Herzlich willkommen zur Taktiktafelanalyse des Spiels TSV 1860 – SC Freiburg II (1:0), dem dritten Heimsieg der Sechzger in Folge. Überraschend, etwas glücklich, aber nicht unbedingt unverdient gingen die Löwen am Samstag als Gewinner vom Platz.

TSV 1860 – SC Freiburg II endete am Samstag mit einem Sieg der Löwen. Jacobaccis Elf, wie immer im 4-2-3-1 System und mit einer sehr defensiven Herangehensweise auf dem Platz, schlägt die von Thomas Stamm im 4-1-4-1 auf den Platz geschickten Freiburger mit 1:0.

Die für offensives, attraktives Spiel bekannten Freiburger verschoben bei eigenem Ballbesitz über die Außenspieler in den beiden Viererketten das 4-1-4-1 auf ein 4-1-2-3, bei dem einer beiden Außenverteidiger situationsabhängig ebenfalls so weit mit aufrückte, dass während mancher Angriffssequenzen fünf Spieler in der vordersten Freiburger Linie zu finden waren.

Gegen den Ball stand Freiburg mit beiden Linien sehr hoch. Generell ging Freiburg wie erwartet bei Ballverlusten sofort und oft erfolgreich ins Gegenpressing.

Die Löwen legten ihr Spiel gegen den Ball tief an und versuchten mit Umschalt- und Konterangriffen dagegenzuhalten.

Eine einseitige erste Halbzeit, in der Freiburg fast nach Belieben dominierte, endete mit dem Schock des 1:0 für die deutlich überlegenen Gäste, die zu diesem Zeitpunkt schon einige gute Chancen liegengelassen hatten.

In Halbzeit zwei zeigte sich beim Ballbesitz ein ähnliches Bild wie im ersten Durchgang. Das Stellungsspiel der Sechzger war nun aber gegen den Ball etwas besser, sodass man den Freiburger Angriffen früher den Schwung nehmen konnte.

Trotz Chancengleichheit in Halbzeit zwei passierte aber nichts mehr, was einen Sieg des TSV 1860 München verhinderte.

Bevor wir nun zur Analyse kommen, die wichtigsten statistischen Daten der Partie.

Statistische Daten des Spiels TSV 1860 – SC Freiburg II

  • Ballbesitz: TSV 1860 37% – SCF II 63%
  • Passgenauigkeit: TSV 1860 73% – SCF II 82%
  • Defensive Zweikampfquote: TSV 1860 59% – SCF II 54%
  • Schüsse/aufs Tor TSV 1860: 8/3 – SCF II 16/4
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): TSV 1860 16,47 – SCF II 5,65

Analyse der statistischen Daten

Ballbesitz

Die absolute Spielkontrolle in Halbzeit eins durch die Gäste kann man nicht wegdiskutieren. Die hohe Quote beim Ballbesitz für den SC Freiburg II im Spiel gegen den TSV 1860 München lag nicht wie oft daran, dass der Mannschaft, die den Ball hatte, nichts eingefallen wäre und sie deshalb viel in der eigenen Defensive den Ball herumschob. Freiburg hatte immer Ideen, die Spieler des SCF waren permanent in Bewegung, und der jeweils ballführende Freiburger Spieler fand in den meisten Situationen einen anspielbaren Kollegen.

Die Sechzger hatten den Ball – wenn sie ihn denn mal hatten – in den meisten Situationen für zwei Pässe oder weniger in den eigenen Reihen, bevor er wieder weg war. Ballkontrolle und Passgenauigkeit waren in der ersten Halbzeit bei den Löwen größtenteils nicht das Gelbe vom Ei.

In der zweiten Halbzeit brachten die Löwen die Leistung dann auf ein annehmbares Niveau, bei dem zwar immer noch die Spitzenmannschaft aus Freiburg mehr Spielanteile hatte, aber in Puncto abgeschlossener Offensivaktionen beide Teams gleichauf liegen.

Passgenauigkeit

Der erste Blick

Ballbesitz und Passgenauigkeit in Abhängigkeit zu bringen, macht auf den ersten Blick bei den Werten für den ein oder anderen möglicherweise Sinn, aber betrachtet man die Halbzeiten getrennt von einander, hat der TSV 1860 München in der ersten Halbzeit lediglich über ein Drittel der Gesamtzeit den Ball, aber eine leicht bessere Passgenauigkeit als während der zweiten Halbzeit, in der mit 7% mehr Ballbesitz im Vergleich zum ersten Durchgang die Kugel häufiger und länger in Reihen der Löwen war, aber die Passgenauigkeit schlechter wurde.

Das ist zunächst etwas, das einem unlogisch erscheinen mag. Im Endeffekt ist das aber recht schnell erklärt: Mit mehr eigenem Ballbesitz ergibt sich auch mehr Ballbesitz im gegnerischen letzten Drittel. Dort ist die Fehlpassquote einfach höher als auf dem restlichen Spielfeld. Klammern wir die Pässe dort aus, verschiebt sich die Quote positiv. Dazu kommt, dass aufgrund des taktischen Plans mit Umschalt- und Konterangriffen, also mit vertikalem Spiel, zu agieren, auch lange Bälle ein häufig genutztes Mittel zum Raumgewinn waren und diese sind ebenfalls oft ein Ungenauigkeitsfaktor. Bei einem Anteil von mehr als der Hälfte der Vorwärtspässe ist es dann nicht weiter verwunderlich, wenn auch da ein Großteil nicht ankommt.

Freiburg steht gut

Die generell recht niedrige Erfolgsquote im Passspiel ist vor allem dem guten Stellungsspiel der Gäste und der Spielintelligenz der Freiburger Defensivspieler geschuldet. Das Timing beim Einlaufen in gegnerische Passwege der Freiburger und die dem taktischen Plan über Umschaltspiel und Konter gegen Freiburg zu agieren, führten aber am Ende gemeinsam zu dieser niedrigen Quote bei den Löwen.

Über die Passsicherheit und Spielgestaltung der Gäste brauchen wir, denke ich, nur wenige Worte verlieren. Eine hohe Passgenauigkeit bedeutet im Fall Freiburg am Samstag nicht wie so oft viel Ideenlosigkeit oder Ähnliches, sondern andauerndes Drücken in Richtung gegnerischer Sechzehner. Aus Freiburger Sicht mit viel Pech behaftete Abschlüsse am Ende teilweise furios vorgetragener Angriffe, bringen am Ende dann eben nicht den Lohn für die geleistete Arbeit.

Defensive Zweikampfquote

Mit 59% hat der TSV 1860 München mal wieder eine unterdurchschnittliche Leistung gezeigt, was das Gewinnen direkter Zweikämpfe am Boden betrifft und in der Luft sehen die Zahlen auch nicht rosig aus. Aber eins nach dem anderen: Auch hier sind es wieder komplett unterschiedlich Spielhälften, die man betrachten muss.

Hatten die Löwen im ersten Durchgang noch kaum Zugriff auf den jeweils ballführenden Freiburger, wurde dies in der zweiten Halbzeit deutlich verbessert und erfolgreicher verteidigt. Das Stellungsspiel war allerdings in den meisten Fällen bei Ballgewinnen der ausschlaggebende Faktor, denn die Balleroberungen für die Sechzger durch abgefangene Bälle übertreffen ungewöhnlicher Weise alle anderen Balleroberungsarten im Spiel.

Freiburgs Quote diesbezüglich ist noch schlechter als die der Löwen. Allerdings muss man hier sehen, wie oft der eigene Hintermann dann entweder den Ball abfangen oder ihn selbst im Zweikampf erobern konnte.

Somit ist die defensive Zweikampfquote sowohl bei Sechzig als auch bei Freiburg ohne Kontext betrachtet wenig Aussagefähig. Zusammenfassend kann man sagen: Nach einer sehr unsicheren ersten Halbzeit standen die Löwen in Halbzeit zwei sehr stabil gegen den Ball. Freiburg war über die ganzen 90 Minuten defensiv hellwach, aber hatte wie oben schon erwähnt Pech.

Schüsse/aufs Tor

Lediglich acht Schüsse haben die Sechzger in neunzig Minuten fabriziert – jeweils vier pro Halbzeit. Bei der Ballbesitzverteilung ist das eigentlich ein respektabler Wert. Auch die Schussgenauigkeit ist mit 37,5% auf einem guten Level. Problematisch waren allerdings wieder die Positionen, aus den teilweise abgeschlossen wurde. Lediglich drei Schüsse wurden aus der gegnerischen Box abgefeuert.

Freiburg ließ in Halbzeit eins ein Feuerwerk an Schüssen aufs Tor des TSV 1860 los. Für zwölf Versuche brauchen die meisten anderen Teams beide Halbzeiten. Man dürfte sich auch nicht beschweren, hätte Freiburg bis zum Pausentee schon selbst zwei Treffer verbucht gehabt.

Dass Sechzig es in Halbzeit zwei geschafft hat, Freiburg so in den Griff zu bekommen, dass die Schussstatistik für den zweiten Durchgang ausgeglichen ist, war eine gute Reaktion von Jacobaccis Mannschaft auf die sehr einseitige erste Spielhälfte.

Lediglich Nuancen felhlten zum Erfolg für den SCF mit insgesamt drei Alutreffern und vier weiteren Schüssen, die Löwenkeeper Hiller Arbeit verschafften.

PPDA

Die Zahlen sagen hier wirklich alles. Freiburg presste das komplette Spiel über konsequent gegen die Positionsangriffe der Sechzger. Außerdem wurde, egal wo auf dem Spielfeld der Ball verloren wurde, von Freiburger Seite her sofort ins Gegenpressing gegangen. Die Freiburger Spieler gaben kaum einen Ball verloren.

Ganz anders die defensive Herangehensweise der Löwen. Mit Lakenmacher als Spieler, der spät das gegnerische Aufbauspiel zunächst allein eher alibihaft störte, und einem aus der zweiten Reihe aufrückenden Holzhauser, wenn Freiburg in die Nähe des Mittelkreises kam, wurde von Seiten der Löwen eher leichte Angriffssteuerung betrieben, als dass man das tatsächlich Pressing nennen könnte.

Das Tor

Ein direktes Freistoßtor für die Löwen – etwas, was wir schon lange nicht mehr bejubeln durften. Vorbei an Freund und Feind von der halbrechten Seite durch Holzhauser getreten, landete der Ball im langen Eck hinter einem verdutzten Atubolu im Netz.

Nuch einmal anzusehen ist es, wie weitere Highlights auch, hier.

Das fiel auf

Pfosten, Latte und Hiller halten die Löwen in der ersten Spielhälfte in der Partie.

Zum dritten Mal in Folge zu Hause zu Null gespielt.

Die fehlende Präzision der Sechzger bei vielversprechenden Umschaltmomenten in mehreren Szenen hat die ein oder andere weitere Torchance für die Löwen verhindert.

Fazit

Die Partie des TSV 1860 München gegen den SC Freiburg II brachte am Ende des Tages eigentlich genau das, womit jeder gerechnet hatte. Mit dem Unterschied, dass das Ergebnis der Partie das, was auf dem Platz stattfand, doch gehörig auf den Kopf stellte.

Nein, der TSV 1860 München hat sicherlich nicht unverdient, aber ganz sicher sehr glücklich gewonnen.

Für die letzten Spiele, deren Ergebnisse ja nun wirklich gänzlich unwichtig sind, würde ich mir nun ein paar personelle Experimente in die Richtung “Jugend forscht” in der Startformation wünschen.

Datenquelle: Wyscout

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Gröber

Vielen Dank für die beste und ausführlichste Analyse rund um die Löwenspiele. Die Wyscoutdaten postet ja inzwischen auch der große Blog. Die helfen halt nur wenig ohne die Erläuterungen.

Steffen Lobmeier

Kein Wunder. Die können mit den Zahlen halt nichts anfangen und der Sport interessiert dort eh keinen.