Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Auswärtsspiel in Magdeburg. Christian Titz, Trainer der Magdeburger, hat ein Faible für 4-3-3 Formationen. Bisher traten die Festungsstädter immer im 4-3-3 oder einer Variante davon an. Also im 4-3-1-2, 4-3-3 (offensiv) oder 4-3-2-1. Zu Beginn der Saison vertraute man dem 4-3-3 mit Außenstürmern, zwischenzeitlich spielte Magdeburg mit zwei Halbstürmern hinter einer Sturmspitze und breitem Mittelfeld, nun setzt Titz wieder auf das klassische 4-3-3.

Der 1.FC Magdeburg wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch am Samstag gegen unseren TSV 1860 München im 4-3-3 offensiv antreten.

Bei eigenem Ballbesitz gehen die Außenverteidiger sehr offensiv, aber asymmetrisch mit nach vorne. Das heißt: Der Außenverteidiger auf der ballfernen Seite agiert weniger offensiv als sein Pendant in Ballnähe. Es entsteht so im letzten Drittel des Gegners ein sehr breitgezogenes 2-3-5. Diese offensive Spielweise beherrschen die Magdeburger aufgrund ihrer taktischen Disziplin hervorragend.

Das A und O zum erfolgreichen Spiel in dieser Formation bei derartig offensiver Ausrichtung ist ein erfolgreiches, aggressives Pressing. Und das spielt Magdeburg so gut wie kein anderes Team in der dritten Liga. Sowohl Pressing gegen das Positionsspiel, als auch Gegenpressing bei Umschaltmomenten praktiziert kein anderes Team so konsequent und vor allem so erfolgreich wie die Mannschaft von Christian Titz, der eben erst zum Trainer der Saison gekürt wurde.

Die wichtigsten statistischen Werte der Magdeburger

  • Ballbesitz: 64% (Topwert der Liga)
  • Passgenauigkeit: 86% (Topwert der Liga)
  • Defensive Zweikampfquote: 60%
  • Flankengenauigkeit: 34%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 6,4 (Topwert der Liga)

Wie spielt der 1.FC Magdeburg?

Gegen den Ball

Gegen den Ball verschiebt Magdeburg die Formation erst, nachdem es dem Gegner gelungen ist, die Pressinglinie zu überspielen. Das 4-3-3 wird zu einem 4-5-1, bei dem die Stürmer die Flügel zusätzlich absichern. Im Mittelfeld wird gegen den Ball eher mannorientiert verteidigt. Feste Zuordnungen sind allerdings nicht vorgesehen. Jeder verteidigt seine Position gegen den dort auftauchenden Gegenspieler. Damit die Übergabe im Raum funktioniert, muss einerseits die Kommunikation auf dem Platz stimmen und jeder Spieler muss gemäß den gestellten Aufgaben handeln. Unkonzentriertheiten beim Spiel gegen den Ball können bei dieser Spielweise leicht zu Gegenstößen mit Abschluss für die angreifende Mannschaft führen.

Der TSV 1860 München wird, wenn Magdeburg sein volles Potential abruft, vor allem im Mittelfeld schnell kombinieren müssen. Viel Laufarbeit kommt damit vor allem im Zentrum auf die Löwenspieler zu.

Bei Ballbesitz

Bei eigenem Ballbesitz legt Magdeburg das Spiel sehr breit an. Über die gesamte Spielfeldbreite kann mit der guten Staffelung die das 4-3-3 bietet Gefahr initiiert werden. Im letzten Drittel vor dem gegnerischen Tor stehen dann oft fünf Offensivspieler in vorderster Reihe, um Druck auf den Gegner auszuüben. Die beiden offensiven Spieler im Mittelfeld und die Außenstürmer sind hier in ihrem Bewegungsradius sehr flexibel. Abgesehen vom Mittelstürmer, der seine nominelle Position kaum verlässt, tauchen die anderen vier Spieler, die für offensive Aufgaben eingeplant sind, auf der gesamten Breite des Feldes auf. Der Sechser und die beiden Außenverteidiger geben den Takt im Mittelfeld an. Bei Ballverlust an falscher Position gegen Mannschaften, die über schnelle technisch versierte Spieler verfügen, kann diese Spielweise ins Auge gehen.

Verbesserungen seit der Hinrunde

War das Flügelspiel mit Flanken in der Hinrunde noch eine Schwäche der Magdeburger, so hat sich das seit dem letzten Aufeinandertreffen mit den Sechzgern stark verbessert. Die Anzahl der Flanken pro Spiel ist in etwa gleich geblieben, jedoch hat sich die Flankengenauigkeit derart verbessert, dass Magdeburg hier nicht mehr im unteren Drittel (wie noch in der Hinrunde), sondern auf Platz fünf zu finden ist. Magdeburg setzt bei Angriffen über die Außenpositionen also nun nicht nur auf technisch starkes Spiel am Boden, bei dem die Spieler von außen nach innen über Dribblings und diagonale Passkombinationen in die gegnerische Box ziehen, sondern auch auf zielgenaue Flanken.
In fast allen relevanten Kategorien der Statistiken findet sich der 1. FCM unter den Top fünf Mannschaften der Liga.

Stärken und Schwächen des 4-3-3

Stärken

  • Variabel in der Offensive
  • Gute Anpassung an das System des Gegners möglich
  • Durch die drei Stürmer ist hohe Kontergefahr nach Balleroberung gegeben. Schnelles Umschaltspiel wird durch die immer mit mindestens einem Spieler besetzte erste Linie begünstigt.
  • Die drei Stürmer können die Abwehrkette des Gegners unter Dauerdruck setzen. Durch Überlagerung der Schnittstellen können die Stürmer Spieler binden und so Räume für Durchbrüche aus dem Mittelfeld schaffen.
  • Das 4-3-3 bietet bei Ballbesitz sehr viel Tiefe; somit entstehen gute Passdreiecke überall auf dem Feld
  • Ein hohes, aggressives Pressing gegen den gegnerischen Spielaufbau ist möglich

All diese Stärken sieht man im Spiel der Magdeburger sehr deutlich.

Schwächen

  • Im Spiel gegen den Ball ist das 4-3-3 oft auf den Flügeln anfällig
  • Gegen den Ball können auch die Halbräume ein Schwachpunkt des Systems sein, da diese, wenn die Außenstürmer nicht konsequent mit nach hinten arbeiten, nie völlig abgedeckt werden können
  • Bei Seitenwechseln ist das System aus dem gleichen Grund ebenso anfällig; Defensivarbeit der Außenstürmer ist also überlebenswichtig für Mannschaften im 4-3-3

Da die Mitarbeit nach hinten in Magdeburg passt, treten diese Schwächen jedoch selten zu Tage.

Die Schlüsselspieler

Abwehr

Dominik Reimann (#1): Sommerneuzugang von Holstein Kiel und momentan der statistisch gesehen viertbeste Keeper der Liga. Dreizehn Spiele hat er bisher zu Null gespielt. Leichte Schwächen hat er nur im eins gegen eins.

Innenverteidiger Alexander Bittroff (#24) und sein Kapitän Tobias Müller (#5) zählen beide zu den Top-Ten Verteidigern (Platz 3 bzw. 6) der Liga. Dabei sind es nicht einmal die Zweikampfwerte, die bei diesen beiden Spielern herausstechen, sondern das gute Stellungsspiel.

Mittelfeld

Ein anderer Müller, nämlich Andreas Müller (#16), zieht die Fäden beim Spielaufbau. Der Sechser ist die erste Wahl für den Aufbau im Positionsspiel und leitet eine Vielzahl der Angriffe ein. Seine hohe Passsicherheit und sein gutes Auge für sich entwickelnde Situationen zeichnen ihn aus. Auch gegen den Ball ist er eine Bank. Er ist der Spieler mit besten defensiven Zweikampfquote bei den Festungsstädtern.

Amara Condé (#29), Dauerbrenner in der Mittelfeldzentrale, ist der eine kreative Kopf des Offensivspiels. Seine Art und Weise, Gegenspieler im Dribbling zu überspielen und  Mitspieler einzusetzen, ist überragend. Auch gegen den Ball arbeitet er akribisch mit.

Sturm

Baris Atik (#23): Ob der eigentlich im offensiven Mittelfeld beheimatete Atik als Mittelstürmer, Außenstürmer oder Halbstürmer eingesetzt wird, ist diese Saison relativ egal. Atik trifft einfach alles. Er findet entweder das Tor oder den noch besser postierten Mitspieler. 18 Treffer und 20 Vorlagen muss erstmal einer nachmachen. Zurecht wurde Atik mit in die Auswahl zum “Spieler der Saison” genommen. Sollte ein anderer als er diese Auszeichnung bekommen, müssten die Entscheider das schon sehr gut erklären können. Dribbelstark und zielsicher nimmt er zusammen mit Schuler und Conteh oder Ceka die gegnerischen Defensivreihen regelmäßig auseinander.

Fazit

Magdeburg feiert am Freitag vor dem Spiel gegen den TSV 1860 bereits die Meisterschaft auf dem Rathausbalkon der Festungsstadt. Ob das ein Vorteil für die Sechzger sein wird oder nicht, wird man sehen. Die sieggewohnte Mannschaft aus der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts wird mit breiter Brust zuhause auflaufen, um die Meisterfeierlichkeiten gebührend mit einem Sieg abzuschließen. Welche Auswirkung die Feierei mit den Fans am Freitag haben wird, kann man nicht vorhersagen. Es könnte ein Vorteil sein. Das hängt stark von der Disziplin der Spieler des 1.FCM ab.

Um die Minimalchance auf Platz 3 noch wahrzunehmen oder den vierten Platz abzusichern, wären drei Punkte nicht verkehrt.

Ich hoffe natürlich wie immer auf einen Sieg, wäre aber, je nach Leistung des Meisters, auch mit einem Punkt hochzufrieden.

Es ist für jeden Sechzger ein brutal wichtiges Spiel, für die Magdeburger eine Unterbrechung des Feiermarathons. Vielleicht nutzt man dies aus und besiegt den 1.FCM in deren Stadion wie vergangene Saison. Die Voraussetzungen sind gleichwohl grundverschieden.

So Könnte Magdeburg gegen den TSV 1860 auflaufen

Mögliche Aufstellung Magdeburg

Datenquelle: Wyscout

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