Ich wurde gefragt: Auf welcher Position braucht der TSV 1860 MĂĽnchen unbedingt Neuzugänge in der Winterpause? Meine Antwort darauf war: Qualitativ haben wir im Grunde genommen auf jeder Position zwei Spieler, die zumindest fuĂźballerisch in etwa gleichwertig sind. Was uns fehlt ist ein Zentrumsspieler, der den sogenannten “Aggressive Leader” geben kann. Also den Spieler, der durch Kampf und Einsatz – und manchmal auch durch gewisse unĂĽbliche Verhaltensweisen auf dem Platz – dem eigenen Team das verschafft, was im US-Sport gern als “Momentum” bezeichnet wird. Ein unangenehmer Spieler also, der auch nicht davor zurĂĽckschreckt, auf dem Platz anzuecken und sich deshalb vor allem bei den Fans des Gegners unbeliebt macht. Beispiele fĂĽr solche Spieler gibt es in der Historie unseres Vereins genug. Der letzte, den wir hatten, war Sascha Mölders. Unbequem fĂĽr den Gegner, immer diskussionsfreudig mit dem Schiedsrichter und gut genug, um in jedem Spiel in der Startelf zu stehen.

Dieser Typ Spieler wächst nicht auf Bäumen und wenn er in einer Mannschaft einen Stammplatz sicher hat, ist dieser Spielertyp auch meistens schwer aus dem laufenden Vertrag herauszukaufen. Aber gibt es Spieler, auf die dieses Prädikat zutrifft, die in ihren Vereinen nicht oder kaum zum Zug kommen, und generell vom Marktwert und der zu erwartenden Gehaltsforderung zu unserem TSV 1860 München passen könnten?
Von der Innenverteidigung bis in den Sturm kann jeder Spieler theoretisch als Aggressive Leader auftreten. Manche Vereine haben diesen Spielertyp sogar im Tor stehen. Das steht allerdings in dieser und auch in den nächsten Saisons beim TSV 1860 München nicht zur Debatte. Marco Hiller ist unantastbar.

Die besten Positionen, auf denen dieser Typ Spieler in seine Rolle findet, ist die defensive oder zentrale Position im Mittelfeld. Dort, wo der meiste Verkehr ist, kann man dieser Spielertyp auch am meisten bewirken. Wir suchen also Spieler, die dahin gehen, wo es wehtut, die in ihren Vereinen keine große Rolle mehr spielen und vom Leistungsvermögen auf dem Niveau des momentanen Kaders des TSV 1860 München sind.

Nun sind Spieler, die für diese Rolle prädestiniert sind, schwer nur anhand von Statistiken zu erkennen. Es bedarf also etwas mehr Recherche als üblich, um herauszufinden, ob der Spieler die Anforderungen ans Spielerprofil erfüllt oder nicht.

Ich habe mich also zunächst durch Statistiken gewühlt, um eine Vorauswahl zu treffen. Danach habe ich nach Berichten, Artikeln und Interviews zum jeweiligen Spieler gesucht, um so zu erfahren, ob er sich auch von der Persönlichkeit her für diesen Job eignen würde. Übrig geblieben sind drei Spieler.

Die Kandidaten

RenĂ© Klingenburg – 1.FC Kaiserslautern

RenĂ© Klingenburg – Beim 1.FCK letzte Saison in der Hinrunde noch Stammspieler, in der RĂĽckrunde dann mit weniger Spielzeit und nun mit nur einer Minute Pflichtspielzeit auf dem Abstellgleis zwischen Ersatzbank und TribĂĽne gelandet, ist der erste Kandidat, der es in die Liste geschafft hat. Seine Präsenz auf dem Platz, und wie er damit Gegner beeindrucken kann, dĂĽrfte allen hinlänglich bekannt sein.

Der Zentrale Mittelfeldspieler wäre, sollte er zum TSV 1860 MĂĽnchen wechseln, eine Option fĂĽr die Rolle des Box to Box Spielers. Er ist ein offensiv starker Spieler, der auch gegen den Ball seine Arbeit erledigt und sich nicht zu schade ist, dann und wann mal einen Spieler ĂĽber die Klinge springen zu lassen oder auch “Dreck zu fressen”, wie man so schön sagt. Klingenburg ist dribbelstark, äuĂźerst passsicher im Spiel nach vorne und mit seinen 1,90 m Größe immer ein Kandidat, um nach tornahen Standards per Kopf einzunetzen.

Marco Krainz – BW Linz

Marco Krainz, im Moment noch bei Blau Weiß unter Vertrag, ist der zweite Kandidat. Die geringe Spielzeit, die ihm dort bisher zuteil wurde, dürfte einen Wechsel begünstigen. Mit erst 25 Jahren scheint er auf den ersten Blick etwas jung für diesen Job. Demnach, wie er sich in Interviews gibt und was in österreichischen Zeitungen über ihn geschrieben wird, kann man ihn aber als dafür tauglich bewerten. Der zentrale Mittelfeldspieler ist für einen Spieler auf seiner Position ungewöhnlich bissig. Er hat starke Werte in der Offensive vorzuweisen, aber scheut sich nicht auf gegen den Ball hinzulangen.

Bei nahezu allen defensiven Werten liegt er statistisch gesehen ĂĽber dem, was ein Spieler auf seiner Position durchschnittlich zustande bringt. Obendrein ist er ein wahres Kopfballungeheuer mit ĂĽber 70% Erfolgsquote in diesem Bereich. Wenn also nicht nur ich, sondern auch die sportliche Leitung in der KGaA der Meinung ist, einen sogenannten “Aggressive Leader” verpflichten zu wollen, könnte man ihn vielleicht fĂĽr vergleichsweise wenig Geld oder im Tausch mit einem anderen Spieler, der beim TSV 1860 nicht das zeigt was man erwartet hat, verpflichten.

Oliver Kragl – SV Ried

Der zweite Spieler, den ich ins Auge gefasst habe, ist Oliver Kragl. Der gebürtige Wolfsburger spielt seit Sommer bei der SV Ried, kommt allerdings dort über Kurzeinsätze nicht hinaus. Je nachdem, welchem Statistikportal man Glauben schenken will, ist Kragl entweder auf der linken oder zentralen Mittelfeldposition zuhause. Auf eine einzige Position ist im heutigen Fußball außer den Torhütern sowieso kein Spieler mehr festgelegt, darum vernachlässigen wir das. Der 32-Jährige bringt auf alle Fälle die nötigen Charaktereigenschaften für die Rolle des Aggressive Leaders mit. Und auch in der Offensive und gegen den Ball besitzt er alles, was man braucht um in Deutschlands dritter Liga als Stammspieler zu bestehen.

Wen wĂĽrde ich verpflichten?

Aufgrund dessen, dass Kragl noch etwas bissiger als Klingenburg und Krainz ist, und aufgrund seiner besseren statistischen Werte gegen den Ball, würde möglicherweise manch einer dazu tendieren, die Fühler hauptsächlich nach dem gebürtigen Wolfsburger auszustrecken.

FĂĽr Klingenburg spricht: Er kennt die Liga, allerdings fehlt ihm Spielpraxis.

Krainz ist der Spieler mit dem größten Unsicherheitsfaktor, aber auch dem größten Entwicklungspotential. Für mich ist er somit aus dem Rennen. Risiko darf man keins mehr eingehen, denn Zeit, ein weiteres mal nach zu justieren, ist nicht vorhanden.

Die Entscheidung zwischen Kragl und Klingenburg würde ich, sofern sie mir obliegen würde, vermutlich mit Hilfe eines Münzwurfes fällen. Beide haben nicht zu unterschätzende Vor- und Nachteile, die nicht deckungsgleich sind. Beide würden sich spielerisch unterschiedlich im Team einfügen. Man darf sich aber sicher sein, dass beide die Art Mentalitätsspieler sind, der momentan offensichtlich im Löwenrudel fehlt.

Ob sich die sportliche Führung des TSV 1860 ähnliche Gedanken macht, wenn es um Winterneuzugänge geht, kann ich natürlich nicht sagen. Wünschenswert wäre es allemal, dass die Mannschaft einen Schub in Puncto Aggressivität bekommt. Die Mannschaft des TSV begeht die zweitwenigsten Fouls in der Liga, hat fünf gelbe Karten weniger kassiert als der Ligadurchschnitt und liegt in der sogenannten Challenge Intensity (Indikator für Aggressivität beim Verteidigen) auf dem drittletzten Platz. Ein wenig mehr Aggressivität würde dem Team also gut tun. Dafür braucht es offensichtlich einen Spieler, der vorangeht. So einen sehe ich leider im momentanen Kader nicht. Von daher sollte man dort meiner Meinung nach in der anstehenden Transferperiode nachjustieren.

Eure Meinung ist gefragt

Wie seht Ihr das? Brauchen die Löwen einen Aggressive Leader, um den Traum vom Aufstieg realisieren zu können? Wen könntet Ihr Euch in dieser Rolle beim TSV 1860 vorstellen?

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andreas de Biasio

sehr interessannte Gedanken. vielen Dank. das ist ganz schwer. Auf der einen Seite finde ich Klingenburg interessannt. ich bin immer dafür zu haben, wenn ein Spieler die Liga schon kennt. oder er schon höher gespielt hat. auf der anderen Seite ist es schwer, wenn ein zweifellos guter Spieler so wenig über einen längeren Zeitraum gespielt hat.

Eurasburg

Bevor man irgendwen holt, sollte man lieber erstmal die fällige Fortführungsprognose und die ab `23 geltenden Eigenkapitalanforderungen erfüllen, um nicht Punkte abgezogen zu bekommen oder gar doch der Infantriestraße einen Besuch abstatten zu müssen.

Reicht fĂĽr die Eigenkapitalanforderung eine weitere Wandlung, oder bedarf es diesmal wirklich neuem Geld? 5% verbessertes EK ist die Mindestanforderung, dann sind wir alle mal gespannt.

United Sixties
Florian Berger

Benders!