Aller guten Dinge sind drei: Zum dritten Mal empfangen die Löwen heute Nachmittag den KFC Uerdingen zu einem Drittligaspiel an der Grünwalder Straße und es gibt was gut zu machen: Sowohl im Aufeinandertreffen nach dem Aufstieg im August 2018, als auch im Oktober letzten Jahres endete das Spiel denkbar unglücklich mit 0:1. Beide Male fiel das jeweilige Tor des Tages ganz kurz vor dem Abpfiff – 2018 sogar erst in der dritten Minute der Nachspielzeit. Die Krefelder hinterließen zweimal – nicht nur aufgrund dieser Ergebnisse – bei den Löwenfans keinen sonderlich sympathischen Eindruck. Arroganz und Überheblichkeit sind die Begriffe, die nach den beiden Duellen in den Gesprächen am Grünspitz und in den umliegenden Kneipen sehr häufig fielen. Mal sehen, ob die Uerdinger Akteure an den TV-Bildschirmen heute ähnlich rüberkommen, oder ob vielleicht die fehlende Kulisse im leeren Sechzgerstadion ein ganz anderes Auftreten der Gäste zur Folge hat.

Auswärts sah das, was die Löwen in den letzten beiden Spielzeiten gegen den KFC auf den Rasen brachten, übrigens deutlich erfolgreicher aus: Einem Unentschieden in Duisburg im Februar 2019 folgte im Juni diesen Jahres ein 3:1-Sieg (nach 0:1-Rückstand zur Pause) vor komplett leeren Rängen im Düsseldorfer Exil. Michael Köllner erinnert sich – wie er gegenüber sechzger.de verriet – noch gut an genau dieses Spiel, in dem man “lauernd und mit einer eher destruktiven Spielweise” drei Punkte holen konnte. Die eingangs erwähnten zwei Last-Minute-Siege der Krefelder in Giesing vor seiner Zeit bei 1860 spielten für den Löwencoach in der Vorbereitung auf den Samstag keine Rolle.

Seit 1979 treffen die Löwen immer wieder mal auf den Krefelder Fußballclub. Die Premiere im August 1979 in der Bundesliga ging mit 0:1 verloren, die folgenden drei Erstligapartien gewannen unsere Löwen dann aber mit insgesamt 11:0 Toren! Dennoch stiegen beide Vereine 1981 zusammen in die 2. Liga ab, wo man sich vor einer längeren Pause dann nochmal zweimal torreich auseinandersetze (3:2 für die 05er in der Grotenburg und 6:1 für die Löwen im weiten Rund des Olympiastadions im Mai 1982 vor nur 1.100 (!) Zuschauern – den Lizenzentzug für den TSV 1860 kurze Zeit später pfiffen die Spatzen da schon vom Zeltdach).

Erst über elf Jahre später, im Oktober 1993 kam es zum nächsten Duell mit Bayer 05 Uerdingen, welches die Löwen mit 0:1 verloren. Aufgrund des erneut gleichzeitigen Wechsels zwischen Liga zwei und eins – diesmal als gemeinsame Aufsteiger – folgten in der Mitte der 1990er-Jahre nochmal vier Duelle im Oberhaus. Im Oktober 1995, also vor genau 25 Jahren, traten die Krefelder erstmals ohne den Firmennamen “Bayer” und die Unterstützung des Chemieriesen an. In seiner ersten und einzigen Saison als “KFC” im Oberhaus stieg der Verein dann zum bislang letzten Mal aus der Bundesliga ab.

Die Logos von Bayer 05 bzw. dem KFC Uerdingen, seit sie gegen die Löwen antreten.

Die Gesamtbilanz des TSV 1860 gegen Uerdingen ist – analog zu den vor genau einer Woche hier vorgestellten Zahlen gegen Dynamo Dresden – völlig ausgeglichen. Von 16 Partien konnte 1860 sechs gewinnen, sechsmal behielten die Krefelder die Oberhand und viermal wurden die Punkte geteilt. Interessanterweise haben beiden Vereine jeweils vier Heimspiele gegen den heutigen Gegner gewonnen, zwei verloren und zwei Unentschieden erzielt. Mehr Ausgeglichenheit geht fast nicht.

Eine Personalie bei unseren heutigen Gästen bringt das eine oder andere Löwengemüt in negative Wallung: Adriano Grimaldi. Der Stürmer kam nach dem Aufstieg 2018 als echter Drittliga-Kracher von Preußen Münster an die Grünwalder Straße und wusste anfangs auch  zu gefallen – in der Winterpause, nach nur sechseinhalb Monaten im Löwentrikot verdrückte er sich aber gen Westen, was ihm einige Löwenfans als Söldnertum auslegten. Nachdem Grimaldis Sensibilität, sobald er etwas schärfere Kritik durch Fans und oder Medien zu ertragen hat, in seiner Karriere schon mehrfach aufgefallen ist, lassen wir an dieser Stelle einmal dahingestellt, was die wirklichen Gründe für seine Flucht aus München waren. Richtig glücklich ist seine Karriere aber in den letzten knapp zwei Jahren nicht  wirklich weiter gegangen, seine Einsatzzeiten in Uerdingen sind – angesichts mehrerer Verletzungen – vorsichtig formuliert überschaubar. Dass er aber ausgerechnet im Juni mit seinem einzigen Saisontor das letzte Tor des KFC gegen uns (zur 1:0-Führung) sowie außerdem deren letzten Treffer vor dem heutigen Spiel (vergangenen Samstag zum finalen 3:1 gegen die Münchner Vorstädter) erzielt hat, ist schon wieder eine interessante Begebenheit. Wollen wir – wie auch immer man zu Grimaldi stehen mag – hoffen, dass er heute – sofern er überhaupt zum Einsatz kommt – keinen weiteren Treffer hinzufügen kann.

Ex-Löwe Adriano Grimaldi hier im Pokalspiel gegen Kiel im August 2018.

Den ganz oben angesprochenen gemeinsamen Auf- und Abstiegen zwischen unseren heutigen Gästen und dem TSV 1860 aus bzw. in die Bundesliga lässt sich aus der jüngeren Geschichte noch der gleichzeitige Aufstieg in die 3. Liga im Sommer 2018 hinzufügen. Nach ihrem letzten Abschied aus der 2. Liga im Jahr 1999 waren die Krefelder zwei Jahrzehnte lang in den Niederungen des Amateurfußballs unterwegs. Bis in die damals sechstklassige (!) Verbandsliga Niederrhein stürzte man 2008 ab. Nach dem Einstieg von Investor oder Gönner Michael Ponomarew im Sommer 2016 ging es zumindest sportlich wieder bergauf. Eine nähere Betrachtung der Rolle des russischen Geschäftsmannes in der Seidenstadt würde den Rahmen dieses Vorberichts um ein Vielfaches sprengen, es soll allerdings an dieser Stelle nicht gänzlich unerwähnt bleiben, dass Ponomarew durch verschiedene Ämter in den jeweiligen Gesellschaften das Geschick des KFC Uerdingen derzeit faktisch alleine kontrolliert. Im März dieses Jahres beschäftigten wir von sechzger.de uns in einer vierteiligen Serie mit dem Thema Investoren bei Fußballvereinen, die wir Euch in diesem Zusammenhang gerne nochmal ans Herz legen (Teil 1 und die drei weiteren Teile findet Ihr über diesen Link)

Den immer wieder artikulierten Ambitionen in Richtung 2. Liga, die schon seit dem Aufstieg 2018 sehr deutlich zu vernehmen sind, wurde man in Uerdingen bislang nicht gerecht. Den Platzierungen 11 und 13 in den vergangenen Spielzeiten folgte in dieser Saison ein komplett misslungener Start mit nur zwei Punkten aus den ersten vier Partien. Inzwischen hat man sich aber – trotz weiterer Pleiten, wie einem 0:4 zu Hause gegen Wiesbaden und einem 0:1 beim Aufsteiger in Lübeck – auf den neunten Platz vorgearbeitet und in den letzten Wochen – vor allem defensiv – durchaus ansprechende Leistungen gezeigt, wie auch in unserer gestrigen TAKTIKTAFEL nachzulesen war. Inwieweit man in dieser Saison die Erwartungen im Umfeld des Vereins und beim angesprochenen Ponomarew, der zwischenzeitlich auch mal mit einem finanziellen Engagement beim 1. FC Kaiserslautern liebäugelte, zufriedenstellen wird, bleibt abzuwarten. Die hohen Ansprüche in Uerdingen resultieren nicht zuletzt aus einer kurzen, aber geschichtsträchtigen Ära in der Mitte der 1980er-Jahre, mit der wir uns dann im Vorfeld des Rückspiels Anfangs April 2021 ein wenig näher beschäftigen werden. Dann beleuchten wir auch die als tragisch zu bezeichnende Stadionfrage beim KFC.

Bei unseren Löwen stellt sich diese glücklicherweise kein bisschen mehr. Arena- und Olympiastadionschwärmereien einiger Weniger gehören längst der Vergangenheit an. Der TSV 1860 bestreitet heute Nachmittag bereits sein 62. Ligaheimspiel in Serie in Giesing, wo das Herz unseres Vereins schlägt. Verfolgen kann man das Ganze wieder im Free-TV beim BR und natürlich auf unserem Liveticker.

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