Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem Spiel unseres TSV 1860 München beim 1. FC Kaiserslautern.

Unsere Freunde vom Betzenberg sind denkbar schlecht in die neue Saison gestartet. Nur ein Punkt und noch kein eigenes Tor bei bereits fünf Gegentreffern weisen die Roten Teufel bisher auf. Vier dieser Gegentore wurden am vergangenen Sonntag gegen den Aufsteiger aus Berlin kassiert. Da stellt sich die Frage, ob der 1. FC Kaiserslautern wirklich so schlecht ist oder ob der Schein hier trügt.

Die bisherigen statistischen Werte des 1. FC Kaiserslautern

  • Ballbesitz 61%:39%
  • Passgenauigkeit 79%
  • Defensive Zweikampfquote 65%
  • Flankengenauigkeit 24,5%
  • PPDA (Zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 7,38

Wo hakt es bei den Pfälzern?

Trainer Marco Antwerpen lässt die Roten Teufel diese Saison bisher immer im auch letzte Saison bisweilen praktizierten 4-2-3-1 antreten. Wenn man sich die bisherigen Saisonstatistiken ansieht, ist die damit erzielte Ausbeute sowohl bei den Toren als auch bei den Punkten eigentlich deutlich zu niedrig. Zwei Sachen fallen allerdings eklatant negativ auf wenn man die bisher absolvierten Spiele des 1. FCK ansieht. Erstens fehlt in manchen Momenten der nötige letzte Schritt in der Defensive, um Schüsse des Gegners entscheidend zu stören bzw. zu verhindern. Zweitens ist das Stellungsspiel der Lauterer noch nicht auf dem Niveau, das nötig ist, um Zweikämpfe um den Ball zu vermeiden und stattdessen die Balleroberung stärker über abgefangene Pässe zu gestalten.

Von den defensiven Zweikämpfen gewannen die Betzebuwe zwar meist mehr als ihre Gegner, aber abgesehen vom Spiel gegen Eintracht Braunschweig wurden einfach zu viele davon überhaupt in gefährlichen Zonen geführt. So verwundert es nicht, dass sowohl der SV Meppen als auch Viktoria Berlin sehr viele Chancen im und um den Strafraum herum verbuchen konnten. Auch defensive Kopfbälle in den entscheidenden Zonen verliert der 1. FCK bisher gerne in hoher Anzahl.

PPDA und Ballbesitzquote top, aber…

Das Stellungsspiel der Mannschaft von Marco Antwerpen gegen den Ball ist wie oben angemerkt ebenfalls stark verbesserungswürdig. Im Pressing ist das Anlaufverhalten bei den Lauterern dagegen durchaus gut. Mit einer PPDA von 7,38 über drei Spiele kann man durchaus leben. Die Aktionen gegen den Ball gehen allerdings oft ins Leere und zwingen die Gegner bisher nicht unbedingt zu hastigem Spiel und dadurch auch nicht zu Fehlern. Hier muss der 1. FC Kaiserslautern noch besser werden. Auch was das Antizipieren von Laufwegen angeht, ist das noch nicht das Gelbe vom Ei. Daraus resultieren die wenigen abgefangenen Pässe im gegnerischen Spielaufbau.

Die hohe Ballbesitzquote bei den Roten Teufeln von im Schnitt 61% sieht auf dem Papier wunderbar aus. Schaut man sich an, wie die Passwege verlaufen, muss man zu dem Schluss kommen, dass der “Alibipass” für viele der Spieler in der Hintermannschaft beim Spielaufbau ein adäquateres Mittel zu sein scheint als zu versuchen eine progressive Aktion zu starten. Der Pressingdruck, den die Lauterer bisher aushalten mussten, ist allerdings in allen drei bisherigen Saisonspielen ebenfalls hoch gewesen. Wenn man dann keinen wirklich guten Spieleröffner auf dem Platz hat oder sich dieser – aus welchem Grund auch immer – nichts zutraut, wird aus viel Ballbesitz viel Ballgeschiebe im Mittelfeld.

Im Sturm ist die Welt noch ok

Bekommen die Lauterer den Ball allerdings ins letzte Drittel des Gegners, brennt dort durchaus der Baum. In allen Spielen bisher hatten die Roten Teufel bisher mindestens zwei hochkarätige Chancen und auch die Schussanzahl konnte mit der des Gegners mithalten oder wie im Spiel gegen Braunschweig diese sogar übertreffen.

Betrachten wir die letzte Saison in dieser Rubrik schon öfter zum Einsatz gekommene xG- und die xGa-Statistik des 1. FC Kaiserslautern, sollte Antwerpens Mannschaft theoretisch mit 5:5 Toren und 4 Punkten im Tabellenmittelfeld rangieren. Das sind klare Anhaltspunkte, an denen man sich orientieren kann, um die tatsächliche Klasse der momentan definitiv unter Wert geschlagenen Elf vom Betzenberg richtig einordnen zu können.

Ein Riesenpfund, das den 1. FCK momentan obendrein drückt, sind die neun Spieler auf der Verletztenliste. Vor allem bei der Besetzung des Mittelfelds ist momentan große Kreativität beim Coach der Pfälzer gefragt.

Wo ist Lauterns 4-2-3-1 zu knacken?

Nach den bisherigen Eindrücken muss eine spielstarke Mannschaft wie der TSV 1860 München gegen den 1.FCK mit spielerischen Mitteln, also mit flachem und schnellem Spiel über die Flügel oder einem breitgezogenen Zentrum und mit einer gewissen Rotation beim zweiten Stürmer neben Sascha Mölders temporeiche variable Attacken gegen die Lauterer fahren. Damit möglichst schnell Verwirrung in der Hintermannschaft erzeugt wird. Sobald die Lauterer Spieler in der Defensive die Zuordnung verlieren, wird die Abwehr löchrig und es tun sich Chancen auf.

Die Stärken und Schwächen des 4-2-3-1

Die Stärken

Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert.

Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich, wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv und nicht nur als Ballverteiler in das Offensivspiel mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.

Die Schwächen

Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift, schwer zu kontrollieren. Denn die Wege um einen Spieler zu doppeln sind relativ weit, sodass die Dopplung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft.

Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorne ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko, denn dadurch bietet sich für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken, zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.

Die Schlüsselspieler

Der Keeper

Matheo Raab (#40) im Tor hat den bisherigen Stammkeeper Spahic verdrängt und steht nun als Nummer eins im Kasten. Warum Antwerpen in Raab den besseren Keeper sieht, liegt augenscheinlich an seinen starken Reflexen. Sowohl im Spiel gegen den SV Meppen als auch im DFB-Pokal gegen Borussia Mönchengladbach konnte der erst 21-Jährige sein Team mit mehreren Glanzparaden im der Partie halten.

Abwehr

Als defensiven Schlüsselspieler in der Innenverteidigung würde ich beim 1. FCK eigentlich Alexander Winkler (#4) sehen, der bisher aber noch auf keinen Startelfeinsatz kam. Ob sich das mit der Verletzung von Götze, der allerdings abgesehen vom Spiel gegen Braunschweig im Mittelfeld eingesetzt wurde, ändert, vermag ich nicht zu sagen. Für mich wäre Winkler in der Innenverteidigung gesetzt. Die beiden jungen Senger und Tomiak scheinen mit dieser Aufgabe ohne erfahrenen Abwehrchef etwas überfordert. Mit der Verletzung von Götze rechne ich damit, dass Tomiak ins Defensive Mittelfeld vorrückt und Winkler den Part des Abwehrchefs in der Innenverteidigung übernimmt.

Mittelfeld

Mike Wunderlich (#28), der als Urgestein der Kölner Viktoria geltende und nun in die Pfalz gewechselte Mittelfeldspieler, kann alles was man können muss. Speziell seine gefährlichen Standards und harten, genauen Schüsse aus der zweiten Reihe aber auch seine Übersicht, Passgenauigkeit und Dribbelstärke gepaart mit seiner Erfahrung machen Mike Wunderlich klar zu einem Schlüsselspieler – und das nicht nur beim 1.FCK. Wunderlich wäre eine Bereicherung für jedes Team dieser Liga.

Der 27-jährige Jean Zimmer (#16) kam während des letzten Wintertransferfensters leihweise aus Düsseldorf zu den Pfälzern. Offensiv ist er seither in den meisten Spielen der auffälligste Akteur auf dem rechten Flügel. Steinhart wird ihn und seine Flankenläufe aber sicher unter Kontrolle bringen.

Sturm

Daniel Hanslik (#19) kam bereits letztes Jahr zur Leihe von den Störchen aus Kiel in die Pfalz. Nun haben ihn die Pfälzer fest verpflichten können. Mit 44% gelungenen Aktionen ist er für einen Spieler im Sturmzentrum sehr effektiv bei allem, was er tut. Knapp die Hälfte seiner Schüsse bringt er so aufs Tor, dass der Torhüter Arbeit bekommt. Bei drei Balleroberungen von ihm pro Spiel in der 3.Liga sieht man auch, dass er im Pressing gut gegen den Ball arbeiten kann und sich für Defensivaufgaben nicht zu schade ist.

Fazit: können die Löwen den 1.FC Kaiserslautern schlagen?

Die Truppe des 1. FCK ist sicherlich keine, die man unterschätzen darf. Sobald Trainer Antwerpen es schafft, dass einerseits die Nervosität und Hektik vor dem gegnerischen Kasten schwindet und andererseits vor allem im Zentrum besser verteidigt wird, kann Lautern mit dem zur Verfügung stehenden Spielermaterial sicherlich mehr leisten als bisher gezeigt wurde.

Ob das für das Spiel am Samstag schon gelten kann, werden wir sehen. Der TSV 1860 München hat in jedem Fall die Chance dort zu punkten. Ob es einer oder drei werden, werden wir sehen. Wir haben eine starke Mannschaft mit exzellenten Technikern, die Kaiserslautern so wie sie in den letzten beiden Ligaspiele aufgetreten sind definitiv Probleme bereiten kann. Wenn die Roten Teufel jedoch bis Samstag ihre Fehlerketten sowohl offensiv als auch defensiv abstellen können, wird es eng.

Ich bin allerdings der Meinung, dass der TSV 1860 München dort mit breiter Brust hinfahren kann. Michael Köllner wird den richtigen Matchplan ausgeben. Das Team wird dann alles dafür tun, ihn umzusetzen.

Für die Löwen gilt es ganz klar die Anfangsnervosität, die in den vergangenen Spielen gezeigt wurde, abzulegen und von Beginn an mit voller Konzentration im Match zu sein und diese über die gesamte Spielzeit aufrecht zu halten. Wenn das gelingt, ist ein Sieg am Betzenberg für die Sechzger absolut möglich.

Mögliche Aufstellung des 1.FC Kaiserslautern gegen den TSV 1860 München

1.FC Kaiserslautern Mögliche Aufstellung Gegen Den TSV 1860 München Im 4 2 3 1

Datenquelle: wyscout

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