Herzlich Willkommen zur Taktiktafelanalyse der zweiten Saisonniederlage unserer Löwen in Sandhausen. Die Gastgeber gewannen am Ende mit 3:0.

SV Sandhausen – TSV 1860 München hieß das Duell am Samstag Nachmittag im Stadion am Hardtwald, das die Gastgeber mit 3:0 für sich entschieden. Warum das so war und warum es verdient, aber vielleicht in der Höhe nicht 100%ig gerechtfertigt war, werde ich Euch im Folgenden schildern. Leider später als gewohnt. Durch technische Probleme mit meinem Mobiltelefon, war es mir nicht möglich diese Rubrik wie gewohnt schon für Montag Mittag fertigzustellen.

Die Sechzger wurden von Coach Jacobacci wieder im 4-1-4-1 aufs Feld geschickt. Bei Ballbesitz verschob der TSV gegen die, wie erwartet im 3-5-2 auflaufenden Gastgeber über die Außenspieler und Manfred Starke, der aus der Tiefe in die Spitze vorstieß, sodass sich eine asymmetrische Kette aus vier Spielern in der Spitze ergab.

Gegen den Ball agierte Tarnat als tiefer Sechser und wurde von Frey, der die Rolle des Box- to-Box-Spielers übernahm, unterstützt. So verteidigten die Sechzger also im 4-2-3-1.

Die Sandhäuser verschoben gegen die Ball, wie im 3-5-2 üblich, über die Außenspieler zu einem 5-3-2. Bei eigenem Ballbesitz agierte der SV Sandhausen im letzten Drittel des TSV 1860 mit weit vorgeschobenen Außenspielern. So hatte Sandhausen in der vordersten Reihe im letzten Drittel der Löwen, wenn sich der offensive Mittelfeldspieler El-Zein noch dazugesellte, teilweise bis zu fünf Spieler aufgeboten.

Bevor wir zur Analyse kommen wie immer die wichtigsten statistischen Werte des Spiels.

Statistische Werte des Spiels

  • Ballbesitz TSV 1860 53%   SVS 47%
  • Passgenauigkeit TSV 1860 81%   SVS 80%
  • defensive Zweikampfquote TSV 1860 70%   SVS 59%
  • Schüsse/aufs Tor TSV 1860 22/4   SVS 17/9
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) TSV 1860 9,45   SVS 9,85

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz

Ein Spiel mit fast ausgeglichenem Ballbesitzverhältnis spricht – rein theoretisch – dafür, dass beide Teams in etwa gleich stark waren. Theoretisch. Praktisch war Sandhausen in den entscheidenden Situationen cleverer, abgeklärter und hatte am Ende, auch aufgrund dieser Tatsachen, die Nase vorn. Bestes Beispiel dafür der Treffer zum 1:0, aber dazu später mehr.

Nach der frühen Führung konnte Sandhausen nervösen Löwen, die immer wieder mit Fehlern im Aufbau “glänzten”, gerne den Ball überlassen und aus einer sicher stehenden Abwehr heraus selbst immer wieder über lange Ballbesitzphasen, die von den Sechzgern nur schwer kontrolliert werden konnten, Akzente setzen.

Die Sechzger nutzten ihre Ballbesitzphasen grundsätzlich gut. Der SVS konnte jedoch spätesten im eigenen letzten Drittel, vor allem im Zentrum vor dem eigenen Kasten den Weg für den Ball zum Tor so zustellen, dass die Spieler der Löwen in den meisten Situationen, in denen sie den Abschluss suchten, das so taten, dass keine Gefahr für’s Tor von Sandhausen entstand.

Sandhausen nutzte im Gegensatz dazu nach der frühen Führung die Ballbesitzphasen um ruhig und abgeklärt im Stile einer Spitzenmannschaft den Ball in den eigenen Reihen zu halten und den Gegner immer wieder aus den Positionen zu locken. So entstanden zwischen den Ketten der Löwen gegen den Ball oft große Lücken, die dann zu Vorteilen für die Sandhäuser in deren Offensivspiel führten.

Passgenauigkeit

Hier gibt es keine Kritik. Es gab weder ausufernde Querpassstafetten in der eigenen Defensivabteilung noch irgendwelche Rückpassorgien. Dies gilt für beide Teams unisono, wobei natürlich Sandhausen schon den ein oder anderen beruhigenden Querpass mehr im Spiel hatte, als der TSV 1860 München, dennoch ist das nicht in einer Quantität geschehen, die ich als ausufernd einstufen würde, sondern dem Spielverlauf und der frühen Führung geschuldet war. Das hat der SVS clever gemacht.

Defensive Zweikampfquote

Auch hier kann man keine Kritik üben, die Löwen waren gegen den Ball bissig und im Zweikampf am Boden erfolgreich wie selten. In den entscheidenden Situationen war man allerdings zu langsam im Kopf und auf dem Feld. So kommt es dann am Ende zu so einem Ergebnis.

Eine Mannschaft war in den entscheidenden Situationen immer mit dem Kopf und Körper da, die andere nicht. Das Ergebnis lautet dann halt am Ende 3:0 für die Gastgeber.

Schüsse/aufs Tor

Nur 18,2% der Schüsse des TSV 1860 München gingen so auf den Kasten des SV Sandhausen, dass der dort stehende Keeper Arbeit bekam. Mit dem Lattentreffer war natürlich hier etwas Pech dabei. Oder soll man sagen Glück für die Gastgeber? Am Ende ist das Glück dem Sprichwort nach mit den Tüchtigen, und so muss man das dann hier auch sehen. Die Mannschaft, die in der eigenen Box tüchtiger verteidigte, holte sich am Ende den Sieg.

Neun von siebzehn Schüssen gingen so auf den Kasten der Löwen, dass Keeper Hiller Arbeit bekam. das sind am Ende 53%. Und auch die Sandhäuser schossen einmal an den Querbalken des Münchner Gehäuses.

Vergleichen wir die xG Werte der Teams hat Sandhausen die Nase vorn. Treffen beide Teams ihre 100%igen endet die Partie 4:2. Geht jeder chancenreiche Versuch beider Teams in die Maschen steht es am Ende 6:3 für die Gastgeber. Der einzig differenzierende Unterschied zum tatsächlichen Ergebnis wäre also, dass beide Fanlager Treffer hätten bejubeln können. Das Torverhältnis wäre nur minimal anders, an der Punkteverteilung hätte es nichts geändert.

PPDA

Hier müssen wir die beiden Halbzeiten definitiv voneinander trennen. In Halbzeit eins war der Plan des TSV 1860 München den Gegner tief zu erwarten, damit sich Sandhausen in einem engen Mittelfeld verzettelt. Das ging durch die Präzision, die Sandhausen mit langen Bällen zeigte, von Anfang an schief.

In der zweiten Halbzeit kamen die Sechzger dann gegen den Ball hoch stehend aus der Kabine und ließen den Sandhäusern keine Zeit, so kontrolliert zu spielen wie in den ersten 45 Minuten.

Sandhausen hingegen machte es genau umgekehrt. Die Gastgeber standen zu Beginn hoch und spielten nach der frühen Führung meist mit einer tiefstehenden Pressingreihe – abwartend und clever. Mit einer Variation zwischen hohem Pressing und tiefem Erwarten des gegnerischen Angriffs seitens des SV Sandhausen konnte sich der TSV 1860 zu Beginn der eigenen Positionsangriffe nie wirklich sicher sein, was Sandhausen im Einzelfall nun gegen den Ball vorhat.

Die Tore

Hier könnt ihr die Tore und weitere Highlights noch einmal ansehen. Das entscheidende Tor war diesmal das erste. Was war geschehen?

Nach einem Pass von Hiller auf Zwarts kurz vor dem Mittelkreis, lässt dieser den Ball zu Vrenezi ein paar Meter nach links abtropfen. Vrenezi verzettelt sich im Versuch das Leder zu kontrollieren in einem Zweikampf gegen Schuster und verliert das Leder. Gegen die im Kollektiv schnell umschaltenden Gastgeber ist es unverständlich, dass Vrenezi danach stehen bleibt und herum gestikuliert, anstatt dem Ball hinterher zu gehen.

Schuster spielt das Leder zu Hennings der noch vor der Box abzieht. Sein Schuss wird von Kwadwo gefährlich abgefälscht, sodass Hiller mit einer Parade eingreifen muss. Der Abpraller fällt wieder Schuster vor die Füße. Dieser schiebt eiskalt zum 1:0 in der 4. Minute ein.

Wäre Vrenezi Schuster hinterhergelaufen hätte der Nachschuss möglicherweise verhindert werden können. Alle anderen mit Defensivaufgaben betrauten Spieler des TSV 1860 München waren bei ihren Gegenspielern. Nur Vrenezi stand noch immer an dem Fleck an dem Schuster, ein Innenverteidiger, ihm das Leder abgeluchst hatte.

Die anderen beiden Treffer waren, nachdem Sechzig es nicht geschafft hatte selbst einen Treffer zu erzielen, am Ende nicht mehr wichtig, wobei man natürlich sagen muss, dass beim Spielzug, der zum zweiten Treffer des SV Sandhausen gegen den TSV 1860 führte, die komplette Abwehr, vor allem im Kopf zu langsam war. Wer im Kopf zu langsam ist läuft dem Geschehen hinterher und schaut am Ende in die Röhre.

Das fiel auf

Positiv wären klar die Bemühungen des Mittelstürmers Zwarts zu nennen, dem in einigen Situationen einfach das Glück fehlte. Zwei seiner Versuche konnte Keeper Rehnen entschärfen, ein dritter ging an die Latte und sein letzter Schuss knapp daneben. Die zwei geblockten Versuche des Niederländers kamen aus weniger aussichtsreichen Positionen und sind somit vernachlässigbar.

Bissigkeit und Wille waren dem Team anzumerken, dass es vor dem Tor nicht funktionierte war einerseits natürlich dem glänzend haltenden Keeper der Sandhäuser zu verdanken, ist andererseits aber auch damit zu erklären, dass die Spieler der Giesinger in einigen Situationen vor dem Kasten, falsche Entscheidungen trafen. Der Trainer erklärte das im Interview nach dem Spiel bei Magenta.

Albion Vrenezi, Ausgangspunkt des 1:0 für die Gastgeber verlor bis auf zwei alle seine Offensivduelle. Laufduelle konnte er in der Offensive keine für sich entscheiden, lediglich zwei seiner Dribblings gelangen. Ihn in der 71. Minute auszuwechseln, war überfällig. Ich hätte ihn schon nach dem 1:0 für den Gegner heruntergenommen. Das Verhalten nach dem Ballverlust war divenhaft und dem Wappen auf der Brust unwürdig. Die Zehn auf dem Rücken gibt einem Spieler keinen Freibrief gegen den Ball nicht arbeiten zu müssen. Wenn der Schiri nicht pfeift, obwohl man vermeintlich gefoult wurde, rennt man gefälligst dem Gegner und dem Ball hinterher, wenn man ihn in der eigenen Spielfeldhälfte verliert!

Fazit

Wenn man gegen einen Favoriten auswärts verliert, ist das einerseits natürlich kein Beinbruch. Wenn man sieht wie sich die Mannschaft gewehrt hat und unbedingt das Tor machen wollte braucht man auch am Kollektiv nicht allzu viel kritisieren. Dass am Ende das dritte Tor fällt – geschenkt!

Nun kommen aber schwere Wochen auf den TSV 1860 München zu. Mit Aue kommt ein Gegner, der noch nicht verloren hat und Ingolstadts Trainer Michael Köllner, der vor Jahresfrist noch mit dem TSV 1860 von der Tabellenspitze grüßte, will mit seinem Team gegen die Sechzger vermutlich auch etwas beweisen.

Vergangenen Dienstag gab es eine Viertelstunde lang einen Blackout. Diesmal war es ein kurzer Arroganzanfall eines Spielers. Beides hat dazu gereicht um Niederlagen einzuleiten.

Ich kann es nur immer wieder gebetsmühlenartig wiederholen: Wenn man nicht über die komplette Spielzeit auf jeder Position – und nicht nur auf zehn von elf – hundertprozentigen Einsatz zeigt, voll konzentriert ist und sich den Hintern für das Wappen auf der Brust aufreißt, holt man in dieser schweren Liga keinen Blumentopf. Schon gar nicht gegen so abgezockte Spieler, wie Sandhausen sie zur Verfügung hat.

Datenquelle: Wyscout

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randpositions_loewe

Also allen Statistiken zum Trotz. Wenn man im letzten Drittel nicht zwingend ist, schießt man keine Tore. Wenn man keine Tore schießt, gewinnt man keine Spiele. Mir fehlt der Glaube wie man das gegen Aue ändern möchte. Außer natürlich es fällt kurz nach Beginn ein glückliches 1:0.

Joerg

Zwarts ist ein bemühter Mittelstürmer, ja, bemüht alleine recht aber nicht für die Qualität die er bringen sollte, bemüht ist ein Lakenmacher auch, auch Bonga ist bemüht……
Zu Vrenezi teile ich deine Meinung zu 100 %, hatte bei der Mannschaftsaufstellung vor dem Spiel geschrieben er braucht eine Pause, das hat er eindrücich bewiesen,
die Auwechselungen zur 46. fand ich nur Guttau zwingend
Danke für deine Analysen, geben mir immer wieder ein Blick aufs Spiel

Dennis M.

Sehe das mit Vrenezi genauso. Das Spiel hätte man nicht verlieren müssen. Chancen waren genug da.

Eurasburger

Sehr gute Analyse, wie eigentlich fast immer!
Was muss wohl Guttau gegen Lübeck ausgefressen haben, dass er sofort vom Platz musste und Vrenezi nach dieser Mistaktion bis zur 71 bleiben durfte?

Anton

Guttau wurde gegen Lübeck nicht aufgrund seiner Leistung, sondern aus taktischen Gründen ausgewechselt, und das wurde auch so kommuniziert.

Bruck Löwe

Hatte MJ nicht gesagt,er war mit Guttau’s Defensivarbeit nicht zufrieden und hat ihn deshalb runter.

Steffen Lobmeier

Nein, das stimmt so nicht. MJ war unzufrieden mit seiner Defensivarbeit und hat Vrenezi, der auch nicht besser war, drauf gelassen, um von dessen Schnelligkeit zu profitieren. Aus meiner Sicht fährt das Argument gegen die Wand,weil Guttau sicher nicht langsamer ist als Vrenezi.

Elilfant

Hallo Bernd,
vielen Dank für deine spannende Analyse! Eine Bitte zur besseren Lesbarkeit: Könntest du die statistischen Werte nochmal zu Beginn jeder Einzelkategorie kurz nennen oder mit in die Überschrift schreiben? Dann spart man sich jedes Mal das Hochscrollen zu den statistischen Werten.

Jan Schrader

Das können wir gerne zukünftig mit aufnehmen!

_Flin_

Danke für die wie immer super Analyse! Klingt als sei man alles in allem auf einem guten Weg, bei dem es vor allem an Details fehlt. Kopf nicht hängem lassen, weiter arbeiten, dann wird das schon!

Bluemuckel

Vrenezi sollte bis Samstag nur noch laufen. Wenn er sich darüber beschwert nächste Woche wieder.

Siggi

Auch, wenn die Niederlage verdient war, sind 0:6 Punkte aus den letzten beiden Spiel schon traurig. Besonders das Spiel in Sandhausen hat mich doch an manches Vorbereitungsspiel erinnert, auch wenn es laut Bernd gar nicht soooo schlecht war.

Siggi

Wäre das Umfeld (eV/KGaA) homogen, würde sich das möglicherweise leichter ertragen lassen. Nun heißt es aber wohl auch noch Robert Reisinger gegen den Rest der Welt. Wo soll das hinführen?

tomandcherry

Das nervt mich mittlerweile ziemlich extrem.

Diese permanenten, scheinbar nicht mal ansatzweise lösbaren “politischen Ränkespiele” zwischen den beiden Gesellschaftern.

Ich behaupte mal, dass es kaum einen anderen Profi-Sportverein mit vergleichbarer Struktur geben wird, wo es ähnlich – jahrzehntelanger Zeitraum, unterschiedliche Kulturen, verfeindete Fangruppierungen, zweistellige Millionenschulden und vor allem kaum sportliche Perspektiven – abgeht, wie in unserem TSV.

Bei allem Verständnis für die nicht gerade einfache Situation, die sich seit dem Einstieg des Herrn H.I. als sog. “Investor” beim TSV 1860 München ergeben hat, aber diese “Machtspielchen” oder etwas drastischer ausgedrückt “Schwanzvergleiche”, gehen mir so auf den Senkel, dass ich kaum noch Lust auf Fußball beim TSV verspüre.

Gefühlt behandeln 75 % der Artikel auf den diversen 60er-Blogs Themen, die eben nichts mit dem rein Sportlichen zu tun haben.

Und die Kommentare dazu bleiben logischerweise nicht aus. Ich schreib’ ja auch gerade einen… 😉

Bin gespannt, ob’s in dieser Saison mal mehr Licht wie Schatten gibt.

Große Hoffnungen hab’ ich allerdings nicht…

Eurasburger

Einen anderen Verein mit so einem Investor samt Personal wirst Du schwer anderswo finden, den Verein und seine Mitglieder auch nicht!

Einzigartigkeit in allen Belangen ist unser Markenkern!!