Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel zum Heimauftakt des TSV 1860 München in der Rückrunde gegen den MSV Duisburg. Mit Siegen in Tests gegen unterklassige Gegner (Borussia Mönchengladbach II und FC Eindhoven) sowie nur einer Niederlage aus den letzten fünf Ligaspielen kommt der MSV mit Selbstvertrauen im Gepäck nach München. Was erwartet die Löwen gegen die Zebras?

TSV 1860 – MSV Duisburg, ein Hauch von Bundesliganostalgie weht immer durchs Sechzgerstadion, wenn diese beiden Gründungsmitglieder der obersten deutschen Spielklasse aufeinandertreffen.

Boris Schommers, Trainer in Duisburg-Meiderich, sagte während der Pressekonferenz, dass es essenziell wichtig sei, in den ersten Spielen zu punkten. Um Punkte in der Rückrunde sicherzustellen, hat sich der MSV in der Winterpause offensiv gut verstärken können. Mit Ahmet Engin, der zuletzt in der 1. griechischen Liga bei Volos NPS unter Vertrag stand, und Daniel Ginczek – er kam aus der 2. Bundesliga von  Fortuna Düsseldorf – hat der MSV ordentlich aufgerüstet. Zu diesen beiden Spielern später mehr.

Schommers hat bisher lediglich einmal ein anderes System als das 4-2-3-1 gewählt, die personelle Situation der Meidericher mit dem verletzten Mittelstürmer Köpke deutet auch nicht auf ein anderes System hin. Also gehen wir mal davon aus, dass Duisburg im meistgespielten System der Dritten Liga auf den Platz kommt.

Wenn wir uns die letzten fünf Spiele der Meidericher ansehen, vor allem die Spiele, in denen gepunktet wurde, dürfen wir mit einer auf Umschaltsituationen und Konterattacken eingestellte Mannschaft rechnen, die den Sechzgern den Ball gern überlassen wird, um nach Ballverlusten der Löwen schnelle präzise Nadelstiche in Richtung des gegnerischen Strafraums zu setzen.

Bevor wir uns die zu erwartende Spielweise des MSV Duisburg gegen den TSV 1860 genauer ansehen, wie immer die bisherigen statistischen Werte der Duisburger.

Statistische Werte des MSV Duisburg

  • Ballbesitz: 47%
  • Passgenauigkeit: 78%
  • Defensive Zweikampfquote: 63%
  • Flankengenauigkeit: 33%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 9,1

Wie spielt der MSV Duisburg?

Bei Ballbesitz

Bei Ballbesitz im Positionsspiel versucht Duisburg so selten wie möglich, den langen Ball zu spielen. Dennoch schaffen es die Gegner bisher relativ häufig, genau das zu provozieren. Leider gibt es von den Vorbereitungsspielen der Zebras lediglich kurze Zusammenfassungen zu sehen. Von daher ist es mir nicht möglich zu sagen, ob Boris Schommers in diesem Punkt über die Winterpause mit seiner Elf eine Weiterentwicklung erzielt hat.

Gelingt es Duisburg konstruktiv aufzubauen, sind Kolja Pusch im Zentrum und Thomas Pledl auf der rechten Seite die Spieler, denen meist die weitere Gestaltung der Angriffe obliegt. Aus dem 4-2-3-1 verschieben die Duisburger über den ballfernen Außenverteidiger und den Box to Box Spieler in der Regel so, dass sie zunächst versuchen, ein 3-1-4-2 herzustellen, bei dem der ballferne Mittelfeldaußen auf die Halbposition im Sturm aufrückt. Dringen die Zebras ins letzte Drittel ein, sehen wir speziell bei Angriffen über einen der Flügel häufig vier Spieler in vorderster Reihe, die dann im Strafraum des Gegners versuchen, für Verwirrung zu sorgen.

Eine klare Tendenz auf einen der Flügel ist bei Duisburg nicht zu erkennen. Die Zebras spielen dort, wo der Gegner die Räume anbietet. Eine leichte Rechtslastigkeit, die durch die Positionierung von Thomas Pledel, dem Offensivspieler mit den meisten Ballkontakten nach Pusch, begünstigt wird, ist vernachlässigbar. Es kommen pro Spiel im Schnitt 1,6 Flanken der Zebras mehr über den rechten Flügel als über links.

Überhaupt sind Flanken aller Art ein beliebtes Mittel bei Duisburg, um in die gegnerische Box zu kommen. Duisburg ist das Team mit der vierthöchsten Anzahl an Flanken in der Liga. Seit Boris Schommers übernommen hat, hat sich die Genauigkeit hier signifikant verbessert. Schüsse aus dem Rückraum nach verteidigten Flanken sind ebenfalls ein gern gewähltes Mittel der Duisburger für Abschlüsse.

Schwächen der Offensive

Das bisher größte Manko in der Offensive sind allerdings die Schussgenauigkeit und Schusshäufigkeit der Zebras. Bis zur gegnerischen Box spielten die Duisburger oft sehr gefälligen Fußball. Das Kreieren von klaren Chancen und der genaue Abschluss waren über weite Strecken der Hinrunde problematisch. In den letzten fünf Spielen hat sich das allerdings ins Positive gewandelt. Acht Treffer erzielten die Zebras in vier Spielen. Eine Nullnummer gegen Saarbrücken im Nachholspiel war auch dabei.

Im Umschaltspiel sucht Duisburg – wie fast alle anderen Mannschaften auch – den direkten Weg nach vorne. Natürlich immer ein wenig davon abhängig, wo die Balleroberung geschieht.

Gegen den Ball

Ist der Gegner im Positionsspiel, zieht sich die Duisburger Defensivlinie zwar diszipliniert zurück, aber nicht bis ins eigene letzte Drittel. Die Pressinglinie geht mit Fokus auf direkten Ballgewinn sowohl auf heimischem Geläuf als auch auf des Gegners Platz relativ aggressiv gegen das Positionsspiel der Gegner vor.

Schafft es der Gegner bis ins letzte Drittel des MSV vorzudringen, stehen die Duisburger mit zwei Linien vor bzw. in der eigenen Box. Die Zebras verteidigen vor dem eigenen Strafraum entweder im 4-4-1-1 oder 4-5-1.

Stärken und Schwächen des Systems 4-2-3-1

Die Stärken

Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert.

Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv und nicht nur als Ballverteiler in das Offensivspiel mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.

Die Schwächen

Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift, schwer zu kontrollieren, da die Wege, um einen Spieler zu doppeln, relativ weit sind und die Doppelung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft.

Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorne ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko, da sich dadurch für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten bietet. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken, zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.

Wie kann der TSV 1860 den MSV Duisburg knacken?

Speziell durch die offensiven Additionen der Zebras wird es wichtig sein, die Abwehr nicht allzu sehr zu entblößen. Vielleicht sollte man den bundesligaerfahrenen Ginczek sogar in Manndeckung nehmen.

Im Spiel nach vorne müssen die Löwen im Mittelfeld eine hohe Laufbereitschaft an den Tag legen, damit den Duisburgern beim Aufbau im Positionsspiel das hohe Pressing auf die Füße fällt. Horizontale Verschiebungen im Zentrum, diagonale Bewegungen in beide Richtungen des Mittelfeldaußen dort, wo der Außenverteidiger hinterläuft.

Wenn das Spiel im letzten Drittel des Gegners ähnlich variabel und präzise wie gegen Bregenz im Testspiel daherkommt, ist mir nicht bange, dass die Löwen gute Torchancen kreieren können. Diese dann ähnlich genau zu verwandeln wie gegen den Tabellendritten der 2. österreichischen Liga wäre wünschenswert.

Schlüsselspieler

Tor

Vincent Müller (#1) ist ein solider Rückhalt im Tor der Meidericher. Seine Reflexe sind im Vergleich mit anderen Keepern der Liga zwar weniger gut ausgeprägt, dafür beherrscht der 1,90 m große Keeper seinen Strafraum unfassbar gut. Ihm geht kaum ein hoher Ball durch die Lappen. Auch Eins gegen Eins-Situationen bereinigt er gut.

Abwehr

Sollte Sebastian Mai (#26), Kapitän des MSV, der mit einem grippalen Infekt in der Vorbereitung teilweise nicht trainieren konnte, aber diese Woche wieder im Training war, von Anfang an spielen können, ist der Ex-Dresdener der Schlüsselspieler der Duisburger sowohl gegen den Ball als auch im Spielaufbau von hinten heraus. Sein nomineller Nebenmann Knoll wird laut der Aussage des Trainers in der PK vermutlich nicht für die Startelf zur Verfügung stehen.

Mittelfeld

Auf der Sechser-Position fehlt mit Marvin Bakalorz, der sich diese Woche im Training verletzt hat, die Schlüsselfigur im defensiven Mittelfeld. Mit dem Ex-Hachinger Niclas Stierlin (#23) steht dort talentierter Ersatz zur Verfügung. Seine Leistungen gegen den Ball in Zweikämpfen sind überdurchschnittlich gut. Auch in Kopfballduellen – sowohl offensiv als auch defensiv – ist Stierlin ein Spieler, der sich häufiger durchsetzt als dass er das Nachsehen hätte. Leichte Schwankungen hat er leistungsmäßig im Stellungsspiel. Seine Abfangquote was gegnerische Pässe betrifft liegt deshalb für einen defensiven Mittelfeldspieler unter dem Ligadurchschnitt.

Mit Kolja Pusch (#7) und Thomas Pledl (#10) hat Duisburg im Prinzip zwei Zehner auf dem Platz, die beide Regie führen können. Läuft das Spiel über Pledl, also über rechts oder auch halbrechts, geht Pusch als Schattenstürmer mit in die Spitze. Läuft ein Angriff über das Zentrum mit Pusch, fungiert Pledl situationsbedingt als Außenstürmer oder als Halbstürmer in der Box. Entscheidend dabei ist, ob sich Pledl auf der ballnahen oder ballfernen Seite befindet. Beide Spieler sind super Techniker, passsicher und sie wissen theoretisch auch, wo das Tor steht. Bisher haben sie zusammen allerdings erst drei Scorerpunkte ergattert.

Mit Ahmet Engin (#39) hat Duisburg nun auch noch links offensiv an Qualität gewonnen. Ob er von Anfang an spielt, wird man sehen. Laut Schommers Aussage in der PK ist ein Startelfeinsatz eher unwahrscheinlich. Der Außenstürmer bringt auf jeden Fall alle Qualitäten mit, die man in der Dritten Liga auf dieser Position braucht, um erfolgreich zu spielen.

Sturm

Daniel Ginczek (#33) kann man wohl als Königstransfer der Meidericher bezeichnen. 241 Spiele in den beiden höchsten Spielklassen der Republik sprechen auf jeden Fall für einiges an Erfahrung. 64 Tore und 30 Vorlagen hat Ginczek in den oberen deutschen Ligen erzielt. Dabei war seine Ausbeute bei nur einem Spiel mehr in Liga 1 höher als in Liga 2. Auch in der Dritten Liga hat er in bisher 34 Spielen elf Mal getroffen und einen Treffer vorbereitet. Wie oben schon angedeutet, sollte man ihm – sofern er in der Anfangself steht – möglicherweise einen Sonderbewacher auf die Füße stellen. Außer ihm sehe ich, obwohl weitere gute Stürmer im Kader sind, keinen eindeutigen Schlüsselspieler auf Seiten des MSV. Der torgefährlichste Spieler der Zebras und der einzige, der mehr als einen Treffer auf dem Konto hat, ist Abwehrspieler Mai.

Fazit

Der TSV 1860 muss gegen den MSV Duisburg über den Kampf ins Spiel finden und dann möglichst die sich bietenden Chancen konsequent ausnutzen. Für diesen banalen Satz spende ich gerne fünf Mark ins DSF Phrasenschwein.

Ich denke, wenn die Mannschaft geschlossen auftritt und von Anfang an auch mit der nötigen Härte keinen Zweifel daran lässt, wer Herr im Haus ist, kann man Duisburg, das vor der Winterpause klar im Aufwind war, in die Schranken weisen und im Sechzgerstadion drei Punkte holen.

Unterschätzen wir den Gegner, geht es in die andere Richtung. Das braucht keiner zum Rückrundenstart.

“Kämpfen, laufen, siegen” muss die Devise lauten.

So könnte Duisburg beginnen

Datenquelle: Wyscout

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