Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Heimspiel unseres TSV 1860 München gegen den SC Preußen Münster. Die überraschend starken Adlerträger sind seit zehn Partien ungeschlagen und kommen mit einer Serie von fünf gewonnenen Spielen ins Grünwalder Stadion. Was erwartet die Löwen am Samstag?

Bei der Partie TSV 1860 München – SC Preußen Münster treffen wieder einmal zwei Gründungsmitglieder der Bundesliga aufeinander. Zwei Ligen tiefer, jedoch an derselben Stätte, wo auch im Jahr 1964 das Heimspiel stattfand – damals am 14. März, also fast auf den Tag genau vor 60 Jahren. Dort siegte der spätere Pokalsieger, unser TSV 1860 München, deutlich mit 3:1 gegen die Preußen.

Sascha Hildmann, Trainer der Westfalen, lässt sein Team seit einiger Zeit, genauer gesagt seit der letzten Niederlage am 16.12., im Gegensatz zur Hinrunde bis auf eine Ausnahme im 4-4-2 mit Doppelsechs auflaufen.

Mit sehr hoher Pressingintensität und meist extremem Zug zum gegnerischen Tor haben die Preußen in den letzten fünf Spielen 13 Treffer erzielt, dabei all diese Partien gewonnen und den jeweiligen Gegner in seinen eigenen Bemühungen ins letzte Drittel der Preußen zu kommen teilweise deutlich limitiert.

Die zur Pressinglinie meist angepasst positionierte Defensivlinie sorgt für wenig Platz im Mittelfeld und somit dafür, dass der Gegner in der Spielgestaltung meist stark eingeschränkt wurde.

Ein nicht unbedeutender Faktor dabei sind die tornahen Standardsituationen, bei denen Münster aus unterschiedlichen Gründen eine hohe Gefährlichkeit entwickelt.

Bevor wir nun die Spielweise der Münsteraner genauer unter die Lupe nehmen werfen wir einen Blick auf die bisherigen statistischen Werte der Gäste.

Statistische Werte des SC Preußen Münster

  • Ballbesitz 48%
  • Passgenauigkeit 81%
  • defensive Zweikampfquote 62%
  • Flankengenauigkeit 33%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 11,54

Wie spielt Münster?

Bei Ballbesitz

Im Positionsspiel vertrauen die Münsteraner gerne auf die sogenannte Dynamische Dreierkette. Dabei kippt der tiefe Sechser in die Abwehrkette ab, während beide Außenverteidiger ins Mittelfeld auf die Außenpositionen vorschieben. Je nach Situation findet sich der Sechser entweder mittig zwischen den beiden Innenverteidigern oder auf der linken Seite in der dann entstehenden Dreierkette wieder.

Der in der Kette agierende Sechser löst dann meist nach der Spieleröffnung die eigentliche Attacke aus und gibt deren Richtung vor.

Im Mittelfeld ergibt sich durch die offensiven Verschiebungen dann eine 2-1-2 Formation mit den Mittelfeldaußen auf den Halbpositionen hinter den Spitzen, dem Box-to-Box Spieler im Zentrum und den beiden Außenverteidigern auf den Flügeln, wobei der ballferne Außenverteidiger meist asymmetrisch zurückhängt.

Zur Vorbereitung der Penetration der Box versucht Münster möglichst an der Grenze zum letzten Drittel des Gegners schon zentral oder halbzentral zu agieren. Um in die Box des Gegners zu kommen, wird bevorzugt das Kombinationsspiel zum Mittel der Wahl. Dieser Ansatz führt zu überdurchschnittlich vielen Ballkontakten und Abschlüssen seitens der Preußen im gegnerischen Strafraum. Das Verhältnis zwischen Schüssen im Sechzehner und Schüssen von außerhalb ist nur bei Sandhausen besser als bei dem nächsten Gegner des TSV 1860.

Im Umschaltspiel setzt Münster – wie die meisten anderen Teams auch – auf schnelles, vertikales Spiel.

Besonderes Augenmerk legen die Münsteraner auf eigene strafraumnahe Standards. Hier sind die Gäste extrem variantenreich und haben in den Spielen, die ich mir angesehen habe, viel Gefahr fürs gegnerische Tor ausgestrahlt. Des weiteren sind nicht nur die Freistöße und Ecken der Preußen gefährlich, sondern auch die oft bis in den Fünfmeterraum geschleuderten Einwurfflanken des Kapitäns Lorenz.

Gegen den Ball

In den meisten Spielen bisher hat Münster keinen allzu hohen Pressingdruck entwickelt. Die letzten fünf Spiele als Grundlage genommen jedoch sieht die Geschichte anders aus. Wir dürfen bzw. müssen also davon ausgehen, dass Münster auch im Sechzgerstadion versuchen wird hoch und aggressiv anzulaufen. In diesen fünf Spielen seit dem 1:1 gegen Sandhausen liegt der indirekt proportional zu lesende PPDA Wert der Preußen im Schnitt bei unglaublichen 6,48. Das Gegenpressing nach Ballverlusten ist ebenso absolut kompromisslos.

Schafft es der Gegner die Pressinglinie zu überspielen, formieren sich die Münsteraner schnell hinter dem Ball in einer 4-4-2 bzw. 4-4-1-1 Formation. Jedoch ist es auch so, dass der SCP im Mittelfeld eher weniger direkte Zweikämpfe sucht, sondern dort gern im Raum verteidigt, die Passwege der Gegner sehr erfolgreich zustellt und so häufig durch die gute Positionierung in Ballbesitz kommt.

Im eigenen letzten Drittel verteidigt Münster konservativ mit zwei Ketten vor der eigenen Box. Allerdings lassen die Adlerträger relativ häufig Pässe durch die Schnittstellen und generell gegnerische Ballkontakte im Strafraum zu. So kommt es, dass die Gegner oft qualitativ hochwertige Torchancen bekommen. Diese werden allerdings häufig durch den erfahrenen Schulze Niehues im Tor der Preußen entschärft.

Stärken und Schwächen des Systems 4-4-2

Die Stärken

Mit den doppelt besetzten Flügeln kann man großen Druck über die Außenpositionen erzeugen. Kurze Laufwege im Umschaltspiel helfen der Mannschaft im 4-4-2 kraftsparend zu spielen. Das kann am Ende einer Partie der entscheidende Faktor für Sieg oder Niederlage sein. Die kompakte Formation gegen den Ball kann Mannschaften, die kreativ limitiert sind, vor Probleme beim Eindringen in die Box stellen. Durch die Ausgewogenheit in allen Mannschaftsteilen kann man gegen manche andere Systeme mit geringen Verschiebungen für Überzahl sorgen. Mittelfeldpressing wird stark begünstigt.

Die Schwächen

Wenn die Stürmer vom Gegner gut isoliert werden, ist es für die Offensive schwer Bindung zwischen Mittelfeldzentrum und Stürmern herzustellen. Daher geschieht der Aufbau häufig über die Außenpositionen. Im Spiel gegen Mannschaften, die ein System mit nur einer Sturmspitze spielen, kann die Ausgewogenheit in beide Richtungen auch eine Schwäche darstellen. Nämlich dann, wenn die Stürmer gegen den Ball nicht mit nach hinten arbeiten und bei Ballbesitz beide Stürmer gleich in vorderster Front anzutreffen sind.

Der Klassiker unter den modernen, taktischen Systemen ist im Grunde eine ausgewogene Variante, die ohne zu kompliziert zu werden Offensive und Defensive gut miteinander verbindet.

Wie kann man Münster knacken?

Die sogenannte kontrollierte Offensive mit starkem Fokus auf eigene Kompaktheit im Zentrum, um die etwas „flügellahmen“ Adlerträger genau dorthin zu zwingen, um dann im Umschaltspiel von den Außenpositionen schnell mit deutlichem Zug in Richtung gegnerischem Zentrum zu attackieren, wird im Spiel des TSV 1860 München gegen den SC Preußen Münster meiner Meinung nach der Schlüssel, sein um gegen den starken Aufsteiger erfolgreich zu sein.

Im Positionsspiel gilt es dem Pressing der Münsteraner mit Coolness zu begegnen und auch unter Druck konstruktive Lösungen für den Spielaufbau zu finden. Schafft man es die Pressinglinie zu durchbrechen, können technisch versierte Spieler wie Schröter, Guttau und Nankishi ein ausschlaggebender Faktor sein, um das gute Stellungsspiel der Münsteraner zu düpieren. Gegen die Art und Weise wie Münster die Räume zustellt wird es, um Überzahlsituationen und somit eigene Vorteile im Offensivspiel zu kreieren, nötig sein, dass man den ein oder anderen Gegenspieler in der ein oder anderen Situation über erfolgreiche direkte Offensivzweikämpfe aus der Situation nimmt.

Im letzten Drittel angekommen sollte bei der Penetration der Box vor allem der kurze Weg mit Tempo durch die Schnittstellen das Mittel der Wahl sein. Zwei Stürmer aufzustellen und somit Kreuzbewegungen in die Box zu ermöglichen oder über offensive Verschiebungen aus einem 4-2-3-1 in ein 4-4-2 zu rochieren könnte ein guter Ansatz sein um das zu ermöglichen.

Schlüsselspieler

Tor

Maximilian Schulze Niehues (#35) ist ein extrem erfahrener und exzellenter Keeper im Kasten des SC Preußen Münster. In der Rangliste der Torhüter der 3.Liga rangiert er auf Platz drei. Er hat keine Schwächen und Münster in dieser Saison bereits den ein oder anderen Punkt gerettet. Statistisch gesehen muss der Gegner fünfmal den Ball aufs Tor bringen, bis Niehues ein Patzer unterläuft.

Abwehr

Der 24-jährige Niko Koulis (#24) ist ein Top Ten Innenverteidiger der 3.Liga. Momentan rangiert er auf dem sechsten Platz in dieser Wertung. Er gewinnt über 77% seiner Defensivzweikämpfe und ist im Aufbau meist der Spieler, über den der Ball auf den abgekippten Sechser läuft. Leichte Defizite hat er bei Luftduellen und im Stellungsspiel. Die etwas schlechte Quote bei den Luftduellen liegt allerdings daran, dass er bei offensiven Standards im gegnerischen Strafraum häufig das Duell verliert. Im eigenen Sechzehner sieht das gänzlich anders aus.

Mittelfeld

Box-to-Box Spieler Sebastian Mrowca (#25) dirigiert die Preußen im Mittelfeld und ist im Aufbau an fast jeder Attacke beteiligt. Extrem passsicher und mit einem guten Riecher ausgestattet, was das Antizipieren von sich entwickelnden Offensivsituationen betrifft, steuert der 30-jährige gebürtige Rosenheimer die Angriffe der Preußen mit seiner Erfahrung. Bei der Penetration der Box oder letzten Pässen vor Abschlüssen ist er jedoch eher selten direkt beteiligt.

Sturm

Laut unserem Statistikportal ist er der viertbeste Mittelstürmer der Liga. Joel Grodowski (#9) ist das Herzstück des Münsteraner Angriffs. Vierzehn Tore und drei Vorlagen hat er bereits zu Buche stehen. Nahezu jeder zweite seiner Schüsse geht so auf den Kasten, dass der gegnerische Keeper Arbeit bekommt. Er ist ein Spieler, der auch qualitativ schlechte Gelegenheiten in Zählbares verwandeln kann. Auf ihn muss man jederzeit aufpassen. Er hat kein Problem damit auch dann und wann auf den Flügel auszuweichen, um dann von dort zu versuchen seine Mannschaftskameraden in Szene zu setzen. Problematisch ist, dass nicht nur Grodowski, sondern auch sein Nebenmann Malik Batmaz (#23) einen exzellenten Torriecher besitzt. Wie Grodowski hat auch Batmaz schon 14 Mal getroffen. Seine Schussgenauigkeit ist sogar noch etwas besser als die Grodowskis und im Ranking der besten Stürmer schafft es Batmaz so auf Platz sechs. Beide über 90 Minuten zu kontrollieren wird vermutlich nicht möglich sein.

Fazit

Das wird am Samstag ein harter Brocken. Das beste Sturmduo der Liga und insgesamt die beste Offensive kommt ins Sechzgerstadion. Der TSV 1860 München wird im Spiel gegen Preußen Münster alle Register ziehen müssen, um etwas Zählbares einzufahren.

Dass die taktische Marschroute und der Matchplan stimmen werden, sollte nach den jüngsten Leistungen keine Frage sein. Ob man es allerdings schafft den Münsteranern, die einen wahnsinnigen Lauf haben, ein Bein zu stellen, werden wir sehen.

Ich wünsche mir natürlich drei Punkte. Ich unterschreibe aber sofort, wenn mir jemand garantiert, dass wir einen holen.

Der Tabellenvierte kommt nicht nach München, um hier Gefangene zu machen. Die Adler wollen unsere Löwen im Sechzgerstadion zu ihrer Beute machen. Ich hoffe, dass die Mannschaft von Argirios Giannikis das verhindern wird.

Vor der Länderspielpause wäre ein Erfolgserlebnis nach den zwei unglücklichen Niederlagen gegen Ulm und in Dresden eine gute Sache.

So könnte Münster beginnen

Datenquelle: Wyscout

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juergen

Wie immer, danke Bernd 🙂
Das wird diesmal haarig, da wir hinten durch den Ausfall von Verlaat und Reinthaler doch improvisieren müssen. Bin mir aber sicher, dass da Giannikis was passendes zu einfällt.

Auf geht’s Löwen, kämpfen und Siegen!!!