Herzlich Willkommen zur Taktiktafelanalyse des Spiels FSV Zwickau – TSV 1860 München. Nach vier sieglosen Spielen konnten die Sechzger im westsächsischen Zwickau endlich wieder einen Sieg und damit drei Punkte einfahren. Im Vergleich mit den beiden letzten Saisons, in denen man nach 26 Spieltagen 39 und 41 Punkte auf dem Konto hatte, stehen die Löwen mit jetzt 40 Punkten ähnlich gut da.

Michael Köllner schickte die Mannschaft des TSV 1860 gegen Zwickau im 4-1-3-2, mit Moll auf der Sechser Position und Dressel in der Rolle des Box to Box Spieler, aufs Feld. Bei Ballbesitz rückte Deichmann auf der rechten Seite ins Mittelfeld vor.

Wir sprechen also zum ersten mal seit langem wieder von einer rechtsgependelten Viererkette. Gegen den Ball verschob sich diese Formation im eigenen letzten Drittel zu einem 4-4-2.

Joe Enochs’ Team kam wie erwartet im 4-4-2 Doppelsechs aufs Feld, das sich bei eigenem Ballbesitz im letzten Drittel der Löwen zu einem asymmetrischen 4-3-3 verschob.

Speziell Dennis Dressel muss ich, nach meiner Kritik an ihm bezogen auf die vergangenen Spiele, gleich zu Anfang ein Lob aussprechen. Er machte in der Box to Box Rolle ein hervorragendes Spiel. Er war bissig, lauffreudig, hatte sowohl mit als auch gegen den Ball immer wieder gute Momente. Hut ab vor dieser Leistungssteigerung. Bitte weiter so.

Auch der Rest des Teams zeigte sich in deutlich verbesserter Form. Jeder Akteur war sichtbar konzentrierter und laufbereiter als zuletzt. Bevor ich auf die Leistung an sich eingehe, erst wie gewohnt, die wichtigsten statistischen Werte.

Die wichtigsten statistischen Werte des Spiels

  • Ballbesitz: TSV 1860 49% – FSV Zwickau 51%
  • Passgenauigkeit: TSV 1860 76% – FSV Zwickau 78%
  • Defensive Zweikampfquote: TSV 1860 69% – FSV Zwickau 56%
  • Schüsse/aufs Tor: TSV 1860 15/9 – FSV Zwickau 7/4
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): TSV 1860 10,22 – FSV Zwickau 10,29

Genauer Blick auf die Statistiken

Wie immer sehen wir uns nun einige der Statistiken genauer an. Abgesehen von der PPDA weist jede Statistik beim TSV 1860 München deutlich bessere Werte auf als im Heimspiel gegen Halle. Das ist ein wichtiges Signal der Mannschaft. Speziell die Steigerung bei den Statistiken, an denen man die Bereitschaft einer Mannschaft, Kampf anzunehmen und Arbeitswillen erkennen kann, machen Hoffnung, dass die Talsohle möglicherweise durchschritten ist.

Defensive Zweikämpfe

Bei der defensiven Zweikampfquote haben die Spieler von Michael Köllner eine der besten Saisonleitungen abrufen können. Und das nicht nur hinsichtlich dessen, wie viele der geführten defensiven Zweikämpfe man gewinnen konnte, sondern auch dahingehend, welche Anzahl defensiver Zweikämpfe geführt wurde.

Hauptaugenmerk möchte ich bei der Analyse des Defensivverhaltens zunächst auf die defensiven Zweikämpfe im eigenen letzten Drittel legen. Im eigenen letzten Drittel verloren unsere Sechzger neun Duelle gegen den Ball. Nur zwei davon im Zentrum des Spielfelds.

Mit der Doppelbesetzung auf den Flügelpositionen führten die meisten der verlorenen Defensivduelle dort auch nicht zu erfolgreichen Flanken des Gegners, sondern endeten im Nachgang eines Defensivduells meist entweder in einem fehlerhaften Abspiel der Zwickauer oder einer weiteren eins gegen eins Situation, die dann geklärt werden konnte.

Erfolgreiche Flanken von den Flügeln in die Box konnten die in den meisten Spielen in diesem Bereich sehr genau spielenden Schwäne aus Zwickau gegen den TSV 1860 München nur drei verbuchen. Eine davon führte zum Gegentor. Trotzdem war es eine starke Leistung von den Flügelverteidigern und den Mittelfeldaußenspielern, die immer wieder mit nach hinten arbeiteten, um das traditionell starke Flügelspiel der Mannschaft von Joe Enochs zu stören und zu unterbinden.

Des Weiteren ließen die Löwen es nicht zu, dass ein Zwickauer auf dem Flügel bis zur Grundlinie hätte marschieren können, um von dort die Spieler in der Box zu bedienen. Auch das war am Samstag lobenswert.

Passspiel

Kommen wir zum Passspiel und damit auch zur Laufbereitschaft. In erster Linie möchte ich hier darauf blicken, wie das vor der Roten Karte gegen den FSV Zwickau ausgesehen hat. Denn dass das mit einem Mann mehr besser geht, ist logisch. Deshalb schauen wir uns an, wie das während die Teams 11 gegen 11 auf dem Platz standen, aussah.

Bei weniger Ballbesitz wurden a) mehr Pässe gespielt und b) auch mehr dieser Pässe so gespielt, dass die auch beim Adressaten ankamen. Auch hier lautet das Urteil: gut gemacht. Und es waren nicht die Pässe defensiver Natur, die zu diesem Vorteil führten, sondern Vorwärtspässe. Über 27 % mehr Pässe nach vorn als die Gastgeber spielte der TSV 1860 München bis zur roten Karte für den FSV.

Pro Minute eigenem Ballbesitzes spielten die Löwen im Schnitt auch noch knapp zwei Pässe mehr als der Gegner. Also war das Spiel nach vorn im Vergleich der Teams nicht nur sehr präzise, sondern auch schneller. Das zeigt uns, dass nicht nur gegen den Ball, sondern auch bei Ballbesitz mehr Einsatz- und Laufbereitschaft als noch vergangenen Montag vorhanden war.

Fazit zu den Statistiken

Diese beiden Punkte sind schon sehr wichtig. Das Wichtigste jedoch ist aber Folgendes: Auch in der Spielsituation, als 11 gegen 11 gespielt haben, ist der TSV 1860 München im Passspiel besser gewesen als der Gegner. Die Sechzger spielten schneller, präziser und hatten mehr Ballkontakte pro Ballbesitzphase. Die These von Joe Enochs nach dem Spiel, man hätte mit elf Mann das Spiel siegreich gestaltet, darf diesbezüglich bezweifelt werden. Wenn einer der Stürmer vom Platz gestellt wird, ändert das für das Defensivverhalten und bezüglich den Möglichkeiten, wie man im eigenen letzten Drittel gegen Ball agiert, kaum etwas. Der TSV 1860 München war abgesehen von einer kurzen Phase während der ersten Halbzeit, als man Zwickau einlud, ins Spiel zurückzufinden, nicht nur nach dem Platzverweis für Lokotsch, sondern auch davor größtenteils besser als die Westsachsen aus der Trabistadt.

Das Spiel

Die erste Halbzeit

Gut aufgelegte Löwen kamen von Anfang an gut ins Spiel und abgesehen von kleineren Unzulänglichkeiten hatte man die Gastgeber zu Beginn der Partie gut im Griff. Das relativ hoch angelegte Pressing der Gegner stellte den TSV 1860 vor keine großen Probleme, sorgte aber, nachdem es überspielt werden konnte, oft für gute Möglichkeiten zum Kombinationsspiel. Eine Abtastphase gab es nicht. Die Löwen spielten von Beginn an mutig schnell und direkt. Nur eines hat gefehlt: die Präzision im Zentrum vor und beim Spiel in die gegnerischen Box.

Das Spiel der Sechzger lief hauptsächlich über die linke Seite. Nach etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten hatten sich die Schwäne darauf eingestellt und verdichteten in den Räumen auf dem linken Flügel der Sechzger sehr gut. Sich aus diesen Verdichtungen zu befreien, hätte möglicherweise mit frühzeitigen Flankenwechseln gelingen können. Damit wäre das Spiel breiter geworden und Zwickau somit gezwungen gewesen, auch auf dem rechten Flügel aufzupassen. Leider fand kaum ein Angriff über diese Seite statt.

Ein schlecht verteidigter Angriff sorgte schließlich für den Führungstreffer der Gastgeber.

Danach war der TSV 1860 wieder konzentriert auf dem Platz; bei nahezu ausgeglichenem Ballbesitz waren die Löwen wieder aggressiver und präziser. Nach dem Führungstreffer tiefstehende Zwickauer konnten jedoch die Bemühungen der Löwen, in den Strafraum einzudringen, größtenteils verhindern.

Die zweite Halbzeit

In der zweiten Halbzeit kamen die Sechzger dann so wie in der ersten konzentriert und überlegen aufs Feld. Der Platzverweis für Lokotsch führte schließlich zur totalen Überlegenheit des TSV 1860 München und in der Folge zur verdienten Niederlage des FSV Zwickau.

Drei gut herausgespielte Treffer und viele weitere, oft mit Steilpässen eingeleitete, Chancen ließen keinen Zweifel daran, wer das Spielfeld als Sieger verlassen würde.

Michael Köllner zog während des Spiels die richtigen Schlüsse im Bezug auf notwendige Auswechslungen. Er wechselte sozusagen den Ausgleichstreffer und die finale Entscheidung ein.

Die Tore

Ansehen könnt ihr euch die Treffer im Spiel hier.

Speziell eingehen möchte ich heute nur auf die Entstehung des 1:0 für den FSV

Das 1:0

Nach einem Einwurf auf der eigenen rechten Seite etwa zehn Meter von der eigenen Torauslinie entfernt, spielten die Zwickauer zunächst einen hohen langen Ball in die Nähe des Mittelkreises. Hier verliert Moll das Kopfballduell gegen Könnecke, der den Ball diagonal nach vorn zu Baumann, der bei der Annahme der Kugel von Lang gefoult wird. Der Schiedsrichter erkennt jedoch den Vorteil für Zwickau und lässt zurecht weiterlaufen.

Nun hat auf der linken Seite der Zwickauer Schikora viel Platz vor sich und geht ohne Gegenspieler einige Meter mit dem Ball, bevor er zu Horn an der linken Seitenauslinie aus Zwickauer Sicht abspielt. Horn lässt im Duell mit Deichmann diesen, dadurch dass er sich den Ball zurücklegt, alt aussehen. Die folgende Flanke kommt in die kleine Box zum mittlerweile aufgerückten Schikora. Der legt mit dem Kopf im Fallen den Ball zurück zu Baumann, der im Zentrum an der Grenze des Fünfmeterraums seinem Gegenspieler mit einem Schritt nach hinten entwischt.

Baumann entzieht sich der Bewachung, schießt sofort und trifft zum 1:0. Hiller ist bei dieser Aktion absolut chancenlos.

Fehlerkette

Eine unglückliche Fehlerkette, die zum Führungstreffer der Zwickauer führte, begann bei Quirin Moll in der gegnerischen Hälfte. Sie endete mit einem, aufgrund der tatsächlich glücklichen Kopfballvorlage Schikoras, Treffer für die Hausherren, den man als ärgerlich einstufen muss.

Salger bleibt während des Angriffs permanent bei Lokotsch. Er verpasst meiner Meinung nach den Moment, diesen Stürmer an Lang zu übergeben und stattdessen Baumann ins Visier zu nehmen. Dadurch kann Baumann, der zunächst von Dressel begleitet wird, im Rücken beider Innenverteidiger tief ins Strafraumzentrum eindringen. Steinhart, der ihn schließlich übernimmt, wird bei Baumanns Bewegung zurück an die Kante der kleinen Box auf dem falschen Fuß erwischt. Die Frage, warum Dennis Dressel nicht an Baumann dranbleibt, sondern auf Höhe des Elfmeterpunkts in der eigenen Box die Rückwärtsbewegung stoppt, muss man ebenfalls stellen.

Seis drum, im Endeffekt ist es für uns Fans nicht mehr wichtig. Wir haben gewonnen und drei Punkte ergattert. Und bevor jetzt irgendjemand wegen dieses Tores in Schnappatmung verfällt, freuen wir uns über den Sieg.

Das 1:1

Morgalla spielt von der Mittelline aus kurz diagonal zu Dressel, der weiter nach vorn an die linke Seitenauslinie zu Tallig. Tallig bedient Neudecker, der nach wenigen Schritten mit dem Ball am Fuß den aus dem Hintergrund in die Box einlaufenden Biankadi mit einer flachen Flanke horizontal anspielt. Aus etwa dreizehn Metern in zentraler Position hämmert Merveille Biankadi beim ersten Kontakt das Leder hinter Brinkies in die Maschen. Diesen Treffer hätten die Zwickauer auch mit zehn Feldspielern wohl nicht verteidigt bekommen. Tallig und Neudecker konnten auf der von Zwickau stark überladenen linken Seite durchsetzen. Weil Zwickau links überladen hatte, musste irgendwo mindestens ein freier Spieler sein. Das war in diesem Fall nicht nur Biankadi. Auch Bär und möglicherweise sogar Deichmann hätten die Chance gehabt, dieses Zuspiel von Neudecker zu verwerten.

Das 1:2

Dennis Dressel bedient Marcel Bär mit einem Steilpass aus dem Zentrum in die Box. Bär läuft seinem Gegenspieler davon. Er trifft dann aus etwa zehn Metern vor dem rechten Pfosten positioniert, mit dem Umweg über den linken Innenpfosten, ins lange Eck. Auch hier ist die zahlenmäßige Ãœberlegenheit nicht das entscheidende Kriterium. Entscheidend ist die Tatsache, dass Schikora Bär nicht hinterhergeht und somit ein – für Zwickau in der Rückwärtsbewegung – unnötiges “Missmatch” (Frick-Bär) zugunsten der Löwen in Kauf nimmt.

Das 1:3

Steinhart gewinnt ein Kopfballduell auf der linken Seite. So kommt der Ball zu Tallig, der spielt steil nach vorn. Bär lässt die Kugel passieren und der schnelle Biankadi erläuft den Steilpass auf Höhe des Sechzehners der Gastgeber. Er bringt die Kugel quer ins Zentrum des Strafraums vor die kleine Box. Der einlaufende Goden macht mit dem ersten Ballkontakt nach seiner Einwechslung den Deckel auf die Partie.

Dieser Treffer entstand in einem Umschaltmoment. Den frisch eingewechselten Kevin Goden hatte wohl noch keiner der Zwickauer Spieler auf dem Schirm so konnte er frei in der Box zum Abschluss kommen.

Fazit

In einem rassigen Spiel schlägt der TSV 1860 München den FSV Zwickau verdient mit 3:1.

Leider wird dieses Spiel durch die rote Karte für Lokotsch nach seinem äußerst brutalen Foul an Lang überschattet. Absicht war es wohl nicht, trotzdem plädiere ich für mindestens drei Spiele Sperre. Trifft Lokotsch Langs Gesicht kann der Bub den Rest der Saison wohl beim Schönheitschirurgen verbringen. An dieser Stelle wünsche ich Niki Lang gute Besserung.

Bis auf eine Phase von etwa fünfzehn Minuten, in der die Löwen etwas den Faden zu verlieren schienen, hatte Michael Köllners Team den Gegner absolut im Griff. Die Treffer für die Sechzger auf die Unterzahl der Schwäne zu schieben, wäre zu kurz gedacht.

Die spielerische Überlegenheit in der zweiten Hälfte des Spiels, speziell nach der Roten Karte für Lokotsch, kann man jedoch schon darauf zurückführen.

Leandro Morgalla, der erst siebzehnjährige U18-Nationalspieler des TSV 1860 München, zeigte nach seiner Einwechslung für den von Lokotsch aus der Partie getretenen Lang ein großartiges und abgeklärtes Spiel. Er ließ sich auch von einem alten Haudegen wie König nicht die Schneid abkaufen. Mein Kompliment dafür. Als junger Verteidiger gegen altgediente Größen bestehen zu müssen, ist kein leichtes Unterfangen. Diese Feuertaufe hat der Junge mit Bravour überstanden.

Nun gilt es den Schwung und das frisch erworbene Selbstvertrauen mit in die morgige Partie gegen den 1.FCK zu nehmen.

Datenquelle: Wyscout

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Kassenwart

Hallo Bernd,

mich würde einmal interessieren, ob die statistischen Werte zwischen erster und zweiter Halbzeit sich signifikant unterscheiden? Evtl gibt es ja nur den ein der anderen Wert, aber grundsätzlich wäre das schon mal interessant.

Und zum zweiten: Hat sich die Kilometerleistung der einzelnen Akteure bei den letzten Spielen merklich verändert?

Bernd Winninger

Hallo,

Danke für dein Interesse.

Zur ersten Frage, die Zahlen schwanken natürlich, denn in der zweiten Halbzeit stand der Gegner nach der roten Karte in der 47. Minute sehr lange mit einem Mann weniger auf dem Platz. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass sich die Werte im Vergleich zum Spiel gegen Halle in den wichtigen Punkten, während elf gegen elf gespielt wurde verbessert haben.

Die Kilometerleistung der Spieler wird in der dritten Liga nicht erfasst, dazu kann ich Dir keine Angaben machen.

Aschlegel

Das ist ja irgendwie total seltsam. Ich habe das Gefühl, Du beschreibst gerade ein anderes Spiel. Es mag ja sein, dass die Passquote stimmte, aber viele wichtige Pässe in die Spitze blieben doch hängen. Aber eigentlich lügt die Statistik nicht. Da war ich wohl am Samstag zu aufgeregt um noch gerecht zu urteilen. Danke für die Analyse! Da muss ich echt mal in mich gehen und vielleicht meine Spieleindrücke erst einen Tag später aufschreiben … 🙂