Die Länderspielpause ist vorbei, es geht weiter im Ligaalltag. Nachdem wir aufgrund günstiger Ergebnisse der Konkurrenz trotz der Niederlage gegen Wehen im Tabellenmittelfeld verbleiben konnten, ist das kommende Spiel richtungsweisend. Wie schon im letzten sechzger.de-Talk besprochen, halten wir mit einem Sieg den Anschluss nach oben, mit einer Niederlage rutschen wir wieder unten rein. Dazu müssen wir in der Vorstadt bestehen, im zum großen Derby hochstilisierten Nachbarschaftsduell im Münchner Süden. Wir fahren mit der S-Bahn aufs Land und zwar zur: Spielvereinigung Unterhaching e.V..

Aktuelles – Die Ausgangssituation

Nachdem wir uns in den letzten Jahren gegen Haching notorisch schwergetan haben, könnte der Moment auf die Siegerstraße zurückzukehren nun nicht besser sein. Die Bobfahrer haben seit 5 Ligaspielen nicht mehr gewonnen und stehen in der Tabelle auf Platz 18. Im letzten Spiel gab es eine Niederlage gegen den SC Verl. Wie schon in dieser Partie fehlt auch am Sonntag Cheftrainer Marc Unterberger an der Seitenlinie. Nach seiner umstrittenen roten Karte in Nachgang des Remis gegen Sandhausen, als er den vierten Offiziellen zu ungestüm verabschiedete, ist der Übungsleiter für drei Spiele gesperrt. Somit wird Co-Trainer Sven Bender als Chef auf der Bank Platz nehmen.

In der Länderspielpause sollte eigentlich Haching an unserer Statt das Testspiel gegen Fürth bestreiten, musste aber aufgrund von Krankheit und anderen Personalengpässen absagen. Somit kommen die Herren aus der Vorstadt ohne zusätzliche Spielpraxis zurück in die dritte Liga. Nachdem wir im Sommer mit Vollath, Hobsch und Schiffer drei Leistungsträger aus dem Landkreis München loseisten kommt es auch zu einem Wiedersehen mit Kollegen an alter Wirkungsstätte. So werden die Rot-Blauen vielleicht noch etwas motivierter sein, den großen Rivalen wieder punktlos nach Hause zu schicken.

Kader & Transfers

Nicht nur bei uns waren Spieler aus Haching beliebt, besonders die Eigengewächse haben bundesweit Begehrlichkeiten geweckt. So gab es auch im Münchner Süden einen großen Umbruch. Es stehen 23 Zugänge 19 Abgängen gegenüber. Hier steht der 16-jährige Stürmer Gibson Ade aber auf beiden Seiten, da er nach seinem Millionentransfer zu den Roten wieder zurück ausgeliehen wurde.

Neben den schon bekannten Abgängen, sind noch einige erwähnenswert. So wechselte auch der 18-jährige Maurice Krattenmacher für eine hohe Summe in die Seitenstraße, ist aber aktuell an Ulm ausgeliehen. Mit Benedikt Bauer, der ablösefrei zum KSC ging, ist ein weiteres Eigengewächs nun in der zweiten Liga aktiv. Auch einige Routiniers stehen Trainer Unterberger nicht mehr zur Verfügung. Die Welzmüller Brüder haben ihre Karrieren beendet, der Vertrag mit Yannick Stark wurde nicht verlängert und Stürmer Mathias Fetsch läuft nun für Freiburg II in der Regionalliga auf.

Auf der Zugangsseite wurde in allen Mannschaftsteilen eingekauft, sowie sieben Spieler aus der Jugend hochgezogen. Hier steht besonders Torwart Konstantin Heide im Fokus, die neue Nummer 1 im Kasten der Bobfahrer. Um die Abgänge der etablierten Doppelspitze im Sturm aufzufangen, wurden drei Spieler verpflichtet, die alle schon zweimal getroffen haben. Luc Ihorst (24) kam aus Braunschweig, Lenn Jastremski (23) von den roten Amateuren und Julian Kugel (27) aus Ingolstadt. Außerdem steht noch Thomas Winkelbauer zu Verfügung, der variable Offensivmann kam von Wacker Burghausen. Der Abgang von Raphael Schifferl wurde mit Routine aufgefangen. Drittligaroutinier Tim Knipping wurde auf Leihbasis aus Sandhausen geholt. Pünktlich zum Spiel gegen 1860 wurde nun noch Mittelfeldspieler Johannes Geis aus der Vereinslosigkeit verpflichtet. Der Bundesliga und CL- erfahrene Franke stand letzte Saison noch beim Club aus Nürnberg unter Vertrag.

Von den etablierten Spielern gibt es natürlich immer noch die unvermeidlichen Stiefler, Skarlatidis und Schwabl, die schon länger in der Vorstadt ihr Unwesen treiben. Der bei den Sechzig Fans besonders “beliebte” Schwabl ist im Hachinger Familienunternehmen auch noch als Sportdirektor tätig. Die Entwicklung des einstigen Toptalents Boipelo Mashigo scheint ins Stocken geraten zu sein, bisher reichte es in dieser Saison nur zu einigen (Ultra)Kurzeinsätzen.

Vereinsgeschichte

Die Spielvereinigung Unterhaching wurde im Jahre 1925 gegründet und nahm das Fußballspielen auf, nachdem sich die Fußballabteilung des TSV Hachinger Tal abgespalten hatte. Nach ersten sportlichen Erfolgen – Aufstieg in die A-Klasse – wurde der Club 1934 wegen “politischer Unzuverlässigkeit” von den Faschisten aufgelöst. Nach Kriegsende wurde 1945 der Spielbetrieb in der B-Klasse wieder aufgenommen. Bis 1975 schwankte man zwischen A- und B-Klasse und konnte sogar ein Mal auf die Kreisebene schnuppern. Im Jubiläumsjahr 1975 wurde dann die Bob-Abteilung gegründet und es beginnt sich sportlicher Erfolg einzustellen.

Nach dem man 1976 in die A-Klasse aufgestiegen war, gelang 77 der Durchmarsch in die Bezirksliga. Unter der Ägide von Meisterlöwe Peter Grosser geht es zwei Jahre später weiter hoch in die Landesliga. Abermals zwei Jahre später ist man in der Bayernliga, der höchsten Amateurspielklasse angekommen. In 1983 wird der Traumlauf erstmals wieder gestoppt, als man in der Relegation zur 2. Bundesliga scheitert. Nach weiteren gescheiterten Anläufen gelingt der Aufstieg in die 2. Liga im Jahre 1989, aus der man sich aber postwendend wieder verabschieden muss. In dieser Zeit orientiert sich die breitensportorientierte Fraktion der Fußballer anders und gründete “Fortuna Unterhaching”.

Mit Einweihung des Sportparks 1992 schafften die Vorstädter den Wiederaufstieg, mehr als eine Saison konnte man sich aber wieder nicht halten. Nach der direkten Rückkehr kann man sich 95 etablieren und bis 99 in der 2. Liga halten. Dann folgt das erfolgreichste Kapitel der Vereinsgeschichte, das kleine Haching steigt in die Bundesliga auf und kann sich zwei Jahre halten. 2001 folgt dann doch der Abstieg, im Jahr darauf geht es noch eine Stufe tiefer in die Regionalliga. Man stieg direkt wieder auf und konnte sich zum letzten Mal einige Jahre in der zweiten Leistungsklasse halten. Nach dem Abstieg qualifiziert man sich 2009 für die neue 3. Liga.

Im Jahre 2012 beginnt die Ära Schwabl in der Vorstadt. Erster “Erfolg” ist 2015 der Abstieg aus dem Profifußball. In diese Zeit fällt aber auch die radikale Neuorientierung auf die Entwicklung junger Spieler, in Folge von finanziellen Problemen nach dem Ausstieg des Hauptsponsors “Generali” 2011. 2017 dann der Wiederaufstieg, Börsengang 2019 und Abstieg 2021. Seit letzter Saison ist man aber wieder zurück im Profifußball.

Seit der Fokussierung auf die Jugendarbeit konnte sich Haching einen exzellenten Ruf erarbeiten und bringt trotz der großen Konkurrenz aus dem nahen Giesing viele Talente heraus. Der Börsengang ist dagegen eher gefloppt, weshalb der Verein finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet ist. Trotzdem scheint seit einiger Zeit für manche Löwenfans der Sportpark als eine Art “El Dorado” mit Messias Schwabl in dem alles viel besser läuft als an der Grünwalderstraße 114. Wer statt einem Verein auch lieber Fan eines mittelständischen Familienbetriebs wäre, kann sich gerne an den Bobfahrern orientieren.

Verein & Firma

Die Spielvereinigung vereint circa 1 000 Mitglieder in den Sparten Fußball und Bobfahren. Letztere kann große Erfolge vorweisen und hatte einen Olympiasieger in ihren Reihen. Aktuell findet man sehr wenig zur Entwicklung. Seit 2018 sind, ähnlich wie beim TSV, die Profis sowie die A- und B-Jugend in eine Fußballfirma ausgegliedert. Die “Spielvereinigung Unterhaching Fußball GmbH & Co. KGaA” wird seit 2019 an der Börse München gehandelt und ist damit nach Borussia Dortmund der zweite deutsche Fußballclub an der Börse. Dem Verein gehören 58,02% der Anteile, 12,20% sind im “Streubesitz” von Kleinaktionären. Die zwei “Ankerinvestoren” sind einmal die “Schwabl GmbH” mit 19,34% und Andreas Kögl mit 10,44%. Über letzteren ist im Netz wenig zu finden, außer einem Video, in dem sich Schwabl und er selbst beweihräuchern. Anscheinend hat “Andy” schon rund eine Million Euro in Unterhaching investiert… Aus einer Studie zum Börsengang erfährt man folgendes:

“Andreas Kögl wurde am 21.07.1969 in München geboren. Er ist ein Enkel der Familie Schicht. Herr Kögl besuchte die Grundschule Hohenbrunn und ging anschließend aufs Isar Gymnasium in München. Danach absolvierte Andreas Kögl eine Lehre zum Versi- cherungskaufmann, die er im Jahre 1990 erfolgreich abschloss. Von 1990 bis Ende 1992 studierte Andreas Kögl Finanzen und Geschichte in Clermont (Kalifornien) und fing 1993 als Orga-Inspektor bei der Victoria Versicherung an. Von 1994 bis 2008 arbeitete er als selbständiger Versicherungsvertreter, später als Generalagent für die Victoria Versiche- rung (heute ERGO Group AG). Seit 2008 verwaltet Andreas Kögl das Stiftungsvermögen der Familie Schicht[…].”

Der Komplementär der KGaA ist die “Haching Verwaltungs GmbH”, eine Tochterfirma des Hauptvereins über die auch 50+1 eingehalten wird. Geschäftsführer dieser Gesellschaft, die auch die Geschäftsführung der ganzen Fußballfirma innehat, ist Manfred Schwabl. In der Konstellation mit ihm als Präsidenten des e.V., Geschäftsführer der Fußballfirma und zweitgrößtem Anteilseigner wirkt das Ganze schon etwas wie ein “Wiesbaden-light”. Die Umstände, dass sein Sohn nicht nur Spieler, Kapitän sondern auch Sportdirektor ist, in der Außendarstellung fast nur Manfred Schwabl präsent ist und dieser angeblich auch noch die Strafe für die fehlende Lizenz von Trainer Unterberger aus eigener Tasche zahlt, verleitet schon sehr dazu den Vorstadtverein als Familienunternehmen zu sehen… Ob man sowas, gepaart mit einem Nicht-Erreichen der eigenen Ziele, will, muss jeder für sich selbst entscheiden…

Fanszene

Auch im südlichen Landkreis München gibt es eine kleine Fanszene, mit Ultraanspruch. Von Löwenfans oft als rote Filiale verschrien, versucht man im Schatten der übermächtigen Rivalen sein Ding durchzuziehen. Die organisierten Fans stehen in Haching auf der Südtribüne vor dem Sportheim rechts neben dem Tor (vom Spielfeld aus). Die zwei Hauptgruppen sind die “Fanszene Haching” und das “Classic Squad”. Während daheim bei Topspielen zeitweise (für die Vorstadt) beachtliche Mobgrößen erreicht werden können, muss man auswärts froh sein den zweistelligen Bereich zu erreichen. Fanfreundschaften gibt es nach Ingolstadt, Rivalität besteht natürlich zu den großen Nachbarn, wirklich ausgelebt wird dies aber eher in der eigenen Gewichtsklasse gegen Wacker Burghausen oder Jahn Regensburg.

Für ihre Größe hat die Spielvereinigung, verglichen mit z.B. Viktoria Köln, sehr viele organisierte Fanclubs und das im ganzen Bundesgebiet. 64 Stück werden auf der Webseite geführt, einige mit so exotischen Standorten wie Helsingborg in Schweden, Wettingen in der Schweiz und Olang in Südtirol. Bekannt ist vielen außerdem sicher noch die riesige “Sendling” Zaunfahne, welche, wie viele Ortsfahnen bei 1860, einer Einzelperson gehört.

Stadion

Die Bobfahrer trage ihre Heimspiele im “Sportpark Unterhaching” aus, welcher aktuell auf den Namen “UhlsportPARK” hört. Das im April 1992 eröffnete Stadion fasst 15 053 Menschen auf 6 874 Sitz- und 8 179 Stehplätzen und ist im Vergleich zur Einwohnerzahl der Gemeinde (ca. 26 000) sehr groß geraten. Seit vielen Jahren möchte der Verein Eigentümer des Stadions und der angrenzenden Liegenschaften (Trainingsplötze, Parkflächen) werden. Nachdem in 2020 schon fast eine Einigung für das Stadion als Einzelobjekt erzielt wurde, wurde das Verkaufsprozedere aber noch einmal neu aufgerollt. Nun steht ein Angebot mit einem Kaufpreis von ca. 7,56 Mio. Euro von Seiten der Gemeinde im Raum. Dies beinhaltet nun die doppelte Grundfläche, inklusive der Trainingsplätze 2 und 3, sowie dem Kunstrasen. Seit 2023 teilt sich der Verein das Stadion mit den “Munich Ravens”, die ihre Heimspiele in der European Football League hier austragen. [Dieser Abschnitt wurde am 19.10.2024,14:40 Uhr angepasst]

Der Bau in den 90er Jahren war notwendig, da die eigentliche Heimat der Hachinger in der Grünau zu klein für die 2. Liga war. Heutzutage ist es fast unvorstellbar, dass hier jemals Profifußball stattgefunden hat. Das Stadion wird heute von Fortuna Unterhaching in der Kreisliga bespielt. Nach dem ersten Bauabschnitt 1992 fasste die Arena 11 000 Zuschauende auf der Haupt- und Südtribüne. Mit dem Bundesligaaufstieg zur Jahrtausendwende wurde ein erster Umbau nötig. So wurden Nord- und Osttribüne erweitert, welche vorher nur ein paar Betonstufen umfassten. Durch die Ausweisung weiterer Sitzplätze sank die Kapazität erstmal auf 10 300.

Nach der Aufstiegssaison wurde dann weiter gebaut, durch die baulichen Gegebenheiten war eine Erweiterung der Süd- und Haupttribüne nicht möglich. Deshalb wurden die anderen Tribünen vergrößert und etwaige Lücken/Ecken geschlossen, was dem Sportpark das charakteristische Aussehen eines “halben” Stadions gibt und das vom DFB geforderte Fassungsvermögen von 15 000 erfüllt. Die Osttribüne musste aufgrund des “soften” Bodens 2018 saniert werden, nachdem sich ein Teil des Baus abgesenkt hatte.

Zur weiteren Ausstattung gehören der nervigste Stadionsprecher mindestens Süddeutschlands und eine Beschallungsanlage, welche als Waffe gegen Auswärtsfahrer eingesetzt werden kann. Auch finden sich auf der Osttribüne immer wieder kuhglockenschwingende “Fans” der Spielvereinigung ein, die die eigentlich ansprechende Atmosphäre des Fußballstadions verschandeln.

Trivia – Unnützes Wissen

  • Unterhaching ist die einwohnerstärkste Gemeinde in Bayern (ca. 26 000), welche weder einen Stadt- oder Markttitel tragen darf.
  • Haching ist neben dem BVB der einzige deutsche Fußballverein an der Börse.
  • Das Lise-Meitner-Gymnasium ist als Filmkulisse, besonders durch die “Fack-ju-Göhte”-Reihe, bekannt.
  • Bis 1955 gehörte Ottobrunn zur Gemeinde Unterhaching.
  • Eigentlich ist Unterhaching ziemlich uninteressant…

Der 10. Spieltag im Überblick

Freitag 19:00 Uhr SV Waldhof MannheimFC Erzgebirge Aue
Samstag 14:00 Uhr FC Hansa Rostock – Alemannia Aachen
14:00 Uhr FC Ingolstadt 04 – SC Verl
14:00 Uhr FC Viktoria Köln 1904 – BV Borussia Dortmund II
14:00 Uhr SV Wehen Wiesbaden – Hannover 96 II
14:00 Uhr FC Energie Cottbus – SV Sandhausen
16:30 Uhr VfB Stuttgart II – 1. FC Saarbrücken
Sonntag 13:30 Uhr SG Dynamo Dresden – Rot-Weiss Essen 
16:30 Uhr DSC Arminia Bielefeld – VfL Osnabrück
19:30 Uhr SpVgg Unterhaching – TSV 1860 München

 

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Friedl

 Seit dem Sommer 2020 ist die Sportstätte Eigentum der Spielvereinigung. Die Immobilie wurde nach einigen Jahren des Verhandelns für 3,3 Mio. Euro von der Gemeinde erworben.” — Der Ankauf durch die Spielvereinigung im Jahr 2020 für 3,3 Mio € kam nicht zustande. Derzeit liegt ein Angebot der Gemeinde vor, dass die Spielvereinigung für 7,5 Mio € das Stadion mit Nebenplätzen kaufen kann.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/unterhaching-spielvereinigung-stadion-verkauf-neues-angebot-lux.AfDPtXuG8Ndei4p3Z7dZwm