Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Spiel 1.FC Saarbrücken – TSV 1860 München. Nachdem es zum Hinspiel krankheitsbedingt keine Taktiktafel gegeben hatte, fehlt sie zum Rückspiel hingegen nicht.
Am 34.Spieltag kommt es zur Partie 1.FC Saarbrücken gegen den TSV 1860 München. Zwei Gründungsmitglieder der Bundesliga treffen in der dritten Liga aufeinander. Rüdiger Ziehl und seine im 3-5-2 (3-1-4-2) agierende Mannschaft kämpfen nach wie vor um den begehrten Relegationsplatz, den momentan die viertplatzierten Dresdner einnehmen.
Saarbrücken ist gegen den Ball sehr variabel unterwegs. Sowohl hohes Anlaufen mit direktem Pressing gegen Mann und Ball als auch räumliches Pressing mit Fokus auf Ballgewinn im Mittelfeld sind denkbar. Aber auch gänzlich mit beiden Reihen tief zu stehen und das Forechecking erst an der Mittellinie oder knapp davor zu beginnen ist bei den Gastgebern zu beobachten. All das haben die Saarländer theoretisch im Repertoire.
Es fällt auf, dass vor allem gegen Mannschaften, die in der Tabelle eher weiter vorne zu finden sind, die Saarbrücker in längeren Phasen extrem tief stehen und versuchen ihre Gefährlichkeit über Umschaltmomente auf den Rasen zu bringen.
Sind die Saarbrücker gefordert das Spiel zu machen, ist es für Ziehls Mannschaft auch selten ein Problem der Partie dominant eine Richtung zu geben und das Heft an sich zu reißen.
Bevor wir die genaue Spielweise der Saarbrücker Version des 3-5-2 betrachten, wie immer die wichtigsten statistischen Werte des 1. FC Saarbrücken.
Die wichtigsten statistischen Werte des 1.FC Saarbrücken
- Ballbesitz 47%
- Passgenauigkeit 79%
- defensive Zweikampfquote 63%
- Flankengenauikeit 39%
- PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 9.92
Wie spielt Saarbrücken?
Das 3-5-2 in der Variante 3-1-4-2 sieht zunächst einmal wahnsinnig offensiv aus. Das kann es auch sicherlich werden, wenn es nötig ist. Allerdings ist jedes System mit Dreierkette gegen den Ball, wenn man es nicht komplett asymmetrisch anlegt, ein System mit fünf Verteidigern. Von daher kann es zwar sehr offensiv interpretiert werden, sofern die Mittelfeldaußenspieler-Positionen auch tatsächlich mit Mittelfeldspielern besetzt werden. Saarbrücken ist in dem Fall allerdings die falsche Adresse. Dort stehen auf den Mittelfeldaußenpositionen Abwehrspieler.
Wir haben es also eher mit einem sehr offensiv interpretierten 5-3-2 zu tun.
Gegen den Ball
Beide zentralen Mittelfeldspieler bleiben beim Pressing oft zunächst noch vorne. Je nachdem wann und wie der Gegner verschiebt, formiert sich dann in vorderster Linie ein 3-1 oder 1-3 gegen das Positionsspiel des Gegners.
Dahinter verteilen sich die anderen sechs Spieler relativ weit gefächert, aber ihren Positionen entsprechend. Die Mittelfeldaußen ziehen sich bis kurz vor die Defensivlinie zurück. Einer der Innenverteidiger spielt oft zwischen den Linien, bevor der Gegner ins letzte Drittel eindringt.
Auch wenn der Gegner seine Angriffe bis ins letzte Drittel der Saarbrücker durchbringt, ergibt sich je nach System des Gegners durch die Fünferkette die Besonderheit, dass einer der Innenverteidiger zwischen den Linien agieren kann. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil, falls der Angriff über die Seite des Box-to-Box Spielers kommt und sonst keine Absicherung vor der Defensivlinie vorhanden sein sollte, man damit relativ risikofrei den dann offenen Raum zustellen kann. Zeitz, ehemaliger Stratege im defensiven Mittelfeld der Saarländer und jetzt in der Innenverteidigung tätig, ist dafür prädestiniert.
Besonders giftig sind die Saarbrücker im Gegenpressing direkt nach Ballverlust. Das System in der Offensive macht durch die kurzen Wege ein Spiel mit aggressivem Gegenpressing zu einer logischen Konsequenz.
Bei Ballbesitz
Im Positionsspiel ist das Spiel der Saarbrücker zunächst zentrumslastig, läuft dann je nachdem, was der Gegner anbietet wenn es nötig ist aber auch über die komplette Breite des Platzes. Der lange Ball wird eher selten eingestreut. Vertikales Spiel nutzt Saarbrücken fast ausschließlich in Umschalt- oder Kontersituationen.
Im letzten Drittel des Gegners sind die flinken Techniker der Saarbrücker oft schwer vom Gegner unter Kontrolle zu bringen. Mit einer hängenden Spitze neben einem klassischen Mittelstürmer, zwei technisch starken offensiven Mittelfeldspielern auf den Halbpositionen dahinter und sehr offensiv agierendem Mittelfeldaußen auf der ballnahen Seite wirbelt der FCS die Abwehrreihen der Gegner im Ludwigspark oft durcheinander.
Die Achse Gnaase – Neudecker – Rabihic ist dabei das tragende Element des FCS.
Besonders gefährlich sind die Saarbrücker im eigenen Umschaltspiel. Die schnellen, technisch versierten Offensivspieler der Saarbrücker sind wie gemacht für Umschaltangriffe und Kontergelegenheiten.
Wie kann der TSV 1860 den 1.FC Saarbrücken knacken?
Das Patentrezept habe ich hier diesmal leider nicht vorliegen. Saarbrücken ist zu flexibel in der taktischen Ausrichtung und auch darin diese während des Spiels zu ändern, als dass ich sagen könnte: “Das funktioniert sicher, wenn die Sechzger es auf den Platz bringen können.”
Wie sind denn die Voraussetzungen?
Aufgrund der Tabellensituation für Saarbrücken ist eines klar: wenn Saarbrücken eine Chance auf den Aufstieg wahren will, muss der FCS auf Sieg spielen. Das gibt auf der anderen Seite den Sechzgern die Möglichkeit selbst auf Defensivfußball mit starker Ausrichtung auf Umschaltmomente und Kontersituationen zu setzen.
Der Erfolg des Ganzen würde dann davon abhängen sein, ob die Löwen es schaffen bis zu einer etwaigen Vorentscheidung oder falls nötig über die gesamte Spielzeit die Konzentration aufrecht zu erhalten, um nicht selbst spielentscheidende Fehler zu produzieren. Ich sehe Saarbrücken als starken Favoriten. Deshalb glaube ich, dass man mit jeder anderen/offensiveren Herangehensweise den Saarländern ins offene Messer laufen würde.
Geduldig, entschlossen und konzentriert verteidigen, aber bei jeder Gelegenheit, die sich bietet versuchen den Umschaltmoment oder die Kontersituation produktiv auszunutzen, ist der Plan, den ich gegen Saarbrücken verfolgen würde.
Stärken und Schwächen des Systems 3-5-2
Stärken
Das System ermöglicht bei Ballbesitz eine gute Staffelung in der Breite und Tiefe. Dadurch kann eine für Passkombinationen gute Raumaufteilung entstehen.
Zwei Stürmer in der Spitze bringen starke Präsenz im Zentrum des gegnerischen Abwehrdrittels. Durch ein kompaktes Mittelfeldzentrum lässt man dem Gegner gegen den Ball wenig Raum.
Schwächen
Es ergeben sich bei Ballverlust teilweise weite Abstände, die der Gegner bei schnellem Spiel gut ausnutzen kann.
Die für die Flügelspieler langen Laufwege können in einem dynamischen Spiel mit viel Ballbesitzwechsel zu verfrühtem Kraftverlust der Außenspieler und damit zum Erlahmen des Drucks führen, der über die Flügel aufgebaut werden soll.
Die Flügel sind nur einfach besetzt. Deshalb können entweder Defensive oder Offensive dort schwächeln.
Gegen Systeme, in denen mit zwei oder mehr Stürmern agiert wird, kann es bei Kontern des Gegners oder zügigen Positionsangriffen leicht zu einer Unterzahl in der Hintermannschaft kommen.
Schlüsselspieler
Defensive
Daniel Batz (#1) im Tor ist eine absolute Wand zwischen den Pfosten. Das mussten die Löwen schon des Öfteren in Spielen erleben, in denen sie Saarbrücken eigentlich dominierten, aber der Ball spätestens von Batz immer wieder am Einschlag in die Maschen gehindert wurde. Er hat eine unfassbar gute Reaktionsfähigkeit und beherrscht seinen Strafraum wie kaum ein anderer Drittligatorhüter. Unser Statistikportal führt ihn in dieser Saison als zweitbesten Torhüter der Liga.
Kapitän Manuel Zeitz (#8) in der Innenverteidigung, wie weiter oben schon erwähnt eigentlich ein defensiver Mittelfeldspieler, ist der Organisator in der Defensive. Er gewinnt 70% seiner defensiven Duelle, hat aber leichte Schwächen in Kopfballduellen. Dazu kommt, dass er beim Spielaufbau im Positionsspiel extrem passsicher und mit viel Übersicht agiert.
Mittelfeld
David Gnaase (#26) ist der Defensivstratege im Mittelfeld. Mit wenig Drang nach vorne ist er im Positionsspiel als Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff zu sehen. Mit oft nur kurzen Ballkontakten, bei denen er dem Angriff eine Richtung gibt, wirkt Gnaase unauffällig. Er hat jedoch ein gutes Auge für sich öffnende Räume und spielt in Frühphasen der Saarbrücker Angriffe eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Richard Neudecker (#31) bedarf sicherlich keiner genaueren Vorstellung. Was der quirlige Mittelfeldspieler kann, wissen wir alle nur zu gut. Abgesehen von seiner überragenden Technik und seinem kämpferischen Auftreten ist da noch sein sehr gefährlicher linker Huf, mit dem er aus der Distanz gern mal die Kugel in die Maschen drischt. Mit vierzehn Torvorlagen ist er außerdem der erfolgreichste Vorbereiter der Saarbrücker. Ob er spielen wird ist jedoch fraglich. Noch ist er mit Knieproblemen als verletzt gelistet. Auf der Pressekonferenz der Gastgeber wurde jedoch mitgeteilt, dass der ehemalige Sechzger einsatzbereit sei.
Angriff
Im Sturm der Saarbrücker stehen mit Kasim Rabihic (#7) und Adriano Grimaldi (#39) gleich zwei Spieler, die das Prädikat Schlüsselspieler verdient haben. Grimaldi, wie Neudecker ebenfalls mit einer Vergangenheit beim TSV 1860, ist mit neun Treffern der Toptorjäger des 1. FCS. Rabihic, als hängende Spitze viel zwischen den Linien unterwegs, ist ein ständiger Unruheherd, der im Halbraum hinter der Spitze seine Gefährlichkeit voll entfalten kann. Als wendiger Techniker mit präzisem Passspiel und gutem Auge für Vorder- oder Nebenmann ist er als Vorlagengeber ebenso gefährlich wie als Schütze.
Fazit
Saarbrücken hat zuhause einen starken Lauf, aber in Meppen auswärts einen Dämpfer einstecken müssen. Das Pokalspiel unter der Woche gegen Homburg wird der Fitness der Saarbrücker für Sonntag sicher nicht geschadet haben.
Meiner Meinung nach wird es gegen den 1.FC Saarbrücken nur dann etwas zu holen geben, wenn die Defensive des TSV 1860 München zu 100% diszipliniert und konzentriert gegen den Ball steht.
Wie schon gegen Wiesbaden werden die Sechzger vermutlich mindestens zwei Tore schießen müssen, um etwas Zählbares mit nach München zu bringen.
Ich halte einen dreifachen Punktgewinn in Saarbrücken so wie diese Mannschaft in den letzten Spielen auftritt für sehr unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.
Lauffreude, Präzision und überfallartige Angriffe in der Offensive. Konzentration, Konsequenz und enge Räume für den Gegner gegen den Ball. Das sind die Zutaten für ein erfolgreiches Abschneiden der Löwen in Saarbrücken.
Ob die Mannschaft der Sechzger das richtige Rezept findet, um diese Zutaten anwenden zu können, sehen wir am Sonntag.
So könnte Saarbrücken beginnen
Datenquelle: Wyscout