Mit seinem Löwen Kompendium veröffentlichte Thorsten Ruinys vor einigen Jahren DAS Standardwerk, wenn es um historische Begegnungen des TSV 1860 München geht. Wie wir Euch bereits vor einigen Wochen mitteilten, folgt demnächst eine Neuauflage des Buches – wir halten Euch selbstverständlich auf dem Laufenden. Der Autor selber lebt in Norddeutschland, ist jedoch glühender Löwenfan und diese Liebe geht weit über das aktuelle Geschehen in Giesing hinaus. Heute erhielten wir eine Nachricht von Thorsten, dass er soeben mit Gantcho Wassilew, dem vermutlich ältesten noch lebenden Löwenspieler, telefoniert habe, der heute seinen 100. Geburtstag feiert. Über den Bulgaren ist hierzulande kaum etwas bekannt, deswegen gibt Euch (und uns!) Thorsten einen kurzen Abriss über das Leben des ehemaligen Löwen-Spielers.

Im Jahr 2012 bin ich in Sofia auf einen Historiker gestoßen, der mir bei meiner Suche nach weiteren persönlichen Daten von insgesamt 5 bulgarischen Fußballspielern, die Anfang bis Mitte der 40er Jahre für den TSV 1860 gespielt haben, behilflich gewesen ist. Mit Hilfe der Tochter von Herrn Wassilew, Nadia Wassilewa, und dem bulgarischen Fußball-Historiker, Silvestăr Milčev, konnte ich die Karrieren der bulgarischen Spieler von 1860 zumindest in groben Zügen nachvollziehen.

Es handelte sich um Studenten, die Anfang der 40er Jahre nach München kamen, um zu studieren und nebenher bei 1860 Fußball gespielt haben. München schien für bulgarische Studenten, die in ihrem Heimatland schon höherklassig Fußball gespielt haben, ein beliebter Ort für das Studium gewesen zu sein.

Im Herbst 1941 kam Gantcho Wassilew schließlich nach München. Vorher war er als Spieler des bulgarischen Vereins Napredăk Ruse aktiv. Mit diesem Verein erreichte er einmal das Finale um den bulgarischen Königspokal. In München habe er die bei 1860 spielenden Landsleute, Nikola Nikolow (Rechtaußen der bulgarischen Nationalmannschaft) und Raitscho Bogoslowow (zuvor Meister mit Slawia Sofia), kennengelernt. Die beiden hätten ihn dann zu 1860 gelotst. Er sei über die Bedingungen in Deutschland erstaunt gewesen. Hier habe es Rasenplätze und Massageräume gegeben. Das habe es in Bulgarien nicht gegeben. Er sei als Reservespieler aufgenommen worden und dann zum Einsatz gekommen, wenn die Stammspieler an Front gemusst hätten.

Letztlich hätten ihn die furchtbaren Luftangriffe aus Deutschland vertrieben. Er sei nach 1943 nach Prag gegangen, um dort sein Studium fortzusetzen. Allerdings habe er noch für 1860 gespielt. Der Verein habe dann die Reisekosten für die Fahrten nach München übernommen.

Insgesamt können für Gantcho Wassilew in der Saison 1943/44 6 Einsätze in Punktspielen der ersten Mannschaften sowie zwei Einsätze in Freundschaftsspielen (1 Tor) belegt werden.

Nach dem Krieg spielte er zunächst einige Zeit für für den Prager Verein Bržrenov, bevor er anschließend lange Jahre bei CSKA Sofia, mit dem er 1951 bulgarischer Meister wurde, aktiv gewesen ist.

Heute lebt er mit seiner Frau in Sofia und spricht immer noch etwas Deutsch.

Die Bilder zeigen Gantcho Wassilew gemeinsam mit Nikola Nikolow vor einem Spiel im Dantestadion, sowie das Geburtstagskind im Jahr 2020 in Sofia.

Wir danken Thorsten Ruinys für diesen wunderbaren Artikel samt Fotos und wünschen Gantcho Wassilew alles Gute zum 100. Geburtstag!

 

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