dynamik entwickeln kann. Dann ist Haching auch gefährlich.

Aus dem 4-4-2 verschiebt Haching über beide Außenpositionen auf beiden Flügeln je nach Pressingsituation entweder auf ein 2-4-4 oder die dynamische Dreierkette nutzend 3-3-4, um dann mit einem langen Ball die breit gestaffelte Angriffslinie zu bedienen. Die Hachinger versuchen hier früh, tiefe Läufe zu setzen und so über die entstehende Dynamik hinter die letzte Linie zu gelangen und dort dann zum Abschluss zu kommen. Das Gelingen dieser Aktionen ist vor allem von der Genauigkeit im langen Spiel sowie den Zweikampferfolgen bei zweiten Bällen abhängig.

Über die Außen lang gespielt, versuchen die Hachinger ihr Glück mit hohem Spiel aus tiefen Positionen in den Strafraum vors Tor.

Im Umschaltspiel nach Ballgewinn kann das durchaus andere Züge annehmen. Aber auch hier gilt für die Vorortler das leicht abgewandelte Sprichwort: „Sicherheit ist die Mutter der Porzellankiste“. Infolge dessen wird nicht jede mögliche Umschaltsituation ausgenutzt, sondern gern auch mal das Tempo aus dem Spiel genommen, falls Tempo überhaupt vorhanden war.

Nutzen die Hachinger jedoch eine Möglichkeit, in vorhandenen Raum im Umschaltspiel plötzlich einzudringen, suchen sie sehr schnell und direkt den Weg in die Box und zum Abschluss.

Gegen den Ball

Tief stehend erwarten die Hachinger das Positionsspiel ihrer Gegner im Normalfall systemgetreu gestaffelt, die Räume eng machend, frühestens am Mittelkreis.

Mit tief gezogener Defensivlinie ist die die abwartende Hachinger Spielweise gegen den Ball für die gegnerische Offensive oft zermürbend.

Wege in die Box finden die Gegner auf spielerischem Wege nur sehr schlecht.

Mit robustem Zweikampfverhalten im letzten Drittel, aber bisher nie offensichtlich absichtlich unfair spielend, jedoch durchaus auf einigen Positionen häufig Fouls produzierend (was möglicherweise auch der Unerfahrenheit geschuldet ist), ist die Hachinger Defensive durchaus stabil zu nennen.

Das Gegenpressing der Hachinger nach eigenen Ballverlusten ist in Ballnähe allerdings durchaus aggressiv zu nennen, während sich der Rest des Teams diszipliniert (aber nicht hektisch) zurückzieht.

Stärken und Schwächen des 4-4-2 Doppelsechs

Stärken

Es wird zunächst eine starke, doppelte Abwehrkette aufgebaut. Dadurch wird es möglich den Gegner auf den Flügeln zu doppeln und trotzdem im Zentrum kompakt zu stehen. So zwingt man den Gegner oft Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Passwege können aufgrund der guten Staffelung in Tiefe und Breite leicht zugestellt werden. Das 4-4-2 Doppelsechs deshalb als defensives System zu bezeichnen, wäre zu einfach.

In der Offensive liegen die Stärken klar auf den Außenpositionen. Sowohl die Außenverteidiger als auch die Mittelfeldaußenspieler können für großen Druck auf den Flügeln sorgen.

Von den beiden defensiven Mittelfeldspielern im Zentrum übernimmt einer den offensiven Part (Box-to-Box Spieler) und der andere bleibt auf seiner absichernden Position. So kann man die Lücke im Zentrum zu den Stürmern schließen.

Wenn das Zusammenspiel der Mannschaftsteile gegen den Ball so funktioniert, wie es in diesem System gewollt ist, zwingt man den Gegner oft auf die Flügel, sodass dieser mit Flankenläufen und hohen Bällen agieren muss, um den Ball ins Zentrum vors Tor zu bringen.

Schwächen

Die große Schwäche in diesem System ist normalerweise die Lücke zwischen Mittelfeld und Sturm. Sowohl bei eigenem Ballbesitz aber auch nach einem Ballverlust ist es wichtig, diesen Raum schnell zu schließen.

Es fehlt ein Kreativspieler im Zentrum. Deshalb ist das zentrale offensive Mittelfeld ein Schwachpunkt. Offensive Kreativität entwickelt sich im 4-4-2 mit Doppelsechs vornehmlich auf den Außenpositionen.

Durch das Fehlen des “Zehners” wird dem Box-to-Box Spieler eine hohe Laufleistung abverlangt, damit sowohl offensiv als auch defensiv die Lücken zwischen den Mannschaftsteilen schnell geschlossen werden.

Wie kann man Haching knacken?

Bei Ballbesitz

Geduld, Geduld, Geduld und nochmals Geduld. Die engmaschige Defensive der SpVgg Unterhaching zu durchdringen, wird für die Mannschaft unseres TSV 1860 München vermutlich nicht allzu leicht.

Ein Geduldsspiel, bei dem die Brechstange in Form von präzise einstudierten Standardsituationen möglicherweise das wichtigste Element werden kann.

Im Positionsspiel dürfen wir von unseren Löwen keine großartigen Zaubereien oder schöne Kombinationsspielzüge erwarten. Die Hachinger Spielweise und Raumaufteilung lässt so etwas – das Liganiveau insgesamt berücksichtigend – nur schwer zu.

Wenn sich Chancen bieten, müssen diese genutzt werden. Der Plan B für Haching nach einem Rückstand ist zwar vorhanden, die Mittel diesen umzusetzen aber limitiert.

Gegen den Ball

Es gibt eine Besonderheit im Hachinger Spiel, die das lange Spiel gefährlich machen kann.

Durch die Verschiebung auf vier Spieler in der vordersten Linie stellen die Hachinger auf der gesamten Breite des Platzes eins gegen eins Situationen her. Findet Unterhaching mit fortwährender Spieldauer dort bei einem der Duelle gegen die Kette ein Missmatch, werden sie stoisch immer wieder über verschiedene Anspielvarianten versuchen, dieses auszunutzen, bis das gelingt und zum Torerfolg führt. Das klingt durchaus eindimensional (und ist es ganz klar auch), der Zweck heiligt jedoch die Mittel und eine solche Spielweise kann, wenn die Mannschaft mehr Erfahrung bekommt, durchaus zu der ein oder anderen Überraschung führen.

Aus den wenigen Chancen, die Haching sich so bieten, machen die Vorstädter auch durchaus häufig etwas, allerdings nicht immer Zählbares. Die Schussgenauigkeit der Hachinger ist – unglaublich aber wahr – die beste der Liga. Die Fähigkeit dabei auch so zu treffen, dass der Ball hinter der Linie landet, fehlt allerdings noch meistens.

Aber gerade das zeigt uns, dass man Haching weder aufgrund des Tabellenplatzes, noch aufgrund der Spielweise unterschätzen darf.

Das Unterhachinger „Kick and Rush“ mit hohem Pressing auszuhebeln, kann meiner Meinung nach hinten los gehen. Generell tief zu stehen, halte ich für zu pessimistisch. Dennoch sollte man den Hausherren nicht den Gefallen tun und ihnen durch Eingehen auf ihre geradlinige Spielweise in die Karten spielen. Schafft man es, die SpVgg durch geschicktes Stellungsspiel zum Fußballspielen zu zwingen, kommt möglicherweise über eigene Umschaltsituationen mehr Dynamik ins Spiel.

Schlüsselspieler

Tor

Konstantin Heide (#1) ist erst 18 Jahre alt und ersetzt den zu unseren Löwen abgewanderten René Vollath. Er hat alle Werkzeuge, die ein guter Keeper braucht. Das ändert nichts daran, dass, sei das Talent und Können auch noch so groß, die Erfahrung – speziell für einen Torhüter – ebenfalls eine eklatant große Rolle spielt. Mit jedem Spiel steigert sich der Erfahrungsschatz des Youngsters. Gute Reflexe und ein tolles Linienspiel muss man Heide auf alle Fälle jetzt schon bescheinigen. Die weiteren Schwerpunkte der Torhüterpflichten wie Strafraumbeherrschung und das eins gegen eins bedürfen aufgrund der angesprochenen mangelnden Erfahrung noch der Verbesserung im Timing und in der Ausführung.

Abwehr

Tim Knipping (#34), ausgeliehen vom SV Sandhausen, ist der neue Abwehrchef der SpVgg Unterhaching. Im direkten Duell gibt es in dieser Saison bisher kaum ein Vorbeikommen für seine Gegenspieler. Mit 78% gewonnener Defensivduelle setzt Knipping hier ein klares Statement. Er führt die junge Abwehr der Vorstädter und ist meist der auslösende Spieler, falls Haching sich entscheidet, im Positionsspiel etwas kreativer zu werden.

Rechtsverteidiger, Kapitän und weiterer Schlüsselspieler Markus Schwabl fällt voraussichtlich verletzungsbedingt aus.

Mittelfeld

Dennis Waidner (#39) spielt im defensiven Mittelfeld, wenn man im Spiel der Hachinger von so etwas überhaupt sprechen möchte, bisher den offensiveren Part der beiden Sechser. Hat Waidner den Ball, ist er im Spiel nach vorne ein dynamischer Antreiber, der mit seiner Passgenauigkeit gute Möglichkeiten einleiten kann.

Gegen den Ball agiert Waidner mit gutem Stellungsspiel. Mit zwei Dritteln gewonnener defensiv Zweikämpfe bisher in dieser Saison zeigt Waidner, dass er auch im direkten Duell überzeugen kann, obwohl er den Ball deutlich häufiger über sein Stellungsspiel abfängt.

Der bisher vereinslose Neuzugang Johannes Geis (#5), wird vermutlich am Sonntag ebenfalls bei den Hachingern auflaufen. Welche Rolle er übernimmt, wird sich zeigen. Der 31-jährige Ex-Clubberer ist im defensiven Mittelfeld und in der Zentrale variabel einsetzbar.

Sturm

Sowohl der aus der Seitenstraße in den Vorort gewechselte Lenn Jastremski (#25) als auch der aus Ingolstadt an den Hachinger Bach abgewanderte Julian Kügel (#9) könnten für Haching hier zu Schlüsselspielern werden. Beide haben eine hohe Schussgenauigkeit und hohes Durchsetzungsvermögen im Strafraum des Gegners. Aufgrund der Spielweise der SpVgg sehen die Stürmer allerdings selten verwertbare Bälle.

Fazit

Das Spiel unseres TSV 1860 München bei der SpVgg Unterhaching wird die Zuschauer auf eine harte Geduldsprobe stellen, denn Chancen am Fließband wird es nicht geben, und die Möglichkeiten, die Haching zulässt, sind meistens gut verteidigt.

Um dem entgegenzuwirken, wäre es gut, wenn die Sechzger es schaffen, Unterhaching zum Spielen zu zwingen. Entweder, indem die Löwen früh in Führung gehen und Haching so unter Zugzwang gerät, oder aber über geduldiges Offensivspiel und präzise Standardausführung.

Konzentration bei den vertikalen Angriffen der Hachinger, über die sie die größte Gefahr entwickeln können, ist das zweite Fundament, auf dem ein erfolgreiches Auftreten im Sportpark fußt. Wie man in diesem Spiel als Gast auftreten muss ,um die Begegnung erfolgreich zu gestalten, ist nicht schwer herauszufinden.

Über die neunzig Minuten die Geduld zu haben, die fußballerische Zerstörungstaktik der SpVgg Unterhaching elastisch anzunehmen und zum eigenen Vorteil intelligent und dynamisch zu nutzen, wird der Schlüssel zum Sieg für unsere Sechzger am Sonntagabend.

Aber machen wir uns nichts vor: Es wird zäh und vermutlich wird auch extrem unattraktiver Fußball zu sehen sein. Es ist jedoch alles drin. Wenn unsere Sechzger die Ruhe bewahren und die Löwentugenden auf den Platz werfen, holt die Mannschaft unter der Leitung von Argirios Giannikis dort drei Punkte.

Lassen sich unsere Spieler von Unterhachings Antifußball aus dem Konzept bringen, lauert allerdings eine böse Überraschung.

So könnte die SpVgg Unterhaching gegen den TSV 1860 beginnen

Datenquelle: Wyscout

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