Herzlich willkommen zur Taktiktafelanalyse des Spiels TSV 1860 München – SpVgg Bayreuth (2:0). Ein glücklicher, mühsamer Sieg für die Sechzger gegen zu harmlose Bayreuther.

TSV 1860 – SpVgg Bayreuth – ein Hauch von Bayernliganostalgie aus den 80ern im Sechzgerstadion. Bayreuths Trainer Kleine schickte seine Elf im 4-3-3 aufs Spielfeld. Plan der Bayreuther war es, die Löwen in deren Positionsspiel hoch anzulaufen und so früh in deren Spielzügen Umschaltmomente zu kreieren.

Wenn die Sechzger es geschafft hatten, die Pressinglinie der Bayreuther zu überspielen, verschob sich das 4-3-3 der Bayreuther, indem die Außenstürmer abkippten auf ein 4-2-3-1.

Die L̦wen waren Рwie immer unter Maurizio Jacobacci Рim 4-2-3-1 unterwegs. W̦rl schaltete sich als Box to Box Spieler immer wieder mit in die Offensive ein.

Die Sechzger spielten eher abwartend mit tiefer Pressinglinie und wenigen Aktionen in den pressingrelevanten Bereichen.

Unter diesen Voraussetzungen entwickelte sich ein behäbiges Spiel, in dem sowohl die Sechzger als auch die Bayreuther zwar ihre Angriffe im Positionsspiel meist bis ins letzte Drittel des Gegners durchbringen konnten, aber durch die Trägheit beider Mannschaften im Spiel nach vorne nie wirklich Dynamik aufkam.

Vor der genaueren Analyse wie immer die wichtigsten statistischen Werte der Partie.

Die statistischen Werte des Spiels TSV 1860 – SpVgg Bayreuth

  • Ballbesitz: TSV 1860 52% – SpVgg Bayreuth 48%
  • Passgenauigkeit: TSV 1860 85% – SpVgg Bayreuth 83%
  • Defensive Zweikampfquote: TSV 1860 70% – SpVgg Bayreuth 61%
  • Schüsse/aufs Tor TSV 1860: 12/4 – SpVgg Bayreuth 12/6
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): TSV 1860 17,4 – SpVgg Bayreuth 10,54

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz

Nahezu ausgeglichener Ballbesitz für beide Mannschaften spiegelt den Eindruck wider, den man am Samstag beim Betrachten des Spiels bekommen hatte. Beide Mannschaften trafen sich auf Augenhöhe – mit dem besseren Ende für den TSV 1860.

Es mussten beide Teams in vielen Phasen während laufender Angriffe diese unterbrechen und den Angriff neu aufbauen. Das führte für beide Mannschaften zu überdurchschnittlich vielen Rück- und Querpässen. Das Spiel verlor auf beiden Seiten immer wieder an Dynamik, weil entweder im Passspiel falsche Entscheidungen getroffen wurden, Spieler ins Abseits liefen oder nicht genug Bewegung in der Offensive herrschte, damit Anspielstationen frei geworden wären.

Der ausgeglichene Ballbesitz entspricht der Leistung der beiden Teams. Dass es allerdings munter hin- und hergegangen wäre, kann man nicht behaupten. Das Spieltempo war schleppend und die Kreativität im Spielaufbau bei beiden Mannschaften durchaus limitiert.

Passgenauigkeit

Die hohe Passgenauigkeit erklärt sich für beide Mannschaften mit den überdurchschnittlich vielen Rück- und Querpässen, die dem oben schon beschriebenen behäbigen Spiel der beiden Teams entsprangen.

Nehmen wir die Sicherheitspässe aus der Rechnung, haben beide Teams allerdings immer noch eine Passgenauigkeit von knapp 80% aufzuweisen. Bei höherem Spieltempo könnte man am Ende mit einer solchen Passgenauigkeit das ein oder andere Tor mehr auf dem Konto haben. Es war jedoch – auch aufgrund dessen, wie der Gegner jeweils gestaffelt war – für beide Mannschaften am Samstag in Puncto schnellem Spiel nichts zu holen. Wenn überhaupt, hatten die Gäste noch die überraschenderen Momente im Spiel. Unter anderem natürlich auch deshalb, weil die Spieler des TSV 1860 München viel zu oft (sieben mal) ins Abseits liefen. Ob da jeder Pfiff richtig war, möchte ich nicht entscheiden müssen.

Defensive Zweikampfquote

Einsatzwille und Giftigkeit kann man keinem der beiden Teams absprechen. Trotzdem wurden die Löwen das ein oder andere mal öfter als Bayreuth im eigenen letzten Drittel vor schwierige Aufgaben gestellt. Die Zweikämpfe, die man geführt hat, hat man größtenteils gewonnen. Problematisch waren die Zweikämpfe, in die man nicht hineingekommen ist, weil man im Kopf zu langsam war und deshalb dem Gegner Chancen eröffnet hat.

Mit der Zweikampfbilanz können wir also an sich zufrieden sein. Die Anzahl der zugelassenen gegnerischen Chancen muss man aber kritisieren. Dass die Hälfte aller Schüsse des Gegners so auf den Kasten geht, dass der Torhüter Arbeit bekommt, ist ein Zeichen von a) nicht ganz korrektem Stellungsspiel, also leichten Unkonzentriertheiten und b) nicht vernünftig angenommener defensiver Zweikämpfe.

Schüsse/aufs Tor

Diese Statistik zeigt wieder ein Problem auf, das man schon fast vergessen hatte. Die Spieler des TSV 1860 München schafften es nur einmal, einen Schuss der SpVgg Bayreuth zu blocken. Das ist zu wenig. Die aufopferungsvoll kämpfenden Kicker aus der Oldschdod warfen sich in fünf Schüsse der Sechzger, um einen Einschlag im Kasten zu verhindern.

Da fehlt mir dann doch ein wenig der Wille, die Offensive des Gegners mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln in Zaum halten zu wollen. Die Feldspieler der Löwen dürfen sich bei ihrem Keeper Marco Hiller bedanken, dass er seinen Kasten sauber halten konnte. Einfach haben es ihm seine Kollegen nicht gemacht.

Dass bis auf einen alle geblockten Schüsse der Sechzger innerhalb des gegnerischen Strafraums abgegeben wurden und auch die anderen Schüsse bis auf drei aus der Box der Bayreuther erfolgten, ist wiederum positiv zu werten.

PPDA

Wie schon gegen Osnabrück spielten die Sechzger auch gegen Bayreuth eher abwartend und nicht mit aggressivem Pressing auf vorderster Linie. Der Plan, Bälle tiefer abzufangen und dann über Tempo und Kombinationsfußball das eigene Spiel auf den Platz zu bringen, war zu erkennen, aber die Ausführung war in vielen Phasen nicht gut genug, um so dominant auftreten zu können,wie man es sich gewünscht hätte.

Die Bayreuther hingegen versuchten ihrerseits durchaus, die Löwen hoch anzulaufen. Allerdings waren die Spieler der TSV 1860 München für die SpVgg Bayreuth zu routiniert beim Aufbau der eigenen Positionsangriffe, sodass die Wirkung der Anlaufbemühungen der Oldschdod immer wieder verpuffte.

Die Tore

Die Tore könnt ihr Euch hier noch einmal ansehen.

Eine genauere Analyse betreiben wir heute beim 2:0 der Löwen durch den eingewechselten Kapitän Stefan Lex.

Als ein Angriff der Bayreuther zentral in der Mitte der Spielfeldhälfte des TSV 1860 durch Verlaat unterbunden wird, spielt dieser das Leder steil zu Vrenezi in der gegnerischen Hälfte, der vor sich wenig Raum findet und deshalb nach einem kurzen Moment des Zögerns den Ball über die Kette zu Lex lupft. Der Kapitän der Löwen verliert das Leder zunächst gegen zwei Gegenspieler, erkämpft es jedoch zentral auf Höhe der Sechzehnmeterlinie wieder und spielt die Kugel zurück zu Vrenezi. Der versucht einen Schuss, wird aber von einem Bayreuther geblockt. So springt der Ball nach halbrechts zu Wörl. Dieser kann unbedrängt in die Box ziehen, nimmt den Kopf hoch, sieht in der Mitte ca. 14 Meter vor dem Kasten Lex und spielt diesem den Ball zu.

Stefan Lex fackelt nicht lange und zieht ab. Durch drei Gegner hindurch am Torwart vorbei landet der Ball im linken Eck des Tores.

Dies war bis dahin abgesehen vom Eigentor und einem weiteren Versuch von Skenderovic in der 54. Minute die einzige wirklich klare Chance, die sich die Sechzger herausgespielt hatten.

Das fiel auf

Mit Trägheit gewinnt man keinen Schönheitspreis.

Torchancen waren Magelware.

Ob wirklich jeder der insgesamt sieben Abseitspfiffe gegen den TSV 1860 München berechtigt war, möchte ich bezweifeln. Das darf jedoch keinesfalls eine Entschuldigung für das nicht standesgemäße Offensivspiel der Sechzger sein.

Mehr diagonale und horizontale Bewegung der Spieler in der Offensivabteilung wäre nötig gewesen, um das Stellungsspiel der Bayreuther auseinander zu ziehen. Damit hätte man mehr Räume schaffen können.

Fazit

Eine Mannschaft im Mittelfeld der 3. Liga zeigt eine mittelmäßige Leistung und bezwingt ebenfalls mittelmäßige, aber sehr glücklose Bayreuther am Ende dann zwar verdient, aber mit einer gehörigen Prise Glück.

Glück gehört jedoch dem Tüchtigen. Der Tüchtige war am Samstag allen voran Löwentorwart Marco Hiller.

Für den Rest der Saison bleibt nur zu hoffen, dass sich das Phlegma, das wir am Samstag bewundern durften, nicht wie ein Faden durch die weiteren Spiele ziehen wird.

Datenquelle: Wyscout

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_Flin_

Wenn man von Tüchtigen redet, muss auch Niklas Lang erwähnen, der nach meiner Sicht bester Feldspieler war.

Urloewe

Einen kapitalen Bock hat er sich geleistet.
Ansonsten seh ich das wie du. Sehr sicher und verlässlich!

Urloewe

Na ja, ich erinnere mich noch mit Schrecken an das Hinspiel.
Da haben wir uns tölpelhaft überlisten lassen und sind ins Verderben gerannt mit einer völlig falschen Taktik.
Das war am Samstag nicht ganz so hirnlos.
Die Bayreuther wollten uns noch mehr in die Offensive locken.
Besser vorsichtig gewinnen als dumm verlieren.
Es war kein Glanzstück, aber eben Note ausreichend.

Bernie

Wenn man solche Spiele so verliert steigt man ab. Schade, ich hätte es gerne andersrum geschrieben…

Aschlegel

Danke für Deine super Analyse, Bernd, die für mich heute sogar überraschend milde ausfiel. Mich erinnerte der Kick an die Endphase unter Köllner bzw.. Gorenzel als keiner für den anderen lief und man immer das Gefühl hatte, der Gegner hat heute irgendwie einen Mann mehr auf dem Platz.

age

Das Gefühl hatte ich am Samstag nicht. Die Oldstood hatte nicht all zu viel gegen zusetzen um das Spiel in die Hand zu nehmen und zu entscheiden. Irgendwie war Sechzig doch in vielen Situationen einfach und ausreichend cleverer

Last edited 11 Monate zuvor by age
Steffen Lobmeier

Wir immer super analysiert. Das war echt ein müder Kick am Samstag.