Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem letzten Spiel dieser Saison. Unser TSV 1860 München trifft auf den DSC Arminia Bielefeld. Für beide geht es um nichts mehr.
Der TSV 1860 München trifft auf Arminia Bielefeld, und wieder, wie so oft in Liga drei, weht dabei am Samstag Nachmittag ein Hauch von Bundesliganostalgie durchs Stadion.
Ich könnte euch jetzt erzählen, dass die Arminen bei der Systemwahl in der letzten Zeit zwischen einem 4-2-3-1 und einem 4-3-3 in der Variante 4-3-1-2 abgewechselt haben, und dass die Linienwahl und herangehensweise im Pressing bei der Arminia auf die erwartete Offensivstärke des Gegners angelegt zu sein scheint, und dass die Arminen in den Spielen, die sie dominiert haben, im Zentrum stark waren. Das alles halte ich aber vor diesem letzten Spiel nicht für wichtig.
Irgendwelche taktische Fachbegriffe möchte ich in dieser, die Saison abschließende, Taktiktafel vor dem Spiel auch nicht strapazieren. Ich möchte heute mit Euch über etwas ganz anderes reden als über Taktik.
Nichtsdestotrotz gibt es, damit die Zahlenfüchse zufrieden sind, trotzdem die statistischen Werte der Arminia vor dem morgigen Spiel.
Statistische Werte des DSC Arminia Bielefeld
- Ballbesitz 54%
- Passgenauigkeit 80%
- defensive Zweikampfquote 62%
- Flankengenauigkeit 41%
- PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 8,78
Fußball spielen!
Fußball ist wahrscheinlich gleichzeitig das einfachste und komplizierteste Spiel der Welt. Einfach einerseits deshalb, weil die Regeln nicht kompliziert sind, andererseits deshalb, weil es im Prinzip auch ein einfacher Sport ist, den jeder ausüben kann. Das Niveau variiert natürlich beträchtlich, aber egal ob Superstar oder Kreisklasse, es sind beide am Ende nur Fußballer. Gut, der eine beruflich, der andere „nur“ zum Spaß.
Und Kompliziert ist Fußball vor allem deshalb, weil es die Abseitsregel gibt. Ohne diese Regel wäre Fußball wahrscheinlich das langweiligste Spiel der Welt.
Durch diese eine Regel verkompliziert sich der Prozess des Toreschießens. Darum erfanden viele verschiedene Fußballweise über viele Jahrzehnte hinweg viele verschiedene taktische Konzepte und systematische Herangehensweisen, die der eigenen Mannschaft das Toreschießen und Toreverhindern erleichtern sollten.
Spiel und Spaß
Das Wichtigste ist aber: Fußball ist ein Spiel. Und wozu spielt man im Normalfall? Um Spaß zu haben. Spiele sollen Spaß machen.
Und da sind wir schon bei dem Punkt, der mir heute anstelle von Pressingintensitäten und Passfrequenzen wichtig ist.
In der vergangenen Spielzeit kam es mir wirklich selten vor, als hätte unsere Mannschaft als Kollektiv viel Spaß bei der Ausübung des Berufes gehabt. Dabei ist das doch, wenn man ein Spiel spielt, das A und O. Egal ob man es aus beruflichen Gründen tut oder zum Privatvergnügen. Wenn ich keinen Spaß am Spiel hab, werd ich vermutlich nicht erfolgreich spielen.
Um Spaß am Spiel zu haben, muss ich aber auch spielen dürfen. In vielen Spielen, vor allem in der Hinrunde, kam mir unsere Mannschaft zu sehr in ein Korsett gepresst vor. Man konnte zwar ahnen, was der eigentliche Plan gewesen wäre, es schien jedoch oft so, als hätten der ein oder andere Spieler Angst, aus dem Korsett auszubrechen. Unerwartete Aktionen, Geistesblitze auf dem Spielfeld, exzeptionelle Kreativmomente waren allesamt Mangelware, sofern sie überhaupt vorhanden waren. Wenn dem ein oder anderen Spieler öfter mehr Freiraum zum Spielen gegönnt worden wäre, hätten wir möglicherweise öfter fröhliche Gesichter nach Abpfiff gesehen.
Fazit
Auch am Samstag würde ich am Ende gerne lachende Gesichter sehen. Ergebnisunabhängig wäre es schön, am Samstag eine Mannschaft auf dem Platz zu sehen, die vor allem auf eines Bock hat: darauf, Fußball zu spielen.
Ganz ohne taktische Vorgaben geht das natürlich auch in diesem Spiel nicht. Es ist aber das letzte Saisonspiel und der Ausgang der Partie hat keinerlei Einfluss auf andere Vereine. Von daher erhoffe ich mir eine Partie, in der beide Teams Bock haben, Fußball zu spielen und am Ende jeder auf dem Platz und auf den Tribünen oder vorm TV, Spaß an diesem Spiel hat.
Dabei ist es mir diesmal vollkommen egal, ob Bielefeld eine gependelte Viererkette oder eine dynamische Dreierkette spielt, wer deren Schlüsselspieler sind und welche taktischen Kniffe Bielefeld mit oder gegen den Ball nutzt.
Ich hoffe, ihr nehmt mir diese Art, mich in den Sommer zu verabschieden, nicht krumm, aber unter den Voraussetzungen und mit dem eingetüteten Klassenerhalt im Gepäck aus Essen, halte ich eine akribische Vorbereitung auf Bielefeld und deren taktische und spielerische Ausrichtung nicht für wichtig.
Datenquelle: Wyscout
Ich habe noch nie hier gepostet, aber zum letzten Spieltag mich dann doch mal angemeldet um Danke Bernd zu sagen. Hoffentich machst du nächstes Jahr hier so weiter, weil ich diese Beiträge immer gerne lese.
I find’s super und freu mich genau darauf mit meinen beiden Junglöwinnen (11 und 13) morgen im Sechzger.
Servus Bernd !
Die beste Taktiktafel von dir ever ! 🙂
Bis morgen, Bertl
Er hatte schon bessere! 😉
Aber eine sehr gelungene war diese trotzdem. Bei allem vereinspolitischem Hickhack habe ich die Taktiktafel erst jetzt gelesen. Aber alles gut so: mit Spaß am Spiel morgen einen guten Saisonabschluss. Zwei Siege am Ende würden auch ein paar Gemüter beruhigen.
Danke derweil an den Bernd für seinen Einsatz, seine Zeit und das Wissen, das er hier mit uns teilt. Man kann lange Jahre die Löwen verfolgt haben und lernt trotzdem immer wieder was Neues. Weiß jetzt nicht, ob Löwenfandasein einen zum Taktikexperten prädestiniert, aber trotzdem… Ist auf jeden Fall eine Rubrik hier auf sechzger.de, die auch sehr stark ist.
Also, Hut ab und danke Bernd – und hoffentlich hast du nächstes Jahr auch mehr Freude an den Taktikanalysen! 🙂