In der mehr oder weniger regelmäßigen Rubrik “Sechzig aus der Ferne” erzähle ich von meinem Fan-Dasein in Schweden. Da manchmal auch nicht über 1860 Kilometer Entfernung reichen, um das ganze Drumherum bei unseren Löwen zu ertragen, bin ich des Öfteren im nahen Norwegen beim Fußball. Vålerenga Oslo mit dem ehemaligen Löwen Ola Kamara hat es mir da besonders angetan und ab und an schaue ich auch bei Kongsvinger IL vorbei. Zugegeben: Der norwegische Fußball wird in Deutschland sicherlich nur am Rande betrachtet, doch die Nachricht, dass die norwegische Regierung Pyrotechnik im Stadion in Zukunft offiziell erlauben will, hat aufhören lassen.
Fans bewegten sich in einer Grauzone
Vålerenga spielt nach dem Abstieg derzeit in der 1. Division Norwegens, der zweiten Liga. Nach anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten grüßt der Traditionsverein aus der Hauptstadt vom ersten Platz. Zuletzt feierten die Fans einen 8:0-Kantersieg im letzten Spiel vor der Sommerpause. Bei all meinen Besuchen in der Intility Arena herrschte selbst im Abstiegsjahr eine tolle Atmosphäre. Unvergesslich waren die Derbyspiele gegen Lillestrøm – vor allem, was während der 90 Minuten an Pyrotechnik abgefackelt wurde, war beeindruckend und sah toll aus. Trotzdem war die Pyroshow offiziell nicht erlaubt und die Fans bewegten sich in einer Grauzone.
Pyro beim Derby zwischen Vålerenga und Lillestrøm
Schafft eine schöne Atmosphäre
Was eigentlich schon lange gang und gäbe in den norwegischen Stadien war, bekommt nun die offizielle Freigabe durch die norwegische Regierung. So wurde ein Pilotprojekt auf den Weg gebracht, dass für die erste und zweite Liga Norwegens Pyrotechnik erlaubt. Dieses Projekt läuft bis 2025. Dann soll die Situation neu bewertet werden. Für Kulturministerin Lubna Jaffery ist “Pyrotechnik ein Teil der norwegischen Fußballkultur”. Zudem meint die Politikerin weiter: “Es schafft eine gute Stimmung und eine schöne Atmosphäre rund um die Spiele, sofern es auf sichere und verantwortungsvolle Weise genutzt wird.”
Pyro bei den Brann Bergen-Fans
Erfolg für die aktive Fanszene
Bei der aktiven Fanszene ist die Freude groß und man kann wieder einen Erfolg verbuchen. “Das ist ein großer Durchbruch für uns”, fasst Anders Kjellevold, Chef der Fanvereinigung Norsk Supporterallianse, die Entscheidung zusammen. Vålerenga-Fan Eivind Hauger meinte mir gegenüber: “Ich mag diese Entscheidung und finde sie richtig gut. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung.” Ähnlich positiv gestimmt ist Erlend Vågane von den Brann Bataljonen Bergen – trotz der einzuhaltenden Regeln beim Abfackeln. Auch mit ihm habe ich mich kurz unterhalten und er meinte: “Es ist sehr gut. Die Regeln sind so gestaltet, dass 99 Prozent der Befürworter die Einschränkungen auch gut akzeptieren werden. Eigentlich sind die Beschränkungen sehr liberal.”
Ohne Konsequenzen
Dabei wollen Politik, Fußballverband und Fans Hand in Hand vorgehen. So wird das Abbrennen nur gegen bestimmte Auflagen erlaubt sein. Anders Kjellevold geht aber davon aus, dass die Regeln von den Fans eingehalten werden. Diese sind unter anderem, dass die Fans über 18 Jahre alt und nüchtern sind sowie im Umgang mit Pyro geschult sind. Das sieht auch Erlend Vågane so: “Sollten die Regeln zu streng sein, würde sich niemand daran halten. Aber soweit ich es sehe, sollte das alles so in Ordnung sein. Solange keine Maske getragen und ein Abstand von einem Meter eingehalten sowie über eine Grundausbildung im Umgang mit Pyrotechnik verfügt wird, dürfen Leuchtraketen ohne Konsequenzen angezündet werden.”
Schöne Atmosphäre bei Vålerenga
Den nächsten Schritt wollen die Fans in Norwegen auch bei der Abschaffung des VAR machen. Schon in dieser Saison flogen Tennisbälle während der Erstligaspiele wie etwa bei Lillestrøm auf den Platz. Auch die Fans von Vålerenga hatten in der vergangenen Saison gegen den Videobeweis protestiert. Derzeit in der 2. Liga müssen sich Fans und Mannschaften damit nicht herumschlagen – hier gibt es keinen VAR. In Schweden stimmten die Vereine der ersten und zweiten Liga gegen eine Einführung des Video-Schiedsrichters. Ein Beispiel, das vielleicht auch in Norwegen Schule macht. Und vielleicht macht ja auch das Thema “Pyro erlauben” aus Norwegen bei uns Schule, denn an den bunten Bildern aus der Kurve erfreuen sich TV-Sender ja auch immer gerne.
Pyroshow bei Oslo Vålerenga zum Vereinsjubiläum
(Fotos: Eivind Hauger und Thomas Meiler)
Vielen Dank für die Infos. Würde mich sehr freuen, wenn in Deutschland hier auch irgendwann ein Umdenken einsetzen würde. Vor ein paar Jahren war ja auch die Legalisierung von Cannabis noch nicht abzusehen, vielleicht geschehen ja auch beim Thema Pyrotechnik noch Zeichen und Wunder, vor allem in Zeiten, in denen das Thema sogar schon zum Malle-Partyhit dient.
Schwer vorstellbar ist für mich aber, dass DFB und DFL jährlich auf 10 Millionen Einnahmen aus Geldstrafen verzichten werden.