Acht Jahre lang war Marc Lamberger im Nachwuchsbereich des TSV 1860 für die Ausbildung der Torhüter verantwortlich. Zur neuen Saison nahm er eine neue berufliche Herausforderung an und wechselte zum österreichischen Bundesligisten Austria Klagenfurt, wo Peter Pacult als Cheftrainer das Zepter schwingt. Wir haben Marc Lamberger zum Interview getroffen und mit ihm über die Löwen im Allgemeinen und die Torhüter im Speziellen gesprochen.

Marc Lamberger im Interview

Neben seiner Tätigkeit im Vereinsfußball war der gebürtige Nördlinger auch als Co- und Torwarttrainer der deutschen Beachsoccer-Nationalmannschaft tätig. Auch darüber gibt der 32-jährige Marc Lamberger im Interview Auskunft.

sechzger.de: Servus Marc! Zunächst mal vielen Dank, dass Du Dir spontan für dieses Gespräch Zeit genommen hast.

Marc Lamberger: Servus Stefan, sehr gerne!

sechzger.de: Mir ist aufgefallen, dass Du sechzger.de noch immer in den sozialen Medien folgst. Trotz Anstellung in Österreich: So schnell kommt man von den Löwen nicht weg, oder?

Marc Lamberger: Sechzig lässt einen nie los, nicht umsonst heißt es: Einmal Löwe immer Löwe. Für mich bleibt der Verein immer etwas Besonderes, meine Torwartschule ist ja nach wie vor im Verein integriert und wird von György Szekely geleitet. Ich möchte kein Jahr an der Grünwalder Straße missen, genauso war es der richtige Zeitpunkt für mich, etwas zu verändern.

sechzger.de: Du warst ja acht Jahre an der Grünwalder Straße beschäftigt und hast Torhüter im NLZ und in der U21 ausgebildet. Wie kam es denn damals dazu, dass Du damals zu den Löwen kamst? Du warst damals ja selber noch sehr jung.

Marc Lamberger: Das war im August 2015, ich kam damals vom Northwest College in den USA zurück nach München und hatte Semesterferien. An der Löwen-Fußballschule fiel damals kurzfristig ein Trainer bei einem Camp aus, daraufhin sprang ich bei Janosch Landsberger im Team ein und war im ersten Jahr bei vielen Camps dabei. Parallel habe ich am NLZ im Torwartbereich konstant hospitiert und ab 2016 am NLZ die Torhüter aus dem Grundlagenbereich übernommen. Mit den Jahrgängen 2003 bis 2008 bin ich über viele Jahre mitgegangen.

Rothdauscher und Avdija mit großem Potential

sechzger.de: Wie sah es mit der eigenen Spielerkarriere aus? Keine Ambitionen gehabt oder früh verletzungsbedingt aufhören müssen?

Marc Lamberger: Ambitionen schon, vor allem im Beachsoccer war es eigentlich immer mein Ziel, selbst Nationaltorwart zu werden. Dann habe ich mir 2016 bei einem Liga-Spiel in Leipzig erstmals die Schulter ausgekugelt. Es kamen weitere Luxationen in der linken Schulter hinzu, sie wurde auch operiert. Dann ging’s nochmal, in der Saison 2021-2022 war ich sogar achtmal im Kader der U21, bis die Schulter beim Auswärtsspiel in Kirchanschöring beim Torschuss wieder ausgekugelt ist. Letzten Sommer habe ich dann gesagt, es langt. Ich habe akzeptiert, dass es keine eigene große Laufbahn geben wird, traue mich aber behaupten, dass ich weiß, wie man einen Ball fängt. 😊

sechzger.de: In den acht Jahren beim TSV 1860 hast Du viele Torhüter kommen und gehen sehen. Gib uns doch mal eine Einschätzung der Torhüter im Nachwuchsbereich – von wem dürfen wir in der Zukunft Großes erwarten? Maximilian Rothdauscher (U21) und Erion Avdija (U19) gelten ja beispielsweise als große Talente.

Marc Lamberger: Maxi und Erion sind sicher die nächsten Talente, die für den Profikader hoch im Kurs stehen sollten. Beide sind seit dem Förderkader im Verein, identifizieren sich mit Sechzig und sind Super-Persönlichkeiten. Maxi ist mit allen Teams wieder in die Junioren-Bundesliga aufgestiegen, spielt in der U21 extrem konstant. Erion hat maßgeblichen Anteil daran, dass die U17 und die U19 in seinem Jahrgang die Klasse gehalten hat – bei sieben bzw. sechs Absteigern! Erion hat mit einem angerissenen Meniskus Spiele für uns entschieden. Auf die Qualität der beiden sollte Sechzig auch in Zukunft nicht verzichten.

Marc Lamberger mit seinen Talenten aus dem NLZ des TSV 1860

Kein Urteil über Hiller und Richter

sechzger.de: Wie stolz macht es einen, wenn es ein Spieler in den Profibereich schafft?

Marc Lamberger: Stolz ist das falsche Wort, mich freut es einfach für den Spieler. Es ist sein Verdienst, nicht meiner. Nahuel Noll, der in Hoffenheim Profi ist und neben Maxi Rothdauscher mein erster Torwart bei Sechzig war, wird es meiner Meinung nach auf Dauer als Stammtorwart in die 1. Bundesliga schaffen. Wir treffen uns immer wieder mal zum Essen, es ist toll zu sehen, wie er sich nach wie vor als Typ entwickelt.

sechzger.de: Bei den Profis kämpfen Marco Hiller und David Richter um den Stammplatz. Wer hat Deiner Meinung nach die Nase vorne? Oder würdest Du beispielsweise Maximilian Rothdauscher zutrauen, sich jetzt schon in der 3. Liga durchzusetzen?

Marc Lamberger: Ich habe mit beiden nie selbst trainiert. Es steht mir daher auch nicht zu, hier eine Bewertung abzugeben. Das Trainerteam hat den besten Überblick und wird sicher die beste Entscheidung treffen. Natürlich wünsche ich aber Marco als langjährigem Löwen, dass er sich wieder durchsetzen kann. Maxi Rothdauscher hat perspektivisch definitiv die Klasse, um fest zum Kader zu gehören. Maxi spielt unspektakulär, weshalb er nicht immer herausgehoben wird. Er hat aber eine so hohe Qualität: überragendes Coaching, er coacht definitiv Chancen weg. Er ist stark in der Strafraumbeherrschung und top am Fuß, jagt dir auch Bälle zum anderen Sechzehner.

Leidenschaft zum Fußball sollte im Vordergrund stehen

sechzger.de: Was hältst Du von diesen neuen Fußballschulen, bei denen z.B. auch Horst Heldt tätig ist?

Marc Lamberger: Alles hat seine Berechtigung, was Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bietet, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Was ich mir aber letztlich überall im Nachwuchs wünsche ist, dass es mehr ums Kicken an sich geht, die Jungs zusammen auf den Bolzplatz gehen und sich nicht für alles einen Trainer buchen und brauchen, am besten sogar noch zum Joggen. Als ich bei Tottenham an der Akademie hospitieren durfte, hatten die Jungs immer 30 Minuten Zeit für sich, unter Aufsicht der Trainer aber ohne Coaching.

sechzger.de: Du warst bei den Löwen als Torwarttrainer und -koordinator im NLZ angestellt. Was waren da Deine Aufgaben und auf welche Aspekte aus Du bei der Ausbildung der Jungs besonderen Wert gelegt?

Marc Lamberger: Die Aufgaben waren auf Dauer etwas zu viele, weshalb ich schon im Herbst vergangenen Jahres für mich entschieden habe, dass ich etwas verändern will und muss. Ich habe die meisten Mannschaften selber trainiert und pro Tag vier bis fünf Einheiten gegeben, zudem am Wochenende teilweise fünf Spiele begleitet. Hinzu kamen Torwartcamps der Löwen-Fußballschule, Schultrainings und die Sichtungen der Torhüter anderer Vereine. In der Ausbildung hatten wir eine sehr klare Struktur, die die Jungs und die Trainer kannten: Zu Beginn der Woche die „klassischen“ Torwartthemen wie Abdruck und Eins-gegen-Eins, gegen Mitte der Woche viele hohe Bälle und Anschlussaktionen wie z.B. der Spielaufbau. Das Thema Flanken ist schon mein Lieblingsinhalt, was meinen Torhüter auch manchmal zu viel ist. Ich mag es einfach extrem, wenn ein Torwart mutig im Raum ist und dadurch vielleicht unspektakulärer spielt. Wichtig ist mir zudem, dass die Jungs immer mit Leidenschaft, Fleiß und Kameradschaft dabei sind.

Neue Aufgabe bei Austria Klagenfurt

sechzger.de: Nun folgte der Schritt zu Austria Klagenfurt in die österreichische Bundesliga. Dort bist Du neben den Profis auch für den Nachwuchsbereich zuständig, oder?

Marc Lamberger: Exakt, der Fokus liegt natürlich auf den Profis, wobei ich fast jeden Tag auch an der Akademie vorbeischaue und mit den Torwarttrainern und Jugend-Torhütern arbeite. Sechzig profitiert seit Jahren vom Nachwuchs, auch bei Austria Klagenfurt ist es mein Ziel, Torhüter aus der eigenen Akademie auf den Profibereich vorzubereiten.

sechzger.de: Zum Zeitpunkt Deiner Verpflichtung waren neben Peter Pacult mit Wolfgang Schellenberg und Matze Imhof zwei weitere Ex-Löwen am Wörthersee beschäftigt. Die beiden Letztgenannten haben Austria Klagenfurt inzwischen verlassen. Bedauerst Du das oder hat sich dadurch für Dich nichts verändert?

Marc Lamberger: Natürlich hatte ich mich auf die Zusammenarbeit mit Matze und Wolfgang sehr gefreut, aber beide hatten ihr Gründe, weshalb sie im Sommer gewechselt sind. An meiner Aufgabe und Arbeit im Team hat sich ja nichts verändert – die drei Profi-Torhüter besser zu machen und sie bestmöglich auf den Spieltag vorzubereiten.

Noch reichlich Kontakt zu den Löwen

sechzger.de: Wie Du mir bereits erzählt hast, unterhältst Du Dich mit Peter Pacult regelmäßig über den TSV 1860. Packt er dann eher Geschichten von früher aus oder gehts mehr um aktuelle Themen bei den Löwen? Wie schätzt er die Situation an der Grünwalder Straße ein? Und wie siehst Du die Entwicklung bei den Löwen?

Marc Lamberger: Da müsst ihr Peter selbst fragen, wie er die Situation einschätzt, das werde und darf ich mir nicht rausnehmen. Was mich immer sehr interessiert und freut sind seine Geschichten, als er selbst Spieler bei Sechzig war und später Co-Trainer unter Werner Lorant, sowie später Cheftrainer in der Bundesliga.

Besuch von den Löwen erhielt Marc Lamberger kürzlich beim Auswärtsspiel von Austria Klagenfurt in Innsbruck

sechzger.de: Durch die langjährige Tätigkeit bei Sechzig konntest Du natürlich reichlich Kontakte knüpfen. Zuletzt besuchte Dich ja beispielsweise U21-Coach Frank Schmöller am Wörthersee. Mit wem stehst Du sonst noch regelmäßig in Kontakt?

Marc Lamberger: Letztlich bin ich mit allen Mitarbeitern und Torhütern im sehr Guten auseinander gegangen. Ich habe daher zu vielen Kollegen und vor allem meinen Torhütern regelmäßig Kontakt, zumal ich regelmäßig daheim in München bin und in der Nähe
vom Gelände nach wie vor meinen Erstwohnsitz habe. Bei unserem Ligastart in Tirol (3:1-Sieg) waren mit Muck Riedmüller, Simon Voss, Luci Scholl, Vincent Oppenrieder, Simon Urban und Julian Kraus sechs Torhüter von Sechzig im Tivoli Stadion, zudem mit U21-Co-Trainer Thomas Hiechinger ein langjähriger Kollege. Das allein zeigt, was durch 60 geblieben ist.

NLZ der Löwen in Bayern immer noch top

sechzger.de: Auch wenn die älteren Jahrgänge des NLZ des TSV 1860 nicht mehr um Meisterschaften mitspielen, so waren doch bereits vor der Ligenreform sämtliche Teams in der höchstmöglichen Liga vertreten. Keine Selbstverständlichkeit für einen Drittligisten, oder?

Marc Lamberger: Selbstverständlich war es in der Vergangenheit, nicht selbstverständlich war es, in diesen irren Formaten mit so vielen Absteigern drinzubleiben. Eine Liga mit drei Absteigern finde ich vollkommen in Ordnung und auch gut, sechs oder gar sieben Absteiger in einer Einfachrunde war Wahnsinn. Es war ein Überlebenskampf von Spieltag 1 an, so sahen die Spiele dann auch oft aus. Felix und Jonas haben mit ihrem Teams in den vergangenen zwei Jahren überragende Arbeit für den Verein geleistet.

sechzger.de: Wie schätzt Du das Standing des NLZ der Löwen im Vergleich zur bayerischen Konkurrenz ein?

Marc Lamberger: Das NLZ von Sechzig ist in Bayern nach wie vor top. Man darf nicht den Fehler machen, deutschlandweite Vergleiche zu Hoffenheim, Dortmund, Hertha BSC oder Köln zu suchen, die ganz andere Möglichkeiten auch in der Infrastruktur haben. Wenn Sechzig mit den Profis hoffentlich wieder höher spielt, wird auch das NLZ mitziehen, davon bin ich überzeugt.

sechzger.de: Kann man den Nachwuchsbereich von Austria Klagenfurt mit dem deutschen NLZ-System vergleichen? In vielen österreichischen Bundesländern gibt es ja Akademien, in denen die besten Spieler zusammengezogen werden.

Marc Lamberger: Man kann eine Akademie schon mit einem NLZ vergleichen. In Klagenfurt gibt es die Strukturen noch nicht so lange wie z.B. bei Sechzig oder in Nürnberg, sondern eigentlich erst seit gut zwei Jahren. Die Akademie ist gerade am Wachsen.

sechzger.de: Nochmal zurück zu 1860: Was traust Du den Löwen in der kommenden Saison zu?

Marc Lamberger: Es sind viele wichtige Spieler gewechselt, daher wird es sicher eine anspruchsvolle Saison – wobei, welche Saison war das nicht… 😊 Perspektivisch wünsche ich dem Verein natürlich den Aufstieg in die 2. Bundesliga.

sechzger.de: Super, danke! Dir alles Gute in Klagenfurt und hoffentlich sieht man sich bald mal wieder in Giesing!

Marc Lamberger: Danke an euch und einen guten Start gegen Mannheim bzw. mit der U19 und U17 beim KSC!

Bild: Sampics (Stefan Matzke)

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Groeber

Interessanter Blick etwas hinter die Kulissen. Ganz ohne Skandale und Intrigen. Das freut.

Steffen Lobmeier

Tolles Interview und sehr interessant. Gerne mehr davon.