Nach dem gestrigen Sieg in Mannheim, dem ersten vor Zuschauern seit 1975, war ich zum ersten Mal seit Wochen in wirklich gelöster Stimmung. Wie sollte es auch anders sein. Ein Meer aus Löwenfans sang die Blauen zum Sieg, die Menge in den weißen Mottoshirts wogte und sprang. Die Gischt des brausenden Gewässers TSV 1860, das selten still und trotzdem tief ist. Außerdem war der Abstieg abgehakt.
Eine Grün-Goldene Sternstunde?
Ruhe kehrte auch nach dem Abpfiff nicht ein. Als die Meisten schon kurz vor dem Heimathafen waren, machte die Nachricht die Runde: Hasan Ismaik möchte verkaufen! Eine grün-goldene Sternstunde am Tag des Mottos “FÜR IMMER WEIß – BLAU”? Jetzt stellt sich heute wie gestern natürlich die Frage, wie eine adäquate Reaktion auf diesen Schwall an grundsätzlich positiven Nachrichten aussieht. Soll man in die Jubelchöre einstimmen, die auf der Heimfahrt aus der Kurpfalz sicherlich nicht nur in unserem Bus angestimmt wurden oder ist nüchterner Realismus gefragt?
Kann dieser Tag noch geiler werden?
Nüchterner Realismus war es gestern sicher nicht, der für unsere Busbesatzung handlungsleitend war. Wie bei vielen Löwenfans wurde die Rückfahrt nach dem Kantersieg eher in Erinnerung an Bertolt Brecht in Angriff genommen: “Der große Sport fängt da an, wo er längst aufgehört hat, gesund zu sein.” Auch die Nachricht eines euphorisierten Reaktionskollegen mit der Frage: “Kann dieser Tag noch geiler werden?” fällt sicherlich nicht in die Kategorie trocken analysiert. Pläne über genossenschaftliche Übernahmen wurden geschmiedet und Tattoo-Versprechen im Falle eines Verkaufs abgegeben. Vielen sahen schon das zukünftige Paradies, bevor das rettende Ufer erreicht wurde…
Fans wähnen Sechzig in Freiheit
Der Sieg gegen die Barackler rückte damit fast schon wieder in den Hintergrund. Man wähnte Sechzig in Freiheit. Mit etwas Abstand betrachtet muss die Analyse natürlich bedeutend nüchterner ausfallen. Hasan Ismaik hat wieder einmal etwas in den Raum gestellt. Die Verlässlichkeit seiner Aussagen hat man aber in der Vergangenheit schon kennengelernt.
Liebesbekundungen im BR-Interview
Der Fernsehauftritt im BR nebst Liebesbekundungen für den ehemaligen Wahl-Landsberger und Wurstfabrikanten aus dem schwäbischen Raum, welcher im Studio anwesend war, trug nicht gerade zur Stärkung der aufkeimenden Hoffnung bei, die sich seit gestern Abend in mir regte. Nachdem man gestern freilich den naiven Wunschträumen nachgeben wollte und sollte, ist man nun gut beraten die Sache mit der gebotenen Vorsicht zu behandeln. Schon am Abend sagte mein Sitznachbar im Bus: “Ich würde mich ja gerne mehr freuen, aber mir ist die emotionale Fallhöhe zu groß.” Wer könnte es ihm verdenken, denn wie wir wissen verhält es sich im Umgang mit Hasan Ismaik wie vor Gericht und auf hoher See…
Abstieg abgehakt, Aufstieg wir kommen
Nun zurück zum eigentlichen Höhepunkt des Wochenendes: dem historischen Sieg gegen den Waldhof. Ich bin noch immer geflasht von der brachial lauten Hymne in der 60. Minute und der grandiosen Stimmung im Gästeblock, der den Mannheimer Anhang in Grund und Boden sang. Auch unser Kollege auf der Pressetribüne war hin und weg. Dies konnte man aus freudigen Chatnachrichten entnehmen. Geeint hinter dem großen Banner, welches das Motto des Tages präsentierte, war dies mal wieder ein Erlebnis, das einem zeigt warum man zum Fußball, warum man zu Sechzig geht.
Klassenerhalt und jetz steing ma auf?
Nun steht der TSV also auf einem einstelligen Tabellenplatz und der Abstieg darf mit gutem Gewissen als abgehakt betrachtet werden. Und wie sollte es anders sein, wird nun natürlich von den Fans der Aufstieg ins Visier genommen. Manchmal wirkt es, als wäre nach der letzten Woche der DFB-Pokal und Platz 4 nur ein Trostpflaster, anstatt eine potenzielle riesige Überraschung. Uiuiui, die emotionale Fallhöhe. Vielleicht sollten die Löw*innen hier auch lieber einmal mehr an Brecht denken. “Ich rate, lieber mehr zu können als man macht, als mehr zu machen als man kann.” Freuen wir uns über die aktuellen Leistungen und – Obacht, Phrase! – schauen von Spiel zu Spiel. Nach Mannheim kommt Aachen, die sind besser drauf.
Historischer Tag oder “nur” ein Sieg in Mannheim?
Nun werden wir also sehen, ob wir gestern einen historischen Tag erlebt haben. Ob dieser eine neue Ära im Verein und den Auswärtsspielen im verhassten Mannheim eingeläutet hat. Ob es ein Meilenstein war, auf dem Weg zu einer unglaublichen Aufholjagd. Oder ob das Gerede des Investors nur heiße Luft ist und am Ende der Spielzeit nicht eher ein solider Platz 8-10 zu Buche steht, gestern eher weniger historisch, als alltäglich war. Mal sehen was die Zukunft bringt. Der Volksmund wird recht behalten, danach ist man immer g’scheiter.
Und eines können wir uns in jedem Fall sicher sein: “FÜR IMMER WEIß – BLAU”!
Ich wusste gar nicht wohin mit mir vor lauter Fremdscham! Schlimmer als das Setting UH, Othmer, Ismaik ist schwer vorstellbar!
Wie immer tolle Giesinger Gedanken.
Vielen Dank dafür.
Für mich hätte es der perfekte Tag sein können.
Geiler Auswärtssieg, Abstiegsangst gebannt, phantastische Löwenfans… (hier noch ein super Video vom gestrigen Spiel inkl. Stimmung:
https://m.youtube.com/watch?v=ZY80e7Q1SjY)
Aber dann kam am Abend das Phantom aus den Löchern gekrochen und bot mit dem BR und Hoeneß eine absolut abgefahrene, peinliche Freakshow, bei der man abwechselnd nicht wusste, ob man sich Fremdschämen, Lachen oder Weinen soll.
Der Typ ist nun endgültig völlig wahnsinnig geworden. So etwas gehört eigentlich entmündigt.
Ich konzentriere mich nur noch auf die Mannschaft, denn alles andere ist vergebliche Liebesmüh.
Sie macht zur Zeit so viel Freude, die ich mir von dem Kredithai nicht vermiesen lassen möchte.
Nächstes Highlight am Samstag gegen Aachen und Giesing vom Feinsten!
Was mag Ismaik bewogen haben solch ein Schmarrn zu verbreiten? Ob das ein Ablenkungsmanöver ist, weil er keine Festlegung zur Stadionfrage abgeben will? Ob er wieder einmal dem e.V die Verantwortung aufbürden will?
“Ob dieser Tag eine neue Ära im Verein und den Auswärtsspielen im verhassten Mannheim eingeläutet hat.” … trotzdem wünsch ich dem Waldhof den Klassenerhalt, ich fahr nächste Saison lieber nach Mannheim, als nach Großaspach zu Stuttgart II.
Du hast diese Giesinger Gedanken gut verfasst, Peter👍. War angenehm zu lesen und ich habe mich in meiner Gefühlslage in vielen deiner Passagen widergespiegelt gefühlt. Für den Aufstieg bräuchten wir bestimmt 5 Siege aus den letzten 5 Spielen. Das versuchen wir – realistisch gesehen wäre diese Saison aber ein einstelliger Tabellenplatz als Erfolg anzusehen.
Meine Hoffnungen liegen auf dem Sommer. Ich glaube und hoffe tatsächlich, dass Dr. Christian Werner und Glöckner wissen, was sie da machen werden. Da habe ich einfach mal Vertrauen in die handelnden Personen, auch wenn ich jetzt wirklich jahr(zehnt)e lang enttäuscht wurde. Von Glöckner und der Wintertransferperiode wurde ich positiv überrascht – also gehe ich positiv und mit ein klein wenig Optimismus in die kommende Spielzeit.
Wenn man mit Ismaik eine vernünftige Lösung fabrizieren würde, dann wäre ich der Erste, welcher dies begrüßen würde. Ich teile da die Meinung von Herrn Reisinger und präferiere regionale Investoren. Eventuell bekommt man da eine gute Lösung in Sinne aller Beteiligten hin und kann tatsächlich endlich positiv in die Zukunft blicken.
Ansonsten unterschreibe ich deinen letzten Satz: Für immer Weiß-Blau!
Grüße Dennis