„… dann ist der Wurm drin“, sang Jürgen von der Lippe 1987. Die älteren Semester im weiß-blauen Anhang werden sich dran erinnern. Das Lied genießt eine Art vampirösen Zustand des Untot-Seins und steigt jedes Jahr zu Fasching aus dem Sarg, um von leidlich verkleideten Menschen bei Polonaisen in angeschickertem Zustand inbrünstig mitgegröhlt zu werden. Die erste Strophe handelt sogar ausschließlich von Fußball und schließt mit dem Refrain:

“Rollt er nach links ist alles in Ordnung
Rollt er nach rechts ist auch nicht schlimm
Nur wenn er ganz ruhig liegen bleibt
Dann ist der Wurm drin”

Aus aktuellem Anlass möchte man die Zeile “und wenn er parallel zur Linie rollt, dann ist der Wurm drin” ergänzen.

Nun ist ja der Fasching zu Ende und relativ spurlos an uns allen vorbeigegangen. Jürgen von der Lippes Lied hätte also ein Jahr im verschlossenen Sarg bleiben können. Allerdings schoss mir der Song mit dem Wurm gestern in der vierten Minute der Nachspielzeit in voller Polonaisenlautstärke ins Gehirn. Vor mein geistiges Ohr sozusagen. Irgendjemand muss den Sarg mit dem untoten Liedgut in der Nähe des Völklinger Hermann Neuberger Stadions vergraben haben und der Song verschaffte sich doch noch Gehör. Wenn auch ein paar Tage verspätet.

Biankadi reißt den Sargdeckel auf

Zunächst öffnete der Saarbrücker Zellner den Sargdeckel einen ersten kleinen Spalt, als er einen Kopfball von Greilinger noch auf der Torlinie klären konnte. Halb geöffnet war der Deckel nach dem vergebenen Elfmeter von Philipp Steinhart, der eigentlich platziert ins linke untere Eck geschossen war. Aber Batz im Saarbrücker Tor machte sich ganz lang und parierte den Schuss mit den Fingerspitzen. Endgültig aufgerissen wurde der Deckel dann von Merveille Biankadi, der einen an den Pfosten getrudelten Ball nach einem Zweikampf von Staude und Batz, nur noch 30 Zentimeter über die Linie hätte schieben müssen. Aber er spielte den Ball – Gott weiß warum – parallel zur Torlinie, wo er dann von Bösel aus dem Spielfeld gedroschen werden konnte. Das hätte der Ausgleich sein müssen!!!

Der Wurm nistet sich ein

Er war es aber nicht und man ging mit einer 2:1 Niederlage vom Platz. So fraß sich der Wurm noch weiter in den weiß-blauen Apfel. Stephan Salger sah bei einer Rudelbildung nach Abpfiff unnötig gelb-rot. Damit ist er am Freitag gegen Haching gesperrt. Das Schicksal teilt Marius Willsch, der die 5. Gelbe sah. Somit muss Köllner am Freitag die halbe Abwehrkette umbauen.

Hätte Biankadi getroffen, wäre von diesem Spiel eine schlafmützige erste Hälfte in Erinnerung geblieben, möglicherweise wäre eine Diskussion über einen verschenkten Sieg wegen des verschossenen Elfmeters entstanden und man wäre in erweiterter Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen geblieben. Durch die Niederlage dreht sich die Diskussion nun mehr der Frage zu, wann der Wurm in den Apfel gekommen ist und wie er sich so tief reinfressen konnte.

Drei sieglose Spiele in Folge

Nach dem einwandfreien Auftritt in Magdeburg (3:0-Auswärtssieg, zur Erinnerung) konnte kein Spiel mehr gewonnen werden. Gestern das dritte in Folge. Gegen Zwickau lag es an der Abschlussschwäche in Halbzeit eins und der Vorhersehbarkeit im Angriff gegen mauernde Zwickauer nach deren Führungsteffer. Gegen Rostock war nach einer ausgeglichenen ersten Hälfte ebenfalls das Auslassen großer Torchancen das größte Manko beim TSV 1860. Die Löwen kombinierten gegen die dezimierten Rostocker ansehnlich, spielten sich sogar die ein oder andere Chance heraus, trafen aber nicht. Gestern sahen wir ein grundlegend anderes Spiel, da Saarbrücken die Initiative übernahm und Sechzig auch in der ersten Hälfte trotzdem einige Chancen hatte. Gestern sogar mal mit ausreichend Platz im gegnerischen Strafraum. Leider wurden wieder alle vergeben.

Kann Keanu Staude den Wurm vertreiben?

Für mich stellt es sich so dar, als ob die doch relativ vorhersehbare offensive Spielweise und die mangelnde Chancenverwertung das Eingangsloch für den Wurm in unseren schönen makellosen weiß-blauen Apfel waren. Der Wurm sitzt jetzt erstmal fest. Vielleicht ist Keanu Staude der Baustein, der ermöglicht, den Wurm wieder aus dem Apfel zu vertreiben. Leider konnte man gestern noch nicht erkennen, wie er das Offensivspiel bereichern und vor allem um weitere taktische Varianten bereichern kann. Ich glaube, mehr Flexibilität in der Offensive ist der Schlüssel zum Erfolg.

Spielaufbau zu sehr auf Mölders fixiert?

Insofern sehe ich auch die Aussagen von Günter Gorenzel im SZ-Interview (Link für SZ-plus Kunden) unter der Woche kritisch. Dort führt Gorenzel aus, dass er und Michael Köllner sich entschieden haben, das Spiel komplett auf Sascha Mölders zuzuschneiden. Sascha ist sicher einer der herausragendsten Stürmer der dritten Liga und DIE Führungsfigur unserer Mannschaft. Mit aktuell 14 Toren führt er die Torschützenliste an, aber ein komplett auf ihn zugeschnittenes Spiel ist einfach zu durchschaubar. Und der gute Sascha wird im März 36 Jahre jung. Ich finde, da hängt einfach zu viel Verantwortung an ihm und er braucht eine bessere Unterstützung im und um den Strafraum. Denn man sieht in dieser Saison eindeutig, wenn es bei Mölders läuft, läuft es auch bei der ganzen Mannschaft.

Freitag Wurm-Derby

„Dann ist der Wurm drin“ heißt es übrigens schon etwas länger bei unseren Nachbarn aus der südlichen Vorstadt mit dem Bob im Wappen. Die hatten sich ihre Saison auch komplett anders vorgestellt. Hoffen wir, dass unser Wurm bis dahin verschwunden ist. Dass wir mit leeren Händen aus Saarbrücken zurückgekommen sind, wurmt mich übrigens. Aber das habt Ihr Euch ja wahrscheinlich schon gedacht…

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andreas de Biasio

und ich finde von Außen gesehen, dass wir vor Wochen als Mannschafft besser auf dem Platz waren. mag natürlich am schwindenden Selbstvertrauen liegen. sorry, dass ich heute nur negativ schreibe.

andreas de Biasio

wenn man sich das mal genau ansieht, gestern und die letzten Wochen zu grunde legt: dann werden wir von Woche zu Woche schlechter. hab ich den Eindruck. gestern ohne not eine zu letzt funktionierende Innenverteidigung aus einnander gerissen, warum? eine funktionierende Defensive ist doch immer die Basis, oder etwa nicht? Abstimmung, eingespielt sein. tut mir leid aber das war gestern der negative Schlüssel. aus meiner Sicht. ich bin vollkommen unzufrieden. der zweite negativ Lauf muss schnellstens gestoppt werden.