Herzlich Willkommen zur Taktiktafelanalyse des Spiels TSV 1860 München – SC Verl. Mit 1:0 entschieden die Löwen das Spiel am Ende absolut verdient für sich. Die Freude und Erleichterung darüber war bei allen zu spüren und zu sehen.

TSV 1860 – SC Verl: Bereits im Vorfeld war klar, dass es für die Löwen schwer werden würde, gegen Verl zu bestehen. Und einfach war es – wie jeder sehen konnte – sicherlich nicht. Die Löwen schafften es größtenteils, die Verler im Zentrum unter Kontrolle zu halten. Ein glücklicher (aber verdienter) Treffer kam hinzu und so jubelte am Ende der weiß-blaue Anhang und die in den Wiesn-Trikots spielenden Profis gemeinsam.

System

Maurizio Jacobacci musste aufgrund des kurzfristigen Ausfalls der Offensivkräfte Guttau und Schröter die Mannschaft gehörig umbauen. Die Löwen kamen mit einer echten Dreierkette im System 3-4-2-1 aufs Feld. Gegen den Ball wurde dieses asymmetrisch auf der ballnahen Seite über abkippende Mittelfeldaußen zum 4-3-2-1 und im eigenen letzten Drittel zum 4-5-1.

Wie erwartet spielte Verl im 4-3-1-2. Der Unterschied zu der von mir in der Taktiktafel vor dem Spiel erwähnten möglichen Spielweise und dem, was der SC Verl am Samstag gegen den TSV 1860 München zeigte, war vor allem der etwas kürzere Bewegungsradius der Schienenspieler bei Verl auf der Außenbahn.

Taktisches

Die sehr flexibel agierende echte Dreierkette der Löwen war heute der Trumpf in der Schlacht gegen die Verler. Wenn sich ein Spieler aus defensivtaktischen Gründen aus der Abwehrkette lösen musste, um nach vorne zu verteidigen, kippten entweder einer der Sechser oder einer der Mittelfeldaußen oder auch ein Sechser und ein Außenspieler gleichzeitig in die letzte Reihe ab. Diese Verschiebungen im Einzelnen zu beschreiben, lasse ich heute bleiben – ich hoffe, Ihr verzeiht mir das. Grundsätzlich war es eine defensivtaktische Glanzleistung, was die Löwen hier gezeigt haben.

Beim Spiel nach vorne versuchten die Löwen, das Mittelfeld schnell zu überbrücken, um die durch den Verler Hurrafußball oft spärliche Restverteidigung zu düpieren.

Verl war aber in diesem Spiel in der Hintermannschaft – zumindest bis nach dem Führungstreffer der Sechzger – nicht so dermaßen offen gestanden wie in einigen Partien zuvor.

Pressing

Im Pressing setzten die Sechzger größtenteils darauf, einen Spieler nach vorne zu senden und dahinter mit einer Dreierkette Passwege bzw. Passempfänger zuzustellen. Durch diesen Ansatz im Anlaufverhalten war der Aufbau für den SCV nicht so einfach zu gestalten, da sich selten Anspielstationen fanden, die ohne Bewachung herumliefen.

Verl setzte auf das bekannt hohe Angriffspressing und ließ den Löwen wenig Raum, das Positionsspiel aus dem eigenen letzten Drittel aufzuziehen.

Defensivlinien

Durch den gewählten Ansatz bei den Sechzgern mit nur einem Spieler in vorderster Reihe und der Dreierkette dahinter, konnten die Löwen auch die Defensivlinie tiefer stellen. Dadurch verlängerte sich der Zeitraum, den die Abwehr hatte, um auf Aktionen des Gegners zu reagieren, was bei einer Formation mit einer echten Dreierkette durchaus wichtig sein kann.

Der SC Verl hatte seine Defensivlinie im Verhältnis dazu, wo die eigene Pressinglinie gesetzt war, immer auf höchst möglichem Niveau postiert. Das Mittelfeld so eng zu machen, schaffte Verl allerdings nicht immer, denn die Sechzger zeigten erstaunlich oft, dass der Torwart auch in der Lage ist, den Ball selbst lang zu schlagen und nahmen Verl so ein wenig die Möglichkeit, die Löwen mit ihrem Pressingdruck im eigenen letzten Drittel festzunageln. Ob diese Idee aus der Mannschaft heraus kam oder ein geplantes taktisches Mittel war, weiß ich natürlich nicht. Der gelungene Einsatz dieser Variante in gewissen Momenten ist aber deutlich positiv zu werten.

Attraktivität liegt im Auge des Betrachters

So wurde das Spiel durch die Ansätze beider Teams im Anlaufverhalten und beim Setzen der Defensivlinien hauptsächlich über den Gewinn zweiter Bälle im Mittelfeld geführt. Das mag für den ein oder anderen Zuschauer das sein, was man gemeinhin einen “Grottenkick” nennt. Ich möchte dieser Betrachtungsweise energisch entgegentreten. Es war ein von guter Defensivtaktik auf beiden Seiten geprägtes Spiel, in dem sich beide Teams oft neutralisierten und dadurch die Spannung bis zum Schluss auf höchstem Niveau blieb.

Attraktiv ist ein solches Fußballspiel, wenn man Passstafetten und klar herausgespielte Torchancen als Maßstab für schönen Fußball nimmt, nicht unbedingt. Mir z.B. gefällt es, wenn klare positiv verlaufende Defensivaktionen in einem Spiel aufzeigen, dass die Mannschaft dazugelernt hat. Auch die defensiven Verschiebungen und das dadurch notwendige Abkippen auf andere Positionen von Mittelfeldspielern nach hinten zeigt, dass Sechzig gegen den Ball intelligenter gespielt hat als noch vor wenigen Wochen.

Wenn die Konzentration auf die Aufgaben und die Rollen der einzelnen Spieler weiterhin so bleibt, kann gerade ein aus der Sicht vieler unattraktives und von taktischen Feinheiten geprägtes Spiel eine positive Wende sein.

Bevor wir zur genaueren Analyse kommen, wie immer die statistischen Werte der Partie.

Statistische Werte des Spiels TSV 1860 – SC Verl

  • Ballbesitz: TSV 1860 38% – SC Verl 62%
  • Passgenauigkeit: TSV 1860 75% – SC Verl 86%
  • Defensive Zweikampfquote: TSV 1860 57% – SC Verl 73%
  • Schüsse/aufs Tor: TSV 1860 10/4 – SC Verl 11/3
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): TSV 1860 8,3 – SC Verl 5,72

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz (38% : 62%)

Der deutlich höhere Ballbesitz der Gäste war erwartet und ist absolut nicht als Indikator für eine schlechte Leistung des TSV 1860 München gegen den SC Verl zu bewerten.

Um das zu belegen, brauchen wir uns lediglich die Anzahl der Querpässe in der Verler Defensivabteilung zu Gemüte zu führen. Die Hintermannschaft des SC Verl hat alleine gleich viele Querpässe auf dem Konto wie die komplette Mannschaft des TSV 1860 München auf dem gesamten Spielfeld. Damit ist zum Ballbesitz eigentlich schon alles gesagt.

Unterbindung des Aufbaus der Gäste

Die Verhinderung des Verler Aufbaus ins Mittelfeld durch die 1-3 Staffelung im Pressingverhalten bei den Sechzgern verzögerte die Angriffe der Verler oft lange. Kam dann der Ball nach vorne, war er meistens gut verteidigt. Erfolgreiche Angriffe des SV Verl ins letzte Drittel des TSV 1860 gab es weniger als andersherum. Kurz gesagt: Trotz weniger Ballbesitz hatten die Löwen mehr durchgebrachte Positionsangriffe zu verzeichnen als die Gäste. Das stimmt einen doch positiv, was die kommenden Aufgaben anbelangt, oder?

Der Plan gegen das Pressing

Die Mannschaft des TSV 1860 München hatte bei eigenem Ballbesitz am Samstag mehrere Varianten auf Lager, wie man sich aus der Pressingzange des SC Verl befreit. Je nachdem, wie Verl anlief, konnte man sich entweder durchs Zentrum über die beiden Sechser freispielen oder es kam der lange Abschlag aus der Box durch den Keeper oder einen der Innenverteidiger.

Spielt ein Team direktes vertikales Spiel und die andere Mannschaft mit eher kontrolliertem Aufbau, führt das zu anderen Ballbesitzverhältnissen, als wenn beide Teams mit einem ähnlichen Ansatz an die Partie herangehen. Somit ist das Ballbesitzverhältnis in dieser Partie absolut kein Indikator dafür, wie gut oder schlecht die eine oder andere Mannschaft war. Aufgrund der im Verhältnis zum Ballbesitz deutlich mehr durchgebrachten Positionsangriffe, liegt allerdings der TSV 1860 München in der Gesamtbetrachtung vor dem SC Verl. Die Sechzger hatten pro Minute eigenem Ballbesitz 0,84 durchgebrachte Positionsangriffe zu verzeichnen. Verl kommt auf 0,48 durchgebrachte Positionsangriffe pro Minute eigenem Ballbesitzes.

Ballbesitz ist eben nicht alles.

Passgenauigkeit (75% : 86%)

Aus dem beim Ballbesitz beschriebenen Verhalten der Teams leitet sich eh schon ab, warum die Werte in der Passgenauigkeit sind, wie sie sind. Vorbereitende Sicherheitspässe im Defensivverbund kommen einfach mit hoher Wahrscheinlichkeit an. Da das die bei Verl klar am häufigsten gespielten Pässe waren, liegt es auf der Hand, warum Verl hier deutlich vor den Sechzgern liegt.

Sehen wir uns die produktiven Passkategorien beider Teams im Vergleich an, haben wir zwar immer noch eine leichte Diskrepanz in der Genauigkeit zugunsten Verls, aber dafür auch eine klare Verschiebung bei der Passhäufigkeit, die Sechzig wieder besser aussehen lässt. Mit nur zehn Vorwärtspässen weniger als die Verler,  steht Sechzig in der Kategorie, was die Anzahl der gespielten Pässe nach vorn betrifft, gar nicht so übel, da wie es auf den ersten Blick scheint. Dass auch bei den Vorwärtspässen Verl etwas genauer agiert hat als die Löwen, liegt logischerweise in der Art der Pässe. Lange Bälle, die dann oft erst im Zweikampf um den sogenannten zweiten Ball erobert werden, sind schwerer zum Adressaten zu bringen als kürzere Pässe.

Nehmen wir alle Pässe aus der Statistik, die im Nachgang keinen direkten Raumgewinn zur Folge hatten, liegen beide Teams bei der Anzahl nahezu gleichauf. Bei der Genauigkeit liegt Verl in dieser Rechnung insgesamt nur noch drei Prozentpunkte vor den Sechzgern.

Defensive Zweikampfquote (57% : 73%)

Ohne Kontext betrachtet sieht es hier im Vergleich der beiden Teams zappenduster für den TSV 1860 aus, oder? Allerdings ist es so, dass, wenn man sieht, wie oft die Sechzger im Nachgang an einen verlorenen Defensivzweikampf den Ball durch eine andere Aktion trotzdem erobern konnten, sich sich dieses Bild in Positive dreht. Verl spielte den Ball 25% häufiger ins Aus und konnte um 34% weniger Bälle abfangen als der TSV 1860 München. Rechnet man all das gegen die gewonnenen Zweikämpfe beider Mannschaften auf, ergeben sich um 13% mehr Ballverluste auf Seiten des SC Verl im Vergleich zum TSV 1860.

Damit dürfte klar sein, dass dieser Wert in diesem Fall sehr deutlich nicht das aussagt, was er eigentlich aussagen sollte. Eine statistische Kategorie – Ballgewinne in Abhängigkeit von Ballbesitz des Gegners – einzuführen, wäre für die Statistikportale sicherlich kein Fehler. Das wäre ein Index, der auf einen Blick klarstellt, wer sich gegen den Ball besser verhalten hat.

Schüsse/aufs Tor (10/4 : 11/3)

Da Rieders Schuss nicht in diese Kategorie mit hineingerechnet wird (das Portal zählt diesen als Fehlpass auf Ludewig) ist diese Kategorie eigentlich unvollständig. Aber was solls: Analysieren wir das doch trotzdem.

Die zehn vom TSV 1860 München abgefeuerten Schüsse kamen bis auf zwei Stück alle aus der Box. Sechs davon wurden aus zentraler oder halbzentraler Position abgegeben. Dass vier dieser Schüsse geblockt wurden, ist dem hohen kämpferischen Einsatz der Verler Defensive im eigenen Strafraum geschuldet. Dennoch ist diese Statistik sehr positiv zu bewerten. Bei vier dieser Schüsse bekam der Keeper Arbeit, weitere vier wären auf den Kasten gegangen, hätte sie nicht ein Abwehrspieler abblocken können. Das ist Top, meine Herren!

Verl konnte genau einen Schuss, den Kopfball von Kammerbauer, bei dem Hiller in der 29. Minute bravourös seinen Kasten sauber hielt, aus der Box abfeuern. Ein weiterer Schuss kam vom Strafraumrand durch Corboz in der direkt darauf folgenden Szene. Auch hier griff Hiller entscheidend ein und verhinderte einen Einschlag.

Alle anderen Versuche der Verler kamen von außerhalb des Strafraums und waren nicht gefährlich für den Kasten der Sechzger.

PPDA (8,3 : 5,72)

Zu Beginn mit nur einem Spieler anlaufend und Verl weitestgehend im Aufbau im eigenen letzten Drittel gewähren lassend, ist es logisch, dass die Pressingintensität bei den Löwen nicht den Wert erreichen kann wie bei den in der gleichen Zone hart und aggressiv auf den Aufbau gehenden Verlern. Wichtig ist immer das Ergebnis der jeweiligen Taktik. Und das war trotz des geringeren Aufwands, den die Löwen im Pressing betrieben, gleichwertig.

Damit ist zur wie immer indirekt proportional zu sehenden PPDA in diesem Spiel alles gesagt.

Das Tor

Hier könnt ihr den Treffer zum 1:0 und weitere Highlights sehen.

Dem Treffer ins eigene Netz durch den Verler Paetow ging ein sehenswerter Spielzug mit längerem Ballbesitz der Löwen voran. Insgesamt dauert die Szene 40 Sekunden. Verl kommt in dieser Zeit zwar immer mal wieder an den Ball, allerdings nur, um ungenau abzuwehren. Eine echte Befreiung aus der Umklammerung des Angriffs der Sechzger gelingt Verl über diese Zeitspanne nicht.

Speziell Vrenezi und Zwarts müssen hier neben Tim Rieder lobend erwähnt werden. Beide Male, in denen Vrenezi am Ball ist, macht er genau das, was man von ihm erwartet – er bringt die Kugel schnell ins Zentrum. Einmal wird ungenau auf einen anderen Spieler des TSV 1860 geklärt, beim zweiten Mal kann Adressat Zwarts den Ball behaupten und Rieders Schuss in die kleine Box vorbereiten.

Hätte Paetow hier nicht ins eigene Netz getroffen, hätte auch für den aus dem Hintergrund auf der anderen Seite der kleinen Box einlaufenden Ludewig eine Chance bestanden, den Treffer zu markieren.

Das fiel auf

Vrenezi

Ich habe in den letzten Wochen oft auf Vrenezi geschimpft, das muss ich heute Gott sei Dank nicht tun. Endlich möchte man sagen! Der technisch beschlagene Spieler verlor zwar das ein oder anderen Dribbling zu viel, aber das lass ich ihm diesmal durchgehen, denn wer lediglich zwei Fehlpässe über 97 Minuten Einsatzzeit spielt, hat Argumente, die als positiv zu bewerten sind. Vor allem dann, wenn fast alle Pässe einen offensiven Mehrwert haben.

Zejnullahu

Ähnlich stark wie Vrenezi war wieder Erol Zejnullahu. Mit nur drei Fehlpässen in der Partie und der Einsicht, nach dem ersten verlorenen Dribbling kein weiteres zu versuchen, war auch Zejnullahu offensiv wieder ein wichtiges Rädchen für die Mannschaft des TSV 1860 München im Spiel gegen den SC Verl.

Ludewig

Kilian Ludewig lieferte in seinem Startelfdebüt eine solide Leistung, hatte, als er frei vorm Tor knapp am Torwart scheiterte, das 2:0 auf dem Fuß und auch weitere Schussmöglichkeiten, von denen eine der Verler Keeper zunichte machen konnte und eine dritte, die aus großer Entfernung knapp übers Gebälk flog. Ludewig auf der rechten Seite im Mittelfeld einzusetzen war eine gute Lösung. Er bringt andere Voraussetzungen mit als Schröter, der seinen Gegenspielern Knoten in die Beine dribbelt. Ludewig hat seine Spielintelligenz vor allem dadurch bewiesen, wie gut er ohne Ball Räume sieht und so antizipieren konnte, wo er hinlaufen muss, um gefährlich zu werden. Auf dieser Leistung kann man aufbauen. Gegen den Ball hat er nicht so viele Akzente setzen müssen, da die Verschiebungen gegen den Ball anders geplant worden waren als im Normalfall, wenn mit Dreierkette gespielt wird.

Tarnat

Niklas Tarnat fiel wieder vor allem durch sein gutes Stellungsspiel und seine defensive Disziplin auf. Auch er leistete sich nur drei Fehlpässe im Spiel. Weiter so.

Zwarts

Joël Zwarts verausgabte sich als einzige echte Spitze vor allem deshalb, weil er derjenige war, der den Aufbau des SC Verl als einziger direkt anlaufen musste. Mit zwei Schüssen und vielen guten Aktionen, um seinen Mitspielern Räume freizumachen, zeigte er aber ein weiteres Mal, was für ein Potential in ihm steckt. Auch den Schuss von Rieder, der zum Eigentor führte, bereitete er gut und mit viel Körpereinsatz vor.

Taktisch

Die Verschiebungen gegen den Ball im eigenen letzten Drittel waren für den aufmerksamen Beobachter sicherlich ein taktischer Leckerbissen. Die Dreierkette wurde nicht über beide Mittelfeldaußenspieler verstärkt, wenn der Gegner ins letzte Drittel eindrang. Greilinger kippte aus seiner Mittelfeldposition nach hinten ab, so entstand in den meisten Fällen eine konservative Viererkette. Interessant zu sehen war, dass, wenn einer der drei Verteidiger in der Kette nach vorne ging, um schon im defensiven Mittelfeld zu attackieren, Tarnat auf dessen Position abkippte und dort für Stabilität sorgte.

Frey

Leider muss ich hier wieder einmal Marlon Frey nennen. Mit nur drei gelungenen Aktionen über 26 Minuten Einsatzzeit war das wieder nicht das Gelbe vom Ei. Ein angekommener Pass, eine angekommene Flanke und ein gewonnenes Kopfballduell stehen für ihn auf der Habenseite. Dass er sich als zweiter Stürmer einreihen musste, machte aufgrund der ungewohnten Position die Sache für ihn allerdings vermutlich noch schwieriger.

Abseits?

Der Linienrichter, der die Fahne vor Vrenezis “Abseitstor” hob, lag falsch.

Liebe Herren in Schwarz, soweit ich weiß gilt bei knappen Entscheidungen, wenn es um Abseits geht, im Zweifel für den Stürmer, oder? Haltet euch bitte daran. So haben wir ein Tor zu wenig auf der Anzeigetafel, eine gelbe Karte zu viel auf Vrenezis Kartenkonto und eine weitere Fehlentscheidung zu Ungunsten des TSV 1860 München von Seiten der Schiedsrichter auf dem Konto stehen. Wenn es schon knappe Entscheidungen sind und die dann auch noch vom anderen Rand des Spielfelds mit klarem Parallaxenfehler durch falschen Winkel zum “Tatort” entschieden werden müssen, sollte man die im Zweifel für den Stürmer geltende Regel durchaus auch einmal anwenden, oder?

Fazit

Am Ende steht ein ganz klar verdienter Sieg für den TSV 1860 München. Die einzige hochwertige Chance der Gäste parierte Hiller mit einer sehenswerten Reflexparade.

Dass die Löwen noch zwei Tore mehr hätten schießen können (oder vielleicht sogar hätten schießen müssen), ist einerseits ein positiv zu bewertender Nebeneffekt, andererseits leider ein kleines Manko. Die Sechzger müssen vor dem gegnerischen Kasten noch ein kleines bisschen kaltblütiger werden.

Alles in allem sehe ich die Mannschaft auf einem guten Weg. Die englische Woche wird schwer werden. Hoffentlich gelingt es, die Konzentration trotz Belastung hoch zu halten. Mit guten Leistungen in den kommenden Spielen ist ein großer Sprung nach vorne möglich. Es sind nur zwei Punkte Abstand auf Platz 2.

Also weiter so! Ein goldener Oktober könnte auf die Löwen warten, wenn sie so konzentriert und diszipliniert weitermachen.

Datenquelle: Wyscout

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Aymen1860

Wie immer eine tolle Spielanalyse. Ich fand auch, dass der Sieg verdient war. Von Verl kam in der 2. ten Halbzeit überraschend wenig. Aber muss ich mich wirklich die letzten 6-7 Minuten nur noch hinten reinstellen und jeden Ball irgendwie nach vorne klopfen, ohne jedlichen Versuch noch einen Chance rauszuspielen.
Auf jeden Fall geht’s Berg auf. Kann eine tolle Woche für 60 werden.

_Flin_

Interessante Einschätzung. Hinsichtlich der Standards ist noch anzumerken, dass Tarnat die Ecken trat. Auch wenn hier nichts Zählbares dabei raussprang, war das doch gefühlt gefährlicher. Präziser, aber auch langsamer.

Alles in allem gab es einiges Positives zu sehen. Die Offensivbemühungen waren dann doch meist eher das, bemüht. Außer den zwei Chancen von Ludewig per Kopf und Fuß (Vorlagen Vrenezi und Zwarts) war da so viel nicht dabei. Ja, der Abseitspfiff gegen Vrenezi (Vorlage Glück). Aus meiner Sicht zwar ein Schritt in die richtige Richtung, mehr aber auch nicht.

Die Laufwege der Offensive empfinde ich oft als sehr statisch. Aktives Anbieten findet oft nicht statt. Präzision, Vorausdenken und gedankenschnelle Aktionen sind meist Mangelware. Es gab trotzdem gute Chancen – einen Kopfball von Zwarts auf Höhe des Elfmeterpunkts finde ich noch erwähnenswert, den SM9 wahrscheinlich mit dem Fuss genommen hätte.

Zwarts kommt immer mehr an, und hat einige Male gezeigt, was er alles kann. Sowohl in Bezug auf Ballannahmen als auch mit dem mustergültigen Pass auf Ludewig. Nur die Laufwege erscheinen mir oft nicht zielführend, da sie ihn oft weg vom Ball hinter den Gegenspieler führen und dadurch aus dem Spiel nehmen. Das ist dazu angetan, Lücken zu reißen. Aber dann muss auch jemand in diese vorstoßen.

Alles in allem ist in der Offensive noch viel zu tun. Die Defensive ist toll, die Offensive nicht. Da brauchen wir pro Spiel im Schnitt 0.5 Tore mehr, wenn wir oben dabei sein wollen.
Dazu kommt: von den 11 Treffern waren 4 reines Glück oder schwere Fehler des Gegners (Starke Fernschuß gg SVW, Rieder => Eigentor gg SCV, Schröter gg Halle, Zwarts gg Duisburg). 2 Standardtreffer. Bleiben 5, und von den 5 ist bei einem klar, dass das nicht so geplant war (schöne Pressing gg Lübeck, als Vrenezi den Ball vertändelt und der Gegner ihn zu Guttau spielt.).

Bleiben also 4 aus dem Spiel herausgespielte und geplante Tore in 8 Spielen. Alle 2 Spiele eines. Mau. Schröter => Guttau gg Halle, Schröter => Zwarts gg Aue, Guttau => Lakenmacher gg SVW, Vrenezi => Starke gg Duisburg, wobei die Flanke eher auf Guttau am kurzen Pfosten ging). Das finde ich klar zu wenig.

Kassenwart

Danke für die Analyse, Bernd. Es war nichts für Galerie-Feinschmecker. Das war Rasenschach vom Feinsten. Respekt der 3er(5er) Kette!.

Besonders loben möchte ich mal Eroll Zejnullahu. Als wir schon am verzweifeln waren, dass Zwarts die erst 30 Minuten alleine anlaufen musste und so ‚Zeit von der Uhr‘ nahm – da die Verler ihrerseits nicht risikolos aufbauen konnten und die von Dir beschriebenen Querpässe in der Abwehr spielten, da war es dann Eroll, dem es wohl zuviel des guten wurde und als Unterszützung endlich auch in Kombi mit Zwarts sich bemühte, Bälle in der ersten Linie zu erobern. Für den Zuschauer war das eine positive Entwicklung hin zu einem lebendigeren Spiel.

Das Hiller irgendwann auf die langen Abschläge ging, war meines Erachtens nicht der Strategie geschuldet, sondern dem leider immer noch sehr ausbaufähigen Passspiel von Hiller. Ein ums andere Mal verzögerte er sein Abspiel gefährlich lange. Das wäre fast ins Auge gegangen, da Verl mit drei Spitzen jeweils am Strafraum agierte. Erst mit den längeren hohen Bällen ins zentrale Mittelfeld wurde der Druck genommen.

mich würde wirklich interessieren, wie sich Richter in der Konstellation schlagen täte. Auf der Linie ist er sicherlich schwächer, im Aufbauspiel dafür der Nummer eins überlegen.

coeurdelion

wie kommst du drauf, dass er da besser als Hiller ist?

Kassenwart

Hiller hat die besseren Reflexe. Wenn Du Dir das Training ansiehst wirst du erkennen, dass Richter mit dem Ball ordentlich was anfangen kann. Seine Pässe haben selbst über 40-50 Meter eine ganz andere Präzision.