ein Kommentar von Stephan Tempel

Der Rückzug von Türkgücü-Investor Hasan Kivran kommt zum jetzigen Zeitpunkt ehrlich gesagt überraschend. Sportlich läuft es doch, ein möglicher Aufstieg in Liga zwei nicht unrealistisch – warum wirft man zum jetzigen Zeitpunkt hin? Logisch erscheint es nicht.

Emotionen ruft es bei mir als Fußballfan keine hervor, weder positive noch negative: Die Auftritte des Geschäftsführers Max Kothny und die Posse um den DFB-Pokal-Antritt haben meine Sympathien für das Projekt nicht zwingend gesteigert, das ist klar. Außerdem stehe ich „Projekten“ bei Sportvereinen von Haus aus eher skeptisch gegenüber.

Auf der anderen Seite gibt es auch hier Spieler, Mitarbeiter und Fans die ein solches „aus“ treffen würde. Wobei sich letztere wohl in Grenzen halten – der Verein erreichte in den letzten Jahren nicht einmal eine vierstellige Zuschauerzahl, selbst in der Aufstiegssaison lag der Zuschauerschnitt bei rund 400 Besuchern je Türkgücü-Heimspiel. Trotzdem – für die Leute, deren Herz für Türkgücü schlägt, tut es mir leid. Im Fußball habe ich einige Abstiege mit den Löwen mitgemacht, im Eishockey ein Paar Vereine komplett verloren – das fühlt sich nie gut an und Schadenfreude ist hier fehl am Platz.

Ein leichtes Grinsen kann ich mir jedoch nicht verkneifen, wenn ich an die Prognosen einiger „Experten“ denke: „Türkgücü wird 1860 in München den Rang ablaufen“, „die Löwen sind dann in München nur noch die dritte Kraft, oder sogar die vierte hinter Unterhaching“. Ach ja, Unterhaching. Denen war ja von denselben Experten auch eine große Zukunft prophezeit worden, spätestens zu ihrem Börsengang.

Oder – wenn wir schon gerade in der dritten Liga sind und alle guten Dinge sind bekanntlich drei – dem KFC Uerdingen, ehemals Bayer Uerdingen. Weil da ein Investor richtig Geld in die Hand nimmt. Dass dies nicht automatisch sportlichen Erfolg bedeutet, sollte man im Umfeld von 1860 eigentlich wissen…

Sicherlich, Clubs wie Hoffenheim oder RB Leipzig haben es geschafft: Hopp hat ein Vermögen von über 12 Milliarden Euro, Mateschitz noch etwas mehr. Speziell in Leipzig und der Region lechzen die Leute nach einem erfolgreichen Verein. In München gibt es den schon. Zudem mit den Löwen noch einen äußerst traditionsreichen und sympathischen.

Das hat schon Unterhaching feststellen müssen, die selbst in der 1. Liga mit Mühe und Not einen fünfstelligen Zuschauerschnitt erreichten. Inkl. Derbies gegen 1860 und den FC Bayern, versteht sich.

Was bleibt? Für uns die Bestätigung, für andere die Erkenntnis, dass die oben genannten Vereine 1860 nicht das Wasser reichen können, weil ihnen etwas ganz Entscheidendes fehlt: Die Basis. Was uns zur zweiten Erkenntnis  bringt: Mit Geld allein ist es dann auch nicht getan. Irgendwie beruhigend.

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