Frühling 1991: Sieg im Schnee

Anfang April 2022 – statt Frühlingsgefühle nochmal Wintereinbruch in München. Nichts ganz außergewöhnliches aber etwas, bei dem man sich im Zusammenhang mit Spielen der Löwen – zumindest die älteren Semester unter uns – an ein ganz besonderes Ereignis erinnert: Gründonnerstag, 28. März 1991, Bayernliga-Spitzentreffen zwischen dem TSV 1860 und der SpVgg Weiden. Im Giesinger Schneesturm schlugen die Löwen vor 25.000 Zuschauern einen Verfolger und die Fans machten danach die Nacht zum Tag…

Frühling 2022: Hoffnung auf erneutes Glück im Schnee

An dieses Spiel vor über 31 Jahren musste ich gestern Mittag denken, als ich mich auf den Weg in Richtung Giesing machte. Gestern wie damals ging es durch die verschneite Stadt hin zum Giesinger Berg zu einem Spitzenspiel, das für meine Löwen richtungsweisende Bedeutung haben sollte. Mit einem Sieg konnte man damals die Tabellenführung auf dem Weg in Richtung Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga festigen und die Verfolger Haching und Weiden auf Distanz halten. Gestern wollten wir mit einem Erfolg den Gegner in der Tabelle überholen und die finale Jagd auf Platz drei (oder gar zwei) eröffnen.

Begeisternde Löwen – 94 Minuten lang

Und was soll ich sagen? Die Löwen 2022 haben mich – wie die von 1991 – nicht entäuscht! Im Gegenteil: Sie wussten wirklich zu begeistern. Nicht nur mich, sondern alle Weiß-Blauen, die den Weg ins Sechzgerstadion gefunden hatten und dem Wintereinbruch trotzten. Sechzig zeigte im Schneetreiben eine Leistung, die mit den Vokabeln Leidenschaft und Einsatzwille perfekt umschrieben ist. Damals, wie gestern. Von Minute 1 bis Minute 94. Nicht die – wegen des sechsfachen Türkgücü-Punktverlusts – angeblich so geladenen und mit Wut im Bauch angereisten Saarländer fielen mit unbedingtem Siegeswillen auf, sondern die elf Löwen, denen Michael Köllner sein Vertrauen schenkte.

Trotz Schnee – auch Erinnerungen an 2018

Ein bisschen erinnerte mich das Auftreten beider Teams an die unter sommerlichen Bedingungen absolvierten Relegationsspiele von 2018: Hier die Löwen, die um jeden Ball fighten, die alles geben und ihre Fans begeistern. Und dort die irgendwie überheblich auftretenden Saarbrücker, etwas zu überzeugt von ihrer (angeblichen) sportlichen Überlegenheit. Symptomatisch dafür vielleicht die Szene, die nach 52 Minuten beinahe zum 0:1 geführt hätte. Als Sebastian Jacob aus der eigenen Hälfte alleine auf Tom Kretzschmar im Löwentor zulief, ihn sogar überdribbelte und dann doch noch vom gestern überragenden Fabian Greilinger gestellt wurde. Unter’m Strich fehlte dem Saarbrücker – zum Glück für uns – hier wohl der unbedingte Wille, diese Aktion erfolgreiche abzuschließen.

Spielverderber ganz in schwarz

Eigentlich gab es gestern nur einen, maximal zwei Spielverderber. Der eine, der entscheidende, trug schwarze Kleidung und einen Aufnäher mit den Worten “FIFA Referee” auf der Brust – was auch immer dieses modische Accessoire da gestern zu suchen hatte.  Über seine Leistung wurde schon während des Spiels und danach noch mehr geschrieben und gesprochen. Dies erspare ich dem lieben Leser und mir an dieser Stelle. Ich hoffe, dass Herr Jablonski sich zumindest ein bisschen für seinen Auftritt gestern Nachmittag in Giesing schämt! Der andere Spielverderber war oben schon angesprochener Sebastian Jacob, der, nachdem Sportskamerad Minos Gouras unseren Fabi Greilinger ruppig zu Boden gerdrückt und den Ball zur Mitte des Fünfmeterraums geköpft hatte, das Sportgerät per Kopf ins Löwentor beförderte. Und dem Löwenherz einen tiefen Stich versetzte.

Unterschiede zwischen 1991 und 2022

Spätestens an dieser Stelle enden also die Parallelen zwischen 2022 und 1991. Damals hatte Horst Schmidbauer in der 67. und der 74. Spielminute mit zwei Treffern den Sieg sichergestellt.
Und noch einen Unterschied zu 1991 habe ich ausgemacht: Im Flutlichtspiel vor 31 Jahren blieb der Schnee letztlich auf dem Rasen liegen und verwandelte das Spielfeld in eine im Flutlicht glitzernde Fläche. Gestern schmolz die weißt Pracht – wohl auch Dank der mittlerweile vorhandenen Rasenheizung – sofort wieder. Genauso wie die Hoffnung der Fans, am heutigen Sonntag Morgen auf Tabellenplatz vier zu erwachen.

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Loewenpranke

Schöner Artikel, der mich bisserl milder stimmt.
Bin schon noch wegen des unterirdisch schlechten Schiris ziemlich angefressen.

Ich war damals auch beim Spiel gegen Weiden im Stadion und sah Schneelöwen, die die Massen begeisterten.
Leider muss ich sagen, dass mir gestern in Anbetracht dessen, was auf dem Spiel stand, die Stimmung irgendwie leicht eingefroren vorkam.

Von der West kam ja so gut wie gar nix und man merkte durchaus, dass der organisierte Support fehlte. (sie wurde ja sogar von Spielern während der Partie fast verzweifelt zur Anfeuerung gebeten)
Leider konnten die Ultras nicht über ihren Schatten springen und blieben erneut fern.
Das finde ich doch sehr enttäuschend, wenn man unseren Jungs in dieser wichtigen Phase die Unterstützung untersagt.
Da haben sie sich und den Löwen keinen Gefallen getan.
Zum Glück haben wir noch die Stehhalle, die sich lautstärker bemerkbar macht.
Warum man gestern jedoch alle Leute, die seit jeher dort ganz oben stehen und was nie jemand störte, auf ihre Sitzplätze verwies, ist mir schleierhaft.

Es war wirklich ein tolles Spiel unsere Löwen, denen ich kaum einen Vorwurf mache.
Leider blieb der verdiene Lohn aus.
Vielleicht bin ich auch deswegen deprimiert, weil dieser eine Punkt wahrscheinlich zu wenig ist um ernsthaft noch oben angreifen zu können.
Das (Schiri)Glück befindet sich leider nicht auf unserer Seite.
Aber was soll’s.
Wir sind Löwen und kämpfen unverdrossen weiter.

Christian Jung

Danke für Dein Lob. 😊
Zum Support: Ich denke, die organisierte Szene hat klar kommuniziert, dass für sie ein geschlossener Stadionbesuch unter „2G“ keine Option darstellt. Daher war sie in Mannheim (3G) am Start, gestern aber nicht. Finde ich konsequent.
Ich fand die Unterstützung von den Rängen auch gar nicht sooo verkehrt. Klar, es gab kein dauerhaftes Lärmen der Westkurve, aber immer wieder brandeten die Anfeuerungen aus Westkurve & Stehhalle auf.
War das nicht ein bisschen, wie 1991? 😉

michl60

Die Haltung der Ultras mag konsequent sein, nachzuvollziehen ist sie nicht. Sie zeigt in meinen Augen nur, dass sich die Ultras nur für sich und ihre Ideale interessieren, aber nicht für 60 oder die Mannschaft. Wer zu so einem Spiel nicht kommt, obwohl ab heute alle Regelungen fallen und 60 überhaupt nichts dafür kann, hat für mich jeglichen Respekt verloren…

Christian Jung

Ich kann diese Vorwürfe nicht nachvollziehen. Auch gestern wurde wieder Zuschauern wegen einer Entscheidung, die sie ganz persönlich betrifft, der Zutritt zum Stadion verweigert. (Hoffentlich zum letzten Mal!)
Solange dies der Fall ist, gibt es keinen organisierten Support. Klar kommuniziert. Ein Abweichen davon fände ich sehr befremdlich.
Das hat für mich nichts damit zu tun, dass die Gruppen nur sich selbst sehen. Im Gegenteil!

michl60

Damit stehen unsere Ultras aber ziemlich alleine da. Gestern waren die Saarbrücker Ultras im Stadion und auch in der 1. Liga waren fast überall die Fanszenen wieder im Stadion

Dennis M.

Ich fand die Stimmung gestern auch schwach… Der Saarbrücker Support war dagegen klasse.

Christian Jung

Ach ja: Dass am Gang der Stehhalle ganz oben die Leute weggeschickt werden, die da stehen wollen, war im Herbst letzten Jahres auch schon der Fall. Hat „feuerpolizeiliche“ Gründe. Die verstehe, wer will, bei dieser Breite des Ganges. 🙄