Was war das nur für ein unfassbar ekstatischer Jubel in dieser 97. Minute, als das Geschoss von Sigurd Haugen im Netz einschlug? Und das am 4. Spieltag, also ganz früh in der Saison, wo es – so sollte man meinen – eigentlich noch nicht um so viel geht. Aber ist das wirklich so? Ich denke: nein! Denn dieses Treffer war ein Tor des Willens, ein Tor, das gezeigt hat, dass sich diese Mannschaft nicht hängen lässt, und ein Symbol dafür, dass man den Nimbus der Unbesiegbarkeit trotz aller Umstände bewahren möchte.
Allen Widrigkeiten zum Trotz
Samstagnachmittag auf Giesings Höhen, die Löwen reiten die Euphoriewelle, das Sechzgerstadion ist wieder mal ausverkauft und eine zwar hochtalentierte, aber auch sehr unerfahrene Mannschaft zu Gast. Zwar hatte Patrick Glöckner im Vorfeld gewarnt und vom bisher schwersten Spiel der Saison gewarnt, aber weder das Umfeld noch die elf Löwen auf dem Platz schienen dies so wirklich verinnerlicht zu haben. Der VfB agierte äußerst clever, stand defensiv sicher, ließ Volland, Niederlechner & Co. nicht zum Zuge kommen und profitierte zudem davon, dass es sich der Schiedsrichter in seinem ersten Profieinsatz offenbar zum Ziel gesetzt hatte, den erfahrenen Profis zu zeigen, wer der Chef im Ring ist. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, als habe Cengiz Kabalakli nur darauf gewartet, den etablierten Spielern die gelbe Karte vor die Nase zu halten, um sein eigenes Standing zu manifestieren.
Die jungen Wilden aus dem Schwabenland merkten das natürlich ziemlich schnell – und verlagerten ihre Spielposition nach dem 0:1 vermehrt in die Horizontale. Gab es eigentlich jemals ein Fußballspiel mit so vielen Schiedsrichterbällen wegen angeblicher Kopfverletzungen?
Wie dem auch sei: Die erste Halbzeit war seitens der Löwen wirklich schwach. Abgesehen von einem Schuss von Kevin Volland kurz vor der Pause ging vom TSV 1860 keine Torgefahr aus und im Endeffekt musste man angesichts der Torchancen des VfB fast froh sein, dass man nur mit so einem knappen Rückstand in die Kabine ging.
Ein Tor des Willens
Wie verwandelt präsentierten sich die Löwen dann jedoch nach dem Seitenwechsel. Sechzig wollte etwas reißen, seine Stärke demonstrieren. Mitunter gelang das ganz gut, auch wenn häufig die letzte Konsequenz fehlte. Apropos: Mit ein bisschen mehr Erfahrung und Cleverness hätte der VfB Stuttgart II auch in der zweiten Hälfte die Partie frühzeitig entscheiden und den Löwen einen Stimmungsdämpfer verpassen können. Haben sie aber nicht – und so rannte Sechzig immer weiter an und das Grünwalder Stadion, das vor der Pause stimmungsmäßig überraschenderweise ziemlich mau daherkam, erwachte zu neuem Leben.
Angriffswelle um Angriffswelle rollte in Richtung VfB-Strafraum, doch vergebens. Und doch: Die Mannschaft hatte die Fans erreicht, der Kampfgeist, den die Elf auf dem Platz zeigte, zündete einen Funken, der auf die Tribünen übersprang. Gefühlt wurde es jede Minute lauter und erreichte in der Nachspielzeit seinen Höhepunkt.
Keeper Thomas Dähne rückte mit auf, Jesper Verlaat entdeckte geistesgegenwärtig ungeahnte technische Fähigkeiten und Sigurd Haugen hämmerte die Kugel im zweiten Versuch unter die Latte. Was für ein geiles Tor des Willens, was für eine Explosion auf den Rängen, was für eine Erleichterung. Wenn man sich vor Augen führt, dass das erst der 4. Spieltag war, dann kann man sich vorstellen, wozu Mannschaft und Fans in dieser Saison noch fähig sein könnten.
Eine Einheit aus Mannschaft und Fans
Und ja: Es war ein Tor des Willens – aber noch viel mehr! Es war ein Zeichen dafür, dass 1860 momentan selbst an Tagen, an denen man sicher nicht das Optimum aus sich herausgeholt hat, nicht zu schlagen ist.
Die Löwen werden diese Saison sehr wahrscheinlich nicht unbesiegt überstehen, aber dieses Mal konnte man den Kopf noch aus der Schlinge ziehen. Nicht, weil man brilliert hat, sondern weil man nicht aufgegeben und an sich geglaubt hat. Auch das ist eine Stärke, die man beim TSV 1860 lange vermisst hat. Weiter so, Löwen, denn genau dieser Kampfgeist verbindet Euch und Eure Fans zu einer Einheit, die noch viel erreichen kann!
Die Giesinger Gedanken erscheinen regelmäßig als Kommentar und sind die persönliche Meinung eines Mitglieds unserer Redaktion oder eines Gastautors. Sie spiegeln nicht grundsätzlich die Meinung der gesamten Redaktion wider.











Ich bin überzeugt, dass der Faktor Zufall eine viel größere Rolle im Fußball spielt, als viele Menschen wahrhaben wollen. In der weitgehend ausgeglichenen 3. Liga umso mehr. All die Erzählungen, der Ball wäre knapp am Tor vorbei gegangen oder am Aluminium gelandet, weil der Kreditgeber aka Investor öffentlich ein Kopperl gemacht, oder das Präsidium sich irgendeine Unverschämtheit verbeten hat, glaube ich nicht. In dieser Saison ist einfach das Glück bislang auf unserer Seite. Das darf gerne so bleiben.
Mal wieder war bei uns so viel schlecht. Schreiben zumindest die Pessimisten, die sich so gerne als Realisten ausgeben. 😛 Tatsächlich haben es die angeblich jungen, wilden Schwaben vorgezogen sich auf dem Boden in der spätsommerlichen Sonne in Giesing rumzuwälzen, was offensichtlich ihr Plan gegen unsere Spielweise war.
Leider hat es gut funktioniert. Der Schiedrichter war also auch nur ein Teil des Spielkomplexes, er musste letztlich nicht nur sein Gesicht wahren, sondern konnte natürlich nicht einfach alles durchgehen lassen. Ein dritter Faktor war, dass unsere Burschen anfangs nicht gut damit umgehen konnten, was wieder nur Teil des Lernprozesses ist.
Trotzdem hat mir WIEDER gut gefallen, dass sie WIEDER füreinander eingestanden sind, was die wichtigste Vorraussetzung dafür ist, irgendwas Größeres zu erreichen. Und natürlich war nicht alles perfekt, aber was is das schon. Fakt ist, wir haben aus 4 Spielen 2 Siege und 2 Unentschieden geholt und wenn das so weiter geht, dann wirds richtig heiß in München!
ich, als sogenannter realist, hab meine positive grundstimmung immer noch, sonst hätt ich mich hier schon ausgekotzt… 😉
diese mannschaft spielt um den aufstieg, obs was wird werden wir sehn, spätestens am ende der saison.
Realisten mit positiver Grundstimmung sind mir die Liebsten, so seh ich mich nämlich auch. 😄 Ich find die Bewertungen, egal ob von den Fans oder den Medien grundsätzlich eine Stufe zu negativ. Diese Nuance zu viel Minus ist vermutlich der schlechten Erfahrung geschuldet, die wir alle die letzten Jahr/zehnt/e gesammelt haben.
Praktisch eine Schutzfunktion, damit man trotzdem richtig liegt, auch wenns eher schlecht läuft. Leider triffts meiner Meinung nach aber dann nicht mehr auf den Punkt. Mir wird zu oft aus dem Blick verloren, dass unsere Jungs nicht alleine auf dem Feld stehen.
Es wird eigentlich schon erwartet, dass das Spiel komplett fehlerfrei läuft. Nur wären wir dann in der Champions League und nicht in der 3. Schätze das kommt davon, dass die Leute gerne englische Liga, CL usw. schauen und dann im nächsten Moment Löwen. Das matcht aber praktisch gar nicht.
Und wenn ich mir diese Vereine anschau, die mit toxischem Ölgeld aufgeblasen werden und Milliarden Euro verblasen werden bevor dann endlich mal die CL gewonnen wird, dann weiß ich, das will ich nicht für den TSV 1860 von München.
Ich wär auch dafür, dass der Verein seine Anteile der ausgelagerten Fußballabteilung selbst zurückkauft. Das würde mit Hilfe der eigenen Fans und den Freunden des ehrlichen Sports aus aller Welt sicherlich gehen, Stichwort Crowdfunding. Oben drauf muss dann in der Vereinssatzung verankert werden, dass 1860 unverkäuflich ist.
mir reicht erstmal fünf jahre zweite liga….
Was? Du forderst keinen Durchmarsch und keinen Brasilianer? Was stimmt mit dir nicht? 😂
Zwei unterschiedliche Halbzeiten, die jedoch Beide aufgezeigt haben, dass es mit der 3er Kette (noch) nicht funktioniert.
Und so jung und unerfahren sind die Stuttgarter nicht gewesen, aus meiner Sicht. Die IVs, wie auch einige andere Akteure, weisen teils jahrelange Erfahrung in höheren Liegen vor.
Warum der DFB einem Schiri sein erstes 3.Liga spielt ausgerechnet im GWS „gönnt“, würde mich schon interessieren. Gerade in Liga 3 hätte es am WE doch etwas entspanntere Spielorte(Verl, Köln) gegeben für die Premiere.
Nach dem späten Ausgleich hat’s dafür umso mehr Jubel gegeben. Stehhalle Block L war’s so laut, wie seit dem Sieg gegen Schalke im Pokal nicht mehr.
Hmm, das ist mir etwas zu viel Heldenepos. Nüchtern betrachtet, fanden wir in der 1. Halbzeit nicht statt, und dass man sich in der 2. Halbzeit zusammenreißt und einen immer tiefer verteidigenden Gegner auch in die Bedrängnis bringt, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Passierte in der 2. Halbzeit auch noch wenig genug.
Mein Fazit fällt nüchterner aus. Pfeifer ist momentan nicht zu ersetzen, die unbedingt in die Startelf drängenden Wolfram und Philipp wurden ihrem Anspruch kaum gerecht. Überhaupt habe ich wenig Linie und durchdachte Spielzüge gesehen, dazu waren Flanken und ruhende Bälle stark verbesserungsfähig.
In der Form der letzten beiden Spiele werden wir es schwer haben, oben mitzuspielen.
Konnte das Spiel aus privaten Gründen leider nicht sehen und die Kurz-Zusammenfassungen auf “YouTube” geben naturgemäß solche Spiele nur sehr unzureichend wieder.
Trotzdem versuche ich’s mal mit einer sachlichen Einschätzung, ohne “Heldenepos”, wie Du es einführend genannt hast. 😉
Was mich bisher erfreut, ist die Tatsache, dass wir nach zwei 0:1-Rückständen (RWE, VfB II) zum Ausgleich gekommen sind. Das hätte m.E. nach in der vergangenen Saison noch anders ausgehen können. Also zwei Punkte statt Null.
In Aachen hat man zwar ebenfalls spielerisch nicht glänzen können, aber zwei Tore auswärts kurz vor knapp sind nach meinem Dafürhalten auch positiv zu bewerten. Drei Punkte anstelle von nur einem.
Generell muss man auch in dieser Saison von einem Komplett-Umbruch bei 60 sprechen, denn das Gesicht der Mannschaft hat sich erheblich verändert. Von der Torwart-Position angefangen bis zur Offensiv-Abtlg. stehen jede Menge neuer Spieler auf dem Platz.
So eine Mannschaft braucht Zeit und die bekommt sie von mir mal bis mindestens Spieltag 10 oder sogar 12. Dann wäre ca. ein Saisondrittel absolviert und zumindest eine Tendenz erkennbar, wohin unser Weg danach führen könnte.
Und mir persönlich ist ein “holpriger Start” immer noch lieber, wenn es nach einer gewissen Zeit “rund läuft” und man sich im oberen Tabellendrittel festbeißen kann, als der damalige “Drittliga-Saisonauftakt-Rekord” mit x gewonnenen Spielen in Folge, wenn in der Rückrunde ein extremer Leistungseinbruch erfolgt.
Also Geduld haben, das Gute erfreut annehmen und das noch nicht ganz so Gute nicht schon nach vier Spieltagen als Beweis für “Das wird sowieso nix!” auftischen.
Gebt PG und seiner fast komplett runderneuerten Truppe einfach mal Zeit und schenkt ihnen ein bisschen mehr Vertrauen, als das was ich seit zwei Wochen in den Kommentaren hier bei “sechzger.de” häufig lesen muss.
Ich stimme Dir im Grunde bei allem zu. Ich will hier weiß Gott auch nicht alles schlechtreden. Nur, wenn einem in der 97. Minute im Gewühl ein abgeblockter Ball zufällig noch mal vor die Füße fällt und man dann an ungefähr 30 Fußballhaxn vorbei den Ball ins Tor trifft, dann ist das einfach nur Dusel, nix anderes. Und statt hier daraus ein Heldenepos zu stricken, würde mich eine nüchterne Bestandsaufnahme und Analyse der offensichtlichen Schwächen im Spielaufbau und Offensivspiel mehr ansprechen. Aber der Bernd Winniger schreibt ja leider hier nicht mehr.
Nein, “alles schlechtreden” würde ich Deinen ursprünglichen Post nicht bewerten. Du hast es durchaus sachlich-kritisch – und ohne weiß-blaue Vereinsbrille 😉 – zusammengefasst.
Die Entstehung des 1:1-Ausgleichs ist in erster Linie glücklich gewesen. So fair muss man schon sein.
Trotzdem gefällt mir, dass die Mannschaft “das Glück erzwingen will” und sich nicht – wie es früher so häufig der Fall war – mit einer Niederlage oder Unentschieden abfindet, während das Spiel noch läuft.
Ein ganz besonderer Moment – eigentlich deren zwei… – war die völlig irre Schlussphase des CL-Finales zwischen ManU und so einem unbedeutenden Verein aus Deutschland, als Sheringham und Solskjaer brutal demonstrierten, was der unbedingte Siegeswille zu leisten vermag. Das Ende ist bekannt… 😉
Und wenn unsere Jungs auf dem Platz sich so eine “Wir haben erst verloren, wenn der Schiri abgepfiffen hat!”-Mentalität abrufen können, dann ist das für mich bereits ein ganz wichtiger Schritt zu einem hoffentlich baldigen sportlichen Aufwärtstrend beim TSV 1860 München, Abtlg. Profi-Fußball.
Ich will Dir jetzt nicht direkt widersprechen, aber dass man einen 0:1 Rückstand versucht wettzumachen, ist für mich eine Selbstverständlichkeit und keiner besonderen Erwähnung wert. Das haben übrigens auch schon vergangene Löwen-Teams gezeigt, nur fehlte da teilweise die Qualität, um sich gegen mauernde Teams auch wirklich durchsetzen zu können. Und ja, wie willst Du das bewerten, wenn drei Stuttgarter gegen einen Löwenverteidiger aufs Tor zurennen und den Ball auf selten dämliche Weise verhühnern? Ist das jetzt unsere neue Qualität, die dem Stuttgarter Zement in die Fußballschuhe gegossen hat, oder haben wir momentan einfach nur so richtig Dusel?
Ich lasse das bewusst offen, weil mich das Thema schon immer umgetrieben hat. Auch Dein Beispiel mit Manchester ist ein solcher Fall. Die waren eigentlich chancenlos. Natürlich rennt man in einem Champions-League-Finale, bis die Lunge pfeift, aber war das wirklich ihre Mentalität, die sie zum Sieg getrieben hat? Oder nur der eine Zufallstreffer, der die Bayern komplett aus den Latschen gehoben hat und dann noch zum zweiten Gegentor führte? Das Thema beschäftigt mich immer wieder, muss ich zugeben, und ich bin da einfach sehr vorsichtig, daraus Heldengeschichten zu machen. Wobei ich sicherlich auch zugeben muss, dass es auch wirklich Spiele gibt, wo eine Mannschaft verbissen anrennt und alles aus sich herausholt, um ein Spiel zu drehen. Aber war das am Samstag wirklich so eindeutig, und hätten wir diesen Bericht gelesen, wenn die Stuttgarter das sichere 0:2 gemacht hätten?