Im zarten Alter von neun Jahren wechselte Felix Weber 2004 von seinem Heimatverein SV Ohlstadt zum TSV 1860 München, bei welchem er sämtliche Jugendmannschaften durchlief. Später stieg er zum Kapitän der Amateure auf und debütierte am letzten Spieltag der Saison 2016/17 noch in der 2. Bundesliga. Auch nach dem Abstieg der Profis in die Regionalliga blieb Felix seinen Löwen treu und führte die neuformierte Truppe als Spielführer zum direkten Wiederaufstieg in die 3. Liga. Nach der Saison 2019/20 wurde der Vertrag des dienstältesten Löwen nicht mehr verlängert und er unterschrieb kürzlich bei Rot Weiß Essen in der Regionalliga West. Dort feierte er am Wochenende sein Debüt und fuhr mit seinem Team direkt einen 3:0-Sieg gegen Rot-Weiß Oberhausen ein.

Felix Weber im Interview mit sechzger.de

Sechzger.de: Servus Felix! Zuerst mal herzlichen Glückwunsch zum neuen Vertrag und danke, dass Du Dir trotz des ganzen Trubels die Zeit für dieses Interview nimmst.

Felix Weber: Vielen Dank und sehr gerne!

Sechzger.de: So, nun ist es also Rot Weiß Essen geworden. Von einem Traditionsverein zum anderen – hat das für Dich eine spezielle Bedeutung und Deine Entscheidung für RWE beeinflusst?

Felix Weber: Erstmal muss der Verein zu einem passen und mit RWE ist das der Fall. RWE ist ein Arbeiterverein mit viel Tradition. Damit kann ich mich sehr gut identifizieren.

Tradition, Leidenschaft, Arbeiterverein

Sechzger.de: Traust Du Dir schon einen Vergleich zwischen 1860 und RWE zu? Bei beiden Vereinen gibt es ja durchaus Parallelen und beide Clubs verfügen über eine sehr leidensfähige und treue Anhängerschaft, die dann aber auch sehr schnell zur Euphorie neigt, wenn es gut läuft…

Felix Weber: In der erst kurzen Zeit sehe ich schon einige Gemeinsamkeiten. Tradition, Leidenschaft, Arbeiterverein. Von den Fans kann ich leider noch nicht viel berichten, aber was ich gehört habe, geht es an der Hafenstraße richtig ab!

Sechzger.de: Wie ist denn Dein erster Eindruck vom neuen Verein? Herrscht da gerade Aufbruchsstimmung, nachdem der Saisonstart gut gelungen ist? Die 3. Liga ist bei RWE ja auch das große Ziel, um von dort aus dann noch weiter nach oben blicken zu können.

Felix Weber: Sehr gut. Wir haben einen super Kader inklusive Trainerteam. Der Verein steckt schon länger in der Regionalliga fest und dieses Jahr wollen wir natürlich angreifen. Ich hoffe wir können den guten Start fortsetzen.

“Sechzig wird immer mein Verein bleiben”

Sechzger.de: Du bist ein sehr heimatverbundener Mensch und hast zuletzt ja auch gelegentlich mal bei den Spielen Deines Heimatvereins SV Ohlstadt zugeschaut. Was bedeutet für Dich persönlich der Schritt raus aus Bayern? Und wie kommst Du mit der Mentalität der Leute in Essen zurecht? Ist das so, wie Du es Dir vorgestellt hattest?

Felix Weber: Das stimmt. Ich war so oft es geht in meiner Heimat und dann natürlich auch auf den Fußballplätzen. Ich bin noch jung und es ist eine spannende Aufgabe hier – sowohl sportlich als auch persönlich. Ich bin hier relativ schnell zurecht gekommen. Nur die Sprache macht mir bisschen zu schaffen. Ich versuche mein Bairisch so gut es geht zu überspielen, auch wenn es meistens nicht klappt.

Sechzger.de: Jetzt haben wir viel über die Gegenwart und Zukunft gesprochen, Deine Wurzeln liegen aber natürlich bei Sechzig, Du bist Löwe durch und durch und bleibst das vermutlich auch. Wie schwer fällt es Dir, jetzt nicht mehr für Deinen Herzensverein aufzulaufen?

Felix Weber: Sechzig wird immer mein Verein bleiben, auch wenn ich nicht mehr den Löwen auf der Brust habe. Es war für mich eine riesige Umstellung. Zum Training an die Hafenstraße anstatt zur Grünwalder, andere Farben usw.; das ist alles neu für mich. Trotzdem freue ich mich und brenne auf die Zeit in Essen.

Abschied in kleiner Runde mit den Fans

Sechzger.de: Ich muss gestehen: Für mich war das selbst nach Ablauf Deines Vertrages bei den Löwen sonnenklar, dass Du früher oder später einen neuen Kontrakt bei 1860 unterschreibst und uns erhalten bleibst. Wann wusstest Du denn definitiv, dass es vorbei ist?

Felix Weber: Mir war es klar, als die neue Saison losging. Aber zu 100% bewusst geworden ist es mir erst, als ich hier unterschrieben habe. Persönlich wurde ich nicht informiert.

Sechzger.de: Fast alle Spieler, die die Löwen verlassen mussten, schrieben anschließend, dass sie sich den Abschied anders gewünscht hätten, am liebsten natürlich mit Fans im Stadion. Und gerade Du als Ur-Löwe hast über die Jahre hinweg ja eine besondere Beziehung zu den Löwenfans aufgebaut und wurdest im Rahmen eines kleinen Festes von der aktiven Szene verabschiedet. Wie kam es dazu?

Felix Weber: Jeder Spieler hätte sich natürlich einen Abschied mit den Fans gewünscht. Eric Weeger und ich hatten einen Abschied mit einigen Fans in einer kleinen Runde. Das war uns sehr wichtig um nochmal „Danke“ zu sagen und hat uns viel bedeutet.

“Da war jedes Spiel ein Volksfest”

Sechzger.de: Zurück zum Sportlichen: Du hast den Abstieg damals ja hautnah miterlebt und danach auch die Wiederauferstehung der Löwen. Die Rückkehr nach Giesing, Volksfeste bei jedem Heim- und Auswärtsspiel, Euphorie überall. Wie hast Du das Jahr in der Regionalliga empfunden, in dem Du die 1. Mannschaft des TSV 1860 als Kapitän aufs Feld führen durftest?

Felix Weber: Wie du sagst: Da war jedes Spiel ein Volksfest. Auswärtsspiele waren Heimspiele und dieses Jahr – auch wenn wir viel Druck hatten – hat richtig Bock gemacht. Auch weil wir ein richtig geiles Team hatten.

Sechzger.de: Du warst ja vorher schon einige Jahre bei den Amateuren, durch die neuen Umstände hat sich das Medien- und Faninteresse an der ehemaligen zweiten Mannschaft, die ja nun plötzlich das Aushängeschild der Löwen wurde, massiv verändert. Wie geht man als junger Spieler damit um?

Felix Weber: Das war natürlich für alle jüngeren Spieler eine Umstellung, auf einmal so in der Öffentlichkeit zu stehen. Plötzlich musst du mit der Presse oder sonst jemand reden, obwohl man nur Fußball spielen will, aber mir hat es in meiner Persönlichkeitsbildung viel geholfen. Trotzdem war ich froh, dass uns in den ersten Wochen noch die Lil Zercher zur Verfügung stand.

“Wollte lachen, weinen, schreien, einfach alles”

Sechzger.de: Auf Instagram hast Du den Aufstieg als „schönsten Tag Deines Lebens“ bezeichnet und vielen anderen Löwen ging es vermutlich ähnlich. Magst uns nochmal kurz an Deinen Erinnerungen an das Spiel und die anschließenden Feierlichkeiten teilhaben lassen?

Felix Weber: Während der Fahrt vom Hotel zum Grünwalder hab ich noch ein Video von unseren Fans gesehen, als sie alle in weiß durch München gezogen sind. Da kam dann richtig die Anspannung auf das Spiel. Ich hab gewusst, wie unzählig viele treue Anhänger Sechzig hat und man will niemanden enttäuschen. Zum Glück hat es dann auch geklappt, auch wenn es eng und spannend war, aber damit kennt sich jeder Löwe aus. Nach dem Abpfiff hatte ich so viele Emotionen in mir, ich wusste gar nicht, wohin damit. Wollte lachen, weinen, schreien, einfach alles. Ein unbeschreibliches Gefühl! Und ja: Die Feier war natürlich der Hammer…

“Es war jedes Spiel ein Highlight”

Sechzger.de: Während die Arena bei Auftritten der Löwen meist nicht mal ansatzweise zur Hälfte gefüllt war, ist das Grünwalder Stadion seit dem Abstieg und dem damit verbundenen Umzug mit wenigen Ausnahmen immer ausverkauft. Wie wichtig ist das für Euch Spieler, die auf dem Platz stehen? Nehmt Ihr so etwas überhaupt wahr oder konzentriert Ihr Euch nur aufs Spiel?

Felix Weber: Da kann ich nur für mich sprechen. Es war jedes Spiel ein Highlight. Die Jungs und Mädels in der Westkurve haben jedes Spiel eine geile Choreo rausgehauen. Während des Spiels bekam ich da nicht alles mit, aber das geht jedem Spieler anders.

Sechzger.de: Die letzte Saison in Giesing lief für Dich ja sportlich gesehen nicht mehr so prickelnd. Gerade nach dem Trainerwechsel und der folgenden Erfolgsserie der Mannschaft war ein Stammplatz in weiter Ferne. Wie bist Du mit der Situation umgegangen?

Felix Weber: Genau genommen nach der Winterpause. War natürlich nicht leicht für mich, aber ich habe in jedem Training Gas gegeben und ich kann mir nichts vorwerfen lassen. So ist der Fußball.

Löwen können ganz oben mitspielen

Sechzger.de: Was traust Du den Löwen in dieser Saison nach dem durchaus gelungenen Saisonstart zu?

Felix Weber: Auch wenn bei den bisherigen Spiele ein bisschen Glück dabei war – was auch dazu gehört – sieht man schon das Potenzial der Mannschaft. Ich hoffe, es verletzen sich so wenige wie möglich und dann können sie auf jeden Fall ganz oben mitspielen.

Sechzger.de: Möchtest Du noch ein paar Worte an die Löwenfans richten?

Felix Weber: Ja natürlich. Ich hoffe für euch, dass ihr bald wieder ins Grünwalder dürft. Auf eine erfolgreiche Saison und wenn es wieder möglich und zeitlich passt, sehen wir uns!!!

Sechzger.de: Felix, herzlichen Dank für das Interview und hoffentlich bis bald in Giesing. Du bist jederzeit willkommen bei uns – aber das weißt Du ja…

Felix Weber: Gerne und bis bald!

Das Interview führte Stefan Kranzberg.

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