Herzlich willkommen zur Taktiktafelanalyse des 4:1-Heimsiegs unseres TSV 1860 München gegen den MSV Duisburg. Ein fulminanter Auftakt ins neue Jahr war das am späten Samstag Nachmittag. Die Löwen wirkten wie von einer großen Last befreit.

TSV 1860 – MSV Duisburg, ein traditionsschwangeres Duell unter Flutlicht am späten Samstag Nachmittag endet mit einem richtungsweisenden Sieg für den TSV 1860, der sehr viel Licht, aber in einigen Situationen auch ein wenig Schatten mit sich brachte.

Die Löwen wurden von Trainer Argirios Giannikis im 4-2-3-1 ins Rennen geschickt, Boris Schommers, Übungsleiter des Gegners von der Ruhr, wählte das gleiche System. Guttau lief bei unseren Löwen im Zentrum hinter Lakenmacher als Spielgestalter auf der Zehnerposition auf. Sulejmani durfte auf der linken Außenbahn beginnen und Frey bekam die Rolle des Defensive und Offensive verbindenden Box-To-Box Spielers.

Das im Raum angelegte Pressing der Löwen agierte zunächst sehr hoch. Mit Guttau und Lakenmacher als zentral anlaufende Spieler und – je nach Bedarf – einem auf dem Flügel nach vorne schiebenden Mittelfeldspieler, wenn Duisburg den Aufbau dorthin verlagerte.

Damit verlangsamte der TSV 1860 den Aufbau der Gäste, sodass Duisburg bei seinen Angriffen immer wieder träge wirkte und so die Löwen ihre Positionen im Stellungsspiel gegen den Ball nicht nur halten, sondern auch, wenn nötig, einem Mannschaftskameraden zu Hilfe eilen konnten, falls dieser ein Duell gegen den Ball zu verlieren drohte. Nach durch diese Faktoren begünstigte Ballgewinnen konnten unsere Sechzger häufig Umschaltsituationen im Mittelfeld generieren, aus denen dann gute Angriffe und Situationen in des Gegners Box entstanden.

Wie die Pressinglinie agierte auch die Defensivlinie zunächst extrem hoch. Wer offensiv spielen will, muss ein gewisses Risiko eingehen. Dass dieses Risiko kalkulierbar bleibt, ist dabei wichtig. Die Löwen haben in diesem Punkt einen guten Job gemacht.

Etwa zehn Minuten vor Spielende stellte Giannikis das System mit der Hereinnahme von Kwadwo auf Fünferkette um.

Bevor wir nun zur genaueren Analyse kommen, wie immer die statistischen Werte der Partie.

Statistische Werte TSV 1860 – MSV Duisburg

  • Ballbesitz: TSV 1860 42% – MSV 58%
  • Passgenauigkeit: TSV 1860 80% – MSV 82%
  • Defensive Zweikampfquote: TSV 1860 55% – MSV 49%
  • Schüsse/aufs Tor: TSV1860 17/9 – MSV 11/7
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): TSV1860 15,87 – MSV 13,7

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz (42%:58%)

Oft ist es so, dass eine hohe Ballbesitzquote nicht unbedingt gleichzeitig besseres oder effektiveres Spiel bedeutet. So auch in diesem Spiel. Duisburg war, durch die gute Staffelung der Löwen gegen das Positionsspiel des MSV, oft im Aufbau limitiert und musste sich nach langem Ballgeschiebe in den eigenen hinteren Reihen am Ende dann oft für riskante Pässe entscheiden. Diese konnten immer wieder von Spielern der Sechzger abgefangen werden.

Natürlich änderten die frühen Treffer der Löwen auch die Statik des Spiels. Mit der Sicherheit von zwei Toren nach der Hälfte des ersten Durchgangs im Rücken, konnte der TSV das Spiel der Duisburger dann auf sich zukommen lassen und selbst die Dynamik des Spiels diktieren.

Phasenweise Passivität der Sechzger schmälert die Leistung allerdings gar nicht, denn zu Beginn einer Englischen Woche ist es nicht verkehrt, den Energieverbrauch gut zu dosieren. In den Phasen, als die Treffer fielen, hatten die Löwen deutlich die Oberhoheit was den Ballbesitz betraf und Duisburg lief dem Geschehen dann hinterher. Die Gäste wirkten in den Phasen, als die Löwen aufs Tempo drückten, nicht wach und hatten bei den Aktionen der Sechzger häufig das Nachsehen.

Passgenauigkeit (80%:82%)

In Spielen, in denen der eigene Ballbesitz niedrig ist, hat man im Normalfall ebenfalls eine nicht ganz so gute Passgenauigkeit, weil dann die Sicherheitspässe in der eigenen Abwehr beim Aufbau im Positionsspiel nicht so häufig gespielt werden. Mit einer Führung im Rücken verschiebt sich hier natürlich auch alles ein wenig.

Die Sechzger gingen ab der Mitte der ersten Spielhälfte im Aufbau kein unnötiges Risiko mehr ein. Ab diesem Zeitpunkt schoss die Passgenauigkeit der Löwen geradezu nach oben. Phasenweise wurden also sichere Muster im Positionsspiel genutzt. Kontrollierter Aufbau ohne Hast mit Passstafetten im eigenen Defensivbereich. Wenn sich eine vielversprechende Gelegenheit ergab, um erfolgreich nach vorne zu spielen, kamen dann die Pässe druckvoll oft in den Lauf, sodass die Spieler das Leder in der Bewegung verarbeiten konnten, was den Spielfluss am Laufen hielt. Vor der Winterpause waren solche Spielzüge nicht bzw. nur äußerst selten zu sehen. Diese Gelegenheiten nutzten die Sechzger dann extrem gut aus und konnten so den Druck aufs letzte Drittel der Duisburger immer wieder aufbauen und halten.

Defensive Zweikampfquote (55%/49%)

Die Balleroberungsquote der Löwen liegt im gesamten Spiel bis auf die Phase zwischen dem 2:0 und dem Pausenpfiff deutlich über der Duisburgs. Die Zweikampfquote gegen den Ball im Speziellen sieht mit 55% nicht nach dem aus, was wir uns von den Löwen eigentlich wünschen. Allerdings ist es hier so, dass oft der Ball im Nachgang an einen Defensivzweikampf entweder durch Ablaufen der Kugel durch einen Mitspieler oder wegen des hohen Defensivdrucks der Sechzger auf die Zebras schlechtes Passspiel seitens der Spieler von der Ruhr mit einem abgefangenen Pass für die Löwen endete.

Diese 55% sehen im Kontext dessen, was wirklich auf dem Platz geschah, also schlechter aus als sie eigentlich waren. Die Anzahl der aktiven Versuche, selbst wieder in Ballbesitz zu kommen, liegt für die Sechzger um 10% höher als bei den Zebras. Da sind dann nicht nur Zweikämpfe, sondern alle Defensivaktionen inbegriffen.

Wir müssen also zusammenfassend feststellen, dass der alleinige Blick auf die defensive Zweikampfquote nie ein Indikator sein kann, wie gut die Leistung gegen den Ball gesamt war. Es gibt immer weitere Faktoren, die hier mit hineinspielen.

Ein spezielles Lob muss man der gesamten Elf in Puncto Kopfballduelle aussprechen. Hier liegt sie deutlich über dem, was noch in der Hinrunde geboten war.

Das alles in den nächsten Spielen zu bestätigen, wird eines der Ziele von Mannschaft und Trainer sein müssen.

Schüsse/aufs Tor (17/9:11/7)

Endlich wieder ein gutes Verhältnis zwischen abgefeuerten Schüssen und dem, was dann tatsächlich dem gegnerischen Torhüter Arbeit verschafft. Vier Schüsse konnten die Duisburger blocken, vier flogen über oder neben den Kasten.

Jetzt kommt aber das, was am Samstag in dieser Rubrik am positivsten aufgefallen ist. Bis auf zwei Schüsse (42. Schröter/76. Guttau), die geblockt werden konnten, fanden alle der neun im Strafraum abgefeuerten Schüsse den Weg aufs Tor. Vier davon – wie wir alle wissen – sogar hinein. Das ist top und wird der Mannschaft auch weiter Auftrieb geben.

PPDA (15,87:13,7)

Nachdem die Presssingintensität der Sechzger in der ersten Viertelstunde durchaus hoch war und bis zum 2:0 auch blieb, liefen die Sechzger danach nicht mehr so aggressiv an wie in der Anfangsphase. Mit fortlaufender Spieldauer sank die Anzahl der Aktionen gegen den Ball in den pressingrelevanten Zonen. Auch hier ist die kräfteschonende Herangehensweise der Löwen angesichts der Englischen Woche nicht verwunderlich.

In den Phasen des Spiels, als es wichtig war, hohen Druck auf den gegnerischen Aufbau auszuzüben, setzten die Sechzger das gut um.

Die Zahlen zeigen also auch hier nur die halbe Wahrheit. Schlüsseln wir sie nach Phasen auf, zeigt sich ein Bild, das gutes Energiemanagement für die kommenden Aufgaben ablesen lässt.

Die Tore

Hier könnt ihr euch die Tore und andere Highlights noch einmal ansehen.

Schöters Tor zum 2:0 war der entscheidende Treffer in diesem Spiel. Sein Volleyschuss nach Guttaus vorbereitender Flanke könnte es meiner Meinung nach auf die Liste der schönsten Treffer der Saison schaffen.

Viel wichtiger ist jedoch, dass Stürmer Fynn Lakenmacher offenbar wieder aufzublühen scheint. Der junge Hüne strotzte nur so von Selbstbewusstsein. Zu ihm und seiner Leistung weiter unten mehr.

Ich werde diesmal auf keines der Tore genauer eingehen. Wichtig herauszuheben scheint mir jedoch, dass alle Treffer über einen Angriff von einem der Flügel oder die Halbpositionen eingeleitet wurden.

Das fiel auf

Fynn Lakenmacher

Der junge Stürmer spielte eine tolle Partie und belohnte sich mit einem schönen Treffer am Ende selbst für seinen unermüdlichen Einsatz. Lakenmacher agierte als Wandspieler und im Pressing sehr einsatzfreudig. Sein Passspiel war, mit nur einem Fehlpass, nahezu perfekt. Alle drei seiner Schussversuche gingen auf den Kasten. In zwei Dritteln seiner Laufduelle um einen freien Ball ging er als Sieger hervor. Auch wenn er offensiv nicht alles für sich entscheiden konnte, was sowieso utopisch wäre, war Lakenmachers Leistung absolut lobenswert. Weiter so.

Morris Schröter

Zwei Tore zwei Assists, was will man mehr wenn die eigene Mannschaft 4:1 gewinnt? Nichts! Und deshalb ist Schröter wohl für die meisten Man of the Match. Bei seinem zweiten Tor profitierte er von einem in die Mitte abgewehrten Schuss von Lakenmacher den er dann verwandelte. Unter anderem aus solchen Gründen ist die Schussgenauigkeit, auch wenn der Ball nicht ins Tor geht so wichtig.

Julian Guttau

Als Zehner im Zentrum überall zu finden, aber auch wenn es dort zu eng wurde auf die Flügel rechts wie links ausweichend, hat Guttau auf dieser Position geglänzt wie noch kein Löwe zuvor in dieser Saison. Weiter so! 78% seiner Aktionen waren von Erfolg gekrönt. Das ist ein Hammerwert für einen Spieler auf der Zehnerposition. Nur zwei seiner Pässe fanden nicht ihr Ziel und mit 71% gewonnener Offensivduelle hat er jedem Möchtegernmaradona gezeigt, was passieren kann, wenn man pro Ballkontakt nur einen Gegner versucht auszutanzen und dann die Mitspieler wieder ins Spiel einbindet.

Defensive

Nervöse Momente für die Fans des TSV 1860 in der Anfangsphase gegen den MSV Duisburg. In der 3. Minute hatten die Sechzger Glück, als das Spielgerät von halblinks diagonal durch den Sechzehner flog und gleich zwei Duisburger zu spät kamen und den Abschluss verpassten.

Danach standen die Sechzger hinten sehr sicher und ließen erst kurz vor dem Halbzeitpfiff wieder Gelegenheiten für die Gäste in der Box zu. Zwischen der 7. und der 68. Minute ließ die Abwehr des TSV genau zwei Schüsse der Gäste zu. Das war ganz stark, liebe Löwen!

Nach dem vierten Treffer für Sechzig mussten die Fans allerdings einige Male zittern. In der 68. Minute z.B. gleich dreimal kurz hintereinander, als Pledl und zweimal Castaneda große Chancen hatten, einen Treffer zu markieren.

Danach gab es für meinen Geschmack insgesamt zu viele Strafraumszenen für Duisburg. Aber hier möchte ich nicht zu viel Kritik üben. Denn man hatte ja a) einen beruhigenden Vorsprung und b) schon gezeigt, dass man durchaus in der Lage ist, den Gegner zu kontrollieren und keine Gefahr im Strafraum oder Schüsse dort zuzulassen.

Teamgeist

Wie die Mannschaft auf dem Platz zusammengearbeitet hat, sich keiner versucht hat in den Vordergrund zu spielen und jeder alles für das Team versucht hat zu geben, war schön anzusehen. Die bisherigen eher als Problemfälle auffälligen Spieler haben erstaunlich gute Leistungen gezeigt.

Marlon Frey

Frey in der Box-to-Box-Rolle war kämpferisch ein Vorbild für alle anderen auf dem Platz und verlor nur einen einzigen Defensivzweikampf. Eine Erfolgsquote von knapp 80 Prozent im Passspiel sollte auch nicht unerwähnt bleiben.

Valmir Sulejmani

Der bisher eher auf dem Abstellgleis geparkte Stürmer hatte einen Sahnetag. Er verlor nur zwei Offensivduelle setzte sich gegen den Ball auch des Öfteren gut mit ein. Lediglich eines seiner Zuspiele in die Box fand nicht den Adressaten und er gab, als er einmal plötzlich auf der halbrechten Seite auftauchte, eine gute Schussvorlage per Flanke.

Fazit

Es war ein tolles Spiel des TSV 1860 München gegen eine Mannschaft des MSV Duisburg, die vor der Winterpause klar im Aufwind befindlich war. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Keiner darf sich nun auf den Lorbeeren dieses Sieges ausruhen. Die allgemeine Situation beim Tabellenbild ist nach wie vor prekär.

Am Dienstag in Lübeck steht der nächste schwere Brocken bevor. Die Hanseaten haben am Wochenende ebenfalls einen Sieg landen können und werden zuhause mit breiter Brust auflaufen.

Es gilt die Leistung zu konservieren und gut zu regenerieren, um am Dienstag im Norden der Republik wieder alles geben zu können.

Wenn man den Fußball, der am Samstag gezeigt wurde, mit dem vergleicht, was zwischen August und der Trainerentlassung teilweise gespielt worden war, und zwar in den Punkten Tempo im Mittelfeld, Aggressivität im Gegenpressing nach Ballverlusten, Lauffreudigkeit auf dem Weg nach vorne, Unterstützung der Mannschaftskameraden in Zweikampfsituationen, könnte man denken, dass im Winter dem kompletten Kader ein völlig neues Mindset eingeimpft worden war.

Es war schön zu sehen, dass die Sechzger nun wieder die Tugenden auf den Platz bringen, die man sehen möchte.

Datenquelle: Wyscout

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Dennis M.

Bin ja ein sehr großer Fan von Guttau und Schröter. Nicht nur, weil sie eine sehr große Qualität haben, sondern auch, weil sie sehr mannschaftsdienlich agieren.

War aber allgemein eine gute Leistung von allen Spielern. Man muss dennoch abwarten, wie die Rückrunde weiterverläuft. Duisburg war wirklich nicht gut.

Drittligist

Das neue ‘Mindset’ würde ich jetzt mal evtl. noch Frank Schmöller auf die Fahne schreiben. Die (zumindest für mich) überraschende Aufstellung und die taktische Ausrichtung sind wohl schon unserem neuen Trainer zuzuschreiben. Das macht Hoffnung, auch wenn jetzt sicher nicht in jedem Spiel alles funktionieren wird. Aber alleine die Tatsache, daß vermeintliche Stammspieler nicht im Kader waren und z.B. ein Lakenmacher ein Wahnsinns-Tor macht und mit Selbstbewusstsein aufläuft, zeigt mir, daß AG jetzt schon mehr verstanden hat als sein Vorgänger in der ganzen Zeit, die er bei uns war!

Stefan Kranzberg

Ich denke auch, dass die Zeit unter Schmöller enorm wichtig war.