Auch Mr. Taktiktafel Bernd Winninger lässt die Spielzeit 2022/23 nochmal Revue passieren und präsentiert Euch seinen Saisonrückblick.

Welches war Dein Löwenspiel der Saison?

Die Antwort hierauf ist nicht leicht. Viele sehen ja das Spiel gegen Dortmund im DFB Pokal als ihr Spiel der Saison, ich nicht. Zu chancenlos, zu schicksalsergeben waren die Sechzger in diesem Spiel. Das Ambiente drumrum war natürlich großartig, aber die Weigerung unseres Teams, über den Kampf ins Spiel zu finden, und die phlegmatische Art der Mannschaft, sich in ihr Schicksal zu ergeben, regt mich heute noch auf, wenn ich daran denke. Also welches ist nun das Spiel der Saison? Gibt es überhaupt nach dieser Saison zum Vergessen ein Spiel, das als Spiel der Saison gelten kann, ein Spiel, an das man gerne zurückdenkt, wenn man eigentlich das ganze Jahr vergessen möchte? Der Auftritt in Ingolstadt ist das Spiel, das man hier nennen kann.

Alles in allem konnten die Leistungen der Sechzger selten überzeugen. Breiten wir also über die Qualität der Spiele insgesamt lieber den Mantel des Schweigens…

Wer war Dein Spieler der Saison?

Marius Wörl hat mit Sicherheit den größten Leistungssprung gemacht, Morgalla war auf zwei Positionen in der Abwehr eine Bank, aber im Endeffekt muss man hier doch Niki Lang als den Spieler nennen, der den größten positiven Eindruck hinterlassen hat. Unter dem ehemaligen Übungsleiter Köllner noch verschmäht, blühte er in der zweiten Saisonhälfte auf und gefiel mir von Spiel zu Spiel besser.

Was oder wer war für Dich die Überraschung (positiv/negativ) der Saison?

Die sicherlich größte Überraschung war die Wandlung von Michael Köllner vom großen Sympathieträger zum beratungsresistenten Sturkopf, der sich für den Erfinder des Fußballs hält und der nicht bereit war, aus eigenen Fehlern zu lernen. Vollmundig wollte er “im Mai was Großes feiern”. In Fuchsmühl hat er da vielleicht am Ersten des Monats einen Maibaum mitaufgestellt, wer weiß? Zu Feiern gab es in diesem Monat – was Fußball betrifft – weder für ihn noch für uns etwas. Ich wüsste wirklich gern, was diesen Mann geritten hatte, in der Sommerpause letzten Jahres zunächst von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen zu springen und von den ihm vorgelegten Fettnäpfchen auch kein einziges auszulassen und während der Saison von Spiel zu Spiel Alibis und Freibriefe für schlechte Leistungen zu verteilen. Köllner wurde für mich vom Sympathieträger zum absoluten Antilöwen.

Was für Dich das schönste Tor der Saison?

Vrenezis Treffer zuhause gegen Duisburg.

Welches Spiel der Löwen heim/auswärts bleibt Dir in Erinnerung und weshalb?

Wie könnte es anders sein: Die Auswärtsfahrt nach Elversberg ist das Spiel, an das ich mich am liebsten erinnere. Es gab ein Stadion zu sehen, das ich noch nicht kannte, kulinarische Genüsse vom Feinsten am besten Würschtlstand der Liga. Die Niederlage dort? Geschenkt! Auch wenn wir das Spiel nicht verloren hätten, hätte es am Ende zur Erfüllung der Versprechens des ehemaligen Übungsleiters nicht gelangt.

Am Ende stand Platz 8. Zufrieden oder traurig?

Die Platzierung ist nicht das, was mich ärgert. Der Unwille einiger Spieler, für das Wappen auf der Brust und die Fans dieses tollen Vereins in jedem Spiel bis an und über die eigene Leistungsgrenze zu gehen, ist das, was als bitterer Nachgeschmack bleibt. Wer kämpft bis zum Umfallen und dann auf Platz acht landet, hat sein Bestes gegeben. Einige Spieler haben sich aber auf ihren Lorbeeren ausgeruht und mit der Köllnerschen Stammplatzgarantie ging das für diese Herrschaften ja auch problemlos.

Wie schätzt Du die Arbeit von Maurizio Jacobacci und seinem Trainerteam ein?

Bis jetzt in Ordnung. Wiklich wissen werden wir es vermutlich erst gegen Ende Oktober, wenn die Tabelle der Liga aussagekräftig wird. Was mir an ihm gut gefällt ist, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn er über die Spiele redet und sowohl Kritik als auch Lob für die Spieler bereithält. Gegenüber seinen beiden Vorgängern, die sich immer schützend vor jeden ihrer Spieler stellten, egal wie groß die geschossenen Böcke oder wie lauffaul sie auch waren, hat er mit seiner direkten Art auf alle Fälle einen großen Pluspunkt.

Was wird Dir von der Saison 2022/23 besonders in Erinnerung bleiben?

“Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor man ihn erlegt hat” ist ein altes Sprichwort, das gut auf diese Saison passt. Mir bleibt Arroganz und Überheblichkeit beim zu spät entlassenen Trainer und einigen Spielern wohl am stärksten in Erinnerung.

Von welchem Spieler erwartest Du Dir in der Saison 2023/24 besonders viel?

Von allen. Jeder, der noch da ist, hat etwas gut zu machen. Also reißts euch zsamm und kämpfts in jedem Spiel, in jeder Minute bis zum Umfallen. Alles andere ist nach dem, was vergangene Saison abgeliefert wurde, nicht tragbar.

Was ist Dein dringendster Wunsch in Bezug auf den TSV 1860?

Realismus auf allen Ebenen. Vom Fan über Journalisten, Blogger bis hin zu den Personen, die Ämter in der KGaA innehaben, würde es uns gut zu Gesicht stehen, wenn der ein oder andere endlich die Träumerei von längst vergangnenen Zeiten einstellt und den Status Quo annimmt. Vermutlich wird sich keine gute Fee finden, die mir diesen Wunsch erfüllt und so müssen wir uns vermutlich weiterhin mit Luftschlossarchitekten und Träumern herumärgern.

Deine Prognose für den Mai 2024: Wo landen die Löwen in der 3.Liga?

Wär ich der Trainer, würde ich wie einst Werner Lorant sagen: Ich will Meister werden und jedes Spiel gewinnen. Ich bin aber lediglich ein Fanblogger und möchte tatsächlich nur, dass sich jeder Spieler in jedem Spiel für Verein und Fans zerreißt. Welcher Tabellenplatz dabei am Ende herausspringt ist Nebensache. Wenn ich eine Löwenmannschaft durch die Saison begleite, die sich zurecht so nennt, ist die Platzierung für mich nicht relevant. Am Ende will doch jeder von uns den mit den vorhandenen Mitteln größtmöglichen Erfolg, oder?

Hast Du noch sonstige Anmerkungen oder Wünsche?

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Benjisson

Zitat:

“Realismus auf allen Ebenen. Vom Fan über Journalisten, Blogger bis hin zu den Personen, die Ämter in der KGaA innehaben, würde es uns gut zu Gesicht stehen, wenn der ein oder andere endlich die Träumerei von längst vergangnenen Zeiten einstellt und den Status Quo annimmt. Vermutlich wird sich keine gute Fee finden, die mir diesen Wunsch erfüllt und so müssen wir uns vermutlich weiterhin mit Luftschlossarchitekten und Träumern herumärgern.”

Unterschreibe ich voll und nur eine Ergänzung:

Und endlich mal kapieren wo das Problem Gestern, Heute und Morgen liegt und die Person auch bennenen.

SteglitzerLoewe

Danke!