Herzlich Willkommen zur Taktiktafelanalyse des Spiels TSV 1860 – SV Elversberg (1:1). Ein Unentschieden auf dem man Aufbauen kann.

TSV 1860 – SV Elversberg, an einem stürmischen Abend auf Giesings Höhen, endete mit einem im Großen und Ganzen gerechten Unentschieden. Wie erwartet wurden die Elversberger von Trainer Horst Steffen im 4-4-2 ins Rennen geschickt. Die Löwen stellten das mittlerweile etablierte 4-2-3-1 dagegen.

Bis auf die eine Personalie, Verlaat ersetzte Belkahia, schenkte Maurizio Jacobacci dem gleichen Team wie in Duisburg das vertrauen.

Eine halbe Stunde lang spielte zunächst nur der Gast. Die Sechzger konnten nur reagieren. Eigene Angriffsbemühungen des TSV 1860 wurden von der SV Elversberg quasi im Keim erstickt. Nichts desto trotz stemmten sich die Löwen nach der verdienten Führung der Elversberger gegen die drohende Niederlage. Der Ausgleich fiel aus heiterem Himmel und danach spielte ein wie ausgewechselt erscheinendes Team nicht nur mit, sondern dominierte den Tabellenführer auch phasenweise.

Am Ende steht eine gerechte Punkteteilung, die mit einem anderen Schiedsrichter, der Elfmeter pfeift wenn sie gepfiffen werden sollten, wohl zu einem Sieg der Löwen mutiert wäre.

Elversberg presste wie erwartet hoch im Raum und schob auch die Defensivlinie nach vorne, machte den Raum für die Löwen damit sehr eng.

Unsere Löwen hatten zunächst einen genau gegenteiligen Ansatz gewählt. Man stand tief und reagierte darauf was die Gäste anboten.

Bevor wir zur Analyse der Partie kommen hier die wichtigsten statistischen Werte der Partie.

Die wichtigsten statistischen Werte des Spiels

  • Ballbesitz TSV 1860 42% – SVE 58%
  • Passgenauigkeit TSV 1860 80% – SVE 83%
  • defensive Zweikampfquote TSV 1860 58% – SVE 64%
  • Schüsse/aufs Tor TSV 1860 11/2 – SVE 18/6
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) TSV 1860 15,86 – SVE 11,24

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz

Das generell dominante Auftreten der Gäste in allen Spielen die sie bisher bestritten und die taktische Herangehensweise der Sechzger gegen den Ball zunächst tief zu stehen um Sicherheit ins Spiel zu bekommen begünstigte diesen statistischen Wert stark zugunsten der Gäste.

In der ersten halben Stunde war die Ballbesitzquote für die SV Elversberg relativ gesehen um 41% höher als die des TSV 1860. Die Zahl von 26 muss hier in Abhängigkeit beider relativer Werte umgerechnet werden. Das sieht vielleicht auf den ersten Blick seltsam aus, aber 37% von 63% sind eben 41% bezogen auf diese beiden Werte. Dieses Defizit aus der Anfangsphase, war in der verbleibenden Stunde Spielzeit, auch weil Elversberg nach der Halbzeitpause wieder sehr dominant aus der Kabine kam, und Elversberg weiterhin versuchte das Spiel zu bestimmen, nicht mehr auszugleichen.

Auch war der Ballbesitz der SVE nicht, wie oft bei anderen Teams, die eine ähnliche Ballbesitzverteilung aufweisen, von Ideenlosigkeit und somit ineffektivem Ballgeschiebe in der eigenen Defensivreihe geprägt, sondern eine Demonstration guten Kombinationsfußballs.

Passgenauigkeit

Wieder liegen die Löwen nur um wenige im Nachkommabereich angesiedelte Prozentpunkte unter den erstrebenswerten 80%. Wie oben ersichtlich ergibt das gerundet wie auch gegen Duisburg wieder diesen Wert.

Es gab Phasen in denen die Sechzger den Ball in der Defensivabteilung zirkulieren lassen mussten, allerdings nicht wie in vielen Spielen zuvor, deshalb weil sich im Mittelfeld die Spieler vor einem Anspiel hinter ihren Gegenspielern versteckt hätten, sondern weil die SV Elversberg es, obwohl im Mittelfeld des TSV 1860 viel Bewegung vorhanden war, schaffte den Löwen die Passwege zuzustellen. Das Stellungsspiel der SV Elversberg gegen den Ball zu beobachten ist für den neutralen Zuseher, wenn man hier das Niveau des Rests der Liga als Grundlage nimmt, eine Augenweide.

Der Fortschritt den die Mannschaft des TSV 1860 München bei der Passgenauigkeit macht führt zu deutlich mehr Sicherheit im Spiel. Zu erkennen ist das auch daran, dass man obwohl man weniger Ballbesitz als gegen Duisburg hatte, nicht nur mehr Vorwärtspässe sondern mehr Pässe insgesamt, gespielt wurden. Das ist zugegebenermaßen ungewöhnlich und verwunderlich, aber auch ein deutliches Zeichen, dass die Gesamtleistung weiter bergauf geht. Die Sechzger werden sicherer im Kombinationsspiel, das schafft Selbstvertrauen.

Wenn der Fortschritt in diesem Bereich so weiter geht wird auch das Kreieren eigener Chancen besser werden.

Defensive Zweikampfquote

Der Wert von aufgerundet 58% lässt einen zunächst erschrecken. Allerdings ist die schiere Anzahl geführter defensiver Zweikämpfe wieder einmal ein Indikator dafür um wieviel aggressiver die Löwen unter dem neuen Übungsleiter zu Werke gehen. 34% mehr Zweikämpfe gegen den Ball als noch gegen Duisburg und unglaubliche 104% mehr als noch gegen Viktoria Köln, zeigen uns es geht aufwärts.

In Abhängigkeit vom Gegnerischen Ballbesitz haben es die Sechzger wieder geschafft sich zu verbessern was geführte Zweikämpfe anbelangt. zwar nicht mehr so deutlich wie noch in Vergleich zur Vorwoche und dem Spiel am Samstag, aber es war ja auch wegen der englischen Woche deutlich weniger Zeit daran im Training zu arbeiten.

Dass die Quote gesunken ist ist in meinen Augen vernachlässigbar. Die äußerst ballsicheren Elversberger lassen bei den eigenen Offensivzweikämpfen generell sehr wenig liegen. Fünf offensive Stammspieler der SVE haben eine individuelle offensive Zweikampfquote von über 55% auf die Saison gesehen, zwei sogar über 60%. Vor diesem Hintergrund individueller Klasse in Eins-gegen-Eins-Situationen des Gegners, befinden sich die Sechzger also mit dem was sie in diesem Spiel auch in defensiven Zweikämpfen erreicht haben auf einem guten Weg.

Zonen

Wenn wir uns dann noch ansehen in welchen Zonen die Defensivzweikämpfe gewonnen und verloren wurden, schaut das Ganze noch einmal um eine Nuance besser aus. In der eigenen Box wurden nur drei (!) Defensivzweikämpfe verloren, im eigenen letzten Drittel lag die Quote bei guten 66%.

In Verbindung mit der hohen Anzahl abgefangener Pässe durch gutes Stellungsspiel war die Defensivleitung insgesamt sowohl von der Aggressivität als auch von der Performance, gegen einen Gegner der offensiv so stark und dominant auftritt wie Elversberg das tut, absolut lobenswert.

Spieler

Speziell die beiden Sechser Marius Wörl und Quirin Moll stechen mit ihren Leistungen gegen den Ball wieder hervor. Quotenleader ist allerdings Leandro Morgalla, der nur einen einzigen Zweikampf gegen den Ball und ein Kopfballduell verlor.

Fleißigster Arbeiter gegen den Ball aus der Offensivreihe war wieder einmal Kapitän Stefan Lex. Auch Albion Vrenezi war sich nicht zu schade die defensiven Zweikämpfe anzunehmen. Das freut mich, denn nur so kann er sich die, durch sein nonchalantes Spiel vor dem Trainerwechsel, verspielten Sympathiepunkte bei den Fans zurückerobern.

Schüsse/aufs Tor

in Abhängigkeit vom Ballbesitz sind elf Schüsse im Spiel eine Anzahl die durchschnittlich bis gut daherkommt. Das Problem, war die Schussgenauigkeit.

Wenn von elf Schüssen nur ein einziger in der gegnerischen Box abgefeuert wird ist eine niedrige Schussgenauigkeit nicht verwunderlich.

Gegen Elversberg schaffen es allerdings generell nur wenige Mannschaften sich klare Chancen dort zu erspielen also hängen wir uns nicht an diesem Wert auf.

Statistisch gesehen hätte es zusätzlich zu Boyambas, durchaus als glücklichen Treffer zu wertenden, Tores noch drei weitere Schüsse gebraucht um gegen Elversberg den zweiten Treffer zu erzielen. Oder eben den vom Schiedsrichter zu unrecht verweigerten Elfmeter.

PPDA

Dass die Pressingintensität so niedrig war, der Wert der PPDA ist umgekehrt proportional zu werten, also je höher desto schlechter, liegt an der defensiven Herangehensweise im Spiel. Wenn in den pressingrelevanten Zonen der Plan vorsieht, dass dort nur wenige Aktionen gesetzt werden, liegt das in der Natur der Dinge und muss nicht kritisiert werden.

Die Tore

Die Treffer und weitere Highlights könnt ihr hier noch einmal ansehen.

Beide Treffer fielen im Anschluss an eine Ecke, eine weitere Analyse der Treffer ist daher nicht nötig.

Im Fußball ist es so, dass man sich hin und wieder einen Standardtreffer einfängt. Solange das nicht zur Gewohnheit wird ist das vernachlässigbar.

Das fiel auf

Lassen wir die erste halbe Stunde in denen die Sechzger von Elversberg quasi überrollt wurden aus der Rechnung heraus, hat die Mannschaft wieder eine deutliche Verbesserung im eigenen Spiel erreicht.

Das einzige Problem gestern war die Unfähigkeit klare Torsituationen in der gegnerischen Box herbeizuführen. Lediglich zehn Ballkontakte in der Box des Gegners sind grundsätzlich zu wenig. Elversberg lässt dort generell gegen alle Teams sehr wenig zu. Von daher Schwamm drüber. Das wird gegen andere Teams besser aussehen.

Für die Defensivleistung habe ich weiter oben schon die Lorbeeren an die jeweiligen Spieler verteilt.

Die Defensive der Löwen als ganzes schaffte es Elversberg besser in Zaum zu halten, als fast der gesamte Rest der Liga. Nur fünf Mannschaften waren bisher beim Verhindern von Torchancen der Elversberger ähnlich gut oder besser als die Löwen gestern.

Spezielles Lob muss man wieder einmal Marco Hiller aussprechen. Wie er die Löwen mit seinen Paraden, gegen über die gesamte Spielzeit gefährliche Elversberger in der Partie gehalten hat war großartig. Mit fünf Reflexparaden hielt Hiller bis auf den Kopfballtreffer von Antonitsch alles was es zu halten gab mit Bravour. Den klaren Chancen nach hätte Elversberg sechs Stück machen müssen, am Ende ist es Marco Hiller zu verdanken, dass es nicht so kam.

Der Kampfgeist des TSV 1860 bis zum Schluss nicht aufzugeben und der Wille den man dem Team nun wieder deutlich anmerkt, sowie das zurückkehrende Selbstvertrauen der Spieler ins eigene Können wird bestätigt meine Annahme aus der Analyse des Duisburg-Spiels, dass uns, wenn die Sechzger so weitermachen ein erfolgreiches Frühjahr ins Haus steht.

Fazit

Das 1:1 ist ein grundsätzlich gerechtes Ergebnis im Spiel TSV 1860 – SV Elversberg. Allerdings sollte am Ende ein dreckiger unverdienter Sieg für die Löwen stehen, wenn der Schiedsrichter in der entscheidende Phase auf Elfmeter entschieden hätte.

Anstatt auf den ominösen Punkt zu zeigen bekam Skenderovic nach einem Foul von Dürholz in der Box den Gelben Karton, was eine arg fragwürdige Entscheidung war.

Schiedsrichterschelte gehört normalerweise nicht zu meinem Repertoire. In der betreffenden Szene wäre ein Strafstoß aber durchaus abgebracht gewesen. Am Ende des Tages ist das leider so hinzunehmen.

Der Verband muss endlich den Profi-Schiedsrichter einführen, der sich um nichts anderes als kümmert. Solange Schiedsrichter weiterhin Amateure bleiben, werden auch deren Leistungen, egal in welcher Liga amateurhaft bleiben. Die Schmährufe von der Tribüne waren jedenfalls wenig verwunderlich.

Der Mannschaft als Ganzes kann man nur ein Kompliment machen. Wie sie sich am eigenen Schopf aus der Bredouille gezogen hat ist bemerkenswert.

Weiter So Löwen!

Datenquelle: Wyscout

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juergen

Danke Bernd für die gelungene Analyse! Es geht voran… Hoffe das war nur der Anfang und Herr Batschi bringt den Jungs wieder das spielen bei 😉

Solange Schiedsrichter weiterhin Amateure bleiben, werden auch deren Leistungen, egal in welcher Liga amateurhaft bleiben. Die Schmährufe von der Tribüne waren jedenfalls wenig verwunderlich.

Also der Assi direkt vor der Stehhalle hat va in der ersten Hälfte gefühlt 3-4 mal ein deutliches Abseits seitens Elversberg übersehen. Der Höhepunkt war aber, dass gefühlt Minuten ein 2. Ball ca 2-3 Meter vor ihm im Spielfeld lag und er ihn entweder nicht gesehen hat oder gut ignoriert bis sich der Balljunge getraut hat während des Spiels den Ball vom Spielfeld zu holen… und dann waren da noch die beiden nicht gegebenen Elfmeter…

(mit Assi ist natürlich nur die Abkürzung für den Schiedsrichterassistenten gemeint, bevor hier wer auf andere Gedanken kommt)

age

Ich finde auch die zweite nicht gegebene Elfmeterentscheidung noch etwas kniffliger.
Denn hier hat Antonitsch den Ball vertändelt und dann Kobylanski mit dem ausgestreckten Ellbogen, ohne eine Chance auf den Ball zu haben, deutlich außer Tritt gebracht.
Den kann man deshalb mindestens genauso geben.