Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Auswärtsspiel unseres TSV 1860 München beim SV Meppen. Das Lazarett in Meppen lichtet sich, was muss man von der nun systematisch und taktisch wieder flexibleren Mannschaft aus dem Emsland erwarten?

SV Meppen – TSV 1860 München, das ist in der jüngeren Historie eines der Schicksalsspiele, damals mit positivem Ausgang gewesen. Diesmal ist es kein Schicksalsspiel, sondern Ligaalltag zum fortgesetzten Rückrundenbeginn. Die zumindest in der Abwehr wieder flexibleren Meppener haben nach der Rückkehr von fünf Spielern nun die Qual der Wahl: Fünfer- oder Viererkette?

Stefan Krämer, seit Beginn dieser Saison auf dem Trainerstuhl im Emsland, hat bislang sechs verschiedene Systeme spielen lassen – oder aufgrund der Verletzungsmisere auch spielen lassen müssen. Am häufigsten dabei das in der Liga favorisierte 4-2-3-1.

Mit der Rückkehr einer ganzen Ladung von Defensivspielern und nach wie vor eingeschränkten Möglichkeiten in der Mittelfeldzentrale, wäre die Überlegung, ob man stattdessen nicht auf eine Variante mit Fünferkette und offensiven Flügelverteidigern zurückgreift.

Denkbar wären also 5-3-2, 3-4-1-2 und 4-2-3-1. Sofern die mir vorliegenden Informationen bezüglich fehlender Spieler bis zum Spieltag aktuell bleiben, würde ich mich für die Variante 4-2-3-1 entscheiden und das Mittelfeld mit spielstarken Verteidigern auffüllen.

Dazu weiter unten mehr. Zunächst die wichtigsten statistischen Werte des SV Meppen.

Die wichtigsten statistischen Werte

  • Ballbesitz: 47%
  • Passgenauigkeit: 75%
  • defensive Zweikampfquote: 63%
  • Flankengenauigkeit: 37%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 9,43

Systemraten Marke SV Meppen

Was würde ich machen, wenn ich an Krämers Stelle wäre? Die Möglichkeiten sind auf den ersten Blick eingeschränkt, mit personellen Anpassungen im Mittelfeld kann aber theoretisch das bisher erfolgreichste System 4-2-3-1 aufgeboten werden, ohne auf Erfahrung auf dem Platz verzichten zu müssen. Dazu müsste einer der Verteidiger auf die Position des tiefen Sechsers aufrücken und möglicherweise ein offensiv begabter Sechser hinter der Spitze spielen.

Die beiden Außenpositionen im Mittelfeld sollten – unter anderem wegen der nötigen Verschiebung auf 4-3-3 oder 4-2-4 – im letzten Drittel des Gegners mit Außenstürmern besetzt sein.

Mit dieser Konstellation an Spielern kann das System, falls es nicht passen sollte, problemlos ohne Wechsel vornehmen zu müssen, zu einem 5-4-1 abgeändert werden.

Wie spielt Meppen?

Bei Ballbesitz

Der lange Ball dominiert das Aufbauspiel der Niedersachsen. Positionsangriffe spielerisch von hinten nach vorne aufzubauen, gelingt den Meppenern relativ selten. Vor allem gegen Gegner mit einer guten Raumaufteilung zwischen den Linien bei raumorientiertem Pressing auf der zweiten oder dritten Linie, findet Meppen selten spielerisch ein Mittel, um ins letzte Drittel einzudringen. Lange Bälle werden allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die ein oder andere Weise verarbeitet. Entweder direkt auf die Halb- oder Außenposition oder nach Ballgewinn im Kampf um den zweiten Ball über eine zentrale Station.

Die Angriffe über Außen werden von beiden Seiten mit ähnlich hoher Präzision vorgetragen. Es dominiert jedoch der rechte Flügel. Knapp zwei Drittel der Flügelangriffe der Meppener laufen über die rechte Seite.

Gegen den Ball

Ist der Gegner in Ballbesitz, zieht Meppen sich schnell aber nicht überhastet zurück. Findet Meppen Unsicherheiten beim Aufbau des Gegners im Positionsspiel, ist Krämers Mannschaft auch giftig genug, um mit aggressivem Pressing diese Unsicherheiten zum eigenen Vorteil auszunutzen.

Im eigenen letzten Drittel spielt Meppen konservativ mit Viererkette in der Abwehr, vor der vermutlich eine weitere Viererkette steht, die oft Unterstützung für Doppelungen aus der Spitze und von der Zehnerposition erhält. Das System verschiebt sich also gegen den Ball im Idealfall für Meppen auf 4-4-1-1.

Stärken und Schwächen des Systems

Die Stärken

Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert.

Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich, wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv und nicht nur als Ballverteiler in das Offensivspiel (Box to Box Spieler) mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.

Die Schwächen

Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift, schwer zu kontrollieren, da die Wege, um einen Spieler zu doppeln, relativ weit sind und die Doppelung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft.

Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorne ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko, da sich dadurch für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten bietet. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken, zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.

Wie kann man Meppen knacken?

Meppen verliert nicht häufig. Tatsächlich haben die Meppener nur zweimal häufiger den Kürzeren gezogen als der TSV 1860. Das Problem der Meppener ist also nicht, zu viele Gegentore zu bekommen, sondern unterm Strich selbst zu wenig Tore zu schießen. Man darf also, um in Meppen zu bestehen, vor allem nicht außer Acht lassen, dass die Hintermannschaft der Emsländer keine leicht zu überwindende Hürde sein wird. Es wird vermutlich ein Geduldsspiel werden, bis man den Riegel zum ersten Mal knackt und adäquate Torchancen bekommt. Mit Geduld und präzisem Spiel wäre Plan A, über die Geschwindigkeit im Umschaltspiel hinter die Reihen zu kommen. Plan B könnte vorsehen, im Positionsspiel möglichst tief an oder in die Box zu gelangen und dann das Zentrum mit flachen Flanken zu füttern.

Schlüsselspieler

Abwehr

Elf Spieltage musste Leihgabe Jonas Kersken (#29), der bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag steht, mit einer Schulterverletzung aussetzen. Mittlerweile steht er nicht mehr auf der Verletztenliste. Ob er allerdings für Erik Domaschke (#32) ins Tor zurück kehrt oder Domaschke vorerst weiterhin den Meppener Kasten hütet, ist schwer einzuschätzen. Ist Kersken zu 100% fit, würde ich ihn Domaschke vorziehen. Die sehr guten Reflexe und seine Qualitäten im Eins-gegen-Eins sprechen klar für ihn.

Tobias Kraulich (#33), Neuzugang aus Würzburg, ist der Schlüsselspieler in der Meppener Defensive. Er verliert kaum einen Defensivzweikampf, fängt durchschnittlich viele Pässe des Gegners ab und hat mit seinen 1,91 m oft auch die Lufthoheit bei Kopfbällen. Auch im Aufbau ist er mitunter aufgrund der Personalsorgen oft gefragt. Bei 40 % seiner Spieleröffnungen ist allerdings der lang geschlagene Ball das Mittel der Wahl.

Mittelfeld

David Blacha (#23) ist der oben erwähnte, offensiv begabte Sechser, der hinter der Spitze spielen könnte. Er ist aufgrund seiner Vielseitigkeit auf alle Fälle mein Schlüsselspieler in der Zentrale. Passsicher wie kaum ein anderer der einsatzfähigen Meppener Spieler, zudem wendig und technisch stark. Das sind Eigenschaften, die man nicht zur Entfaltung kommen lassen darf. Schafft er es seine Dribbelstärke und Passgenauigkeit in Einklang zu bringen, kann er in der Offensive durchaus für eine Überraschung sorgen.

Sturm

Marvin Pourié (#13) dürfte jedem ein Begriff sein. Er hat in insgesamt 149 Drittligaspielen 53 Tore und 23 Vorlagen (also 76 Scorerpunkte) erzielt. Er ist Torgefahr pur. In jedem zweiten Spiel einen Scorerpunkt zu erzielen, schaffen nicht viele. Pourié ist in dieser Saison an mehr als der Hälfte aller von Meppen erzielten Tore beteiligt gewesen. Mit elf Scorerpunkten ist er klar gefährlichster Meppener Angreifer.

Fazit

Gegen Meppen sollte gewonnen werden, soviel ist klar. Unsachliche Kritik und andere Störfeuer werden keinem weiterhelfen. Von daher sage ich hier ganz deutlich: Es sollte gewonnen werden. Wenn es keinen Sieg gibt, geht die Welt nicht unter, falls die Leistung trotzdem stimmt. Wobei bei allem Wohlwollen, auch wenn eine Niederlage nicht das Ende der Welt wäre, ich schon davon ausgehe, dass der TSV 1860 München beim SV Meppen mindestens einen Punkt mitnimmt.

Meppen wird es den Löwen nicht leicht machen. Egal welches der möglichen Systeme Stefan Krämer gegen die Löwen ins Feld werfen wird, die Meppener werden, solange sie das Spiel eng halten können, alles dafür tun, Punkte gegen den TSV 1860 München zu holen.

Marvin Pourié wird in seinem 150. Drittligaspiel gegen den Ex-Verein auch motivierter sein als in einem normalen Drittligaspiel.

Mit voller Konzentration, höchster Disziplin und der nötigen Leidenschaft wird es meiner Meinung nach für die Löwen kein Problem sein, den SV Meppen um drei Punkte zu erleichtern.

So könnte der SV Meppen gegen den TSV 1860 beginnen

Datenquelle: Wyscout

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