Eine neue Sparte des TSV 1860 fegt durch Giesing. Seit April können Mitglieder sich mit Max und Anton zwei Mal die Woche aufs Rennrad schwingen und ausfahren. Mit dem Radsport kommt ein neuer Wind und ein aufregendes Angebot zum Münchner Traditionsverein. Sechzger.de konnte mit Max und Anton über ihre Eindrücke nach den ersten Ausfahrten Ende Mai sprechen. Stand Juni hat die Sparte schon über 50 Mitglieder und wächst rasant weiter.
Sechzger.de: Anton, Max, danke, dass ihr beide euch Zeit für ein Gespräch genommen habt. Gleich mal am Anfang: Was war als Erstes für euch da? 1860 oder der Radsport?
Anton: Ganz klar, der Radsport. Ich bin ja erst seit vier Jahren in München. Vorher bin ich manchmal auswärts gefahren, aber erst seitdem ich in München wohne bin ich ein richtiger Sechzger.
Max: Seit dem vierten oder fünften Lebensjahr bin ich Löwe. Ab wann lernt man Radfahren? Wahrscheinlich um dieselbe Zeit herum. Auf jeden Fall war ich schon Löwe, als ich mit dem Rennradfahren angefangen habe. Für mich sind das zwei gleichgroße Leidenschaften. Es ist daher echt cool, diese zusammenzubringen.
Ist das eine andere Verbindung zu Sechzig, die ihr da jetzt als Ehrenamtler beim Verein habt?
Max: Ja, es ist sicherlich ein Unterschied, ob du als Fan in der Kurve stehst oder den Verein auch mitgestaltest und mitrepräsentierst. Das treibt uns auch an und bereitet uns Freude.
Anton: Für mich persönlich ist Sechzig deutlich mehr als Fußball. Also Fußball ist natürlich ein elementarer Bestandteil. Aber Sechzig ist darüber noch viel größer, durch das Viertel und die Gemeinschaft. Und eben auch die vielen anderen Sportarten und die vielen Ehrenämter. Du kannst auch Teil von Sechzig sein, ohne dass du ein Fußball-Superfan bist. Das ist eine Sache, die ich ganz schön finde. Da findet jeder sein Platz.
Das Radl-Rudel und die neue Sparte
Gab es früher nicht schon Radsportangebote bei Sechzig?
Max: Im Jahr 2019 starteten ein paar Radl-Begeisterte Löwen unter der Regie von Linda Sarmiento, Abteilungsleiterin der Turn- und Freizeitabteilung, erste lose Ausfahrten. Über die Corona-Zeit war es aber ein leider schwierig, die Anfangsdynamik am Laufen zu halten. Der e.V. durfte keine Gruppenangebote oder oder ähnliches anbieten. Eine offizielle Radsport Abteilung oder Sparte gab es in der Vereinshistorie bisher übrigens nicht.
Damals war das aber noch sehr informell, oder?
Max: Ja, genau. Wir waren noch keine eigene Sparte, sondern im Grunde genommen ein loser Zusammenschluss. Im letzten Herbst und Winter haben wir uns einfach nochmal zusammen gehockt und Anton wurde mit ins Boot geholt. Wir haben unser Vorhaben dann auf stärkere und breitere Beine gestellt und jetzt auch mit dem Backup vom e.V., abgestimmt. Alles mit ein wenig mehr Zug und Verbindlichkeit dahinter.
Was hatte es denn für Vorteile eine Sparte bei Sechzig zu gründen?
Max: Also ganz klar die Strahlkraft und Reichweite von Sechzig. Wir sind sichtbar im Verein und darüber hinaus. Und ich glaube für den Verein ist es auch eine super Möglichkeit, neue Mitglieder zu akquirieren. Der Radsport in München ist in den letzten Jahren einfach unfassbar durch die Decke gegangen. Und der Vorteil ist ja, im Vergleich zu anderen Sportarten ist der Radsport ja sehr sichtbar für alle.
Anton: Ein Vorteil sind auch die vorhandenen Vereinsstrukturen. Sowas wie das Bamboleo, andere Sportarten, mit denen man zum Beispiel zusammenarbeiten könnte. Und dieses ganze Drumherum, wie auch zum Beispiel den Shop und so weiter… Das ist eine Sache, die mich sehr gereizt hat. Man zieht das mit einem Gedanken auf. Du hast automatisch die Liebe zum Verein und, wie Max gesagt hat: Mit dem Löwen auf der Brust Rad zu fahren, ist einfach auch schön.
TSV 1860 mit einem neuen Aushängeschild?
Habt ihr bei den Ausfahrten bereits die Erfahrung machen können, dass Leute durch Sechzig eher dazustoßen?
Max: Also generell hatten wir sehr gemischte Gruppen bisher dabei. Wir hatten bereits Leute, die lange Jahre im e.V. in verschiedenen Bereichen engagiert sind, aber auch Leute dabei, die von Sechzig an sich gar nichts wissen, sondern die einfach nur über den Radsport dazugekommen sind. Dann haben wir dann natürlich jeweils zwei bis drei Stunden Zeit mit den Neulingen und machen Akquise. Da können sie uns nicht davonfahren…
Und dann läuft Löwenmut, alle paar Minuten…
Max: Ja, so eine kleine Boom Box wäre vielleicht eine gute Idee. Unser geplantes Konzept ist, dass jeder, auch Externe, zwei bis drei Mal mit zum Schnuppern mitradeln kann. Dann sagen wir aber schon auch: „Wenn ihr das dauerhaft nutzen wollt, dann bitte auch Mitglied im e.V. und in der Sparte werden!“
Wie ist es denn für Anfänger*innen bei euch mitzufahren? Kann das jede*r einfach so?
Anton: Wenn du zum ersten Mal auf dem Radl sitzt, kann es schon ein bisschen herausfordernd sein. Also ich würde sagen, eine gewisse Erfahrung – das muss jetzt keine große Erfahrung sein – wäre von Vorteil. Die Fahrt ist ja schon mal zwei bis drei Stunden lang. Allein das ist ja schon eine Belastung: mal so zu sitzen, zwei bis drei Stunden, die man erstmal durchhalten muss. Aber generell sagen wir schon, dass jeder willkommen ist. Und wir werden jetzt auch niemanden abhängen.
Max: Ich glaube, es geht sowieso um Sicherheit auf dem Radl. Für die meisten Teilnehmenden ist das etwas Neues, dass man ein bisschen dichter in einer Gruppe miteinander fährt, dass man sich auch an den Rhythmus ein bisschen anpassen muss. Und da sollte man sich auf dem Radl sicher fühlen und sollte wissen, wie man rechtzeitig aus den Klickpedalen kommt oder die wichtigsten Handzeichen kennen.
Anton: Eine unserer Überlegung ist es, einen Nachmittag für Anfänger anzubieten, wo man dann auch mal mehr erklärt, vielleicht eine kürzere Runde fährt. Das wären jetzt nicht zwei Stunden, sondern vielleicht mal eine Stunde oder eine Dreiviertelstunde.
Ziele und Gedanken an die Zukunft
Was habt ihr denn bis jetzt an Überlegungen für die Zukunft der Sparte angestellt?
Max: Wir zapfen gerade die Netzwerke an, die wir zwei haben. Aber natürlich haben wir auch Leute in der Sparte, die uns gute Ideen, Kontakte und Anregungen zuspielen. Wir würden gerne bspw. auch Gymnastik spezifisch für Radsportler anbieten. Wir wollen neben den zwei wöchentlichen Ausfahrten am Montag und Mittwoch auch am Wochenende über den Sommer längere Ausfahrten anbieten . Wir sind in der Überlegung, dass wir im Bamboleo vielleicht mal ein Public-Viewing zur Tour de France organisieren (Anm. d. Red.: Die ersten längeren Ausfahrten am Wochenende gab es nach diesem Interview bereits, ebenso wie ein erstes Public Viewing zu einer Etappe der Critérium du Dauphiné). Die letzten Jahre sind wir beispielsweise zu ausgewählten Auswärtsspielen von Sechzig mit dem Radl gefahren, das könnten wir uns jetzt auch als Sparte vorstellen.
Anton: Im Winter werden wir wahrscheinlich nicht jeden Montag, jeden Mittwoch draußen fahren. Aber da könnte man zum Beispiel auch auf der Rolle fahren, virtuell.
Aber eine Professionalisierung der Sparte plant ihr gerade nicht?
Anton: Wir wollen auch ein bisschen darauf hören, was die Mitglieder sagen. Dann schauen wir, worauf wir alle Lust haben und wohin wir uns entwickeln. Wir fahren jetzt erst seit ein paar Wochen. Die Sparte gibt es erst seit Anfang April. Also da ist noch ganz viel in Bewegung. Wir reden auch mit den Werkstätten hier in der Gegend, dass wir eventuell Deals für die Mitglieder bekommen. Damit hätten Spartenmitglieder auch noch einen Vorteil bei einer Mitgliedschaft.
Wie ist das denn mit Hilfestellungen fürs Fahrrad? Ich habe zum Beispiel gerade einen Platten und könnte gar nicht bei euch mitfahren…
Max: Das ist definitiv auch ein Auftrag an uns, dass wir zumindest die Basics bei Pannen und kleineren Reparaturen auch als eine Art Schulung anbieten. Natürlich sollte man prinzipiell immer den Profi aus der Radlwerkstatt an das Rad lassen. Aber einen platten Reifen sollte jede*r auch selber hinbekommen. Bei den vielen Anfängern, die wir auch dabeihaben, ist das nicht immer vorausgesetzt.
Engagement bei der neuen Radsparte
Das sind echt viele Vorhaben, denkt ihr denn, dass ihr das zu zweit als Ehrenamt gut stemmen könnt?
Max: Also perspektivisch ist auch klar, dass wir das auf mehrere Beine stellen müssen. Aber wie gesagt, wir sind ganz am Anfang und ich glaube, das jetzige Engagement ist schon noch gut zu stemmen von uns beiden. Der Wunsch ist natürlich, dass wir unsere Spartenmitglieder dann so begeistern können, dass sie natürlich auch irgendeine Rolle mit einnehmen.
Anton: Da haben wir auch schon positive Resonanz aus dem Verein heraus. Also vor allem Mitglieder, die auch sagen: „Hey, ich hätte auch Bock mich zu engagieren!“ Also jetzt gerade halten wir das noch relativ nah bei uns, weil es so jung ist und wir erstmal selber checken müssen, wie alles läuft, aber perspektivisch definitiv.
Habt ihr denn das Gefühl, dass ihr irgendwas schon in den ersten Ausfahrten gelernt habt? Vielleicht über euer Hobby oder wie ihr denn mit den Ausfahrten denn umgeht?
Max: Ja, ich glaube, es war für uns beide das erste Mal die Rolle, dass wir so eine Gruppe angeleitet haben und ich glaube, die Learnings kommen relativ schnell. Also Tempoabstimmung und dass du siehst, wo Gefahrenstellen mit 20 Leuten hinter dir sind, anstatt nur mit drei Leuten hinter dir. Vor einer Ausfahrt musst du schon mal so eine Erstanalyse machen, wer ist alles da und wie das so ablaufen könnte heute. Du siehst es immer ein bisschen am Material: Da kommen manche mit braungebrannten, rasierten Beinen und andere kommen mit Sneakern und Gravelbike.
Anton: Und auch der Umgang im Verkehr das ist auch noch eine wichtige Sache, glaube ich.
Und wie schaut ihr auf diese Gemeinschaft, die ihr da aufbaut?
Max: Ich glaube, es hat definitiv Potenzial, dass da irgendwie eine Truppe entsteht, auf der man halt voll aufbauen kann. Aber um da etwas klar zu benennen, wäre es jetzt noch zu früh.
Bildquelle: Instagram, TSV 1860 Radsport-Sparte