Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Spiel unseres TSV 1860 München gegen den FC Viktoria Köln. Olaf Janßen, Trainer der Kölner, setzt seit fünf Spielen nicht mehr auf die Dreierkette, sondern hat auf Viererkette umgestellt. Was erwartet die Löwen am Samstag im heimischen Sechzgerstadion?

FC Viktoria Köln – TSV 1860 München, im Hinspiel wurde den Sechzgern vom Schiri übel mitgespielt: eine unberechtigte gelb-rote Karte gegen Schröter, ein verwehrter Elfmeter, zwei rote Karten gegen die Bank und ein zugegebenermaßen berechtigter Platzverweis gegen Leroy Kwadwo waren im Sportpark Höhenberg die Aufreger des Tages. Aber das ist Vergangenheit, es gilt für die Löwen am Samstag Zählbares einzufahren. Wie also spielen die Kölner unter Olaf Janßen?

Beginnen wir mit der zu erwartenden Formation der Domstädter. Das 4-4-2 mit Doppelsechs ist seit fünf Spieltagen das System, mit dem Köln beginnt.

Die Pressinglinie und die Defensivlinie gehen je nach der zu erwartenden Spielstärke des jeweiligen Kontrahenten bei den Kölnern unterschiedlich zu Werke. Nach wie vor ist es so, dass Köln gegen Mannschaften, die als eher spielstark einzustufen sind, eher tief und abwartend steht. Gegen Teams, die sich im Aufbau eher schwer tun, wird auch gern hoch angelaufen. An die Herangehensweise im Pressing ist auch die Höhe der Defensivlinie angepasst.

Gehen die Kölner selbst in Führung, nimmt man vorne gegen den Ball etwas Druck raus. Liegt Köln zurück, sind die Spieler der Viktoria jederzeit in der Lage, vorne – auch gegen spielstarke Teams – erfolgreich hohen Druck auf den Aufbau im Positionsspiel des Gegners auszuüben.

Bevor wir nun genauer auf die Kölner Spielweise eingehen, zunächst die bisherigen statistischen Werte der Mannschaft von Olaf Janßen.

Statistische Werte des FC Viktoria Köln

  • Ballbesitz: 52%
  • Passgenauigkeit: 82%
  • Defensive Zweikampfquote: 64% (Platz 3)
  • Flankengenauigkeit: 30%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 11,31

Wie spielt die Viktoria?

Bei Ballbesitz

Köln versucht immer, den Aufbau im Positionsspiel spielerisch zu gestalten. Dabei geht es meist in der Eröffnung über einen Innenverteidiger und dann vertikal über Halbposition und Flügel nach vorne. Sobald sich die Kölner in der gegnerischen Spielfeldhälfte befinden, versuchen die Domstädter das Spiel in die Zentrale oder Halbzentrale zu bringen, um dann zur Penetration der Box entweder auf kurzem Weg die Halbpositionen am Strafraum oder mit diagonalem Spiel in die Tiefe die Außenspieler in Szene zu setzen.

Im letzten Drittel vor dem gegnerischen Kasten greifen die Kölner mit einem vorgeschobenen Außenverteidiger und weit vorne agierenden Mittelfeldaußen auf eine extrem gefährliche 3-4 Formation zurück. Sehr unberechenbar dabei ist immer Luca Marseiler. Sowohl in der Vorbereitung als auch im Abschluss ist der ehemalige Hachinger eine zentrale Figur des Kölner Spiels. Er genießt alle Freiheiten.

Den Weg in den Strafraum suchen die Kölner selten über Flanken von außen. Tatsächlich ist Köln das Team, das bisher die wenigsten Flanken überhaupt geschlagen hat. Olaf Janßen bevorzugt beim Bespielen des letzten Drittels und bei der Penetration der Box klar das spielerische Element mit Dribblings und Kombinationsfußball von außen über die Halbräume oder aus dem Zentrum aggressiv steil oder diagonal in die Tiefe.

Die Fähigkeit der Kölner, Tore zu erzielen, ist nicht zu unterschätzen. Statistisch gesehen liegt die Trefferquote 14% über der Chancenqualität.

Gegen den Ball

Um den Aufbau des Gegners im Positionsspiel zu stören, läuft Köln im Pressing meist mit zwei Spielern auf vorderster Linie und drei dahinter diagonal versetzt agierenden Spielern an. Diese im Raum agierende 2-3 Formation wird, wenn es beim Gegner über den Flügel geht, zu einem 3-2 verschoben, bei dem der außen pressende Spieler meist die direkte Balleroberung sucht.

Nachdem der Gegner die Pressingformation der Kölner überspielt hat, verschiebt sich das System zunächst auf eine ballfern asymmetrische Defensivformation, bei der das 4-4-2 wie ein 3-5-2 aussieht. Dadurch entsteht ein kompaktes Zentrum und der Gegner wird häufig auf einen der Flügel gezwungen.

Befindet sich die Viktoria im eigenen letzten Drittel, verteidigen die Kölner ihre Box mit zwei klaren Linien im 4-4-1-1 oder 4-5-1. Durch Verdichtung auf der ballnahen Seite wird dort für den Gegner alles sehr eng, aber das lässt oft die Möglichkeit für Seitenwechsel oder diagonales Spiel ins Zentrum offen.

Wie kann man Köln knacken?

Ein Patentrezept, wie der TSV 1860 München Viktoria Köln besiegen kann, habe ich nicht. Dazu ist der Gegner offensiv wie defensiv zu variabel.

Der wichtigste Faktor wird die Konzentration in der Defensive sein. Vor allem Marseiler, der bei Angriffen der Domstädter oft mehrere Ballkontakte hat, gilt es so gut es geht aus dem Spiel zu nehmen.

Um selbst gegen die Domstädter zu treffen, müssen die Löwen die mit guter Raumaufteilung im Zentrum arbeitenden Kölner durch diagonale und vertikale Verschiebungen in alle Richtungen aus den Positionen ziehen und die sich dann bietenden Räume präzise bespielen. Präzision, Passfrequenz und Laufintensität müssen im Angriffsspiel höchstes Niveau erreichen. Durch intelligente Befreiungsaktionen aus den Verdichtungssituationen kann man Köln auch überraschen.

Das Umschaltspiel nach gelungenen Balleroberungen vor dem eigenen letzten Drittel und präzise Konter sind immer gute Möglichkeiten, offensiv etwas zu reißen, wenn Köln die eigene Offensive überlädt. Hier ist die Präzision entscheidend. Die muss sich gegenüber den letzten Spielen unbedingt verbessern.

Stärken und Schwächen des 4-4-2

Stärken

Durch die doppelt besetzten Flügel sind die kurzen Laufwege für die Mittelfeldaußen kraftschonend, was gegen Ende einer Partie entscheidend sein kann. Aus der kompakten Defensivformation mit zwei Viererketten heraus zu verteidigen, bringt für den Gegner große Probleme überhaupt in die Box zu kommen. Von daher ist es sehr gut zur Verteidigung gegen spielstarke Teams geeignet. Auch für Mittelfeldpressing eignet sich dieses System gegen den Ball gut.

Schwächen

Bei konsequentem Gegenpressing des Gegners in Umschaltsituationen kann es wegen der tiefen Staffelung vor dem eigenen Strafraum zu Schwierigkeiten kommen, sich aus dem letzten Drittel so zu befreien, dass die Positionsangriffe zielführend sind.

Schlüsselspieler

Tor

Im Tor der Kölner steht der 23-jährige Ben Voll (#1). Seinen Luftraum beherrscht der 1,95 m große Keeper sehr gut. Leichte Schwächen hat er in eins gegen eins Situationen. Diese lässt die Abwehrkette allerdings nur sehr selten zu. Voll ist ein solider aber nicht unbedingt überragender Torhüter in Liga 3. Drei gute Schüsse auf den Kasten braucht man im Schnitt, um ihn einmal zu überwinden.

Abwehr

Jeremias Lorch (#4) ist der stärkste Innenverteidiger der Viktoria. 73% gewonnene Defensivzweikämpfe, gutes defensives Stellungsspiel und Variabilität, wodurch er auch im defensiven Mittelfeld einsetzbar ist, machen Lorch zur tragenden Säule im Defensivverbund der Kölner. Die Spieleröffnung läuft jedoch häufiger über Kapitän Schultz als über ihn.

Mittelfeld

Stefano Russo (#6) im defensiven Mittelfeld ist mehr als nur ein Abräumer vor der Viererkette. Sein Bewegungsradius geht deutlich über die Mittellinie hinaus. Der oft für das eigentliche Auslösen der Attacken aus der eigenen Hälfte heraus verantwortliche Russo hat eine sehr gute Übersicht und ein gutes Auge für sich entwickelnde Spielsituationen. Sein Passspiel, sowohl bei Pässen ins letzte Drittel als auch bei Pässen in den Strafraum, ist extrem gefährlich und oft setzt er dadurch den Impuls, das Tempo der Attacke zu erhöhen.

Nichtsdestotrotz liegt sein Hauptaugenmerk auf der Defensive im Zentrum vor der Viererkette. Er gewinnt etwa zwei Drittel seiner seiner Defensivduelle, ist sehr kopfballstark und verfügt über ein herausragendes defensives Stellungsspiel.

Sturm

Luca Marseiler (#30) ist, wie ich oben schon geschrieben hatte, der Dreh- und Angelpunkt der Kölner Offensive. Nominell als Halbstürmer oder auch hängende Spitze im System aufgestellt, verkörpert er im taktischen Konzept den sogenannten Trequartista. Ein Spieler mit allen offensiven Freiheiten auf dem Platz. Diese nutzt er auch extrem gut aus. Er spielt viele die Penetration der Box vorbereitende Pässe und gibt die meisten Schussvorlagen für seine Mannschaftskollegen. Bei den Second Assists, also den vorletzten Pässen vor einem Treffer, führt er die Liga an.

Der momentan beste Torschütze und beste Vorbereiter der Viktoria liegt in der ligaweiten Rangliste der Spieler auf seiner Position hinter Ingolstadts Mause auf Platz zwei. Dribbelstark, passsicher und torgefährlich wie er ist, strahlt er bei jeder Aktion der Kölner im letzten Drittel des Gegners viel Gefahr aus. Das Bespielen des ehemaligen Hachingers mit gesunder Härte wäre vielleicht nicht die schlechteste Idee. Als ehemaliger Spieler aus der südöstlichen Vorstadt läuft er vermutlich gegen den TSV 1860 mit höchster Motivation auf. Nach einer Gelb-Rot-Sperre kommt er auch noch extrem frisch aufs Feld.

Fazit

Das Duell FC Viktoria Köln – TSV 1860 München muss mit etwas Zählbarem für unsere Löwen enden. Die Mannschaft muss mit höchster Motivation, Einsatzbereitschaft und Gier nach Punkten ins Spiel gehen.

Ich denke zwar, dass es ein sehr schweres Spiel für unsere Mannschaft wird, aber zuhause muss man es schaffen, Köln Paroli zu bieten und Revanche für die Niederlage im Herbst nehmen. Wichtig wird sein, die offensiven Schlüsselspieler im Mittelfeld zu kontrollieren.

Wenn die Mannschaft das umsetzt, was der Trainer ihr vorgibt, werden wir sicherlich keine weitere Niederlage hinnehmen müssen.

So könnte Köln beginnen

Datenquelle: Wyscout

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