Servus Armin Gastl,

Sie  befinden sich aktuell vermutlich im Wahlkampfmodus und das kann Ihnen niemand übel nehmen: In rund zwei Wochen ist Stadtratswahl in München, Sie kandidieren auf Platz 17 der CSU, bei der letzten Wahl erreichte die CSU 23 Sitze im Münchner Stadtrat. Nach der Politik der letzten Jahre der großen Parteien bzw. der Schwesterpartei könnte es also auf Platz 17 durchaus etwas eng werden mit dem Sitz im Stadtrat.

War es der Wahlkampfmodus, eine echte Überlegung oder waren Sie noch berauscht vom Löwensieg, als Sie Sonntag morgen um 00:39 Uhr folgendes Posting auf Facebook abgesetzt haben:

“Was mit Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp gemacht wurde, ist ein Skandal
und zu in jeder Hinsicht zu verurteilen! ABER: Wieso duldet man eigentlich seit Jahren seitens der Verantwortlichen des TSV 1860, dass mit ihrem ausländischen Investor ähnlich umgegangen wird? Da wird der Haupteigentümer des Klubs Hasan Ismaik, der die Löwen im Jahr 2011 vor der Insolvenz rettete, in diesem Hass allein gelassen. Der Präsident schweigt dazu. Dafür, dass zig Millionen in den Klub geflossen sind, sollte sich auch die Stadtpolitik (Verena Dietl) interessieren. Warum distanziert sie sich nicht? Hier wäre ein verpflichtendes Zeichen des Anstands zu setzen, dass solche Verunglimpfungen nicht akzeptabel sind!”

Dazu posteten Sie ein Bild, in dem ein Banner mit Ismaiks Kopf – ähnlich wie in einem Verbotsschild – in der Kurve gezeigt wird.

Egal was es war, hier zeigen wir Ihnen die signifikantesten Unterschiede:

Dietmar Hopp wird seit Jahren von sehr vielen Fanszenen auf´s übelste beleidigt. Das Wort „Hurensohn“ ist quasi seit Jahren Standard, sowohl in Gesängen (die im übrigen schon zu Strafverfahren wegen Beleidigung führten) als auch auf Plakaten. Am Wochenende waren diese ja nicht nur in Hoffenheim, sondern auch in zahlreichen anderen Stadien zu sehen. Warum – dies ist ein anderes Thema und würde hier zu weit führen – unabhängig davon, dass diese Beleidigungen unserer Meinung nach deutlich zu weit gehen.

Was hat Dietmar Hopp gemacht, was zu diesen Beleidigungen geführt hat? Er hat (s)einen Verein mit sehr viel Geld von den tiefsten Niederrungen des Amateur-Fußballs bis in die Bundesliga gebracht. Dafür wird er beleidigt. Dass die Beleidigungen zu heftigen Reaktionen von ihm und dadurch zu noch mehr Reaktionen führten – ein anderes Thema.

Bei Ismaik schaut die ganze Geschichte etwas anders aus: Heftige Reaktionen der Fankurve bei 1860, Gesänge und ähnliches gibt es unseres Vernehmens nach eigentlich immer nur dann, wenn Hasan Ismaik selbst besonders aktiv war oder selbst beleidigt hat:

Wo war eigentlich ihre Empörung Herr Gastl, als Hasan Ismaik im AZ-Interview verkündete:

Man tut auch Peter Cassalette unrecht, wenn man behauptet, er sei meine Marionette gewesen. Wir waren uns auch nicht immer einig. Er ist ein feiner Mensch. Ich bedauere es, dass er sich nicht mehr für 1860 einbringt und überlegt, aus dem Verein auszutreten. Im Gegensatz zu den anderen war er kein Rassist…

..Es ist für mich kein Vorwurf, sondern eine Tatsache: Mehrere Präsidenten, Funktionäre und Vereinsmitglieder sind mit mir rassistisch umgegangen.

https://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.teil-1-des-az-interviews-tsv-1860-hasan-ismaik-exklusiv-ueber-loewen-bosse.28eb66c1-8c2a-44b1-b4bc-0b9ab6fbea52.html

…oder wo war die Empörung, als man in der tz nachlesen konnte:

Wenn dieses Spruchband mir etwas zeigt, dann nur, dass sie schwach sind, unbeholfen und unfähig, etwas zu bewegen. Was sie können, ist beleidigen, nur genau das zeigt ihr niedriges menschliches Niveau.“ 

https://www.tz.de/sport/1860-muenchen/hasan-ismaik-tsv-1860-muenchen-fans-sieg-spruchband-spvgg-unterhaching-13232151.html

…oder von Hasan Ismaik via BR verkündet wurde, Pro1860 und die Teile der Ultras sollten mal bitte ihren Verein verlassen?

Aber bevor ich dazu etwas sage, möchte ich eine Botschaft an PRO1860 und an Teile der Ultras schicken, einen Appell: Die Argumentation für Euren Kurs beruht immer auf der Grundlage der Wahrung der Tradition, der Schutz dieser Tradition.

Wenn Euch wirklich was an dieser Tradition gelegen ist, dann lasst es sein, verlasst den Verein, weil eines versichere ich euch: Eines Tages wird der Tag kommen, wo ihr das Ruder nicht mehr in der Hand habt …

https://www.br.de/nachrichten/sport/loewen-investor-ismaik-mit-mir-wird-es-keine-insolvenz-geben,Rh8CUCu

Dazu haben wir von Ihnen nichts gelesen. Aber jetzt, wo in den Medien und an den Stammtischen gerade die Empörung über den Umgang mit Dietmar Hopp groß ist, da liest man auf einmal etwas: Man vergleicht mal eben Hopp mit Hasan – was einfach nur falsch ist:

Hopp hat Hoffenheim mit seinem Wirken und seinem Geld nach oben gebracht. Seit dem Einstieg von Hasan Ismaik ging es für 1860 eine bzw. zwei Ligen nach unten und der Verein hat jede Menge Schulden – viele sagen durch das Wirken von Hasan Ismaik und unter anderem bei Hasan Ismaik. Dazu immer wieder Unruhe und Beleidigungen, sei es durch die oben zitierten Interviews.

Was gibt es an Beleidigungen gegen Hasan Ismaik? Einen umgewandelten Malle-Hit, den man im Stadion eigentlich nur dann laut vernimmt, wenn einer der obigen Ausfälle zu hören oder lesen war. Ein Banner, dass niemand größer ist als der Verein TSV 1860. Ein Banner, dass 50+1 bleiben muss – das hängt fast in jedem Stadion der Republik – und dann eben noch die Fahne mit seinem durchgestrichenem Kopf.

Das mag nicht die feine Art sein, ist aber definitiv nicht auf einer Stufe mit einem „Hurensohn-Plakat“ oder einem Kopf im Fadenkreuz. Vielmehr ist es stiller, friedlicher Protest gegen das Investoren-Modell an sich – der muss Fans zugestanden sein, ebenso wie es ja auch schon bei Spielen Fahnen gegen das Präsidium gab.

Wenn Sie ernsthaft etwas gegen Beleidigungen von offiziellen bei 1860 unternehmen wollen, dann empfehlen wir Ihnen einmal den Blick in einen großen 1860-Blog, vor allem im Kommentarbereich. Dann werden Sie sehen, dass eine Fahne im Stadion das kleinste Problem ist, das 1860 derzeit hat.