Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor unserem Heimspiel gegen die Zweitvertretung des Ballspielvereins Borussia 09 Dortmund. Was erwartet uns von Dortmund II am Sonntag?

TSV 1860 – BVB II heißt also das Duell am Sonntag im Sechzgerstadion. Jan Zimmermann, seit Anfang Februar bei den kleinen Borussen als Trainer im Amt, hat bisher zwei Siege in acht Spielen mit dem BVB II einfahren können. Alle anderen Spiele wurden nach seinem Amtsantritt verloren. Ein Achtungserfolg gegen an diesem Tag unterirdische Mannheimer und einen Sieg vergangene Woche gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Schwäne aus Zwickau gelang Dortmund also unter Zimmermann. Das System der Borussen ist grundsätzlich mit einer Dreierkette (3-4-1-2) angelegt, allerdings zeigten die Borussen in den letzten beiden Spielen, dass auch die Viererkette im Repertoire vorhanden ist.

Beim Sieg gegen Zwickau war es das von unserem Ex-Trainer Köllner bevorzugte und uns daher gut bekannte 4-1-4-1. Die Niederlage zuvor gegen Oldenburg wurde mit einem 4-2-3-1 eingefahren. Beide Systeme ähneln sich sehr. Der gravierendste Unterschied ist, dass im 4-1-4-1 der Box to Box Spieler offensiver agiert als im 4-2-3-1. Das 4-2-3-1 hat je nach gewählter Taktik damit im Aufbau oft eine etwas größere Variabilität gegenüber dem 4-1-4-1, das seine Wucht im Positionsspiel oft über progressive Pässe von den Flügeln auf die offensiven Achterräume entfacht.

Halten wir uns aber damit zunächst nicht auf. Bevor ich erkläre, wie Dortmund spielen könnte und wie man sie knacken kann, wie immer die wichtigsten statistischen Werte.

Die wichtigsten statistischen Werte des BVB II

  • Ballbesitz: 52%
  • Passgenauigkeit: 81%
  • defensive Zweikampfquote: 63%
  • Flankengenauigkeit: 27%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 8,86

Wie spielt der BVB II?

Bei Ballbesitz

Wie die meisten Zweitvertretungen von Bundesligisten spielen auch die Dortmunder technisch hochwertigen Fußball mit schnellen Passkombinationen über die gesamte Breite des Spielfelds.

Wenn das, was Dortmund sich vornimmt, wie geplant funktioniert und die Borussen ihre Angriffe ins letzte Drittel des Gegners vortragen können, etablieren sich vor und in der Box zwei offensive Dreierketten. Der ballferne Mittelfeldaußen begibt sich neben die Sturmspitze im Zentrum, während der ballnahe auf dem Flügel bleibt oder maximal auf die Halbposition einrückt.

Der ballferne Außenverteidiger reiht sich auf der Halb- oder Flügelposition in der Mittelfeldreihe ein und der Box to Box Spieler ergänzt die zweite offensive Kette auf der ballnahen Seite im Halbraum.

Der Zehner agiert entweder zwischen dieser Reihe und der Sturmspitze als Schattenstürmer oder er bleibt mit den beiden anderen Spielern auf einer Höhe. Das hängt davon ab, ob der Angriff über die Flügel oder durchs Zentrum erfolgt. Je weiter außen der Ball ins Spiel gebracht wird, desto weiter vorne wird der Zehner agieren.

Diese Verschiebungen ergeben, wenn die Angriffe so laufen wie sie geplant sind, entweder eine 3-3 oder 2-1-3 Formation der Dortmunder Offensive im letzten Drittel des Gegners.

Gegen den Ball

Da Dortmund – wie vielleicht der ein oder andere noch aus dem Hinspiel weiß – gegen den Ball auch mit Dreierkette nicht auf Fünferkette nach hinten abkippte, sondern auf asymmetrische Verschiebung dort setzte, war die Umstellung auf die Viererketten-Systeme für die Dortmunder Defensive kein Hexenwerk.

Dortmund presst hoch und durchaus aggressiv gegen den Ball, wenn der Gegner sich im Positionsspiel befindet. Gleichzeitig schiebt allerdings die Defensivlinie oft nicht ganz so konsequent nach vorne, wie es das hohe Pressing verlangen würde. Dadurch entstehen für den Gegner oft Räume, die produktiv besetzt werden können.

Im eigenen letzten Drittel ist der Plan mit zwei tiefen Ketten kompakt zu stehen und dem Gegner wenig Platz für Kombinationen zu lassen.

Wie kann man Dortmund knacken?

Mit Aggressivität und Galligkeit in den defensiven Zweikämpfen kommen die technisch begabten Dortmunder Spieler nur schwer zu Rande. Wie schon gegen Aue wird der Hauptknackpunkt für den TSV 1860 sein, den BVB II beim Aufbau im Positionsspiel zu nerven und das Pressing, egal ob gegen den Mann oder im Raum, auf allen Positionen der Pressinglinie konsequent durchzuziehen, bis eine Vorentscheidung herbeigeführt ist.

Dieser hohe Druck führt zu kleinen individuellen Fehlern, die man klug ausnutzen muss.

Gegen Mannschaften, die wie oben beschrieben agieren, verlieren die Spieler der Borussen oft schnell die Lust. Spätestens nach dem zweiten Gegentreffer ergibt sich der BVB II dann meist seinem Schicksal.

Den sogenannten Ehrentreffer erzielt der BVB zwar schon mit gewisser Regelmäßigkeit, aber meist erst, wenn der Gegner schon den Sack zu gemacht hat.

Kleine Warnung

Lässt der TSV 1860 dem BVB II zu viel Platz, werden sie das aber nutzen und die gegnerische Mannschaft dafür hart bestrafen. Kommen die Borussen ins Rollen, findet der Gegner nicht mehr ins Spiel hinein. Die Siege der Borussen gegen Mannheim und Zwickau sind Anschauungsunterricht dafür, wie eine Mannschaft mit technisch versierten Jungprofis gestandene Profis zerpflücken kann, wenn sie genug Platz und Zeit zum Ausspielen ihrer Fähigkeiten bekommt.

Stärken und Schwächen des Systems 4-2-3-1

Die Stärken

Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert.

Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich, wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv und nicht nur als Ballverteiler in das Offensivspiel (Box to Box Spieler) mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.

Die Schwächen

Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift, schwer zu kontrollieren, da die Wege, um einen Spieler zu doppeln, relativ weit sind und die Doppelung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft.

Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorne ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko, da sich dadurch für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten bietet. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken, zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.

Schlüsselspieler

Abwehr

Der in Duisburg geborene Stammtorhüter Marcel Lotka (#35) fehlt dem BVB II gegen den TSV 1860, da er zur U21-Nationalmannschaft Polens reisen darf.

Als Ersatz stünde der 1,98 m große Silas Ostzinski (#1) bereit, über den ich euch leider nichts sagen kann. Mit Daten aus nur einem Spiel diese Saison für den 19-Jährigen – witzigerweise ausgerechnet gegen unseren an diesem Tag nicht wirklich gefährlichen TSV 1860 München – wäre es abenteuerlich, bei dieser Personalie rumzuorakeln. Das Gegentor damals war ein von Albion Vrenezi verwandelter Strafstoß.

Auch Luca Unbehaun (#38), dritter Keeper der Profis, wäre für die Zweite der Borussen spielberechtigt. Lassen wir uns überraschen, wer am Ende auflaufen wird.

Kapitän Franz Pfanne (#23) fehlt gelbgesperrt, wurde aber zuletzt von Trainer Zimmermann sowieso im defensiven Mittelfeld aufgeboten. Damit wird Niklas Dams (#30) die Borussen sowohl als Abwehrchef als auch als Kapitän aufs Feld führen. Er ist einer der Spieler, die älter sind als 23 Jahre. Mit seiner Erfahrung gibt er der Abwehrreihe die nötige Stabilität. Er ist bei Zweikämpfen gegen den Ball stark und kann diese meistens lösen, ohne die Grätsche auspacken zu müssen. Auch organisiert Dams als zentraler Innenverteidiger die Defensivreihe. Die Spieleröffnung im Positionsspiel obliegt ebenfalls meist ihm. Der Plan, den Spieler, den er zustellt zu meiden, geht für viele Teams auf. Seine Nebenleute produzieren unter Druck Fehler, was aufgrund ihrer Jugend aber auch normal ist.

Mittelfeld

Antonios Papadopoulos (#18) fehlt wie Pfanne gelbgesperrt. Damit fallen beide möglichen Schlüsselspieler auf der Doppelsechs aus.

Ob Ole Pohlmann (#19) auf der Position hinter der Spitze aufläuft oder Michael Eberwein (#14) ist die Frage, die ich mir stelle.

Pohlmann ist ein exzellenter Vorbereiter, strahlt aber selbst wenig Torgefahr aus. Seine offensiven Eins gegen eins-Situationen löst er relativ gut, egal ob es sich um Laufduelle oder Dribblings handelt. Vermutlich wird Pohlmann, der auch gegen den Ball sehr gut agiert, die Box to Box Rolle bekommen.

Eberwein, der den Statistiken nach viertbeste Spieler der Liga auf der Position hinter den Spitzen, dürfte dort gesetzt sein. Über den im Sommer aus Halle gekommenen Offensivspieler braucht man, denke ich, nicht viele Worte verlieren. Er ist der beste Spieler im Eins gegen Eins bei der zweiten Mannschaft der Borussen. Wie bei Pohlmann ist es auch bei ihm so, dass das sowohl Laufduelle als auch Dribblings betrifft. Das Tor hat er diese Saison allerdings noch nicht getroffen. Von seinen bisher elf Schüssen in Richtung des gegnerischen Kastens hat noch keiner (!) dem Torhüter Arbeit verschafft, wenn man den Zahlen unseres Statistik-Anbieters Glauben schenken darf. Seine große Fähigkeit ist es, Situationen früh zu erkennen. Er spielt dann oft den letzten oder vorletzten Pass vor Chancen der Dortmunder.

Sturm

Mit acht Treffern und drei Vorlagen ist Justin Njinmah (#11) der gefährlichste Angreifer der Borussia aus Dortmund. Die Systemumstellung verfrachtete ihn allerdings aus dem Sturmzentrum auf den rechten Flügel im Mittelfeld. Die offensiven Verschiebungen im System bei Ballbesitz im letzten Drittel sorgen jedoch dafür, dass Njinmah trotzdem immer noch oft genug im Sturmzentrum auftaucht und auch trifft. Hier ist äußerste Vorsicht geboten, dass man sich nicht von ihm überraschen lässt.

Fazit vor TSV 1860 – BVB II

Kurz und schmerzlos: Über den Kampf zum Sieg. Mit einer ähnlichen Vorstellung wie gegen Aue und den Grundtugenden der Sportart Fußball – also Laufbereitschaft, Kampfeswille und Mannschaftsdienlichkeit – wird der TSV 1860 am Sonntag gegen den BVB II dreifach punkten. Dortmund spielt nur gut, wenn man sie lässt.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Sechzger ihren Aufwärtstrend fortsetzen und wir mit drei Punkten wieder einen wichtigen Schritt nach vorne machen werden.

So könnte Dortmund beginnen

Datenquelle: Wyscout

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Steffen Lobmeier

Wie immer super. Wenn man sieht, wer bei denen fehlt, braucht man bei Sechzig wegen Morgalla echt nicht rumjammern.