Ich liebe am Fußball so, dass man auch Menschen von anderen Vereinen kennenlernt, Freundschaften schließt und sich nach Gutdünken der Spielplanmacher hin und wieder mal sehen kann. Und dieses Mal meinten es die Spielplanmacher gut mit mir. Sie legten das Auswärtsspiel des TSV 1860 München in Oldenburg auf das Kohlfahrt Wochenende meiner Freunde aus Bremen.

Wiedersehen mit Achim

Ich habe Achim bei unserem allerersten Auftritt 1995 in Bremen kennengelernt. Die Geschichte über das Wie würde jetzt zu weit führen, aber Achim gewährte uns – ohne uns zu kennen – Nachtquartier für das Wochenende des Löwenspiels. Wir blieben danach in Kontakt und sahen uns regelmäßig. Eigentlich war es Standard, dass wir uns bei jedem Duell der Löwen mit den Werderanern trafen und uns gegenseitig Pennplätze zur Verfügung stellten. So ist über die Jahre eine wirklich tolle Freundschaft entstanden.

Risiko bei der Buchung

Es war ja lange nicht klar, ob das Spiel überhaupt in Oldenburg würde stattfinden können. Irgendwann schaute ich mir die Preise für die Flüge an und erwischte einen ziemlichen Schnäppchenpreis. Also gebucht und auf Risiko gesetzt. Kurz drauf den Achim kontaktiert und es stellte sich heraus, dass die jährliche Kohlfahrt seines Freundeskreises genau am Tag vor unserem Spiel in Oldenburg stattfinden wird. Perfektes Timing!

Double Feature Kohlfahrt und Sechzig in Oldenburg

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Seit uns jemand in der Kneipe Taubenschlag unweit des Weserstadions 1995 von der Tradition der Kohlfahrt erzählt hatte, wollte ich unbedingt mal an einer teilnehmen. Das hatte nun fast 30 Jahre nicht geklappt und jetzt sollte es soweit sein. Nervös wie ein kleiner Junge trat ich die Reise an und schaffte es trotz einer kleinen Umleitung im Bremer Nahverkehr pünktlich zum Treffpunkt am Bremer Hauptbahnhof. Mit am Start war Frau Kaas. Sie ist Ende der 90er mit uns unterwegs gewesen, hat Achim kennengelernt und ist dann in Bremen hängen geblieben. Mittlerweile lebt sie seit 23 Jahren in Bremen und hat dort eine Familie gegründet. Es ist nach etwa 10 Minuten so, als ob man sich gerade letzte Woche das letzte Mal gesehen hätte.

Kohlfahrt am Deich der Lesum entlang

Am S-Bahnhof Bremen Burg beginnt dann die lang ersehnte Kohlfahrt. Die Kohlkönigin hat den Nachmittag perfekt organisiert und die Gruppe zieht los. Dabei bekommt jeder Teilnehmer ein Schnapsglas und die norddeutsche Version einer Breze umgehängt. Jeder Teilnehmer (außer dem unbedarften Gast aus Oberbayern) führt eine Schnapsflasche mit sich und an jeder Ecke, die auf der Wanderung passiert wird, muss angehalten und ein Schnaps getrunken werden. So ziehen wir den Nachmittag entlang der Lesum (später der Hamme) und die Stimmung wird immer gelöster (wenn Ihr wisst, was ich meine). Zwischendurch hat die Kohlkönigin Stopps vorbereitet, an denen diverse Trinkspiele durchgeführt werden. Denn eigentlich ist die Gruppe noch in zwei Mannschaften geteilt, die gegeneinander antreten sollen. Die Wettkampflust der Teams bewegt sich aber auf dem Niveau eines Testspiels in der frühen Saisonvorbereitung und der Spaß steht eindeutig im Vordergrund.

Party im Wirtshaus

Die Kohlfahrt endet in einem Wirtshaus in Ritterhude. Dort treffen in einem Saal mehrere Kohlfahrten aufeinander und es wird gemeinsam der Kohl, die Grützwurst namens Pinkel und diverse andere Wurst- und Fleischsorten gespeist. Es gibt von allem mehr als genug und ich bin doppelt voll. Vom Essen und von der Mischung aus Schnaps und Bier… Nach dem Essen legt dann ein DJ auf und die Kohlfahrtgemeinschaften feiern eine gemeinsame Party. Alles in allem ein sehr gelungener Abend und meine erste Kohlfahrt hat mir richtig Spaß gemacht. Danke nochmal an die Kohlkönigin und alle Mitstreiter für den schönen Nachmittag und Abend!

Auch in Ritterhude findet man Menschen mit den richtigen Positionen im Leben!

Leicht verkatert nach Oldenburg

Am Sonntagmorgen erwache ich auf meiner Luftmatratze und bin zu meiner großen Erleichterung nur moderat verkatert. Ich hatte Schlimmeres befürchtet. Die Gastgeber kredenzen uns ein feines Frühstück und ab geht’s zum Bahnhof, um sich nach Oldenburg zu bewegen. Im Zug treffen wir schon die ersten Löwenfans und sind in Oldenburg komplett überrascht, dass weder Polizei noch sonst irgendwer am Bahnhof präsent ist. Sehr entspannt, so geht’s auch!

Verunsicherte Löwen

Meine Gedanken zum Spiel will ich heute kurz halten. Man sah stark verunsicherte Löwen, bei denen die Feinabstimmung besonders in der ersten Hälfte größtenteils fehlte. Vielleicht kein Wunder nach dem Trainerwechsel. Nach dem schwer ansehnlichen ersten Durchgang wurde es in der zweiten Hälfte tatsächlich etwas besser und Sechzig konnte 2:0 in Führung gehen. Was dann in der Nachspielzeit passierte, ist schwer nachvollziehbar. Die Mannschaft agierte nach dem unglaublichen Anschlusstreffer nervöser als ein Oberbayer vor der ersten Kohlfahrt. Die Jungs taten mir leid, wie sie nach dem Ausgleich in letzter Sekunden vollkommen geknickt auf den Rasen sanken.

1860 nach dem Ausgleich in letzter Sekunde: ein Häuflein Elend

Jetzt ist mehr ein Psychologe als ein Trainer gefragt, scheint mir. Den Rest der Saison können die Löwenfans wahrscheinlich den Fokus mehr auf zwischenmenschliche Wiedersehen am Rande von Spielen legen, als sich um den Aufstiegskampf zu kümmern.

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Groeber

Es trennen uns zwei Punkte von einem Relegationsplatz und hier wird die Saison abgehakt. Das gibt es nur bei Sechzig.

Tommy

Sehr schön zu lesen vielen Dank!

montagsdemonstrant

Starke Richter drehen das Spiel in der Schlussphase…
Tor des Monats.

Kann passieren, abrer Fehler passieren, jedem, jedes Spiel. Traurig dass das so am Ende im Kollektiv passiert ist.

Kraiburger

Wusste nicht, dass Helmut Kohl soviel Einfluss auf die Menschen in Bremen hatte!