In den letzten 20 Jahren hat wohl kaum ein deutscher Fußball-Funktionär dermaßen polarisiert wie Dr. Rainer Koch. Seines Zeichens war er seit 18 Jahren Vorsitzender des Bayerischen Fußballverbands (BFV) und ehemaliger Interims-Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB).

Während Führungspersönlichkeiten des DFB immer wieder über Korruption und Manipulationen stolperten, schaffte er es immer, seine Position zu erhalten – mit aller Macht und ohne Rücksicht auf Verluste. Bis jetzt – denn ab Juni ist Koch kein Funktionär des DFB oder des BFV mehr. Seine Ämter bei der UEFA, zuletzt war er Mitglied des Exekutiv-Komitees, legt Koch ebenfalls ab und zieht sich damit vollständig aus dem Fußball-Geschäft zurück.

Koch kündigt seinen Abgang als BFV-Präsident an

In einem Schreiben an alle bayerischen Fußballvereine kündigte Koch am Mittwoch überraschend an, beim Verbandstag im Juni 2022 nicht mehr anzutreten. In einer Rundmail schreibt Koch:

Sie alle waren in den vergangenen 18 Jahren meiner Präsidentschaft beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV) meine ersten Ansprechpartner*innen, wenn es darum ging, die Weichen für eine gute Zukunft des Amateurfußballs in Bayern zu stellen und die Interessen Ihrer Klubs zu vertreten.

Den kleinen Clubs Honig ums Mal zu schmieren schien sein Lieblings-Hobby zu sein. Koch selbst stellte sich stets als Mann der kleinen Vereine dar. Deren Interessen interessierten ihn aber schon längst nicht mehr – sofern dies überhaupt einmal der Fall war.

Vielmehr führte der BFV unter seiner Führung teilweise horrende Strafen für die Dorfvereine ein, die das Ergebnis ihres D-Jugend-Spiels nicht innerhalb einer Stunde meldeten. Mangelnde Internetverbindung durfte da natürlich nicht als Ausrede herhalten. Die Kosten für die kleinen Clubs explodierten in den letzten Jahren, ein Vereinswechsel eines Erwachsenen kostet beispielsweise inzwischen über 50 Euro. Zurück kam davon aber nie etwas, von einem Laptop pro Verein nach der WM 2006 abgesehen. Dass das Portal des DFB, das auch der BFV nutzt, bis heute am Sonntagnachmittag regelmäßig nicht funktioniert, sei nur am Rande erwähnt

Andere stolperten – Koch blieb stets an der Match

Es geht um Geld, viel Geld, das ganz große Geld. Nicht umsonst stimmte Koch beispielsweise im April 2021 für eine Reform der Champions League. Diese Reform versprach den führenden europäischen Clubs Mehreinnahmen. Unter seiner Führung (egal ob als Präsident oder Führungsperson) fiel beispielsweise die mehr als nur fragwürdige WM-Vergabe nach Katar. Oder auch den vollkommenen Verlust des Kontakts zur Basis seitens des DFB und der Nationalmannschaft – neudeutsch auch “Die Mannschaft” genannt, sponsored by amerikanischer Blubberbrause, holländischem Dünnbier und Co. nicht zu vergessen. Welcher Fußball-Fan verfolgt schließlich heute noch “Die Mannschaft” im Stadion oder TV?

Kollektivstrafen für Fans aus Kochs Feder

Auch Kollektivstrafen für Verfehlungen von Fans entstammten zumindest zum Teil seiner Feder. So wurde Koch immer mehr zur Hass-Figur der Fußball-Anhänger von der Bundesliga bis zur Kreisklasse. Aus Kochs Gedankenschmiede stammte auch 2015 der Entwurf, dass Amateurvereine Video-Aufnahmen kostenlos dem BFV-Portal zur Verfügung stellen müssten. Ansonsten hätten – wie auch bei zu späten Meldungen – Geldstrafen gedroht. Unabhängige Portale wurden teils durch den BFV schlichtweg nicht mehr akkreditiert. Zumindest sobald es um Veranstaltungen ging, bei denen der BFV Einfluss hatte. Eine vollumfängliche Liste der Verfehlungen zu erstellen wäre wohl eine Aufgabe von Monaten.

Die kleinen Amateurvereine mussten in der Vergangenheit bitter erfahren, dass für sie die Unterstützung durch Amateurvertreter Dr. Koch stets dort endete, wo er seine Position bedroht sah.

Abgang von Koch als Chance für Neuanfang beim BFV

Dies sagte beispielsweise der langjährige Unterhaching-Vorsitzende Engelbert Kupka der Sportschau im vergangenen Jahr. In der Tat hatte Koch immer dann seine Finger im Spiel, wenn es um das große Geld ging. Bei den kleinen Vereinen kam dieses natürlich nie an. Nachzuweisen war dem Juristen aus Poing kaum einmal etwas.

Er ist ein Spaltpilz und lebt von der Intrige

Dieses Zitat stammt von Fritz Keller, dem Ex-DFB-Präsidenten aus Freiburg. Keller hatte das Amt beim DFB übernommen, um Ruhe in den Verband zu bringen. Dieses Vorhaben scheiterte letztlich krachend, nicht zuletzt dank Koch. Koch wurde anschließend wieder zum Interims-Präsidenten ernannt. Seit 2007 hatte Koch dem DFB-Präsidium angehört, seit 18 Jahren steht er dem BFV vor. In Kürze ist endlich die Ära Koch zu Ende und der Weg frei für einen Neuanfang. Ganz nach dem Motto: Schlimmer kann es wirklich nicht mehr werden.

Beim DFB war Koch bereits im März bei den Neuwahlen des Präsidiums abgestraft worden. Nach einem gemeinsam Aufruf der ehemaligen Präsidenten Theo Zwanziger, Reinhard Grindel und Fritz Keller hatte er völlig überraschend seinen Posten mit 68:163 an Silke Sinning verloren. “Das Scheitern des Strippenziehers” titelte damals die Sportschau.

Bald ist für Koch dann auch beim BFV Schluss – denn wie sagt schon das Sprichwort – etwas frei angepasst: “Zu viel Koch verdirbt den Brei”!

Titelbild: Ein Banner aus Großaspach vom Montagsspiel gegen den TSV 1860, Foto: Mane Forster

4.3 6 votes
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
2 Comments
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Petrovic

Wer weiß ob nicht noch Schlimmeres im BFV nachkommt.

juergen

Der Intrigant ist endlich weg!

auch wenn er sich 2017 für uns in der RL und den Erhalt von 50+1 eingesetzt hat.