Herzlich willkommen zur Taktiktafelanalyse des Spiels TSV 1860 München – SSV Jahn Regensburg. Am Ende steht eine brutal unglückliche Niederlage unserer Löwen, die der Gegner in der Nachspielzeit fixierte.

TSV 1860 – Jahn Regensburg endete mit 0:1. Eine unerwartet gute Leistung der Sechzger zwischen den beiden Strafräumen reichte nicht, um gegen effiziente Domstädter etwas Zählbares zu holen. Die Sechzger spielten diesmal im 4-4-1-1 mit Zejnullahu als hängende Spitze und Regensburg wie erwartet im 4-2-3-1.

Die durch Sperren und Verletzungen stark dezimierten Löwen hielten gegen den Tabellenführer lange mit. Eine Unkonzentriertheit sorge am Ende für die Niederlage.

Beide Teams versuchten zu Beginn der Partie die Pressinglinie mittig zu stellen. Die Löwen agierten auch beim Anlaufen nicht wie gewohnt. Mit Mittelstürmer Lakenmacher und Zejnullahu liefen vor einer – die Räume im Zentrum zustellenden – Dreierkette diesmal zwei Spieler den Aufbau des Gegners an. Jahn Regensburg setzte auf eine Linie aus drei Spielern beim Anlaufen des gegnerischen Positionsspiels.

Die Defensivlinien waren bei beiden Teams der Höhe der Pressinglinie angepasst. Den Raum, der dadurch im Mittelfeld entstand, nutzen die Teams beide gut aus. So lief die Partie hin und her. Regensburg agierte jedoch aggressiver gegen den Ballbesitz der Sechzger und erfocht sich das Leder dadurch oft bevor die Sechzger Gelegenheiten hatten, in die Box der Gäste vorzudringen.

Vor der Analyse wie gewohnt die statistischen Werte der Partie.

Statistische Werte TSV 1860 – SSV Jahn Regensburg

  • Ballbesitz: TSV 1860 50% – SSV 50%
  • Passgenauigkeit: TSV 1860 81% – SSV 80%
  • Defensive Zweikampfquote: TSV 1860 53% – SSV 64%
  • Schüsse/aufs Tor: TSV 1860 18/3 – SSV 9/3
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): TSV 1860 11,38 – SSV 11,46

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz (50%:50%)

Die Zahlen geben hier im Großen und Ganzen das wieder, was auf dem Platz geschah. Beide Teams liefen den Platz hoch und runter. Mit leichten Vorteilen beim Eindringen ins letzte Drittel und in die Gegnerische Box für Jahn Regensburg.

Eine weitere Analyse eine oder beide Halbzeiten betreffend, ist bei dieser statistischen Größe nicht notwendig. Ich möchte nur noch anfügen, dass Regensburg leichte aber vernachlässigbare Ballbesitzvorteile im ersten Durchgang verzeichnete und die Löwen dementsprechend gleichwertige Vorteile ihrerseits in der zweiten Hälfte der Partie hatten. Nichtsdestotrotz waren diese Vorteile marginal und nicht spielentscheidend.

Passgenauigkeit (81%:80%)

Hier haben wir einen leichten Vorteil, der auf den ersten Blick nicht ins Gewicht fällt, aber für kleine Nuancen in der Partie dennoch wichtig war, zu verzeichnen.

Die Tatsache, dass die Löwen im Positionsspiel aufgrund der meist als Dreierkette anlaufenden Pressingreihe des Jahn dann und wann einen oder zwei vorbereitende Pässe in der Abwehr mehr spielen mussten als die Gäste, um die Lücke im Pressing des Gegners zu finden, ist ein Grund für die leichte Diskrepanz bei diesem Wert.

Bei den Vorwärtspässen alles in allem wieder genauer agierend, war hier die Quote der Sechzger nach mehreren Wochen, in denen sie unter die wichtige Grenze von 70% bei Pässen nach vorn gerutscht war, hier wieder auf einem Wert, der als annehmbar gewertet werden kann.

Die Genauigkeit der Pässe in letzte Drittel konnte gar auf den zweitbesten Saisonwert gehoben werden.

Ein Manko gilt es jedoch bei der Genauigkeit zu verzeichnen. Die Vorteile beim Einwurfverhältnis (26:13) wurden durch Ungenauigkeiten der Sechzger einerseits und guten Einsatz des Spieler des SSV in diesen Situationen leider in Gegenteil verkehrt. Während Jahn Regensburg alle eigenen Einwürfe zum Mitspieler brachte, gab der TSV 1860 München hier achtmal den Ballbesitz an den Gegner ab.

Defensive Zweikampfquote(53%:64%)

Nun kommen wir zum ersten wirklich schlechten Wert auf Seiten des TSV 1860 München im Spiel gegen Jahn Regensburg. Nicht nur ist die Diskrepanz beider Teams im relativen Wert höher als zehn Prozent, die Regensburger führten mit einem Plus von 36% auch insgesamt deutlich mehr Zweikämpfe gegen den Ball. Am Ende gewann Regensburg dadurch lediglich sechs Zweikämpfe gegen den Ball weniger als die Löwen überhaupt geführt hatten. Wer nun hofft, dass sich das durch die abgefangenen Bälle egalisiert hätte, ist leider auf dem Holzweg. Auch bei diesen liegt der Jahn mit einem relativen Vorteil von 5% leicht vorne.

Sehen wir uns an, wo die Zweikämpfe geführt wurden, ändert sich an diesem Bild leider auch nichts. Auch im eigenen letzten Drittel lag die Zweikampfquote und auch die Anzahl der geführten Zweikämpfe gegen den Ball unter dem Niveau der Gäste.

Entscheidend war das – abgesehen von dem Blackout der Mannschaft vorm Gegentor – für den Ausgang des Spiels allerdings keineswegs. Dazu kommen wir aber weiter unten. Es war nicht nur Kurt, der beim Gegentreffer schlecht aussah.

Schüsse/aufs Tor (18/3:9/3)

Die Hälfte der Schüsse der Sechzger kam von außerhalb des Strafraums des Jahn. Interessanterweise waren da allerdings mit Ludewigs von Gebhardt sensationell gehaltenem Versuch (38.), Vrenezis Lattenkracher (42.) und einem ebenfalls von Vrenezi abgefeuertem, aber ebenfalls durch SSV Keeper Gebhardt spitzenmäßig parierten, Schuss (74.) mit die gefährlichsten Abschlüsse des TSV 1860 im Spiel gegen Jahn Regensburg dabei. Drei der neun Versuche von außerhalb wurden geblockt.

In der Box feuerten die Löwen ebenfalls neun Schüsse ab. Davon ging lediglich einer auf den Kasten der Gäste. Fünf Versuche des TSV, in der Box aufs Tor zu schießen, konnten die einsatzfreudigen Defensivspieler des SSV blocken. Ein Schuss von Rieder, kurz hinter der Strafraumgrenze aus halbrechter Position abgefeuert, konnte Gebhardt ebenfalls parieren. Das war der einzige aus der Box abgebene Schuss des TSV 1860, der dem Keeper des Jahn Arbeit verschaffte.

Regensburg gelang es lediglich dreimal, in der Box zum Schuss zu kommen. Von diesen drei Schüssen blockten die Sechzger einen, einen weiteren musste Richter parieren (Kother, 64.) und einer fand leider sein Ziel und schlug – nachdem er den Innenpfosten küsste – hinter Richter im Tor ein.

Von den sechs von außerhalb des Löwenstrafraums abgefeuerten Schüssen der Gäste wurde ebenfalls einer geblockt und einer durch Richter problemlos festgehalten. Der Rest verfehlte das Ziel.

Der Treffer

Hier könnt Ihr das Tor für Regensburg und weitere Highlights der Partie noch einmal betrachten.

Das 0:1

Nach einem Einwurf von der linken Seite des SSV verhält sich die Defensive der Löwen generell etwas passiv, so kommt der Ball über mehrere Stationen zu Eichinger. Seine Flanke, die er unbedrängt etwa 15 Meter vor der Box der Löwen aus halbrechter Position auf die halblinke Seite des Strafraums spielen kann, fällt Eisenhuth vor die Füße.

Eisenhuth stielt sich, während der Ball in der Luft ist, aus dem Zentrum, wo er von Verlaat bewacht wurde, ein paar Meter nach außen und kommt dort völlig frei zum Schuss. Was im ersten Moment im Stadion für mich wirkte, als wäre es klar Kurts Fehler, ist nach Betrachtung der Fernsehbilder ein gemeinschaftliches Versagen des deutlich pumpenden Kapitäns der Löwen, Kurt sowie auch der kompletten Vordermannschaft des TSV 1860, die Jahn Regensburg ohne Gegenwehr den Ball über mehrere Stationen von links nach rechts transportieren lässt. Bonga, Frey, sowie leider auch Greilinger, der als Eichinger an den Ball kommt, viel zu tief steht, greifen während dieser Ballstafette nicht ein bzw. laufen dem Geschehen hinterher und so schauen die Sechzger am Ende wieder einmal mit dem sprichwörtlichen Ofenrohr ins Gebirge.

Dieses Gegentor war unnötig und schon in der Entstehung vor der Flanke verhinderbar.

Das fiel auf

Die am Ende spielentscheidenden verlorenen bzw. gewonnenen Duelle um den Ball fanden in der Luft im oder um den Fünfmeterraum der Regensburger statt. Bis auf einen Luftzweikampf knapp vor dem Fünfmeterraum konnten die Sechzger keines von elf Luftduellen vor dem Regensburger Tor für sich entscheiden. Die Tatsache, dass es in diesen elf Situationen zu Luftduellen kam, zeigt uns einerseits, dass mit den Flanken prinzipiell in diesem Spiel auf Seiten der Sechzger alles in Ordnung war. Dass man nicht alle Luftduelle gewinnen kann, ist ebenfalls klar. Aber lediglich eins von elf ist zu wenig. Das offensive Kopfballspiel ist nicht erst seit Samstag kaum vorhanden.

Die Lufthoheit im eigenen Strafraum war für Regensburg der entscheidende Faktor.

Die Entstehung der Flanke vor dem Gegentreffer lässt mich auch etwas ratlos zurück. Wie kann es sein, dass beim Stande von 0:0 der Ball über mehrere Stationen vom Gegner horizontal über die gesamte Spielfeldbreite gebracht werden kann, ohne dass auch nur ein Spieler wirkliche Gegenwehr leistet?

Das Herausspielen klarer Chancen fällt den Sechzgern nach wie vor schwer. Weitschüsse – seien sie auch noch so präzise und gefährlich – sind für mich keine solchen. Schüsse aus der Box treffen entweder das Ziel nicht oder werden geblockt. Wenn die verteidigende Mannschaft fünf von neun Schüssen abblocken kann, stimmt etwas in der Vorbereitung auf den Torschuss nicht, oder der Schütze wählt mit dem Abschluss die falsche Option.

Fazit

Ich weiß heute gar nicht, was ich schreiben soll. Diese Last-Minute-Niederlagen sind einfach sehr enttäuschend. Als nächstes geht es gegen durch den Sieg im Pokalspiel euphorisierte Saarbrücker; dort wird man uns auch nichts schenken.

Dafür, dass die Mannschaft stark dezimiert ins Spiel gehen musste und auch noch kurz vor dem Spiel unerwartete Ausfälle hinzunehmen hatte, hat man sich bis zum späten Gegentor eigentlich wacker geschlagen.

Ich hoffe, dass man sich ergebnistechnisch sehr bald wieder fängt. Wir schießen im Ligavergleich zusammen mit Lübeck die drittwenigsten Tore. Nur Freiburg und Duisburg treffen seltener. Ein Team, das nicht mindestens zwei Treffer selbst erzielt, wird in dieser Liga selten gewinnen. Eine Mannschaft, die nicht mindestens einmal trifft, selten einen Punkt holen. Hervorzuheben, dass wir auch das Team mit den drittwenigsten Gegentreffern sind, ist leider Augenwischerei.

Natürlich fußt auch in Liga 3 alles auf einer stabilen Defensive. Es ist allerdings so, dass der TSV 1860 München trotz nur weniger Gegentreffer die Mannschaft mit den meisten zugelassenen gegnerischen Schüssen in der Liga ist. Dazu gesellt sich die drittschlechteste eigene Schussgenauigkeit bei einer im Ligavergleich nur durchschnittlichen Schussanzahl. 40 Prozent der Schüsse werden von außerhalb der Box des Gegners abgefeuert. Obendrein haben die Löwen die viertschlechteste Torquote pro 90 Minuten. Nach nun einem Drittel der Saison müssen die Verantwortlichen in der KGaA langsam beginnen, sich Gedanken zu machen, was besser werden muss und wie es besser werden kann.

Datenquelle: Wyscout

5 3 votes
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
4 Comments
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Da Bianga

Zum letzten Satz, welche Verantwortlichen?

Bluemuckel

Rhetorische Frage, oder meinst des wirklich ernst?

_Flin_

Die Kaderverantwortlichen sollten in sich gehen und gucken, ob sie nicht noch nen spielstarken und torgefährlichen 10er oder eine falsche Neun verpflichten oder ausleihen können. Vielleicht auch einen torgefährlichen Stürmer.

Innenverteidigung, Aussenverteidiger, defensives Mittelfeld und Flügel sind ordentlich besetzt. Im Sturm und auf der 10 wird nicht performt. Auch wenn ich meine, dass Zwarts eigentlich alles mitbringt, was man braucht. Müsst halt mal zwei-drei Spiele hintereinander treffen. Und Vrenezi auf der 10 könnte es auch, wenn er mehr auf die Mitspieler statt auf den Ball an seinem Fuss schauen würde.

Und der Trainer muss sich überlegen, wie er die Offensive auf Zack bringt und die Standardquote verbessert. Wir brauchen mehr Chancen. Mehr Gefährlichkeit in der Zentrale. Bessere Standards (wobei hier Verbesserungen sichtbar sind). Inklusive Einwürfe. Man kann das üben.

_Flin_

Auch wenn das Spiel unzufriedenstellend verlaufen ist, waren doch einige positive Aspekte zu benennen. Insbesondere das Zusammenspiel im Offensivbereich mit kurzen und flachen Pässen ist mir positiv aufgefallen. Das hat auf mich einen deutlich gefährlicheren (und gefälligeren) Eindruck gemacht als bisher in der Saison. Auch wenn der letzte Pass nach wie vor gefehlt hat und die ersten 30 Minuten eine offensive Nullnummer waren.

Die Defensive machte alles in allem einen stabilen Anschein. Dass man dem Tabellenführer auf Augenhöhe begegnete, stimmt zuversichtlich für den Rest der Saison. In der Offensive muss jetzt allerdings endlich mal der Schalter umgelegt werden.

Und ich vermute, dass man auch konditionell noch zulegen kann. Unsere Bilanz ab der 75. Minute ist schlicht katastrophal und zweitschlechteste der Liga. 7 Gegentore und nur 1 selbst erzielt, das kommt doch nicht von ungefähr. Entweder ist die Mannschaft konditionell weniger auf der Höhe als die Konkurrenz, oder der defensive Spielstil ist deutlich kraftraubender. In den ersten dreißig Minuten hingegen haben wir die 4.beste Bilanz der Liga.