Herzlich Willkommen zur TAKTIKTAFEL Analyse des Spiels unseres TSV 1860 München beim Hallescher FC.

Das war am Samstag eine sehr beeindruckende Leistung des TSV 1860 München beim Hallescher FC in der größten Stadt Sachsen-Anhalts an der Saale. Einer defensiv kompakten Leistung wurde durch ein offensives Feuerwerk die Krone aufgesetzt. Vier Tore geschossen, keines zugelassen – und das Endergebnis kann man durchaus als schmeichelhaft für die Hausherren bezeichnen.

Der TSV 1860 München hat von der Grundausrichtung her wie immer ein 4-1-4-1 System auf den Platz gebracht. Sowohl offensiv als auch defensiv verschob sich dies aber teilweise drastisch. Florian Schnorrenberg indes setzte dem ein kompaktes, vom Spielermaterial eher defensiv ausgerichtetes, 4-2-3-1 entgegen.

Wie war das Spiel der Löwen angelegt?

Gegen den Ball gab diesmal Richy Neudecker den Box-to-Box Spieler, der Dennis Dressel bei Angriffen der Hallenser im defensiven Mittelfeld unterstützen sollte. So sahen wir dann also die Verschiebung aus dem 4-1-4-1 zu einem kompakten 4-2-3-1, in Pressingsituationen auf der vordersten Linie manchmal auch zu einem 4-2-2-2.

Offensiv setzte Michael Köllner diesmal beim Aufbau auf eine sogenannte dynamische Dreierkette. Das bedeutet, dass sich der defensive Mittelfeldspieler beim Aufbau in die Abwehrkette zurückfallen lässt und beide Außenverteidiger ins Mittelfeld nach vorne schieben. Mit den Außenverteidigern auf etwa gleicher Höhe mit dem Box-to-Box Spieler befindlich, hat der Spieleröffner in der Abwehrkette dann drei potentielle Anspielstationen im defensiven Mittelfeld. Die drei offensiven Mittelfeldspieler positionierten sich versetzt im Raum davor, sodass gute Passdreiecke entstanden. In der Frühphase des Aufbaus im Positionsspiel der Löwen hatten die Hallenser es also mit einem ein versetzten 3-3-3-1 zu tun. Darauf war Halle offensichtlich taktisch in keinster Weise vorbereitet. Die Angriffssteuerung im Pressing funktionierte für die Saalestädter überhaupt nicht.

So gelang es den Löwen immer wieder, wunderbar das Spiel durch das Zentrum zu eröffnen. Nach Überspielen der ersten Pressingreihe konnte vor allem Neudecker die Bälle fast nach Belieben verteilen. Auch löste sich Dressel dann wieder aus der Kette und suchte seine Position im Mittelfeld. So konnten die Löwen permanent mit Überzahl im Mittelfeld und situativen Verschiebungen nach vorne den Druck auf die Defensive der Hausherren aufrechterhalten. Das Spiel im letzten Drittel war geprägt von dynamischen Positionswechseln der offensiv ausgerichteten Löwen im Mittelfeld – Staude, Biankadi und Lex. Es war eine wahre Augenweide, diesem wahnsinnig flexibel agierenden Mannschaftsteil zuzusehen. Lex als hängende Spitze, Staude in der kreativen Rolle und Biankadi als eine Art äußerer Zielspieler, der Bälle festmacht und verteilt.

Die statistischen Werte des Spiels

TSV 1860 Hallescher FC
Ballbesitz: 58% 42%
Passgenauigkeit: 81% 77%
Defensive Zweikampfquote: 65,5% 41,5%
Schüsse: 22 9
Schüsse aufs Tor 10 1
PPDA*: 9,67 9,05
*(zugelassene Pässe pro Defensivaktion)

 

Was sagen diese Zahlen diesmal aus? Eine PPDA von 9,05 für den HFC sieht alleine betrachtet eigentlich nicht so schlecht aus. Sieht man nur diese Zahl, könnte man meinen, die Löwen hatten Probleme mit dem Pressing der Hallenser. Nun aber kommt die defensive Zweikampfquote ins Spiel. Nur 41,5% der defensiven Zweikämpfe konnte das Team von Florian Schnorrenberg insgesamt für sich entscheiden und in der Hälfte des TSV bei 35 Versuchen nur zwölfmal den Ball gewinnen. Somit ergibt sich für Halle eine defensive Zweikampfquote von rund 34% in der Spielfeldhälfte des TSV 1860 München. Dies desolat zu nennen ist fast noch eine Untertreibung.

Vergleichen wir das also mal mit den Zahlen der Löwen: elf erfolgreiche Defensivzweikämpfe in der Hälfte der Hallenser bei 24 Versuchen. Das ergibt eine Erfolgsquote von rund 46%. Zusammenfassend gesagt haben sich die Hallenser zwar um gutes Pressing bemüht, die Defensivaktionen aber gegen die Löwen nicht so setzen können wie es nötig gewesen wäre, um den TSV 1860 München über Angriffspressing unter Druck zu setzen.

Die Löwen haben hingegen mit 46% gewonnener Defensivduelle in der gegnerischen Hälfte einen exzellenten Wert. Diese Ballgewinne früh im Aufbauspiel der gegnerischen Mannschaft haben den Hallensern über fast die komplette Spielzeit den Wind aus den Segeln genommen.

Die erste Halbzeit bei der Partie Hallescher FC – TSV 1860

Den genauen taktischen Plan, den sich die Hallenser vor der Partie zurechtgelegt hatten zu erkennen, ist für mich diesmal zugegebenermaßen wirklich schwer. Denn die 40 Sekunden vor dem 1:0 für die Sechzger lassen bei Halle keinen Plan erkennen. Dazu ist diese Zeitspanne einfach zu kurz. Nach dem Treffer durch Keanu Staude in der ersten Minute war der Plan wohl über den Haufen geworfen worden.

Dass Halle sofort nach dem Gegentreffer seinerseits versucht hat, offensiver als es wahrscheinlich geplant war, zu agieren liegt auf der Hand.

Nach der Niederlage gegen die SpVgg Unterhaching am vergangenen Wochenende war für Halle ein Sieg in diesem Spiel fast Pflicht. Nach dem frühen Rückstand war also höchstwahrscheinlich ein offensiveres Auftreten, als es im Matchplan vor dem Spiel festgelegt worden war, die logische Konsequenz.

Hallescher FC chancenlos gegen 1860 München

Funktioniert hat das aber nicht. Die Giftigkeit und Bissigkeit, mit der die Giesinger die Angriffsversuche der Hausherren verteidigten und vom eigenen Sechzehner fernhielten, war phänomenal. Und zwar so phänomenal, dass aus dem Spiel heraus nie wirklich Gefahr für das Tor von Marco Hiller bestand. Der einzig nennenswerte Schuss in der ersten Halbzeit war beim Stand von 0:1 aus Sicht des HFC in Minute 35 durch Nietfeld. Salger stand bei diesem aber goldrichtig und konnte direkt am Mann abblocken.

Der Gewinn des zweiten Balles für Halle in der direkt folgenden Situation endete damit, dass Boeder die Kugel aus etwa zwanzig Metern weit über das Gehäuse der Löwen setzte. Überhaupt waren die meisten der neun von Halle abgegebenen Schüsse eher Verzweiflungstaten als wirklich brauchbare Abschlüsse. Dieser Moment war also der Einzige im gesamten Spiel, nachdem das Spiel eine andere Richtung hätte einschlagen können. Markiert Nietfeld hier den Ausgleich, haben wir ein neues Spiel. Das ist nicht passiert. Gut so!

Dieser Versuch war gleichzeitig das Ende der einzigen kurze Phase, in der Halle nach der fulminanten Anfangsoffensive der Löwen tatsächlich kurz etwas Hoffnung schöpfen konnte, das Spiel vielleicht noch einmal unter Kontrolle bekommen zu können. Zwischen der 15. und der 35. Minute war es ein in beide Richtungen offener Schlagabtausch, wo sich Halle zwar Ballbesitzvorteile herausspielen konnte, aber bis auf die oben beschriebene Chance von Nietfeld in keiner Weise gefährlich wurde. Diese etwa zwanzig Minuten waren spielerisch das Beste, was Halle an diesem Tag vor den entscheidenden Toren der Löwen zu bieten hatte.

Nachdem unsere Löwen aber noch das 2:0 (37. Minute) und 3:0 (45+2. Minute) vor dem Halbzeitpfiff markieren konnten, war der sprichwörtliche Kaas bissn.

Die zweite Halbzeit

Die zweite Halbzeit gestaltete sich aus Hallenser Sicht noch trostloser. Nur einen einzigen Abschlussversuch gestatteten unsere Sechzger den Gastgebern. Boyd hatte in der Nachspielzeit nach einem Eckstoß eine Kopfballgelegenheit, setzte das Leder aber über den Querbalken.

Mit der 3:0 Führung im Rücken und einer anstrengenden Auswärtsreise nach Lübeck vor der Brust standen auch die Löwen in der zweiten Halbzeit nicht mehr voll auf dem Gaspedal was die Offensive betrifft. Mit dem 4:0 durch Mölders wurde dann zur Spielerschonung nicht nur die ökonomischere Spielweise genutzt, sondern auch das Stammpersonal durch Wechsel geschont.

Michael Köllner wechselte ab der 68. Minute mit der sicheren 4:0 Führung im Rücken sukzessive die komplette Offensivabteilung aus. Zunächst durften Lex und Biankadi für Greilinger und Tallig vom Platz. Einige Minuten später kamen dann Djayo und Mannhart für Staude und Neudecker. Zu guter Letzt durfte auch Sascha Mölders den Platz vorzeitig verlassen, um für Lang Platz zu machen.

Die Tore und deren Entstehung

Das 0:1

25 Sekunden nach Anpfiff wirft Steinhart tief in der gegnerischen Hälfte zu Biankadi, der an der Torauslinie steht, den Ball ein. Biankadi spielt sofort zu Steinhart zurück, der den Ball in die Box zu Lex, der seinen Fuß kurz an den Ball bringt und damit zu Staude an der Sechzehnergrenze weiterleitet. Staude spielt schnell auf die rechte Seite zu Willsch, der mit dem Leder ein paar Meter in Richtung Grundlinie geht. Seine Flanke in den Strafraum wird abgefälscht, touchiert die Latte, kommt in leichtem Bogen zu Biankadi, welcher vom linken Fünfereck volley einen hohen Pass auf Staude spielt. Dieser läuft am rechten Fünfereck ein und drischt den Ball im Moment der Bodenberührung nach 40 gespielten Sekunden in die Maschen. Müller im Tor der Hallenser ist bei diesem Dropkick absolut chancenlos.

Das 0:2

Ausgangspunkt des zweiten Treffers ist Neudecker, der etwa zehn Meter tief in der eigenen Spielfeldhälfte an der rechten Seitenlinie den Ball erobert. Neudecker spielt den Ball ins Zentrum zu Dressel. Dieser wird von Tritsch Rivero verfolgt und spielt weiter zu Steinhart. Nun passiert der entscheidende Fehler der Hallenser beim Verteidigen dieses Angriffs: Tritsch Rivero zieht sich, nachdem er zuvor Dressel verfolgt hatte, in die eigene Spielfeldhälfte zurück, anstatt den Passweg von Steinhart zurück zu Dressel zuzustellen und somit den Angriff auf dem Flügel zu halten. Dressel bekommt das Leder also von Steinhart wieder und hat alle Zeit der Welt, den Ball in die gegnerische Hälfte auf den rechten Flügel zu Willsch zu schlagen. Willsch zieht dann mit dem Ball nach innen und gibt ihn an den mittlerweile aufgerückten Dressel zurück. Dressel sucht wieder Steinhart auf dem linken Flügel.

Hier erfolgt durch Manu die erste aktive Aktion gegen den Ball der Hallenser bei diesem Angriff der Löwen. Steinhart kann Manu aber abschütteln und an die Box flanken. Dort wehrt Syhre den Ball zwar ab, aber genau auf das Bein von Merveille Biankadi. Von Biankadis Oberschenkel prallt der Ball ein bisschen nach vorne – und mit der nächsten Bewegung schießt die Nummer 19 des TSV 1860 München in der 37. Minute volley ins linke untere Eck. Müller im Tor ist auch hier chancenlos. Der Keeper des HFC beklagt sich im Anschluss mit den Worten “Aber wir wollen ja auch nicht!” lautstark bei seinen Mannschaftskameraden.

Das 0:3 – Dressel vom TSV 1860 trifft wieder gegen den Hallescher FC

Das dritte Tor für die Löwen durch Dennis Dressel in der zweiten Minute der Nachspielzeit der ersten Halbzeit entspringt einem Fehlpass des linken Hallenser Verteidigers Landgraf. Dieser spielt den Ball aus der Box flach ca. 40 Meter lang direkt auf den Fuß von Willsch. Willsch geht einige Meter mit dem Ball und spielt dann Staude, der am rechten Sechzehnereck wartet, an. Staude sieht Dressel und spielt ihm den Ball etwa 25 Meter vor dem Tor zu. Dressel geht noch wenige Meter mit dem Ball und zieht, bevor ihn ein Gegner stören kann, aus etwa 23 Metern ab und der Ball schlägt in’s rechte untere Eck ein. Müller ist auch hier wieder ohne Chance, den mehrfach aufsetzenden Ball zu halten.

Der Schlusspunkt

Tor Nummer vier in der 64. Minute kann man als Geschenk von Innenverteidiger Vucur an Sascha Mölders bezeichnen. Vucur möchte den Ball zu seinem Torwart zurückspielen, der in diesem Moment aber gar nicht im Kasten steht. Diesen Pass läuft Mölders ab und versenkt ihn im Gehäuse der Hallenser. Auch hier hat Müller keine Abwehrchance.

Fazit Hallescher FC – TSV 1860 München

Ein Spiel, das vor allem aufgrund der stark auffälligen Passivität der Spieler des HFC gegen den Ball schon in der ersten Halbzeit entschieden war, geht auch in dieser Höhe absolut gerechtfertigt als höchster Auswärtssieg in der 3. Liga in die Annalen des TSV 1860 München ein. Wenn man ehrlich ist, dürfen sich die Hallenser noch glücklich schätzen, nicht noch mehr Tore kassiert zu haben. Dressel, Staude, Steinhart und Djayo hatten Chancen für vier weitere Tore auf dem Fuß. Halle kann sich bei einem trotz aller Widrigkeiten sehr einsatzfreudigen Torwart bedanken, dass nicht noch mehr Treffer für die Löwen gefallen sind.

Den frischen Wind, den dieser Sieg den Löwen in die Segel bläst, gilt es jetzt ins Auswärtsspiel am Mittwoch in Lübeck mitzunehmen. Bis dahin freuen wir uns über diese rundum gelungene Leistung der Mannschaft von Trainer Michael Köllner.

 

Datenquelle: www.wyscout.com

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andreas de Biasio

diese Berichte lese ich immer sehr gern gefällt mir.