Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem Pokalspiel unseres TSV 1860 München gegen den SV Darmstadt 98.

Es handelt sich um eine Premiere, denn noch nie trafen diese beiden Teams im DFB-Pokal aufeinander. Torsten Lieberknecht, Trainer des SV Darmstadt 98, wird gehörig an seiner Mannschaft basteln müssen, um eine schlagkräftige Truppe für den Pokalfight am heutigen Abend auf die Beine zu stellen.

Viele Ausfälle aufgrund von Corona

Die Konstellation der fehlenden Spieler bei den Lilien ist die folgende:

  • 4 positiv getestete Spieler befinden sich in Quarantäne (Tim Starke – RA, Erich Berko – LA, Matthias Honsak – LA und Tobias Kempe – ZM).
  • Drei Spieler fehlen aufgrund langwieriger Verletzungen (Aaron Seydel – MS, Marvin Mehlem – OM, Patric Pfeiffer – IV).
  • Vier Spieler befinden sich in einer sogenannten Arbeitsquarantäne und dürfen außerhalb der Spiele keinerlei Kontakt zur Mannschaft haben (Marcel Schuhen – Tor, Ensar Arslan – LA, Nemanja Celic – DM, Luca Pfeiffer – MS).
  • Des Weiteren behauptete Trainer Torsten Lieberknecht in der Pressekonferenz, ihm seien im Training am Dienstag drei etatmäßige Innenverteidiger verletzt ausgefallen (Lasse Sobiech, Thomas Isherwood, Jannick Müller). Damit stünde als einziger gelernter Innenverteidiger zum Zeitpunkt der Pressekonferenz (Mittwoch) lediglich der 18-jährige Clemens Riedel (#38) zur Verfügung.

Inwiefern die angeblichen Verletzungen der drei Innenverteidiger im Training am Dienstag eine taktische Finte sind, wie einige Redaktionskollegen vermuten, lässt sich nicht beurteilen. Auf dem in Puncto Verletzungen relativ schnell reagierenden Portal transfermarkt.de sind diese Spieler zum jetzigen Zeitpunkt, an dem ich diese Zeilen schreibe, noch nicht als verletzt gelistet. Daher gehe ich grundsätzlich mal davon aus, dass sie spielen könnten.

Nemanja Celic (#43) und Luca Pfeiffer (#16) wurden gegen den KSC vergangenen Freitag eingewechselt. Daraus schließe ich, dass alle Spieler, die sich in der Arbeitsquarantäne befinden, einsatzbereit sind. Besonders Marcel Schuhen, die eigentliche Nummer Eins des SV Darmstadt 98, erwarte ich daher, wenn man die Leistung des Ersatzkeepers Behrens (#12, Neuzugang vom 1. FC Magdeburg) als Maßstab nimmt, in der Startelf.

Ein anderes Problem, das Lieberknecht hat, ist die Integration der vielen Neuzugänge. Was unter oben genannten Bedingungen ebenfalls eine Herkulesaufgabe sein dürfte. Dreizehn externe Neuzugänge muss der Coach der Lilien ins Team integrieren.

Das System beim SV Darmstadt 98

Die beiden Spiele in der 2.Bundesliga gegen Jahn Regensburg und den KSC absolvierten die Hessen im 4-2-3-1 und im 3-5-2. Welches System sich Lieberknecht tatsächlich für das Spiel in Giesing zurechtlegen wird, kann ich deshalb nur vermuten.

Sehen wir uns zuerst einmal die harten Fakten an. Es ist ein K.o.-Spiel für eine ersatzgeschwächte und nicht unbedingt eingespielte Truppe auf des Gegners Platz. Gegner ist ein eingespieltes und fußballerisch starkes, aber unterklassiges Team.

Wie würde ich das angehen, steckte ich in Torsten Lieberknechts Schuhen? Ich würde mit einer kompakten, auf allen Linien gegen den Ball tief agierenden Mannschaft dem Gegner quasi das Feld überlassen und mit extrem vertikalem Spiel und Konterfußball bei Ballgewinn meine Chance suchen. Dazu würde ich gegen den Ball ein 5-4-1 System wählen. Bei eigenem Ballbesitz im Positionsspiel würde ich aus dem eigenen letzten Drittel heraus auf zunächst 4-1-4-1 verschieben lassen. Das wird durch Vorrücken des zentralen Innenverteidiger ins defensive Mittelfeld erreicht. Im letzten Drittel wird so ein asymmetrisches 4-1-3-2 hergestellt, bei dem der Mittelfeldaußenspieler auf der jeweils starken Seite als Flügelstürmer mit in die Sturmreihe vorschiebt. Währenddessen geht einer der zentralen Mittelfeldspieler oder der Mittelfeldaußenspieler auf der ballfernen Seite mit ins Sturmzentrum. Somit entstünde bei Positionsangriffen der Darmstädter in letzter Konsequenz ein 4-1-2-3 mit einem Außen- und zwei Mittelstürmern.

Ob das Lieberknechts Plan sein wird oder nicht, ist natürlich rein spekulativ. Um eine Chance gegen den TSV 1860 München zu haben, würde zumindest ich diesen systematischen Ansatz wählen.

Gegen den Ball erlaubt das 5-4-1 doppelt besetzte Flügel und ist auch im Zentrum sehr kompakt. Von daher ist es wahrscheinlich die beste Möglichkeit, um ein produktives Eindringen in die Box zu verhindern.

Stärken und Schwächen des 5-4-1

Stärken

Durch die massive Defensive wird das Eindringen in die Box und das Tore schießen für den Gegner extrem erschwert, wenn man dieses System auf den Platz bringt. Griechenland wurde mit einer Variante dieses Systems im Jahr 2004 Europameister.

Schwächen

Selbst ist man, vor allem wenn alle Linien in der taktischen Ausrichtung tief agieren, in der Offensive auf Konter und vertikales Spiel angewiesen.

Wenn der Gegner den Konter unterbinden kann, dauert der Aufbau im Positionsspiel länger als bei offensiveren Aufstellungen. Bis sich das System in die offensive Formation verschoben hat, müssen einige Akteure größere Strecken zurücklegen. Deshalb wird meist mit einer auf Konterfußball und Gewinn zweiter Bälle in der gegnerischen Spielfeldhälfte ausgelegten “langer Hafer”-Taktik agiert.

Schlüsselspieler beim SV Darmstadt 98

Tor

Beide Torhüter, also sowohl Marcel Schuhen (#1) als auch Morten Behrens (#12), kommen für einen Einsatz in Frage. Behrens zeigte in der Liga zuletzt einige Schwächen. Gegen den TSV 1860 München machte er mit dem 1.FC Magdeburg im Hinspiel der vergangenen Saison jedoch eines seiner besten Spiele, als er den Punktgewinn der Festungsstädter in Giesing am zweiten Spieltag festhielt. Die etatmäßige Nummer Eins Schuhen ist aufgrund des Coronaprotokolls derzeit vom Mannschaftstraining ausgeschlossen. Ob er oder Behrens spielt, ist eines der großen Fragezeichen, die über dieser Partie stehen.

Abwehr

Innenverteidiger Lasse Sobiech (#24) kam als Neuzugang vom 1.FC Köln. Mit seiner Erfahrung soll er die Defensive der Lilien stabilisieren. Das gelingt ihm bisher auch vortrefflich. 79% (!) seiner bisherigen Defensivzweikämpfe und 82% seiner Kopfballduelle gewann der 30-jährige Routinier.

Mittelfeld

Fabian Schnellhart (#8) ist der Staubsuager im defensiven Mittelfeld. Seine Antizipation für Passwege des Gegners und sein Stellungsspiel sind für die Defensive des SV Darmstadt 98 Gold wert.

Der offensivere Counterpart zu Schnellhart auf der Doppelsechs ist Emir Karic (#19). Er ist eigentlich ein linker Verteidiger, agiert in den letzten beiden Spielen aber als eine Art zurückgezogener Spielmacher und besticht durch eine hohe Erfolgsquote bei seinen Dribblings sowie offensiven Laufduellen. Auch sein Passspiel nach vorne und in die Spitze verdient Applaus. Er ist momentan einer der Unterschiedsspieler im Kader von Torsten Lieberknecht.

Der offensiv vielseitig verwendbare Benjamin Goller (#7) hat bisher die meisten Pässe in die Box für die Lilien gespielt. Mit einer Erfolgsquote von 50% kommen dabei auch noch überdurchschnittlich viele beim eigenen Mann an. Als Schussvorlage verwertbar war in den zwei bisherigen Spielen allerdings nur ein einziger dieser Pässe in den Strafraum. Trotzdem sollte man den erst 22 Jahre jungen Goller nicht zur Entfaltung kommen lassen. Dribbelstark und passsicher wie er ist, kann er wie Karic im Spiel nach vorn eine entscheidende Figur für Darmstadt sein.

Angriff

Mittelstürmer Phillip Tietz (#9), der als Ersatz für den nach Istanbul gewechselten Torjäger Serdar Dursun vom SV Wehen Wiesbaden nach Darmstadt kam, bedarf vermutlich keiner neuerlichen Vorstellung. Der Vollständigkeit halber gibt es diese aber trotzdem. Phillip Tietz ist ein klassischer Mittelstürmer, der sowohl als Zielspieler als auch als Stoßstürmer eingesetzt werden kann. Mit 76 Scorerpunkten in 164 Profispielen während seiner noch jungen Karriere kann er bei rund 46% seiner Einsätze eine Torbeteiligung nachweisen.

Fazit

Eine eingespielte Heimmannschaft trifft auf ein ersatzgeschwächtes Auswärtsteam mit vielen Neuzugängen. Wäre da nicht der Klassenunterschied, würde man sagen die Mannschaft des TSV 1860 München hat alle Trümpfe in der Hand.

Bei der von mir erwarteten Mauertaktik seitens der Darmstädter kann das aber auch ins Auge gehen und am Ende steht man wegen einem Kontertor mit leeren Händen da. Darum sollten die Löwen die Partie zwar einerseits natürlich mit einer klaren Offensivtaktik angehen, jedoch immer auf die Absicherung gegen Konter bedacht sein. Lieber in der letzten Linie und im defensiven Mittelfeld auch bei eigenem Ballbesitz etwas tiefer stehen, als mit einem Gegenstoß, wie es den Gegnern saisonübergreifend in den letzten drei Pflichtspielen gelang, überrascht zu werden. Gegen Ingolstadt wurde der Fauxpas besonders teuer. In den beiden Spielen diese Saison konnte der Schlussmann der Löwen jeweils ein Gegentor verhindern.

Kontrollierte Offensive, variables Spiel und konzentrierte Absicherung gegen Konter des Gegners müssen das Rezept für die Löwen gegen Darmstadt sein. Im Vergleich zu den letzten beiden Spielen könnten Dennis Dressel und Stefan Lex, die in Wiesbaden nach dem Pausentee eingewechselt wurden, beim TSV 1860 München in die Anfangsformation rutschen. Auf jeden Fall wird Marco Hiller auf seinen angestammten Platz zwischen den Pfosten zurückkehren.

Datenquelle: Wyscout

Mögliche Aufstellung vom SV Darmstadt 98

SV Darmstadt 98 Mögliche Aufstellung Im DFB Pokal Gegen Den TSV 1860 München

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