Ein Artikel von Stefan Kranzberg

Schauen wir ein paar Monate zurück: der KFC Uerdingen taumelte nach einer bis dahin katastrophalen Rückrunde immer weiter in Richtung Tabellenkeller, das mit ehemaligen Bundesligaspielern und sogar Weltmeister Kevin Großkreutz gespickte Team befand sich in einer Abwärtsspirale, die nicht nur Fußballtraditionalisten ein Grinsen ins Gesicht zauberte.

Statt des geplanten Durchmarsches in die 2. Bundesliga mussten sich die Krefelder plötzlich mit dem Thema „Abstieg“ auseinandersetzen, das noch in der Vorrunde so hochgelobte Investorenmodell (schönen Gruß an den doch recht investorenfreundlichen Blogger!) erwies sich plötzlich als äußerst fragil und wo unser Hasi locker flockig eine „4“ aus dem Smartphone schüttelte, ging der Uerdinger Geldgeber Mikhail Ponomarev noch einen Schritt weiter. Der KFC beantragte für den Fall der Fälle keine Regionalliga-Lizenz, soll heißen: wäre man abgestiegen, wäre es direkt zurück in die Oberliga gegangen, der Verein wäre sportlich und finanziell vermutlich am Ende gewesen, zumal Ponomarev immer mal wieder mit dem Einstieg bei anderen Vereinen liebäugelt.

Ein Einzelfall? Mitnichten, denn nicht nur die Ismaiks und Ponomarevs dieser Welt sehen „ihren“ Verein vermutlich als Lust- und Launeobjekt, dem man mal mehr und mal weniger (finanzielle) Aufmerksamkeit schenken kann . Wir haben ein paar Beispiele für Euch zusammengetragen, bei denen die Zusammenarbeit mit einem Investor gründlich schiefging und hoffen inständig, dass unser Hauptgesellschafter dies nicht als Handlungsempfehlung missinterpretiert.

 

SG Wattenscheid 09

Zwar nicht die Champions League, aber immerhin die Rückkehr in die Bundesliga stellte Peter Jaeger, Chef des Investors „Haalo Technology“, der SG Wattenscheid 09 dem Verein im Juli 2018 in Aussicht. Ein halbes Jahr später sieht die Welt deutlich anders aus: das Investment wurde nach wenigen Monaten beendet, der Verein ist insolvent und die Mannschaft wurde aus dem Spielbetrieb zurückgezogen. Da half auch Crowdfunding und das finanzielle Engagement von WTC Camp Sports, der Firma des Aufsichtsratsvorsitzenden Oguzhan Can nichts mehr…

 

Tennis Borussia Berlin

„Mitglieder kamen zur Versammlung etwa doppelt so viele wie sonst. Viele unbekannte Gesichter, viele Bulgaren, die meinten, dass ihr Boss sie geschickt habe. Der Verein wurde heute beerdigt.“ Zu diesem ebenso traurigen wie resignierenden Resümee kam ein Mitglied und Langzeitfan des Berliner Traditionsvereins Tennis Borussia nach der Mitgliederversammlung im vergangenen Winter. Hintergrund des Ganzen: Jens Redlich, Chef einer Fitness-Kette und Investor der Lila-Weißen, manipulierte offensichtlich die Aufsichtsratswahl, indem er Hunderte seiner Angestellten und deren Angehörige kurzfristig als Mitglieder bei TeBe anmeldete und diese dafür bezahlte, die MV zu besuchen und ihr Kreuzchen an der vermeintlich richtigen Stelle zu setzen.

Da können wir schon froh sein, dass bei uns die Regel gilt, dass man ein Jahr Mitglied sein muss, um stimmberechtigt zu sein und auch aufmerksam Unregelmäßigkeiten geprüft werden, wenn es um Mitgliedsanträge geht. In Berlin hingegen wurde Redlich ein autokratischer Führungsstil vorgeworfen; zudem wurden Strukturen geschaffen, die auf einem Mann und nicht auf einer breiten Basis aufbauen.

Gott sei Dank hat sich TeBe in der Zwischenzeit durch eine „sanfte Revolution“ aus den Fängen Redlichs befreit, indem man Günter Brombosch als neuen Vorsitzenden eintragen ließ; das Amtsgericht bestätigte dies, sodass der Verein nun wieder in der Hand seiner Fans und Mitglieder liegt.

Um Manipulationen bei 1860 vorzubeugen, ist es meines Erachtens zwingend notwendig, Brief- und/oder Online-Wahlen auch weiterhin abzulehnen, denn Hunderte Neumitglieder aus dem arabischen Raum ohne Bezug zum Verein wären in diesem Fall nun wirklich nicht überraschend, wenn man die aktuelle Entwicklung der Social Media-Kanäle unseres Hauptgesellschafters verfolgt…

 

Viktoria Berlin

Im Sommer 2018 hatte der zweimalige deutsche Meister nach dem Einstieg der chinesischen Investorengruppe ASU große Pläne und wollte in die dritte Liga aufsteigen. Doch nun ist der Verein 129 Jahre nach seiner Gründung insolvent. Als Grund hierfür nennt Viktoria „ausbleibende Zahlungen des chinesischen Investors“. Die ASU habe eine Fortsetzung ihres Engagements „ohne Nennung von triftigen Gründen“ und „trotz aller Bemühungen des Vereins“ abgelehnt. Die Viktoria hatte scheinbar sogar alle Bedingungen der ASU erfüllt, denn im Juni 2018 wurde auf einer Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit beschlossen, das Regionalliga-Team auszugliedern und eine Kapitalgesellschaft zu gründen, an der Zheng Anteile erwerben sollte. Hierzu kam es nun gar nicht mehr. Dass die Viktoria trotz Insolvenz in der vergangenen Winterpause weiter fröhlich Spieler (u.a. Timo Gebhart) verpflichtete und sich sogar für den DFB-Pokal qualifizierte, steht auf einem anderen Blatt Papier…

Teil II findet ihr hier: https://sechzger.de/investoren-bei-anderen-fussball-vereinen-ein-blick-ueber-den-tellerrand-teil-2/

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